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Theologisches Seminar | Theologische und Religionswissenschaftliche Fakultät Zentrum für Kirchenentwicklung

Darf man Predigten aus dem Internet abschreiben?

Darf man Predigten aus dem Internet abschreiben?

Die Evangelische Nachrichtenagentur idea präsentiert pro- und kontra Argumente und zitiert dabei Thomas Schlag.

Wetzlar (idea) – Im Internet gibt es mittlerweile eine ganze Reihe von Seiten, auf denen man Predigten findet. Unter Pfarrern ist es umstritten, ob man sich dort bedienen darf. Mancher Theologe hält lieber eine gute abgeschriebene als eine schlechte eigene Predigt. Ist das legitim? Dazu äußern sich ein Theologieprofessor und ein Pfarrer in einem Pro und Kontra für die Evangelische Nachrichtenagentur idea (Wetzlar).

Pro: Es ist theologisch gerechtfertigt, sich digitale Anregungen zu holen

Für Pfarrer könne es gute Gründe geben, auf Predigten aus dem Netz zurückzugreifen, meint der Züricher Theologieprofessor Thomas Schlag. Er ist Herausgeber der Seite „Göttinger Predigten im Internet“. Manchmal nehme den Geistlichen „die Amtswoche schlichtweg die Luft, um gelassen nach den Tiefen und Untiefen eines biblischen Textes zu schürfen“. In den Internetpredigten könnten sie außerdem aktuellere exegetische Einsichten finden als in den „verstaubten Kommentarreihen ihrer Studienzeit“. Für die Pfarrer könne auch einfach interessant sein, was anderen Theologen zu einem bestimmten Abschnitt aus der Bibel eingefallen sei. „Deshalb ist es theologisch überaus gerechtfertigt, sich nach bestem Wissen und Gewissen digitale Anregungen für die eigene Predigt zu holen“, so Schlag. Lediglich „gedanken- und geistloses Abkupfern“ der Internettexte sei nicht mehr legitim.

Kontra: Die Gemeinde erwartet eine persönliche Auslegung

Eine andere Ansicht vertritt der Pfarrer der Evangelischen Stadtkirchengemeinde Remscheid, Siegfried Landau. Er ist Synodalbeauftragter für Gottesdienst im Kirchenkreis Lennep. Die Gemeinde erwarte von einem Prediger „eine persönlich reflektierte, konkrete Auslegung des Evangeliums“. Die Beschäftigung mit dem Wort Gottes sei „Herzkammer des Pfarrberufs“. Der Auftrag der Geistlichen sei „das Predigen vor dem Hintergrund gemeinsamen Lebens in und mit der Gemeinde“. Darauf würden sie mit einer aufwendigen Ausbildung vorbereitet. Für die Anwendung ihrer Fähigkeiten würden sie „mit dem Gehalt eines Sternekochs bezahlt, nicht als Küchenhilfe, die Vorgekochtes aufwärmt“. Aus seiner eigenen Erfahrung berichtet Landau: „Manchmal besteige ich die Kanzel verhalten, weil Zeit für Vorbereitung oder die zündende Idee fehlte.“ Oft fänden solche Predigten besonderes Echo. „Vielleicht bin ich dann besonders nah bei den Menschen, und der Heilige Geist ist da.“

Quelle: idea, wetzlar