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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

2. Sonntag nach Epiphanias, 18.01.2009

Predigt zu Johannes 2:1-11, verfasst von Monika Waldeck

Wer in den Gottesdienst kommt, der erwartet etwas.

Vielleicht gehört der Gottesdienstbesuch für ihn zum Rhythmus der Woche.
Einen anderen treibt die Neugier darauf, was hier geschieht.
Ein Dritter möchte in dieser Stunde in die Stille finden, die den Alltag unterbricht.

Ich denke, dahinter steckt noch eine größere Erwartung.
Wer in den Gottesdienst kommt, gibt die Hoffnung nicht auf.
Er trägt eine Unruhe in sich.
Er möchte sich mit dem Bestehenden nicht abfinden.
Er spürt, dass Dinge zwischen Himmel und Erde geschehen, die außerhalb der eigenen Schaffenskraft und des eigenen Einflusses liegen.
Er wartet auf ein Zeichen der himmlischen Macht und manchmal auch auf ein Wunder.
Wer in den Gottesdienst kommt, rechnet mit einer Veränderung seines Lebens.

In diese Situation hinein wird uns heute eine Geschichte aus dem Johannesevangelium erzählt, in der von einem Zeichen, von einem Wunder die Rede ist. Ich möchte sie Ihnen lesen:

Joh 2, 1-11

Wenn ich die Geschichte im Kindergottesdienst erzähle, bin ich immer verblüfft, wie plausibel sie den Kindern erscheint. Dass Gottes Sohn Wasser zu Wein verwandeln kann, ist für sie oft gar keine Frage. Gott kann alles. Das Wunder ist nur der Beweis dafür.

So einfach ist es für uns rational denkende Erwachsene meistens nicht.
Wir hören die Erzählung vielleicht eher wie ein Märchen, das keinen Bezug zur Wirklichkeit hat und darum auch nicht so wichtig erscheint.
Theologen haben Schwierigkeiten mit solchen Wundergeschichten, weil sie das Missverständnis nahelegen, Jesus sei so etwas wie ein Zauberer gewesen.

Worum geht es in dieser Wundergeschichte?
Lassen Sie uns den Evangelisten Johannes befragen, der die Geschichte aufgeschrieben und in sein Buch des Glaubens eingefügt hat.

Johannes entwirft eine lebensfrohe Szene.
Ein Fest ist im Gange, eine Hochzeit wird gefeiert. Jesus, seine Mutter und seine Jünger nehmen daran teil. Es ist der Anfang, der Vorschein eines späteren großen Festes, an dem alle, die glauben, teilhaben werden.

Als der Wein ausgeht, bricht der Mangel aus. Das Fest, das das Leben symbolisiert, das für Fülle, Verschwendung, Zukunft und Hoffnung steht, droht zu scheitern.
Jesu Mutter fühlt sich verantwortlich. Sie macht ihren Sohn auf die Not aufmerksam. Sie traut ihm zu, dass er helfen kann, dass er ein Wunder vollbringen kann.

Aber Jesus weist sie mit schroffen Worten zurück. Es geht ihm nicht um die Rettung einer Feier. Er lässt sich nicht vereinnahmen für die Zwecke anderer.
„Meine Stunde ist noch nicht gekommen", so sagt er. Noch nicht.
Bei Johannes ist diese Stunde die Todesstunde Jesu am Kreuz. In diesem Moment wird die ganze Welt erkennen, dass Jesus Gottes Sohn ist, der das Heil und die Rettung bringt.

Noch jedoch ist es nicht soweit.
Es wird noch viel geschehen bis dahin.

Jesu Mutter lässt sich nicht abschrecken. Sie bereitet die Diener auf das Weitere vor.

Und Jesus handelt. Schon jetzt. Er ergreift die Initiative und befiehlt den Dienern, die Krüge mit Wasser zu füllen.
Und mir wird deutlich: auch die Menschen, auch wir Menschen müssen handeln. Die Gefäße müssen mit Wasser gefüllt werden, damit Jesus sie in Wein verwandeln kann.
Wir dürfen etwas Kostbares für unser Leben erwarten, aber wir müssen uns auch darauf vorbereiten.

Das Wunder selbst wird dann gar nicht beschrieben.
Nur ein kleiner Satz sagt lapidar: Er, der Speisemeister, kostete das Wasser, das zu Wein geworden war.
Wie die Verwandlung geschieht, scheint nicht wichtig zu sein.

Dafür wird die öffentliche Wirkung umso größer herausgestellt: der verwandelte neue Wein ist viel besser als der, den es bis jetzt bei der Hochzeit gab. Der Bräutigam bekommt den Vorwurf zu hören, ihn absichtlich zurückgehalten zu haben. Logisch ist das nicht. Wozu hätte es gut sein sollen, die Gäste zum Schluss noch mit gutem Wein zu versorgen? Nein, es geht um die Größe des Wunders, es geht um die Größe dessen, der es vollbrachte.
Es geht um den Glauben.

Und dann sagt Johannes: „So tat Jesus sein erstes Zeichen, in Kana in Galiläa, und offenbarte seine Herrlichkeit, und seine Jünger glaubten an ihn."
Das erste Zeichen. Sieben werden es insgesamt sein, von denen Johannes in seinem Evangelium erzählt. Es beginnt mit der Verwandlung von Wasser zu Wein und es wird enden mit dem 7. und größten Wunder, der Auferweckung des Lazarus.

Alle Zeichen, alle Wunder haben bei Johannes den einen Zweck: Sie offenbaren seine Herrlichkeit. An ihnen erweist sich, dass Jesus der Sohn Gottes ist, der Messias.
Und die Jünger glauben. Bis jetzt nur sie. Später dann wird es die ganze Welt erkennen.

So erzählt es Johannes heute in unserem Gottesdienst. Nicht auf das Wunder selbst sollen wir schauen, sondern auf das Zeichen, das damit verbunden ist. Wir sollen es richtig deuten.

Und das ist es, worauf wir warten, wenn wir in den Gottesdienst gehen: ein Zeichen der Hoffnung, auf das wir vertrauen können.

Es gibt viele Gründe, auf eine Wende zu hoffen.
Es gibt viele Gründe, die uns Menschen umtreiben und unruhig machen, die bedrohlichen Prognosen für die Wirtschaft im Jahr 2009 und ihre Auswirkung auf den Einzelnen ebenso wie
das, was uns in unserem persönlichen Leben beschwert und ängstigt:

-die Konflikte, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen,
-eine schwierige Entscheidung, die bevorsteht,
-die Lebenskrise, die aussichtslos erscheint,
-eine Krankheit, die alle Perspektiven raubt.

Christen rechnen mit dem Eingreifen der Macht zwischen Himmel und Erde. Sie rechnen manchmal mit einem Wunder.
Nicht so, wie es die Mutter Jesu tut. Dass sich eine Notlage auf einmal wie durch Zauberei in Luft auflöst, wird selten passieren.

Aber dass Gottes Sohn uns Hoffnung schenkt und beisteht in dem, was uns beschwert und uns die Lebenskraft raubt, das ist gewiss.
Wenn seine Stunde kommt, werden es alle erkennen.

Schon jetzt sehen wir aber die Zeichen, schon jetzt offenbart er seine Herrlichkeit. Wie die Jünger können wir daran glauben.
Unser Leben wird sich dadurch verändern, das ist gewiss.
Und worauf sonst hofft jemand, der den Gottesdienst besucht?

Amen.



Klinikpfarrerin Monika Waldeck
Bad Sooden-Allendorf
E-Mail: waldeck.esg-wiz@ekkw.de

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