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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Neujahrstag 2010, 01.01.2010

Predigt zu Johannes 14:1, verfasst von Traugott Koch

"Jesus soll die Losung sein, da ein neues Jahr erschienen." (EG 62~ 1)

Liebe Gemeinde!

In der ganzen Geschichte des Christentums, auch in der Geschichte unserer Kirche, gab es den Fall, dass eine beträchtliche Zahl von Menschen aus eigenem Entschluss aus der Kirche ausgetreten sind~ zum ersten Mal im sog. "dritten Reich", also durch die Propaganda der "National-Sozialistischen" Partei Hitlers. Die damals der NS-Propaganda gefolgt sind und sich von der Kirche geschieden haben, wollten nun ganz und gar nicht "gottlos" sein. Sie nannten sich "Gottgläubige". Sie behaupteten, sie glaubten an Gott; mit dem Juden Jesus jedoch wollten sie nichts zu tun haben. Überhaupt, wenn man an Gott glaubt, wozu braucht man dann noch einen Glauben an Jesus Christus? Der "Gott" jener damals aus der Kirche ausgetretenen Deutschen jedoch war entsprechend: Es sollte ein "germanischer" Gott sein, ein Wind und Wetter herrschaftlicher, ein in den Kriegen der Völker schicksalhaft Verfügender und so siegreicher Gott.

Nun, das mag vergangen und vorbei sein. Aber die Frage, wozu braucht man, wenn man an Gott glaubt, noch einen Glauben an Jesus Christus - diese Frage treibt auch heutzutage nicht wenige Menschen um. Es gibt auch heute Stimmen, die sagen: Ein höheres Wesen wird es wohl geben, aber Jesus Christus - was soll das? Der was doch bestenfalls ein besonders guter Mensch vor 2000 Jahren. Aber vergessen wir andererseits nicht: Wenn man den Glauben an Jesus Christus streicht, abtut und weglässt, was hat man dann für einen Gott? Sicherlich nicht mehr einen "germanischen Gott". Doch wie ist es mit einem irgendwo fernen, schicksalsbestimmenden, ganz unbestimmt und unkenntlich waltenden "höheren Wesen"? Oder einer ,,Allnatur", einem unbenennbaren Horizont jenseits unsres Wissens? - Jedenfalls, mit Jesus Christus ist es ein anderer Gott als ohne Jesus Christus! Gott und Jesus Christus: doch wie ist das zu verstehen?

Lasst uns, so aufrichtig, so wahrhaftig, wie wir können, fragen: Warum steht im Mittelpunkt unseres christlichen Gottesglaubens, der doch der Glaube an den einen Gott ist, das Bekenntnis zu Jesus Christus? Es kann doch nicht der Glaube an den einen Gott sein und außerdem auch noch an ein zweites göttliches Wesen, Christus genannt?! So kritisieren übrigens Juden und Muslime bis heute den Christusglauben: Er sei eine Verfremdung und Verfälschung des Glaubens an den einen Gott. Wenn aber der Christusglaube nicht so gemeint ist, wie ist er denn gemeint? Wir glauben an Jesus Christus nicht, als sei er ein zweites göttliches Wesen neben Gott. Was jedoch bedeute es dann, an Jesus Christus zu glauben?

Dazu, um die Antwort auf diese Frage zu finden, ist uns die Jahreslosung für das Jahr 2010 gegeben, als Losung, um immer wieder im Laufe des neuen Jahres daran zu denken. Sie findet sich im Johannesevangelium, im 14. Kapitel als erster Vers und lautet:

Jesus spricht: "Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich ", an Jesus Christus.

Dieser Satz steht in den Reden, die Jesus nach dem Evangelisten Johannes zum  Abschied von seinen ihm folgenden Anhängern, von seinen Jüngern, gehalten hat. Jesus weiß, dass ihm der Tod durch seine Gegner droht, und er nimmt Abschied von denen, die bei ihm sind. Er muss sie bald verlassen, und so sorgt er dafür vor, was aus ihnen wird, was ihnen zuteil wird und was ihnen bleibt, wenn er nicht mehr sichtbar gegenwärtig bei ihnen ist. Klar, dass ein solcher Abschied, wenn Jesus getötet und ihnen entrissen wird, sie, die "Seinen", zuhöchst verwirrt und entsetzt: Was wird dann aus uns werden? Was kommt auf uns zu? Wo sollen wir dann hin, wenn er, Jesus, nicht mehr bei uns ist? Jesus versteht, dass sie ratlos sind, und sagt ihnen:

"Euer Herz erschrecke nicht!" 'Wenn ihr wisst, was euch bleibt, wenn ich nicht mehr sichtbar unter euch bin, dann könnt ihr den Abschied, die Trennung bestehen: "Glaubt an Gott", an den wahren Gott. 'Und wenn ihr an ihn glaubt, dann glaubt ihr auch an mich', an Jesus Christus. - An die Stelle der sichtbaren, direkten Nähe Jesu tritt der Glaube an den verherrlichten Jesus Christus. So bleibt er bei uns.

Der Glaube an Gott und der Glaube an Jesus Christus: sie gehören zusammen. Kein Glaube ist ohne den anderen. Denn der wahre Gott, der glaubhafte Gott, ist, wie Jesus Christus ihn uns gezeigt hat. Und Jesus ist der, der uns den wahren Gott aufgezeigt hat. An ihm, an seinem Leben, Sterben und Todesbestehen erkennen wir, wer Gott in Wahrheit ist. Wer Jesus Christus in seinem Leben und Todesbestehen erkennt, der findet hinein in Gott, hinein in das, wer Gott wesenhaft und wirklich ist, gleichsam in sein innerstes Zentrum, in sein Herz. Der Gott, den Jesus uns gezeigt, offenbar gemacht hat, ist ein menschenfreundlicher Gott. Gott ist der unzerstörbare Geist alles Guten. Das, was in sich gut ist, das ist von Gott. Gott ist, dass Wahrheit ist und nicht alles Lug und Trug. Gott ist die nichts und niemanden aufgebende Liebe. Wer so Gott findet, der kann gar nicht anders als an ihn glauben, als ihm im Glauben verbunden sein.

Und wie sollte der nicht an Jesus als den Christus glauben? Jesus ist doch der, der uns glaubend hinein finden lässt in das, was wahrhaft und ganz Gott ist. "Glaubt an Gott": Gott selber ist in der Person Jesu, in seinem Leben und Sterben für uns kenntlich geworden. So ist Gott der uns ganz nahe Gott geworden. Und Jesus ist darum nicht nur ein damals sichtbar lebender Mensch; sondern er ist zugleich das Heil für die Welt, das Heil für die Menschen, die glauben, dass er "der Weg" zu Gott, "die Wahrheit und das Leben" ist (Joh. 14,6). So ist Jesus der Christus. Und darum ist Gott nicht ohne Jesus Christus; die beiden gehören zusammen. Sie sind in Wahrheit eins, eines Sinnes. Was für Gott gilt, das gilt auch für Jesus Christus: Er ist das Licht der Welt - wie Gott das ewig leuchtende Licht in aller Dunkelheit und Unsicherheit unsres Lebens ist. Und er, Jesus Christus, und ebenso Gott ist im Glauben an ihn dein und mein Licht, das dich und mich nicht der Dunkelheit überlässt, auch der Finsternis des Todes nicht. "Er ist dein Licht, Seele vergiss es ja nicht." (EG 317,5)

Darum ist der Glaube so wichtig, lebenswichtig. Seht, liebe Gemeinde, und versteht, seht mit den Augen des Herzens, des inneren Sinnes: Es ist, genau genommen, ein Glaube, der Glaube an Gott und der Glaube an Jesus Christus. Der Glaube ist nämlich keine Ansichtssache. Er ist nicht die Annahme, dass es einen Gott "gibt", wo ein Anderer der gegenteiligen Ansicht sein kann. Der Glaube ist nicht eine Sache, über die man verschiedener Meinung sein kann. Solange man Meinungen, Ansichten über den Glauben austauscht, ist man noch nicht bei dem, was Glaube recht verstanden ist. Im Glauben ist es einzig um die Wahrheit zu tun. Was einer glaubt, davon ist er überzeugt, dass das wahr und wirklich ist. Er ist davon überzeugt, dass Gott unbedingt und absolut verlässlich ist. Nur darüber kann, recht verstanden, Streit sein. Es ist dann ein Streit, bei dem es um die Wahrheit Ernst ist.

Darum und so ist der Glaube nach Luther ein "Vertrauen des Herzens", ein Sichverlassen auf Gott, auf den untrüglichen, in seiner Menschenfreundlichkeit eindeutigen, in sich wahren Gott. Er, Gott, ist das, woran jeder zurecht sein 'Herz hängen' kann, worauf jeder sein Leben bauen kann, so dass er Grund und Boden unter seinen Füßen hat, Standfestigkeit und darum Freiheit und Mut in all der Mühsal, in allem Kummer und in den Widrigkeiten des Lebens.

Der Glaube an den wahren Gott ist ein Sicheinlassen für das eigene Leben darauf, dass Gott nichts Menschliches fremd ist, selbst der Tod nicht. Das ist in Jesu Leben und Todesbestehen erwiesen. So ist der Glaube an Gott ein Glaube daran, dass Jesus Christus selbst im Tod lebt, ihn überlebt, weil Gott niemals aufhört zu lieben und darum Jesus und uns nicht dem Tod überlässt. Glaubwürdig ist darum für uns, dass Gott nicht aufhört, uns zu lieben, wenn wir lieblos, gottlos sind. Er bewahrt uns vor der Vernichtung. Im Glauben an Jesus Christus, der uns dies Wesen Gottes erschlossen hat, ist das, was im Leben und im Sterben Jesu geschah, heute und jetzt bei mir, bei jedem Glaubenden, und keine abständiges, historisch gewordenes Ereignis vor 2000 Jahren. "Jesus lebt, mit ihm auch ich" (EG 115, 1). Das ist unser Trost im Leben jetzt im ganzen neuen Jahr und dann im Sterben.

Glauben heißt, offen werden, sich öffnen für Gottes Leben schaffende Liebe: Laß sie für dein Leben in dich, in dein Herz, ein. Dann kann dir dein Leben nicht wertlos und bedeutungslos sein; denn es wird insgesamt nicht lieblos, gottwirdrig sein.

Den rechten, wahren Glauben kann jeder nur bei sich selbst erkennen. Er ist daran zuerkennen, dass Gott, die Wahrheit und die Liebe zu allen und jedem Nächsten, dich belebt und bewegt. Der wahre Glaube ist es, der zu einem wahr sein wollenden Leben erweckt: zu einem Leben, in dem die Wahrheit und die Menschenfreundlichkeit gegenüber allen, denen man begegnet, über allem anderen wichtig, lebenswichtig sind. Der wahre Glaube ist es, der die Ausdauer in der Liebe gibt, Mut und Freunde zum Leben.

Im Johannesevangelium antwortet Simon Petrus als Sprecher derer, die um Jesus sind und ihm folgen, auf eine andere Rede Jesu so: "Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens; und wir haben geglaubt und erkannt, dass du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes." (6, 68) Werden wir auch so, mit unserem Glauben, antworten? Gott gebe es. "Amen, das ist es werde wahr" (EG 344, 9).

 

 

 



Prof. Dr. Traugott Koch
Wendelohstr. 86 h
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Tel.: 040 5510979
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