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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Ostermontag, 09.04.2012

Predigt zu 1. Korinther 15:50-58, verfasst von Christiane Borchers

 

Liebe Gemeinde !

„Christus ist auferstanden!" rief der Priester in früher in christlichen Gemeinden im Morgengrauen des Ostertages der versammelten Festgemeinde zu, worauf die Gemeinde antwortete: „Er ist wahrhaftig auferstanden." Nach dieser gegenseitigen Vergewisserung konnte der Ostergottesdienst beginnen.

Dieser wechselseitige Ostergruß zeugte weniger von Glaubensstärke als von der gegenseitigen Vergewisserung eines unfassbaren Geschehens. Ein Mensch, der gerade erst begraben worden war, sollte von den Toten auferstanden sein. Gott sollte ihn auferweckt haben. Die Frauen, die den Leichnam am dritten Tage nach dem Tod salben wollten - so war es Sitte - fanden ihn nicht im Grab. Stattdessen fanden sie zwei Gestalten in glänzenden Gewändern, die sprachen zu ihnen: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten, Jesus ist nicht hier, er ist auferstanden." Was sollten sie davon halten? War es zu glauben, was diese Fremden da sagten? Maria Magdalena hatte sogar selbst eine Begegnung mit dem auferstandenen Christus im Garten gehabt. Zwar nicht so, dass sie ihn hätte anfassen können, sie sah ihn auch nicht so, wie sie ihn im Leben gekannt hatte, er war anders, aber sie wusste, dass es Jesus war, sie hat ihn erkannt als er ihren Namen rief. Danach erschien der Auferstandene weiteren Frauen und Männern: er zeigte sich den beiden Jüngern auf den Weg nach Emmaus, Thomas durfte sogar seine Wundmale berühren, damit er sich selbst überzeugen konnte, dass es wirklich Jesus war, der ihm begegnete. Sie alle erzählten ihre Erlebnisse mit dem auferstandenen Jesus weiter.

Ein Mensch, der hingerichtet worden war und nach seinem Tod am Kreuz in eine Grabkammer gelegt worden war, ist nicht mehr im Grab, sondern lebt. Er erscheint seinen Jüngerinnen und Jüngern, spricht zu ihnen, damit ihre Verzweiflung ein Ende hat. Jesus ist auferstanden. Wer kann das glauben? Wichtiger als der Glaube an die Auferstehung ist erst einmal, dass Menschen an Jesu Worten festhalten und sich seiner Worte immer wieder vergewissern. Der Glaube folgt.

„Christus ist auferstanden!" ist die wichtigste Botschaft in den Briefen des Apostels Paulus, die er in den Jahren zwischen 50 bis 60 nach Christus an christliche Gemeinden in Griechenland und der heutigen Türkei geschrieben hat. Diese Gemeinden waren weit entfernt von den Geschehnissen in Jerusalem, räumlich und zeitlich. Sie brauchten Worte und Hinweise, was es mit der Auferstehung Jesu von den Toten auf sich habe und was diese Auferstehung mit ihnen zu tun hat. Dem Apostel Paulus liegt es am Herzen, dass sie verstehen, um was es geht. Der kleinen christlichen Gemeinde in der großen Welt- und Handelsstadt Korinth schreibt er in seinem ersten Brief ein ausführliches Kapitel über die Auferstehung Jesu und setzt sie in Beziehung zu ihrem eigenen Leben. Paulus legt dar, was die Korinther über die Auferstehung wissen sollen, damit es zum Glauben kommt. Das Leben nach dem Tod ist unverweslich, schreibt er, denn Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht ererben. Das Verwesliche muss die Unverweslichkeit anziehen und das Sterbliche muss die Unsterblichkeit anziehen. Wenn das geschieht, ist der Tod überwunden und das Leben hat sich durchsetzt. Gott hat uns durch Jesus Christus das Leben gegeben. Deshalb wird unsere Arbeit, die wir im Namen Gottes tun, nicht vergeblich sein.

Paulus rechnet damit, dass noch zu seinen Lebzeiten das Reich Gottes anbrechen wird. Christus wird wieder kommen, der Tod wird endgültig überwunden sein. Er hat keine Macht mehr, er ist schlichtweg nicht mehr existent. Wenn Christus wieder kommt und mit ihm das Reich Gottes endgültig anbricht, werden die Toten auferstehen in einer Gestalt, die unverweslich ist. Die jetzt noch Lebenden werden vollkommen verwandelt werden, auch sie werden eine unverwesliche Gestalt annehmen, damit sie das Reich Gottes eintreten können. Der menschliche Körper kann nicht in der Ewigkeit leben, da er der Vergänglichkeit unterworfen ist. Paulus ist sich gewiss, dass es ein Leben nach dem Tod gibt. Für ihn steht die Auferstehung außer Frage. Eine bestimmte Gruppe in Korinth vertrat die Auffassung, dass es eine Auferstehung von den Toten nicht gäbe. Paulus hält dagegen, dass Christus als Erster von den Toten auferstanden sei und dass alle, die zu ihm gehören, ebenfalls auferstehen werden. Paulus stellt sich vor, dass die Auferstehung sich nicht in einem langsamen Prozess vollzieht, sondern dass sie sich plötzlich ereignet zu der Zeit der letzten Posaune. Plötzlich, in einem Augeblick wird die Posaune erschallen. Die Toten werden auferstehen, die jetzt noch am Leben sind, werden verwandelt werden. Tote wie Lebendige werden von unverweslicher Gestalt sein. Das Verwesliche muss die Unverweslichkeit anziehen, das Sterbliche die Unsterblichkeit. Paulus beschreibt die Auferweckung im Bild des Bekleidens. Die Auferweckung wird angezogen, die Menschen bekleiden sich mit der Auferstehung. Auferstehung bedeutet ein total verwandelter Körper. Die Sterblichkeit muss sich mit der Unsterblichkeit bekleiden. Gott hat die Überwindung des Todes durch Jesus Christus geschenkt. Ein neues Gewand wird die menschliche Sterblichkeit überdecken. Tränen, Angst, Schmerzen und Klagerufe die zum sterblichen Menschen gehören, wird es nicht mehr geben. Christus hat alles verwandelt und neu gemacht. Das Reich Gottes ist völlig neu und anders, in Worte lässt sich das nicht fassen. Um sich dem Neuem und ganz Anderem ein wenig zu nähern, benutzt Paulus das Bild des neuen Bekleidens. Die verwesliche Gestalt, der Körper, wird abgelegt, das alte Gewand ausgezogen, ein neues Kleid wird angezogen, die neue Gestalt, der neue „Körper", ist unverweslich. Die Änderung ist radikal, hat nichts mehr mit dem vorherigen Zustand gemeinsam.

Mich erinnern die Ausführungen von Paulus an die Anschauungen der Sterbeforscherin Dr. Elisabeth Kübler Ross, die Sterben und Tod zum Schwerpunkt ihres Lebens gemacht. Sie verwendet für das Sterben und den anschließenden Zustand gern das Bild des Schmetterlings. Mit dem Sterben und dem Tod verhält es sich wie mit der Puppe und dem Schmetterling. Die Puppe löst sich aus dem Konkon und verwandelt sich in einen wunderschönen Schmetterling. Niemand möchte glauben, dass dieser wunderschöne Schmetterling, der sich behände durch die Luft bewegt, einst eine unscheinbare unbewegliche Puppe war. Die Körper - die Puppe und der Schmetterling - sind so unterschiedlich, dass wir nicht glauben könnten, dass das eine aus dem andern entsprungen wäre. Die Verwandlung zum neuen Leben hin ist eine große Hoffnung. Das Leben gewinnt aus dieser Perspektive einen neuen Sinn.

Können wir das glauben, was Paulus den Korinthern darlegt? Können wir das glauben, was Paulus auch uns heutigen Christinnen und Christen sagen will? Aus verweslichem Leben wird unverwesliches Leben? Wir werden bei Gott und Jesus Christus sein, wir werden das Reich Gottes ererben? Der Tod ist verschlungen, unsere Arbeit, die wir in Gottes Namen tun, wird nicht vergeblich sein? Was die Arbeit anbelangt, so ist unsere Erfahrung so manches Mal eine andere. Wir arbeiten vergeblich, sofern Erfolg sich messen oder darstellen lässt. Unsere Mühe, unser Einsatz haben sich so manches Mal nicht gelohnt; die gute Absicht, die aufgewendete Energie, alles umsonst, nicht anerkannt, nicht honoriert, von anderen in den Wind geschlagen. Natürlich kennen wir auch das andere: dass die Arbeit erfolgreich war, dass sie uns erfüllte, dass wir Freude daran hatten. Und wie verhält es sich mit der Vorstellung von der Verwandlung der Verweslichkeit zur Unverweslichkeit aus? Der Gedanke ist vielen fremd. Niemand weiß, was nach diesem Leben kommt. Richtig vorstellen können wir uns das nicht. Wir suchen nach Bildern und Vorstellungen, Vehikel, um sich der Frage vom Leben nach dem Tod zu nähern, in dem Wissen, dass dies Stückwerk bleibt und bleiben muss. Wir kennen Anfechtungen im Glauben, suchen nach Sinn in unserem Sein, nach Sinn in unserem Tun. Wir möchten ein Leben führen, das uns sinnvoll erscheint. Wir wünschen uns, dass unser Leben, unser Sterben und unser Tod eingebettet sind, wir möchten uns geborgen und aufgehoben fühlen.

Weihnachten feiern wir die Geburt Jesu, Karfreitag hängt er am Kreuz. Das ist konkret. Aber Ostern?! Wie sollen wir uns die Auferstehung vorstellen? Wie an die Auferstehung glauben? Haben wir doch nichts Festes in der Hand oder Sichtbares vor Augen. Wir haben nur den Bericht der ersten Zeuginnen und Zeugen, die leidenschaftlichen Darlegungen aus den Briefen des Apostels Paulus, der allerdings bereits zu der zweiten Generation gehört. Wie können wir im Glauben wachsen und stark werden? Können wir lernen, an die Auferstehung zu glauben?

Ja, ich denke schon, das können wir. Und wie? Indem wir uns gegenseitig vergewissern, dass Jesus auferstanden ist. Indem wir es immer wieder sagen und wiederholen fangen wir an, es zu glauben. Der Glaube fängt klein an, er will - wie eine Blume - gehegt und gepflegt werden, er braucht Nahrung, Licht, Wasser und Wärme. Der Glaube will genährt werden, sonst geht er ein, fängt womöglich gar nicht an, zu wachsen. Glaube ist niemals abgeschlossen und fertig, wie das Leben selbst niemals abgeschlossen und fertig ist. Glaube ist ein Prozess, der sich entwickelt, der sich wandelt, der Rückschläge erleidet, der wieder neu aufersteht. Einem anderen Menschen mit dem alten Ostergruß zu grüßen: „Christus ist auferstanden" und sich selber sagen zu lassen: „Er ist wahrhaftig auferstanden" kann zur Hilfe für den Glauben sein. Er hilft, an die Auferstehung zu glauben. Wenn wir den Ostergruß auch nur einmal mal im Gottesdienst hören und darauf antworten, wird es eine Wirkung in uns auslösen.

Wer Schwierigkeiten hat, an die Auferstehung zu glauben, der darf so tun, als hätte er sie nicht. „Tut so, als ob der Tod verschlungen sei, tut so, als ob Christus auferstanden sei, tut so, als ob die Auferstehung auch euch beträfe", rät Paulus sinngemäß. Das „als ob" wandelt sich in ein „Das ist gewisslich wahr. " Worte können in einem guten Sinne Glaubenswirklichkeit schaffen. Jesu Auferstehung können wir nicht beweisen, aber wir können so tun, als ob es so sei. Wir werden Hoffnung für uns selbst daraus schöpfen. Ostern - Auferstehung - das Leben verwandelt sich: aus Kummer wird Freude - aus Angst Zuversicht, der Tod ist überwunden, das Leben setzt sich durch. Ich will die Hoffnung suchen, auch wenn es lange dauern kann, bis ich sie gefunden hab. Ich will die Hoffnung suchen und gehe an den Ort, wo ich sie begraben habe. Vielleicht gibt es das heute auch, dass Gestalten in glänzenden Gewändern kommen, die sagen: „Was suchst du die Lebendigkeit bei den Toten, sie ist nicht hier, sie ist auferstanden." Ostern ist das Fest der Hoffnung auf Leben. Niemand ist verloren, auch wer sich selbst für verloren hält.

Ostern ist die ganz große Hoffnung, dass das Leben neu erblüht.

Ostern, das Fest der Auferstehung, ist nicht tot zu kriegen.

Ostern, das Leben beginnt wieder neu, mit Macht setzt es sich durch. Darum nehmen wir den Osterruf, wie er in früheren Zeiten im Ostergottesdienst gesprochen wurde und wie er in der orthodoxen Kirche in Russland und in Griechenland auch heute noch üblich ist, mit nach Hause. Der Osterruf möge uns im Glauben stärken und Hoffnung in uns wecken, dass das Leben den Tod überwindet und dass auch uns das ewige Leben verheißen ist.

„Christus ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden." Amen.

 



Dipl.-Theol. Pfarrerin Christiane Borchers
26721 Emden
E-Mail: christiane.borchers@web.de

Bemerkung:
EG-Nr. 105,1-17 Erstanden ist der heilig Christ....

Einzelne Gruppen stehen beim Singen auf, wie es im EG vorgesehen ist. Auferstehung wird körperlich dargestellt, das Singen und das damit verbundene Aufstehen bringen einen Schwung, der gut zu einem Ostergottesdienst mit dem Thema Auferstehung passt


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