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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

2. Sonntag nach Trinitatis, 09.06.2013

Predigt zu Jesaja 55:1-5, verfasst von Ulrich Nembach

 

¡Venid, todos los sedientos, venid a las aguas!

 

Liebe Gemeinde,

Die eben in Spanisch gesagten Worte sind eine Einladung. Sie stammen aus Jes.55,1. Etwas freier übersetzt sagen die Worte: Kommt alle, die ihr durstig seid zu den Wassern!" In der deutschen Übersetzung Luthers heißt es: „Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser!" Die Einladung unterstreichen die Wörter „Kommt alle" besser als das deutsche „Wohlan".

Alle sind eingeladen! Alle! Die weiteren Verse unseres heutigen Predigttextes machen noch einmal deutlich, dass es sich um eine Einladung handelt und um was für eine Einladung! Durstigen wird Wasser angeboten! Verdurstenden! Hören Sie selbst:

 

1 Wohlan -bzw. „Kommt"- , alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser! Und die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst! Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst Wein und Milch!

2 Warum zählt ihr Geld dar für das, was kein Brot ist, und sauren Verdienst für das, was nicht satt macht? Hört doch auf mich, so werdet ihr Gutes essen und euch am Köstlichen laben.

3 Neigt eure Ohren her und kommt her zu mir! Höret, so werdet ihr leben!

6 Suchet den HERRN, solange er zu finden ist; rufet ihn an, solange er nahe ist.

 

1.

Die Einladung, der Aufruf zu kommen, ist eine Einladung Gottes. Deshalb heißt es in Vers 6 direkt: „Suchet den Herrn". Die Einladung Gottes wird mit einem Bild ausgedrückt. Wasser ist lebensnotwendig. Wasser braucht der Mensch, sonst kann er nicht leben. Die Einladung Gottes mittels dieses Bildes drückt aus, was die Einladung bedeutet. Es handelt sich nicht um irgendeine Einladung. Es geht ums Ganze, das Leben. Gott schenkt es. Das Leben, das Wasser ist ohne Geld zu haben!

Wir haben vor wenigen Jahren erlebt, was es heißt, kein Geld zu haben. Manche erleben es noch immer in unserem Land und in anderen Ländern der Welt. Banker konnten nicht genug Geld bekommen und verzockten das Geld ihrer Kunden. Viele kostete das ihre Arbeit. Arbeitslos geworden finden sie keine Arbeit oder oft nur schlecht bezahlte, „Niedrig-Lohn" genannt.

Bei Gott ist das anders. Er lädt ein, er verteilt Wasser. Auch Wein, Milch, Brot gibt es umsonst. Eine schöne, gute Welt ist die Welt Gottes!

Diese Welt kann man nur in Bildern beschreiben. Unsere Welt sieht anders aus. Auf die Banker wurde schon hingewiesen. Ich kann hinweisen auf Politiker, die auf ihr eigenes Volk Bomben werfen, weil das Volk sie nicht mehr haben will.

Ein Splitter von dieser Welt Gottes leuchtet in unsere Welt hinein. In meiner Stadt wie in anderen Städten gibt es „Tafeln". Sie verteilen Brot, Essen gegen geringes Geld oder gar umsonst an Bedürftige. Auch andere Länder kennen sie. Dort werden sie oft „Food Banks" genannt. Es gibt Menschen, Reiche, Superreiche, die Geld spenden. Sie geben nicht ihr ganzes Geld her, aber immerhin Teile davon. Es sind nur „Splitter", eben Splitter, immerhin wenigstens Splitter. Genug von den Bildern. Ich will versuchen, direkt zu sprechen.

 

2.

Es geht um unser Leben, um Tod und Leben. Wir kommen von Ostern und Pfingsten her. Jesus starb, und Gott weckte ihn am 3 Tag wieder auf. Danach wurde er von den Jüngern gesehen. Er sprach mit ihnen. Sie verstanden ihn aber nicht. Sie zogen sich zurück in ihr altes Leben, in ihre Leben, bevor sie mit Jesus zusammen lebten. Sie verkrochen sich ins Verborgene, um nicht als Jeus Begleiter verhaftet zu werden. Dann, aber dann geschah Pfingsten. Gottes Geist erfüllte sie. Aus den Ängstlichen wurde Mutige, die öffentlich auftraten, ja, die Jesus verkündeten, ihn priesen. Welche Wende! Selbst die große Wende 1989 mit dem Fall der Berliner Mauer ist der Wende gegenüber eine kleine. Das Leben hat den Tod besiegt. Darum geht es letztlich in Kirche und Theologie. Jesus lebt. Das sagen wir Woche für Woche in unseren Gottesdiensten. Das drücken wir aus, indem wir ein Kreuz auf die Altäre unserer Kirchen stellen. Durch das Kreuz hindurch drang das Leben am Ostermorgen. Gott erweckte Jesus vom Tode. Das Zeichen seines Todes, das Kreuz, dieses Zeichen für einen grauenvoll, schmachvollen Tod wurde zum Siegeszeichen in unseren Kirchen!

Wir taufen unsere Kinder auf den Namen „des Vater, des Sohnes, des Heiligen Geistes". Darin sind sich so gar sonst zerstrittene Christen einig.

 

3.

Damit bin ich bei unserer Antwort auf die Einladung Gottes. Gott lädt ein. Gehen wir, Du, ich hin? Ein Lied in unserm Gesangbuch fordert auf zur positiven Reaktion. Es tut das sehr pointiert und engagiert. Es fordert wiederholt auf: „ Auf und macht die Herzen weit, euren Mund zum Lob bereit! Gottes Güte, Gottes Treu sind an jedem Morgen neu." (EG 454). Wir singen das Lied, alle 6 Strophen. Das Lied stammt aus dem Englischen, und wir singen es in einer Melodie, die aus einem chinesischen Tempelgesang stammt. Wenn unser Kirchenlieder Antworten auf unser Leben, das Leben mit Gott sind, dann wird dieses Leben in dieser Antwort auf Gottes Einladung deutlich.

Natürlich ist noch nicht alles heil. Oft müssen wir bangen ums tägliche Wasser. Bisweilen zeigt das Wasser seine andere Seite wie jetzt in Deutschland, der Slowakei, Tschechiens, Ungarns, wo es sonst zerstört, ja Menschen sterben ließ. In unserer Welt, d.h. in der Welt, die wir täglich erleben, gibt es vernichtendes Wasser und Wasser, das bezahlt werden muss. Aber es gibt auch den Splitter von Gottes Welt. Die Helfer an Elbe, Donau, Saale und anderswo sind auch solche Splitter. Leider sind es nur Splitter. Wenn die Wassermassen abgeflossen sein werden, wenn die Helfer wieder nach Hause gegangen sein werden, wird wieder Wasser teuer verkauft werden. Aber auch für diese Zeit gilt Gottes Einladung, dürfen wir auf sie vertrauen, auf sie hoffen: „We shall overcome, we shall overcome...one day...." (EG 616). Für dieses Lied aus dem Englischen haben wir noch keine singbare Übersetzung gefunden. We shall overcome, wir werden überwinden so übersetzen wir in der Regel. Overcome meint auch „bewältigen", ja „meistern, besiegen". Wir werden unsere Widerstände im Alltag gegen die Einladung meistern, besiegen.

 

4.

Wir singen das Lied: We shall overcome" alle 7 Strophen.

Amen



Prof. Dr. Ulrich Nembach
Göttingen
E-Mail: ulrich.nembach@theologie.uni-goettingen.de

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