Göttinger Predigten

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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

6. Sonntag nach Trinitatis, 07.07.2013

Predigt zu Jesaja 43:1-7, verfasst von Luise Stribrny de Estrada


 

Titel der Predigt: «Bei mir bist du schön»


Gnade sei mit euch und Friede

von Gott, unserm Vater

und unserm Herrn und Bruder Jesus Christus. Amen.


Liebe Schwestern und liebe Brüder!

Eine Liebeserklärung macht uns Gott: "Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein! Wenn du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, dass dich die Ströme nicht ersäufen sollen, und wenn du ins Feuer gehst, sollst du nicht brennen, und die Flamme soll dich nicht versengen... Weil du in meinen Augen so wert geachtet und auch herrlich bist und weil ich dich liebhabe."

Gottes Liebeserklärung ist ursprünglich an sein Volk Israel gerichtet, das in der Verbannung in Babylon verzagt und GottesTrost dringend braucht. Der Prophet Jesaja hat Israel diese Verheißung zugesprochen, um es zu neuer Hoffnung zu ermutigen. Wir Christinnen und Christen lesen diese Worte zur Taufe, sie sind für viele der Tauftext schlechthin und stehen auch als Leitvers über diesem Gottesdienst: "Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!" Gottes Segen wird überschwänglich über uns ausgeschüttet.

Viele Elemente, die bei der Taufe wichtig sind, kommen hier vor: Gott erlöst uns von dem, was uns von ihm trennt. Wir sagen auch: Er vergibt uns unsere Schuld und macht einen neuen Anfang mit uns. Bei der Taufe eines kleinen Kindes, das Gut und Böse noch nicht unterscheiden kann, ergibt das keinen Sinn. Anders ist es, wenn ein Erwachsener oder eine Jugendliche getauft wird und bewusst diesen Schritt geht, um ein Leben mit Gott zu beginnen. Dann kann es befreiend sein, dass Gott zu ihm oder ihr sagt: Was vorher war, zählt nicht mehr, ich ziehe einen Schlussstrich darunter und befreie dich von allem, was du vorher falsch gemacht hast. Mit der Taufe beginnt dein Leben noch einmal neu. Nutze diese Chance!

Unser Bibeltext spricht davon, dass Gott uns bei unserem Namen ruft und wir zu ihm gehören. Das steht im Zentrum der Taufe: der Name des Kindes wird genannt und mit Gottes Namen verbunden: "Pia, ich taufe dich im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes", sagt die Pastorin oder der Pastor. Mit dem Namen sind wirklich wir gemeint, kein anderer. Unser Name macht uns besonders. Er begleitet uns unser ganzes Leben lang und ist ein Teil von uns, wir machen verschiedene Erfahrungen mit ihm. Jeder hat eine spezielle Beziehung zu seinem Namen, weiß vielleicht noch, dass er als Kind Schwierigkeiten hatte, ihn richtig auszusprechen oder hat sich an einen Spitznamen gewöhnt, der den richtigen Namen ersetzt hat. Merkwürdig ist, wenn es im Alter keinen mehr aus der eigenen Generation gibt, der einen noch mit Namen nennt, sondern da nur die Jüngeren sind, für die man Vater oder Mutter, Oma oder Opa ist. - In der Taufe, am Anfang unseres Lebens, wird unser Name uns geschenkt und laut vor der versammelten Gemeinde genannt. Damit wissen auch die anderen, wer wir sind und dass wir zu Gott gehören.

Jesaja erwähnt das Wasser, das Element, das bei der Taufe unverzichtbar ist. Gott verspricht seinem Volk und uns, uns in Gefahr zu schützen, damit die Wasserströme uns nicht ertränken können. Bei der Taufe wird der Kopf des Kindes heute nur noch mit ein wenig Wasser benetzt, so dass kaum deutlich wird, wie gefährlich und lebensbedrohlich Wasser werden kann. Wir haben das vor wenigen Wochen erlebt, wie Wasser über seine Ufer treten kann und eine enorme Kraft entwickelt, der Menschen kaum noch oder gar nicht mehr widerstehen können. Wasser ist auch zerstörerisch, und wir müssen Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, um uns vor der Gewalt des Wassers zu schützen. - Bei den Taufen in der frühen Christenheit war von der Gefährlichkeit des Wassers noch etwas zu ahnen, wenn der erwachsene Täufling dreimal ganz in den Fluss getaucht wurde und dann, nach Luft schnappend, wieder an's Tageslicht kam. Er war dem Wasser entronnen und symbolisch durch den Tod hindurchgegangen.

"Wenn du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, dass dich die Ströme nicht ersäufen sollen", sagt Gott dem Täufling zu. Gott verspricht ihm nicht, dass er keinen Gefahren ausgesetzt sein wird, sondern dass er ihn in Gefahren beschützen wird. Manchmal neigen wir dazu zu glauben, dass einem getauften Kind nichts mehr passieren könnte, dass es so etwas wie einen magischen Schutz empfangen hat. Für die Eltern mag das zwar eine Beruhigung sein, aber so ist Gottes Zusage nicht gemeint. Er hält seine Hand über uns und unsere Kinder, aber er hält nicht alle Gefahren von uns fern. Sehr wohl geht er aber mit uns durch Wasser und Feuer hindurch und bleibt an unserer Seite, komme, was wolle.

Gottes Liebeserklärung geht weiter: "Du bist in meinen Augen wertgeachtet und herrlich, ich habe dich lieb." Bei Gott hat jeder von uns einen Wert, von Anfang an. Diesen Wert kann man nicht messen und beschreiben, er ist unermesslich. Das gilt auch für Kinder, die krank sind, eine Behinderung haben oder unerwünscht sind. Gott weiß, warum er sie hat auf die Erde kommen lassen. - Zur Liebe gehört dazu, dass man den anderen herrlich und schön findet, ganz unabhängig davon, ob er den geltenden Schönheitsvorstellungen entspricht. Ein neugeborenes Baby ist selten hübsch, aber trotzdem ist es für seine Eltern das wunderbarste Geschöpf auf der Erde - weil sie es liebhaben und ihre Liebe es verschönert. "Ich habe dich lieb, du bist für mich wertvoll", so sagt es Gott einem jeden in der Taufe zu. Davon können wir leben und uns nähren, jeden Tag, auch als Erwachsene. Und wir können unseren Kindern und Enkeln davon erzählen und ihnen weitergeben, dass sie für Gott einmalig und wunderbar sind - so wie für uns auch.

Gott sagt uns zu: "Fürchte dich nicht!" Fürchte dich nicht, wen du dich alleine fühlst und keiner dich versteht; fürchte dich nicht, wenn du krank bist; fürchte dich nicht, wenn du nicht weißt, wie dein Leben weitergehen wird. Ich, Gott, habe mich mit dir verbündet, dein Name und mein Name sind nicht voneinander zu trennen. Ich halte meine Hand über dich. Du kannst dich darauf verlassen, dass ich dich liebhabe.

Für viele spielt ihre Taufe keine Rolle, weil wir uns nicht mehr aktiv an sie erinnern und weil uns nicht klar ist, dass sie ein Versprechen Gottes für unser ganzes Leben ist. Aber die Taufe bewirkt etwas, das für immer gilt. Wir können durch sie begreifen, dass Gott uns sucht, noch bevor wir uns für ihn interessieren, noch bevor wir etwas leisten können. Sein erstes Wort an uns ist eines der unbedingten Liebe und sein Versprechen, dass er uns nicht vergessen wird. Erst später können wir darauf antworten und unseren Teil dazu beitragen, damit eine lebendige Beziehung entsteht.

Sich an die eigene Taufe bewusst zu erinnern, ist eine gute Einübung in Gottes Liebe. Jede Taufe eines Kindes in der Familie, im Freundeskreis und in der Gemeinde ist eine Einladung an uns, an Gottes Zusage bei unserer eigenen Taufe zu denken: "Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!" - Wenn Martin Luther Angst hatte, tröstete er sich damit, dass er getauft war. Er fürchtete sich davor zu versagen oder war sich nicht sicher, ob Gott ihm gnädig wäre. Dann hat er sich selbst daran erinnert, dass er getauft war und dass Gott versprochen hatte, ihn nicht fallenzulassen. Für Luther war das sinnlicher und greifbarer als nur die reinen Worte der Bibel, es machte ihm wieder Mut und bändigte seine Furcht.

So möge auch für uns die Erinnerung daran, dass wir getauft sind, wichtig werden und uns darin bestärken, dass wir Gottes Kinder sind, nach seinem Namen genannt und von ihm geliebt.

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.




Pastorin Luise Stribrny de Estrada
23566 Lübeck
E-Mail: pastorin.stribrny@gmx.de

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