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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Himmelfahrt, 05.05.2016

Christi Himmelfahrt – Ermutigung für unseren Weg
Predigt zu Apostelgeschichte 1:3-11, verfasst von Peter Schuchardt

Liebe Schwestern und Brüder!

Ein wunderbares Fest feiern wir heute: Christi Himmelfahrt. Viele zieht es deswegen heute hinaus ins Freie. Endlich ist bei uns der Frühling ausgebrochen. Viele freuen sich an dem strahlend blauen Himmel und fahren mit dem Rad durch das frische Maigrün. Das lange Himmelfahrtswochenende nutzen etliche für einen Kurzurlaub hier bei uns im Norden. Wenn sie dann am Deich stehen und den Blick über den scheinbar endlosen Horizont schweifen lassen, dann denken sie: Einfach himmlisch! Viele werden heute auch zu Fuß unterwegs sein, mit bunten Hüten auf dem Kopf und einer Bierflasche in der einen Hand. Mit der anderen ziehen sie einen Bollerwagen hinter sich her. Der ist mit Bier und Spirituosen gefüllt. Im Laufe des Tages werden es weniger Getränke im Wagen. Dafür werden die Schritte der zumeist sehr jungen Männer immer unsicherer und schwankender. Vatertag, so nennen sie dieses Fest, auch wenn die meisten von denen noch weit vom Vatersein entfernt sind – Gott sei Dank! Denn Dieser Festtag heißt für sie zumeist: Feste saufen! Im Rausch hoffen sie, himmlische Gefühle von Freiheit und Leichtigkeit zu erleben. Morgen früh aber werden Kopf und Körper schwer sein wie Blei – vor allem wegen der Spirituosen! In denen steckt ja das Wort „spiritus“, Geist drin. Geistliche Getränke sind das. Und um den Geist Gottes geht es auch an unserem Festtag heute. Doch der Geist Gottes lässt sich nicht herbeizwingen – auch nicht durch Alkohol. Radfahren, Spazierengehen, die Vatertagstour: In dem, was so viele Menschen heute draußen tun, steckt eine Erinnerung an den christlichen Ursprung des Festes. Denn auch das geschieht draußen, unter dem weiten Himmel, der sich über uns wölbt. Ich lese die Verse aus der Apostelgeschichte, die uns von der Himmelfahrt unseres Herrn Jesus Christus erzählen: Jesus zeigte sich den Aposteln nach seinem Leiden durch viele Beweise als der Lebendige und ließ sich sehen unter ihnen vierzig Tage lang und redete mit ihnen vom Reich Gottes. Und als er mit ihnen zusammen war, befahl er ihnen, Jerusalem nicht zu verlassen, sondern zu warten auf die Verheißung des Vaters, die ihr, so sprach er, von mir gehört habt; denn Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber sollt mit dem Heiligen Geist getauft werden nicht lange nach diesen Tagen. Die nun zusammengekommen waren, fragten ihn und sprachen: Herr, wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten das Reich für Israel? Er sprach aber zu ihnen: Es gebührt euch nicht, Zeit oder Stunde zu wissen, die der Vater in seiner Macht bestimmt hat; aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde. Und als er das gesagt hatte, wurde er zusehends aufgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf vor ihren Augen weg. Und als sie ihm nachsahen, wie er gen Himmel fuhr, siehe, da standen bei ihnen zwei Männer in weißen Gewändern. Die sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht zum Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen. Apg 1, 3-11

Alle wichtigen Dinge im Leben sollten gut vorbereitet sein. Das gilt auch für die wichtigen Dinge des Glaubens. Darum spreche ich immer ausführlich mit den Paaren, die heiraten oder ihr Kind zur Taufe bringen möchten. Darum gibt es Konfirmandenunterricht. Darum erzählt uns der Evangelist Lukas auch ganz ausführlich von dem, was vor der Geburt Jesu geschieht. Lukas hat auch die Geschichte der Apostel aufgeschrieben. Er erzählt darin, wie das war, als Jesus nach seiner Auferstehung in den Himmel aufgenommen wird, vom 1. Pfingstfest, als der Geist kommt, und wie danach immer mehr Menschen sich taufen lassen und Christen werden. Er erzählt, wie unsere Gemeinschaft, die Kirche entsteht. Lukas schreibt die erste Kirchengeschichte. Und die Himmelfahrt von Jesus gehört da mit zu. 40 Tage lang zeigt sich Jesus als der Lebendige. Der, der tot war, gibt sich seinen Jüngern nun zu sehen. Es ist nicht so, dass die Jünger damals in Jerusalem besonders begabt sind und in die jenseitige Welt Gottes blicken können. Nein, es ist Jesus, der zu ihnen kommt, mit ihnen spricht und ihnen so Mut und Hoffnung gibt. Weil es 40 Tage sind, sind wir heute zum Gottesdienst zusammen. Denn heute sind es 40 Tage nach dem Osterfest. Nun haben Zahlen in der Bibel immer eine besondere Bedeutung. 40 bedeutet in der Bibel die Zeit der Vorbereitung, bevor etwas Neues beginnt. Darum ist das Volk Israel 40 Jahre in der Wüste, und auch Jesus fastet 40 Tage, bevor er seinen Weg zu uns Menschen beginnt. Nun geht es um die Jünger. Jesus bereitet sie 40 Tage lang darauf vor, dass bald die neue Zeit des Heiligen Geistes kommen wird. Denn das hatte er ihnen ja immer wieder gesagt: Bald wird der Geist kommen. Gott hat es euch doch versprochen. Auf alles Nachfragen, wann das geschehen und ob dann das Reich Gottes auf Erden erscheinen wird, sagt Jesus ihnen: Das ist nicht eure Sache. Gott weiß es und wird es tun. Aber er wird euch stark machen. Denn sein Geist wird über euch kommen und euch erfüllen. Dann seid ihr gut ausgerüstet und könnt in die Welt ziehen. Erzählt den Menschen von mir, von Gottes Liebe und Gnade. Nicht mit Schwertern, mit Waffen und Gewalt, sondern nur durch das Erzählen sollt ihr die Herzen der Menschen für Gott gewinnen. So, liebe Schwestern und Brüder, so entsteht Kirche. Zuallererst dadurch, dass Jesus sich zeigt und finden lassen will. Er redet mit seinen Jüngern, und sie hören auf ihn. Und dann warten sie geduldig auf Gott und vertrauen darauf: Er wird geschehen lassen, was er uns versprochen, was er zugesagt hat.

 

Wir dürfen uns heute fragen lassen: Machen wir es so? Ach ja, sooft sind wir ungeduldig. Wir haben verlernt, auf Gott zu hören. Wir haben so oft kein Vertrauen mehr zu Gott. Es sind so viele Probleme in der Welt, und wo ist er? Das ist oft unsere Frage, zu oft. Denn wir klagen und lamentieren so laut, dass wir Gott gar nicht mehr hören. Wir haben kein offenes Ohr mehr für das, was Gott uns mit Christus sagt. Wir hören viel mehr auf die Angst in unseren Herzen. Gott sei Dank aber ist Gott geduldig mit uns. Und Gott sei Dank redet er weiter zu uns, immer wieder. Er spricht uns an in den Worten der Schrift. Es kann die Losung sein, ein Bibelwort, das wir lesen, es kann in einem Liedvers geschehen, dass Gott uns anspricht. Und Gott kann auch seine Engel zu uns schicken, die uns die Augen und das Herz öffnen. Wir mögen denken: Ach ja, die Jünger, die hatten es gut. Denen hat sich Jesus ja noch gezeigt. Dabei überlesen wir aber: Nach den 40 Tagen, nach der Zeit der Vorbereitung, ist es gut. Nun seid ihr soweit, sagt Jesus. Nun könnt ihr es. Nun könnt ihr bis ans Ende der Welt gehen. Und ich werde bei euch sein mit meinem Geist. Haben wir doch Vertrauen zu ihm, dem Auferstandenen. Der hat den Tod besiegt, der wird doch auch mit unserem Herzen voller Kleinmut fertig werden. Und nun erzählt uns Lukas mit viel Humor von den Jünger. Gerade noch hat Jesus mit ihnen gesprochen, gerade noch haben sie ihn gesehen, und nun kommt eine Wolke, die ihn aufnimmt und in den Himmel trägt. Und was machen die Jünger? Sie starren voller Trauer und Wehmut Jesus nach. Er ist nicht mehr zu sehen, aufgefahren in den Himmel, aber sie können den Blick nicht abwenden. Da ist nichts vom Vertrauen auf den Geist, da ist nichts mit Mut und Zuversicht. Also schickt Gott zwei Engel zu ihnen. Und die schimpfen die Jünger erst einmal aus: „Was soll das denn? Warum guckt ihr denn in den Himmel? Jesus wird wiederkommen. Also: Was hat Jesus euch gesagt? Ihr sollt meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde. Also los. Dann fangt an. Dann erzählt der Welt von Christus und starrt nicht weiter Löcher in die Luft.“ Wie gut, dass die Engel so reden. Denn nun kommen die Jünger in Bewegung. Nun gehen sie nach Jerusalem und fangen, das zu tun, was Jesus von ihnen möchte. Sie warten voller Vertrauen auf den Geist. Sie blicken mit Hoffnung in die Zukunft. Sie lernen Geduld. Hoffentlich schickt Gott uns immer seine guten Engel, wenn wir voller Trauer, voller Angst und Unentschlossenheit Löcher in die Luft starren.

Aber wäre es nicht besser, Jesus wäre bei uns geblieben? Würden wir nicht viel mutiger, entschlossener für Gottes Sache kämpfen? Nein, das würden wir nicht. Wir würden uns immer hinter Jesus verstecken. „Gott, mach du mal!“, das würden wir mit jedem zweiten Satz sagen. Dabei traut Christus es uns doch zu. Uns, seinen oft so zaghaften, unentschlossenen, mutlosen, faulen, besserwisserischen Menschen traut er es zu. Ihr könnt das. Und darum ist Jesus in den Himmel aufgefahren. Wir denken bei Himmel oft nur an das Weltall, an Raumschiffe, die dort nach Leben suchen, an die Planeten und Sonnensysteme. Als ob Jesus Christus dort an einem winzig kleinen Ort im All nun sitzen würde!

 

Die Menschen, denen Lukas seine Apostelgeschichte erzählt, die wissen es besser: Der Himmel ist das Symbol für Gottes Herrschaftsbereich. Und sein Herrschaftsbereich umspannt doch alles, auch die Planeten und Sonnensysteme. Dort, in der allumfassenden Liebe Gottes herrscht nun Christus in der Einheit mit dem Vater. Und in seinem Geist ist er mitten unter uns. Wann immer wir Kraft, Veränderung und Mut in uns spüren, wann immer wir in aller Traurigkeit getröstet werden, wann immer wir einem anderen aufhelfen, zeigt Christus uns ein Stück vom Himmel, von der liebevollen Herrschaft Gottes. Der Himmel, der sich heute blau über uns wölbt, kann uns so zum Zeichen werden für Gottes Liebe, die die ganze Welt umspannt. Wir können über die jungen Leute auf ihrer Vatertagstour lächeln und uns sagen: So nicht, nicht mit Alkohol und Spirituosen, aber mit Gottes gutem Geist ausgerüstet schickt Gott uns in die Welt. Der macht den Kopf und den Körper nicht schwer, sondern leicht und stark zugleich. Gott traut uns so viel zu. Er vertraut uns das Wort von Jesus Christus an. Und das ist Hoffnung und Trost und Zukunft für diese Welt. Oft denken wir: Wir können das alles gar nicht. Die Aufgaben sind zu groß und zu schwer und zu viel. Aber wir haben doch Christus an unserer Seite. Der sagt es uns jeden Tag: Ich bin bei euch, bis an das Ende der Welt. Manchmal schickt er uns seine Engel, die uns das Herz öffnen. So brechen seit 2000 Jahren Menschen auf, getragen von seiner Liebe. So können auch wir unseren Weg mit Freude und Mut gehen. Amen



Pastor Peter Schuchardt
Bredstedt
E-Mail: pw-schuchardt@versanet.de

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