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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

6. Sonntag nach Trinitatis, 03.07.2016

Mit Christus leben
Predigt zu Römer 6:3-8 (9-11), verfasst von Michael Nitzke

 

3 Oder wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? 4 So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln. 5 Denn wenn wir mit ihm verbunden und ihm gleich geworden sind in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein. 6 Wir wissen ja, dass unser alter Mensch mit ihm gekreuzigt ist, damit der Leib der Sünde vernichtet werde, sodass wir hinfort der Sünde nicht dienen. 7 Denn wer gestorben ist, der ist frei geworden von der Sünde. 8 Sind wir aber mit Christus gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden, 9 und wissen, dass Christus, von den Toten erweckt, hinfort nicht stirbt; der Tod kann hinfort über ihn nicht herrschen. 10 Denn was er gestorben ist, das ist er der Sünde gestorben ein für alle Mal; was er aber lebt, das lebt er Gott. 11 So auch ihr, haltet dafür, dass ihr der Sünde gestorben seid und lebt Gott in Christus Jesus.

Liebe Gemeinde,

Als die Jünger den Auftrag zur Taufe von Jesus erhielten, da waren sie voller Elan und sie waren von sich überzeugt. Ja, das war eine große Aufgabe, die er ihnen gegeben hat: Gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes (Mt 28,19)

Ja, einige von ihnen erinnerten sich an die  Taufe des Johannes. Johannes hatte den Menschen ins Gewissen geredet. Er hat sie dazu gebracht, sich waschen zu lassen, aber es war nicht ein Waschen, wie sie es kannten. Er tauchte sie unter im Jordan. Johannes drückte die Menschen hinunter. Die Wasserfluten schlossen sich über ihnen. Johannes hielt sie einen Moment fest. Es war ein kurzer Moment, doch in diesem winzigen Augenblick, ging dem Menschen alles durch den Kopf, was Johannes durch seine Reden in ihnen wachgerufen hatte: "Ihr Schlangenbrut, wer hat denn euch gewiss gemacht, dass ihr dem künftigen Zorn entrinnen werdet?" (Mt 3,7) Ja, wenn man es sich recht überlegte, könnten eine ganze Menge Leute über mich zornig sein. Ich war nicht immer ehrlich. Ich habe mein Ding gemacht, nicht danach gefragt, ob ich anderen damit weh tue. Ja die Menschen haben allen Grund auf mich zornig zu sein, und nicht nur die, sondern auch der Herr des Himmels. Wie oft habe ich mich sicher gefühlt, ich opfere, ich gehe zum Tempel, ich habe versucht Gott zu gefallen, aber andere  Menschen habe ich verletzt. Auch unter Wasser höre ich die Stimme des Johannes in diesem kurzen Moment: Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt. (Mt 3,10). Ja, ich fühle mich wie ein gefällter Baum entwurzelt. Umgefallen, die Strömung des Flusses scheint mich weg zuziehen. Doch in diesem Moment reißt etwas an mir. Der starke Arm des Johannes, der mich zu vor unter Wasser gedrückt hat zieht mich wieder hoch. Ein gefällter Baum steht wieder aufrecht. Der endlose Augenblick ist doch noch vergangen. Das Gefühl, nie mehr Luft zu bekommen, ist gewichen. Ich atme erleichtert ein. Ich nehme die Luft in mich auf, sie belebt mich, gibt mir das Gefühl, ein neuer Mensch zu sein. Die Angst ist dem Gefühl der Freiheit gewichen. Und in diesem Moment fühle ich mich so frei, dass ich vor nichts Angst habe. Ja, ich kann sogar frei sprechen, auch davon wie viele Menschen ich traurig gemacht habe. Ich spüre, die Kraft in mir zu ihnen zu gehen, und sie zu bitten mir zu vergeben. Ich spüre den Wunsch, sie in den Arm zu nehmen, um gemeinsam zu leben, miteinander statt gegeneinander.

Ja, der kurze Augenblick der Todesangst unter Wasser, hat mir gezeigt, wie wertvoll das Leben ist, und dass ich nur Leben kann, wenn ich mit den anderen Menschen mein Leben teile.

Und dieses Gefühl, soll ich nun weitergeben. Und noch viel mehr. Johannes hat mir die Augen geöffnet. Aber Jesus hat mich gelehrt mit diesen Augen zu sehen. Er hat mir gezeigt, zu was Menschen fähig sein können, die nicht nur auf sich selbst vertrauen. Vertrauen hat Jesus gegeben. Er hat Menschen die Hand gereicht, die niemand berühren würde. Er hat sich mit Menschen an einen Tisch gesetzt, die andere nicht mal eines Blickes gewürdigt hätten. Er hat Menschen entdecken lassen, dass wenn sie nichts haben, sie doch immer noch eines haben können: Vertrauen, Glauben und Vertrauen, dass sich etwas ändern kann, dass die Dinge nicht so bleiben müssen, wie sie sind. "Dein Glaube hat dir geholfen."

Der Glaube, das Vertrauen, in den Menschen hat geholfen, der sich als Kind Gottes sieht. Der Glaube an den Menschen, für den Liebe nicht nur einfach ein Wort ist. Der Glaube an den Menschen, der das Wort Gottes ausspricht, als wohne es ganz tief in ihm selbst. Der Glaube an Gottes Son, an Jesus Christus, der die Taufe einst selbst von Johannes empfangen hatte, obwohl er es nicht nötig hatte. Er hat mit uns gefeiert, er hat mit uns geweint. Er hat Brot und Wein mit uns geteilt. Und erst später verstanden wir, dass er dadurch mit uns sein Leben für uns gegeben hat.

Und nun gibt er uns diese Aufgabe: Geht in die ganze Welt, und begeistert die Menschen von eurem Leben und eurem Vertrauen, lasst sie auch Jünger werden, wie ihr. Und taucht sie ein für alle Mal unter Wasser, damit sie diesen fast unendlichen Augenblick erleben. Damit sie in diesem Moment in ihr Herz blicken, und darin sehen, was Vertrauen wirklich heißt.

"machet zu Jüngern alle Völker". Doch die Worte sind gewichtig. Jetzt heißt es, das was man selbst erlebt hat, an andere weiterzugeben. Wie schwer fällt es, nicht immer wieder in die alten Bahnen zurückzufallen. Dieses Gefühl der Freiheit, von allem, was mich belastet, dieses Gefühl, die Welt umarmen zu wollen, dieses Gefühl ist manchmal so fern. Und dann bin ich wieder der Kleingeist. Der, der nur an sich denkt. Dann bin ich wieder der, der Vertrauen für vergebene Liebesmüh hält.

 

Ja, liebe Gemeinde, so mag sich der innere Dialog eines der ersten Christen angehört haben.

Es ist ein Gefühl, etwas Wunderbares erreicht zu haben, aber gleichzeitig nicht mehr weiter zu wissen. In dieser Situation hat vielleicht einer dieser ersten Christen den Aufruf des Apostels Paulus gehört, der sie zunächst erschrecken lässt: 3 ... wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft?

Ja, da bleibt einem das Wort fasst im Halse stecken. In seinen Tod getauft. Wer will davon bei einer Taufe hören. Ob damals ein Erwachsener oder heute vielleicht ein Kleinkind, mit der Taufe verbinden wir Leben. Wasser, das Element der Taufe ist Wasser des Lebens. Ohne Wasser könnte kein Lebewesen existieren. Und da spricht Paulus von Tod und Taufe in einem Atemzug?

Ja, seine Worte scheinen an mir vorbei zu rauschen und hier merke ich wieder auf: 8 Sind wir aber mit Christus gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden.

Es geht also doch um Leben in diesem düsteren Worten: mit ihm leben.

Mit Christus verbunden sein, das ist das, worum es in der Rede des Paulus geht. Jesus Christus, ist nicht jemand, der mir ein paar gute Tipps fürs Leben gibt, denen ich folgen kann oder nicht. Jesus Christus ist jemand, der die Hand ausstreckt. Wenn ich diese Hand ergreife, dann gehe ich MIT ihm durchs Leben, dann gehe ich mit ihm durch dick und dünn.

Fünf mal kommt in der Rede des Paulus das Wort "mit" ausdrücklich vor.

4 mit ihm begraben, 5 mit ihm verbunden, 6 mit ihm gekreuzigt, 8 mit Christus gestorben, 8 mit ihm leben. Die ersten vier dieser Verbindungen können auf den ersten Blick noch nicht so überzeugen. Aber halten wir fest, dass das die fünfte und letzte Verbindung "mit ihm leben" heißt.

Wenn wir dies wissen, dann können wir uns an das Andere herantasten. Zunächst das Erste: 4 mit ihm begraben.

Wir haben zu Beginn gehört, wie sich die Menschen damals gefühlt haben, als sie bei der Taufe untergetaucht wurden. Das ein Mensch schwimmen kann ist keine Selbstverständlichkeit, ebenso nicht, dass er eine Weile unter Wasser die Luft anhalten kann. Hätten die Jünger sonst an dem so kleinen See Genezareth solche Angst gehabt, schiffbrüchig zu werden. Von jeder Seite aus sieht man doch das Land. Aber das heißt nichts, auch erfahrene Seefahrer haben Angst vor dem Wasser. Und so ist es nicht verwunderlich, dass dieser kurze Moment unter Wasser, zu einem unendlich langen Augenblick werden kann, an dem ich Angst habe. Wenn wir heute taufen, dann wird durch den äußerlichen Vollzug des Rituals eher an die Reinigung erinnert. Mit ein paar Tropfen Wasser wird allenfalls angedeutet, dass der Kopf gewaschen wird. Aber in alten Zeiten, ist der Mensch bei der Taufe ganz untergetaucht worden. In Orthodoxen Kirchen und manchen Freikirchen geschieht das heute noch so. Wir können das auch an alten Taufsteinen erfahren. Die Taufsteine waren eher große Becken (so wie in unserer Kirche, wo die große Öffnung aber durch einen neuzeitlichen Einsatz, der als Taufschale dient, abgedeckt wurde.) Viele kennen auch den Ausdruck: "Taufbrunnen". Von daher ist es nicht weit zu denken, ein Kind könnte in den Brunnen gefallen sein. Taufe symbolisierte damals einen kurzen Augenblick der Todesgefahr. Aber es bliebt ja nicht beim 4 mit ihm begraben. Das nächste "mit" heißt 5 mit ihm verbunden. Christus lässt uns nicht los, er ist mit uns verbunden. Und so wurden damals auch die Täuflinge nicht losgelassen, und sich selbst überlassen, sondern sie wurden so gleich aus dem gefährlichen Nass herausgezogen, so dass eine reale Todesgefahr nicht aufkommen konnte. Deshalb können wir bei der Taufe schon erfahren, was dieser Gedanke heißt: 5 Denn wenn wir mit ihm verbunden und ihm gleich geworden sind in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein. Christus lässt uns nicht los, er nimmt uns mit zum Leben. Und dieses Leben beginnt für uns mit der Taufe. Die nächsten drei "mits" machen das noch einmal deutlich: 6 mit ihm gekreuzigt, 8 mit Christus gestorben, 8 mit ihm leben.

Bei der Taufe wird oft das alte Ritual der Kreuzbezeichnung erlebbar gemacht. "Nimm hin das Zeichen des Kreuzes an Stirn und Brust, als Zeichen das Jesus Christus der Gekreuzigte und Auferstandene dich erlöst hat." Ja, an dieser Stelle nehmen wir schon sein Kreuz als unser Kreuz auf uns, Und wenn wir später noch manchmal unser Kreuz tragen müssen, dann wissen wir, wir sind nicht allein. So wie Jesus am Weg zur Kreuzigungsstätte Hilfe durch einen Nebenstehenden erhielt, so wird er auch unser Kreuz tragen. Das vierte "mit" muss uns dann keine Angst mehr machen. 8 mit Christus gestorben, Das heißt unser altes Leben ist vorbei. Ein Leben voller Angst und Sorge, ein Leben geprägt von der Mühe, alles selbst in die Hand nehmen zu müssen. Nein durch die Taufe ist unser altes Leben vorbei. Wenn uns Christus, der uns ja nicht loslässt aus den Wasserfluten herausreißt, die sich über uns aufgetürmt haben, dann haben wir ein neues Leben. Dann ist das alte Leben beendet. Dann erleben wir wahrhaftig das fünfte "mit": 8 mit ihm leben. Er lässt uns nun neu leben. Wir müssen vor dem alten keine Angst mehr haben. Unser neues Leben ist auf Ewigkeit ausgerichtet. Das Leben hat eine neue Richtung bekommen. Diese Richtung schaut nach oben zu Gott unserem Vater und nicht nach unten, voller Sorge, was mich einst in Wasserfluten oder unter der Erde erwarten möge.

Jesus Christus, gibt uns ein neues Leben mit einer neuen Richtung, 7 sodass wir hinfort der Sünde nicht dienen.

Auch hier müssen wir nachfragen und nachforschen, was die Worte meinen, dasmit wir nicht die Ohren verschließen. Was ist Sünde? Ein Leben in Sünde, ist ein Leben ohne rechtes Ziel. Ich will hier nicht moralisieren und nachdenken, ob dies oder das verboten ist. Es kommt auf die Grund-Richtung an, die ich im Leben habe. Das griechische Wort, das hier für Sünde steht, könnte man auch als "Verfehlung" übersetzten. Das kennen wir ja auch, in diesem Sprachgebrauch. Aber hier werden eben nicht die einzelnen kleinen Verfehlungen gemeint. Sondern es geht  um die grundsätzliche Richtung , die ich einschlage um mein Leben auf ein Ziel auszurichten. Dieses Ziel ist das Sein "mit" Jesus Christus, das Sein "mit" Gott. Dieses Ziel muss ich im Auge haben. Wenn ich ab und zu mal über das Ziel hinausschieße, dann gibt mir Jesus Christus immer wieder die Möglichkeit, seinen Weg einzuschlagen und ihm auf dem Weg des Lebens zu folgen. Sein Ziel, das er vorgibt, ist der Weg zu Gott seinem Vater. Am Ende seine Rede sagt Paulus über Christus 10 was er aber lebt, das lebt er Gott. 11 So auch ihr, haltet dafür, dass ihr der Sünde gestorben seid und lebt Gott in Christus Jesus. Ja, ihr Menschen lebt. Ihr habt das Leben ein für alle Mal, durch den Glauben an Jesus Christus, den Gott euch schenkt. Und durch die Taufe wird Euch das besiegelt. Ihr lebt nicht mehr ziellos in den Tag hinein, denn weil ihr mit Jesus Christus verbunden seid, lebt ihr auf ein höheres Ziel hin und das ist Gott. Und das Ziel, das Gott uns vor Augen hält, ist seine Liebe, dafür lohnt es sich auf seinen Wegen zu gehen. (So ist es im Taufspruch für Antonia beschrieben:) Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm. (1. Joh 4,16)

Amen.

 



Pfarrer Michael Nitzke
Dortmund
E-Mail: michael.nitzke@philippusdo.de

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