Göttinger Predigten im Internet hg. von Ulrich Nembach und Johannes Neukirch |
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2. Sonntag nach
Trinitatis 2.7.2000 1. Korinther 14,1-3 + 20-25 Hans Theodor Goebel |
Liebe Gemeinde! Vor ein paar Tagen war es. Er selbst - so sagte der Prediger - sei ein einfacher Mann. Nicht studiert. An ihm liege nichts. Auf ihn käme es gar nicht an und er habe nichts vorzuweisen mit seiner Person und seinem Leben. Im Gegenteil. Nur auf die Liebe Gottes käme es an. An der hinge alles. Zu Gott sich hin zu kehren und ihn wieder zu lieben - darum ginge es. Wer war dieser Mann? Ich weiß es nicht. 1. Zum Propheten kann niemand sich selbst machen. Nur Gottes Geist kann Menschen dazu bewegen. Prophet zu sein, kannst du nicht planen und machen wie eine Politiker-Karriere. Und auch nicht wie einen Pfarrer-Beruf. Du kannst auch nicht machen, dass ein anderer auf seine Knie fällt und Gott die Ehre gibt. Wenn aber von Gott her der Geist kommt, wenn er da ist in unsrer Gemeinde, dann begabt er uns und setzt einen Prozess in Gang. - Dann können wir uns Mühe geben, seine Gabe zu aktivieren. Wir sollen das auch! Bemüht euch eifrig um das Geistliche (die Gaben des Geistes), am meisten aber, dass ihr prophetisch redet - schreibt Paulus. Besonders ans prophetische Reden sollt ihr Eifer und Mühe
setzen. Gott hat seinen Jüngern seinen Geist versprochen. Jesus hat
ihnen gesagt, dass sie den Vater im Himmel nicht vergeblich um seinen Geist
bitten werden. Und wo er sein Versprechen erfüllt, wird in seiner Kirche
immer neu Pfingsten. 2. Es hat zur Zeit des Apostels Paulus wie auch heute in den
Gemeinden doch auch andere Formen von geistlichem Leben gegeben. Seht ihr, sagt Paulus. Das ist das Problem. Es kommt doch gerade darauf an, dass die anderen Menschen euch verstehen können. Du betest und bist dabei irgendwie verzückt und
entrückt. Du bist irgendwie außer dir. Vielleicht einfach
religiös ergriffen und persönlich tief bewegt von dem, was du
erfahren hast und erahnst und was kein anderer versteht. Das alles kann vom
Heiligen Geist sein. Aber - du bleibst dabei privat. Aber pass auf, dass der Geist Gottes nicht von dir aus schon weiter gegangen ist. Bleib ihm auf der Spur. Denn der Heilige Geist will, dass du die Gemeinde erbaust und nicht nur dich selbst. Dein christlicher Glaube kann nicht deine Privatsache werden. Darum sollt ihr euch besonders um das prophetische Reden bemühen - schreibt Paulus an die Gemeinde. Denn wer prophetisch redet, der redet den Menschen zur Erbauung und zur Ermahnung und zur Tröstung. Ich denke in unserer Gemeinde daran, dass auch Gruppen so ein Eigenleben führen können, auch ein geistliches Eigenleben. Ich will das nicht schlecht machen. Nur - baut es die Gemeinde auf? Oder bleibt es in sich verkapselt, die anderen bekommen es nicht mit, sie bleiben von ihm ausgeschlossen? -Wenn es so steht, dient es dann dem Aufbau unsrer Gemeinde? Warum kommt es denn nun so auf die Erbauung der Gemeinde an und nicht nur auf die eigene? Weil es auf die Liebe ankommt. Der Liebe wegen kann die christliche Religion nicht Privatsache bleiben. 3. Ich versuche einmal zu übersetzen. Prophetisch reden heißt, Menschen die Zeit ansagen. Von Gott her und im Auftrag Gottes. In Jesus Christus ist die Liebe Gottes unheimlich nahe an euch herangekommenen. Kehrt zu ihr um! Das ist anders, als wenn wir uns aus unserer eigenen Sicht heraus die Zeit ansagen. Du bist vielleicht krank. Aus deiner eigenen Sicht heraus starrst
du auf die die Krankheit. Du verstehst sie nicht. Sie läßt
dein Leben sinnlos erscheinen. Sie stellt Gott für dich in Frage. Gewinnen wir mit dieser Entwicklung die Zukunft für eine Welt, die von immer mehr Menschen bewohnt wird? Heute fordern alle wirtschaftliches Wachstum und wollen es gefördert sehen. Aber es gab doch vor ein paar Jahrzehnten einmal die Einsicht, die Grenzen des Wachstums seien erreicht. Wo ist diese Einsicht heute? War sie damals falsch oder ist sie heute nicht mehr aktuell? Es redet keiner mehr davon. Welche Politik kann die Entwicklung heute noch steuern oder
gestalten? Wenn wir von uns aus sehen, gibt das schnell eine pessimistische Zeitansage: Die Zukunft ist zum Fürchten. Zumindest ist ungewiss, unter welchen Bedingungen große Teile der Menschheit überleben können. Immerhin könnte die Furcht die Verantwortlichen ja zum Innehalten und Nachdenken bringen. Aber sieht es in unserer Welt danach aus? Wie sagt uns ein Prophet im Namen und Auftrag Gottes heute die
Zeit an? Gebt unsre Welt, gebt die nachkommenden Generationen nicht auf! Gott hat die Welt so geliebt, dass er seinen eigenen Sohn für sie hergab. Die Welt soll sich nicht selbst verlieren und verloren geben. Da drängen Menschen aus den armen und ärmsten
Ländern in unsere europäischen Wohlfahrtsstaaten. Weil sie zu
Hause keine Lebenschance mehr haben oder keine mehr sehen. Da kommen Menschen nach Köln, die hier Asyl suchen.
Die an Leib und Seele vielleicht schwer traumatisiert sind. Einigen von ihnen
werden die Ämter und die Gesetze unseres Staates nicht gerecht.
Schützen sie nicht. Können wir sie denn dann verloren geben?
Sich selbst überlassen? Aber meinst du denn, Gott hätte dich anders geliebt? Von uns aus sehen wir Ängste. Das ist wahrscheinlich in
Brandenburg nicht anders als in Köln. Dann denken wir, die Fremden
könnten uns etwas wegnehmen. Arbeit oder Geld aus den öffentlichen
Kassen, das Geld von unseren Steuern. Da kommen Politiker und sagen: Wir brauchen Einwanderer
für unsere Wirtschaft, aber dafür nehmen wir dann nur noch eine
bestimmte Zahl von Asylbewerbern auf. Dann stehen hofffentlich Propheten auf
und sagen: Wenn Propheten so oder ähnlich in der Kirche und in unserer Gemeinde von der Liebe Gottes reden und sagen: Kehrt zu ihr um! - denken vielleicht viele: Das ist aber zu einseitig. Oder: Das ist aber politisch, und damit hat die Kirche doch nicht zu tun. Paulus schreibt ein paar Verse weiter an die Gemeinde in Korinth:
Von den Propheten lasst zwei oder drei reden, und die anderen lasst
darüber urteilen (V 29). Wie war das denn vor Jahren? Unumstritten sind prophetische Worte nie. Sie führen uns in
die Auseinandersetzung um der Liebe Jesu Christi willen. Sie stellen uns in
Frage. Sie decken auch kritisch auf, was in uns ist. Lasst uns dieser
Herausforderung nicht ausweichen. Sie erhält uns lebendig. 4. Amen. Nachbemerkung: Literaturhinweis: Dr. Hans Theodor Goebel, |
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