Liebe Gemeinde!
"Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland", sagen
die Weisen "und sind gekommen, ihn anzubeten",
Noch sind sie auf der Suche, sind noch nicht am Ziel ihrer Träume.
"Wo ist der neugeborene König der Juden?" fragen sie in
Jerusalem.
Doch im Grunde hat das "Licht der Erkenntnis" sie schon längst
erleuchtet, sie ahnen, dass es etwas ganz besonderes auf sich haben muss
mit diesem Kind!.
Das Licht, der Stern wird sie weiter leiten, wird vor ihnen hergehen.
Sie werden es finden, das Kind in der Krippe, sie werden ihm glauben,
es anbeten und ihm ihre Geschenke bringen.
Und sie werden auch ihren Träumen glauben, eine göttliche Weisung
darin erkennen und König Herodes ihre Erfahrung und ihren neugewonnenen
Glauben verschweigen.
Auf einem andern Weg werden sie wieder in ihr Land ziehen. Und so werden
sie zur Rettung des Neugeborenen beitragen.
Die Eltern können fliehen mit dem weinige Tage alten Kind
Das Licht der Erkenntnis hat die Weisen bewegt, und es hat auch diesem
Festtag heute seinen Namen gegeben: Epiphanias, Erscheinungsfest - Menschen
erkennen in einem Kind, das aussieht wie alle anderen Neugeborenen den
Heiland und Retter der Welt!
Abgeschriebene Hirten, ausländische Sterndeuter, der uralte Simeon
im Tempel...
Wie kann das sein?
Und woran liegt es, dass anderen diese Erkenntnis verschlossen
bleibt, dass es ihnen nicht - u. U. auch bei aller Anstrengung und allem
Einsatz der intellektuellen Kräfte nicht- gelingen will, mit Christus
etwas anfangen zu können, damals wie heute?
Das beschäftigt auch den Apostel Paulus, ausführlich setzt er
sich mit dem Thema auseinander in einem seiner Schreiben an die Gemeinde
in Korinth.
Ein kurzer, komplizierter Abschnitt daraus ist uns heute morgen zum Nachdenken
vorgeschlagen:
"Wenn unser Evangelium dennoch verhüllt ist, ist es nur denen
verhüllt, die verloren gehen: denn der Gott dieser Weltzeit hat das
Denken der Ungläubigen verblendet. So strahlt ihnen der Glanz der
Heilsbotschaft nicht auf, der Botschaft von der Herrlichkeit Christi,
der Gottes Ebenbild ist. Wir verkündigen nicht uns selbst, sondern
Jesus Christus als den Herrn, uns aber als eure Knechte um Jesu willen.
Denn Gott, der sprach: Aus Finsternis soll Licht aufleuchten! Er ist in
unseren Herzen aufgeleuchtet, damit wir erleuchtet werden zur Erkenntnis
des göttlichen Glanzes auf dem Antlitz Christi."
1. Korinther 4, 3-7
Kann man Glauben lernen, liebe Gemeinde?
Kann man, können wir den Glauben im anderen Menschen (oder bei uns
selbst) bewirken, ihn sozusagen entwickeln, anerziehen oder beibringen?
Elternabend.
Die Gemüter hatten sich erhitzt, die Debatte ebenso.
Mit Recht, wie ich fand, denn es ging um die wichtige Frage: Sollen wir
in unserer Gemeinde den Vorkonfirmandenunterricht im 4. Schuljahr einführen?
Es ging hoch her, vor allem an dem Punkt, wo es darum ging, Eltern für
die Mitarbeit zu motivieren und zu finden.
"Können die das denn überhaupt?" wurde sofort
gefragt, "unsere Kinder so unterrichten, dass etwas
dabei herauskommt', d.h. dass sie lernen, an Gott zu glauben und sich
auf Christus zu verlassen?" Brauchen wir dazu nicht Experten? Fachleute
wie Diakon oder Pastor/in? Leute mit der entsprechenden theologischen
und pädagogischen Ausbildung? Vielleicht sogar mit einer priesterlichen
Qualität?"
"Aber eine Garantie ist das auch nicht," sagte da mit einemmal
sehr nachdenklich geworden ein Vater. "Wisst ihr, wir hatten wirklich
einen ganz tollen Pastor zu Hause, und auch unsere Eltern..., es war eigentlich
ganz selbstverständlich, dass wir uns alle in der Kirche engagiert
haben, Posaunenchor, Jugendgruppe, Freizeiten -ach, war das eine schöne
Zeit! Und trotzdem sind alle meine vier Geschwister heute nicht mehr in
der Kirche... Und ich?" Er zuckte mit den Schultern. "Ich weiß
oft auch gar nicht so genau..."
Kann man Glauben produzieren?
Oder anders gefragt: Woran liegt es denn, dass manche Menschen das Licht
des göttlichen Glanzes, das in uns aufgeleuchtet ist, nicht
erkennen können oder wollen?
Paulus hat eine sehr handfeste Erklärung dafür parat: Das macht
der "Gott dieser Weltzeit", sagt er, und an anderer Stelle nennt
er ihn "Satan oder Teufel."
Nun sind wir sicher gut beraten, uns darunter natürlich kein huffüßiges,
gehörntes Wesen von einer Schwefelwolke eingehüllt vorzustellen.
Dennoch geht es mir auch so ein bisschen zu schnell, die Gründe für
das Nichtglaubenkönnen eines Menschen sofort außerhalb, in
einer fremden, bedrohlichen Macht zu suchen;
In einer von bösen Kräften bewirkten Verblendung, für die
ich ja selber demzufolge konsequenterweise eigentlich gar nichts kann!
Ich denke an Menschen, die voller Sehnsucht nach dem Glauben sind und
voller Unsicherheit suchen und fragen.
Werden sie doch durch so eine Theorie in nur noch tiefere Verzweiflung
gestürzt!
"Ich habe doch gelernt, dass der Glaube ein Geschenk sein soll",
höre ich in solchen Gesprächen oft. "Wenn ich aber nun
mal keinen Zugang dazu habe, dann muss ich doch davon ausgehen, dass ich
von diesem Geschenk eben nichts abgekriegt habe. Was soll ich denn tun?"
Und Resignation breitet sich aus.
Und? Wie ist es nun also:
Kann ich überhaupt etwas tun, um zum Glauben zu finden?
Für mich selbst, oder auch um anderen dazu zu verhelfen?
Das Stichwort "Geschenk" lässt mich noch einmal an Weihnachten
denken.
Wie viele haben nicht vor dem Fest Wunschzettel geschrieben.
Warum also nicht auch eine Art "Wunschzettel" an Gott richten?
Die Bitte: "Schenke mir, Gott, diese Erleuchtung, die Erfahrung deiner
Nähe, den Glauben an dich!"
Das ist das eine.
Bei manchen Menschen habe ich eigentlich vielmehr das Gefühl, dass
sie einfach schlicht vergessen haben, ihr Geschenk auszuwickeln,
das längst vor ihnen liegt!
Das Evangelium ist verhüllt, sagt Paulus, für die, die verloren
gehen. Eingepackt wie ein Weihnachtsgeschenk, dem man auch von außen
nicht ansieht, was drin ist, ist mir dazu eingefallen.
Eingepackt vielleicht in das Papier falscher oder übersteigerter
Erwartungen und Vorstellungen?
So als dürfe es gar keine Fragen und Unsicherheiten mehr geben, Zweifel
oder Verzweiflungen...
So als müsse die eigene Glaubensüberzeugung eines Tages plötzlich
perfekt und fertig dastehen, unwandelbar und unumstößlich.
Paulus spielt mit dem Verhüllungs-Symbol auf eine Geschichte aus
dem Alten Testament an, erzählt von Mose, der im Sinaigebirge mit
den Geboten Gottes vom Berg kommt, mit einem strahlenden Leuchten auf
dem Gesicht, das von der Begegnung mit Gott herrührt.
Die Menschen sind völlig geblendet davon. So dass Mose sein Gesicht
in eine Decke hüllt, um sie nicht unnötig zu erschrecken.
So verletzt und blendet das Licht nicht mehr, aber zur Erkenntnis, zur
Erleuchtung kommt man so natürlich nicht.
Aber wie dann?
Vielleicht eher so wie bei den Weisen aus dem Morgenland, die von ihrer
Hoffnung auf den Weg gebracht wurden, von der Sehnsucht nach Heil und
Frieden.
An ihnen wird mir deutlich, dass die Entstehung von Glauben auch immer
etwas Paradoxes hat: da ist die Anstrengung und Mühe, die die weite
Reise ihnen abverlangt, die Suche und das Fragen.
Und da ist trotz allem das Geschenk der Begegnung mit dem Kind und die
Bereitschaft, dieses Geschenk anzunehmen.
Und auch Weihnachten und Epiphanias -spiegeln etwas wider von diesen beiden
Seiten:
Der Grund ist mit Weihnachten gelegt.
Gott wird Mensch, das Licht leuchtet auf in der Dunkelheit, kommt auch
in unsere Herzen. (V.6);
Nun kommt es -Epiphanis- darauf an, Erfahrungen zu machen mit diesem menschlichen
Gott und das Licht, das längst da ist, auch wahrzunehmen, wo es mir
scheint;
Unterwegs zu bleiben (wie die Weisen) immer wieder neu zu fragen: Wo ist
jetzt der neugeborene König..., wo ist jetzt Gottes Gegenwart
erkennbar in meiner Welt?
So kann die "Sternstunde der Menschheit" zu meiner werden.
Amen.
Elisabeth Tobaben, Moringen
E-Mail Kirchengemeinde Moringen:kirchengemeinde@gmx.net
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