"Ich danke Gott, daß ihr, die ihr einstmals Sklaven der Sünde wart, nun der neuen Lehre folgt. Jetzt sucht ihr die Gerechtigkeit. Damals lebtet ihr unrein. Jetzt arbeitet ihr an der Heiligung. Damals war das Ende der Tod. Jetzt als Sklaven Gotte werdet ihr das ewige Leben erlangen. Denn der Lohn der Sünde ist der Tod, aber Gottes Gabe ist das ewige Leben in Christus Jesus, unserem Herrn. Jesus, unserem Herrn."

Liebe Gemeinde!
Der Apostel Paulus muß ein sehr hartnäckiger und grundsätzlicher Mensch gewesen sein. Auf alle Fälle war er ein hartnäckiger und tiefer Denker und Verkündiger. Deshalb ist es auch nicht ganz leicht, ihn sofort zu verstehen. Er begnügt sich nicht mit ein paar Gefälligkeiten und Halbheiten, die niemandem weh tun. Er sagt nicht: Werdet nur ordentliche und anständige Bürger, dann seid ihr schon gute Christen, wie man nicht selten so hört. Genau das hält er für Augenwischerei und Vernebelung der wirklichen Lage. Er sagt knallhart: Entweder wir sind Sklaven der Sünde oder Sklaven Gottes.

So oder so: Wir sind Sklaven. Paulus ließe sich von keiner Freiheitsideologie oder vom Emanzipationsgerede beirren. Wir sind gebunden - und es fragt sich nur, an wen und an was. Gebunden sind wir ganz gewiß an unseren Körper, an unseren Geist, an unsere Vergangenheit, an unsere Umwelt. Wir sind gebunden an unsere Sehnsüchte und Triebe, an unser Ich. Wir sind doch Sklaven dieses Ich. Die freie Persönlichkeit, von der die Psychologie oder die Pädagogik oder die Poesie träumt, gibt es nicht.

Aber nun spricht der Apostel ja von der Sünde. Das könnte sehr leicht missverstanden werden. Denn das hat erst einmal mit Unmoral und Unanständigkeit nichts zu tun. Mit Sünde ist die Gottesfremdheit, die Verlorenheit, die Unruhe, die Angst, der Tod gemeint.

Sklave der Sünde - das ist dieses trübsinnige, hoffnungslose und durchängstigte Leben. Es ist jenes Leben, von dem Christus gesagt hat: "In der Welt habt ihr Angst". Diese Sklaverei ist gemeint, dieses Sich-zersorgen, Sich-selbst-sichern, Sich-selbst-trösten. Sklaverei der Sünde ist aber auch die Verführung zum läppischen Leben, das sich in Nichtigkeiten verliert.

So radikal jedenfalls beschreibt Paulus das menschliche Leben Und nur der, der sich das eingesteht, der sich in diesem Spiegel erkennt, wird nun auch das andere verstehen. Denn nun heil die frohe Botschaft: "Aber jetzt seid ihr Sklaven Gottes".

Zuerst könnte uns diese Redeweise abstoßen. Das Wort "Sklave" ist so unangenehm, daß sich damit nichts Frohes zu verbinden scheint. Aber wir sollten es erst einmal als Wortspiel auffassen. Und dann heißt es: Ihr seid Gott ganz eng verbunden.. Euer Leben hat nun eine andere Richtung und Wertung bekommen. Ihr dient nun der Gerechtigkeit und der Heiligung.

Und das möchte ich einmal so umschreiben: Nun seid ihr schöpferische Menschen. Ihr verhaltet euch nun so, daß etwas Gutes dabei herauskommt. Es ist kein unnützes Leben. Es ist kein schädliches leben. Es ist ein gutes Leben.

Was ist ein gutes Leben?

(Hier können ermutigende Beispiele folgen aus der Geschichte.)

Das waren Leben in Gerechtigkeit und Heiligung. Bei uns wird das viel schlichter sein, aber genauso notwendig: Mit der einsamen Nachbarin sprechen, jemandem eine Gefälligkeit erweisen, geduldig mit Kindern sein, großzügig sein gegenüber der Not der Welt, nicht alles gleich voller Verbitterung kommentieren, was so in der Welt geschieht. Sich den Problemen des Lebens nicht verschließen, sondern sie schöpferisch angehen.

Wenn wir Sklaven Gottes sind, dann bedeutet das noch etwas anderes. Wir sollen uns auf unser Gutsein nicht so viel einbilden. Als Jesus Christus einmal von jemandem "guter Meister" angeredet wurde, da fuhr er ihn an: Warum nennst du mich gut? Weißt du nicht, daß nur einer gut ist, nämlich Gott?

Im Spiegel Gottes sind noch unsere besten Taten dunkel und von unserem ehrgeizigen Ich geprägt. Wenn wir das alles erwägen, was uns Paulus und die Bibel an Wahrheiten sagt, dann müßten wir an dieser Stelle verzagen. Aber nun sagt der Apostel, daß wir die Nähe und die Kraft Gottes "in Christus" haben.

In demselben 6.Kapitel des Römerbriefes steht etwas über die Taufe. Die Taufe ist das göttliche Versprechen, dass wir "in Christus sein" können, dass Christus nachfolgen können. "Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur, das Alte ist vergangen, siehe, es ist alles neu geworden."

Wenn uns also unser Gewissen verklagt - und der Zustand unserer Welt ist ja immer wieder eine große Anklage gegen uns -, dann haben wir in Christus einen Fürsprecher. Daran erkennen wir, daß wir aus der Wahrheit sind", schreibt Johannes, "daß, wenn uns unser Herz verklagt, Gott größer ist als unser Herz." Wer in Christus ist, der ist jetzt schon im Glauben ganz bei Gott.

So wollen wir den ganzen tiefen und erschreckenden Ernst, aber auch die ganze frohe Botschaft in diesem Satz des Apostels Paulus hören: "Der Tod ist der Lohn der Sünde, aber Gottes Gabe ist das ewige Leben in Christus Jesus, unserem Herrn."

Amen

Ulrich Wiesjahn
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