Die KonfirmandInnen bekommen zur Einsegnung einen Anhänger der "Fußabdrücke
am Rande des weiten Raumes" zeigt.
Das Begleitmaterial zu diesem Anhänger "Verheißung"
von Stephan Krebs aus dem NeuesBuch Verlag wurde mitverwandt.
Liebe Gemeinde!
Manchmal muss ich das Weite suchen!
Nicht weil ich etwas angestellt habe - und flüchten muss, sondern
wenn mir alles zu eng wird, mich zu sehr bedrängt, alles auf mich
einstürmt und über mir zusammenschlägt. Dann muss ich das
Weite suchen. Raus! Zumindest ein paar Schritte durch die Felder, in die
Marsch, lieber noch auf den Deich: Das Weite suchen.
Ich weiß, andere verkriechen sich dann lieber, ziehen sich zurück,
machen alles um sich zu, erstmal laute Musik, sich zudröhnen. Wenn's
bei der Musik bleibt, oK.
Manchmal nehme auch ich einen Walkman mit, aber meist brauche ich eher
Ruhe, das mal nicht ständig Autos am Haus vorbeidröhnen, das
mich keiner anspricht, kein Telefon, keiner was will.
Raus! Zur Ruhe kommen, zum Nachdenken, wieder klar sehen, ganz weit gucken.
Am besten geht das natürlich irgendwo an einem Strand. Wo der Sand
endlos scheint, wo der Wind die Wolken treibt und das Meer rauscht, (als
Wartende vor diesem Gottesdienst und Platzhalter haben sie es hören
können) Ich kann meinen Blick weit schweifen lassen: dorthin wo der
Horizont rund wird, Meer und Himmel einander berühren, und ganz dahinten
gibt es einen Punkt, wo Wasser, Strand und Himmel wie Dreiecke zusammentreffen.
Den Malern war das immer ein Symbol für die Ewigkeit Gottes. Bei
Lionel Feiniger kann man es zur Zeit in der Ausstellung in der Böttcherstraße
sehen.
Das Weite suchen. Da kann das Wetter sein wie es will, da kann der Wind
den Sand über den Strand treiben, können die Wellen Schaumkronen
tragen, oder das Meer sanft und glatt sein, Sonne allem Farbe geben, da
kann der Himmel regnerisch grau sein, oder von Sternen überfunkelt,
dieses Gefühl der Unendlichkeit gibt es immer.
Für diesen Moment habe ich dann das Gefühl, das ich unendlich
viel Platz für mich habe.
Du stellst meine Füße auf weiten Raum - denke ich mit Worten
des 31. Psalms.
Ich fühle mich in die Schöpfung Gottes hineingestellt - und
weil Wind und Wellen immer wieder alle Spuren verwischen - habe ich manchmal
das Gefühl Neuland, unberührtes Land betreten zu dürfen.
Wenn ich meine Fußspuren im Sand betrachte bin ich ganz bei mir.
Ein andermal fallen mir die anderen Spuren ins Auge: da gibt es andere,
vor mir, neben mir, um mich herum. Ich sehe kleine und große Fußabdrücke,
weite oder enge Schritte. Da sind zwei miteinander gegangen, eng beieinander.
Dort hat einer den Strand abgesucht, ist hin und her gelaufen.
Jeder hat seinen eigenen Weg, sein eigenes Tempo wählen dürfen,
das gibt mir ein Gefühl der Freiheit.
Gott, Du stellst meine Füße auf weiten Raum.
Manchmal, mit anderen, mit der Familie haben wir versucht ein Stück
in der Spur des anderen zu gehen. Aber das geht nicht, nur ein kleines
Stück und man gerät ins Straucheln. Niemand kann wirklich in
die Fußstapfen eines anderen treten.
Gut zu wissen, denn andere erwarten das immer wieder von uns, auch wir
selbst versuchen das immer wieder.
Gott, Du stellst meine Füße auf weiten Raum.
Manch einer möchte gern glauben, das uns unser Leben vorherbestimmt
ist. Das wir gelenkt und geleitet werden von Sternen, die unseren Schritt
lenken oder den Genen, die unseren Weg vorzeichnen, das nichts zufällig
geschieht oder freiwillig, das Gott dahintersteckt.
Das unser Leben kein Zufall ist, sondern Gott dahintersteckt glaube ich
auch, aber doch so, das er mir Zeit und Raum gibt zur Gestaltung in eigener
Freiheit und Verantwortung. Ich kann tun was dem Leben nützt - oder
kann ihm Schaden. Ich kann mich an den Rand stellen - oder mitten hinein.
Es ist mein Leben, es hat seine Zeit und seinen Ort in dieser Welt. Es
hat seine Grenzen - vor allem aber auch seinen Freiraum.
Was wir heute Feiern: Das ihr in diesem Glauben aufgewachsen, hineingewachsen
seid. Konfirmation heißt Befestigung im Glauben.
Befestigen meint nicht festgenagelt, sondern stark gemacht. Durch einen
eigenen festen Standpunkt.
Ich kann auf eigenen Füßen stehen, ich kann eigene Schritte
gehen, ich stehe mit beiden Füßen fest auf dem Boden.
Ps 31: Ich hoffe auf den HERRN.
Ich freue mich und bin fröhlich über deine Güte,
du stellst meine Füße auf weiten Raum.
Meine Zeit steht in deinen Händen.
Es kann losgehen, mit den eigenen Wegen, wieder ein Stück selbstständiger.
Was wir, Eltern und Paten, auch ich als Pastor versucht haben, mehr oder
weniger geschickt und intensiv, zugegebenermaßen, ist euch diesen
Raum, diese Weite als Gottes Angebot und Aufgabe zu zeigen.
Am Strand lässt sich ja alles Mögliche finden, Muscheln, Steine,
Treibgut und Müll.
Selbst wer das Weite sucht stößt an Grenzen:
Am Horizont, wo Himmel, Strand und Wasser wie Dreiecke zusammentreffen,
ist für unser Auge ein Endpunkt erreicht, Nur für den Wissenden
geht es weiter.
Eine Ahnung von Gott wird nur haben, wer etwas von ihm weiß.
Ihr wisst: das Dreieck am Horizont von Strand Himmel und Meer ist ein
wichtiges christliches Symbol: es steht für Gott - Vater, Sohn und
Heiliger Geist, hier in der Kirche dort oben am Altar, darin das Auge
Gottes, denn Gott gibt gut auf uns acht, hat ein gutes Auge auf uns.
Und es verbindet sich für uns mit guten Werten:
Die Bibel sagt es in drei Worten: Es bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe,
diese drei, aber die Liebe ist die Größte unter Ihnen.
Wie am Strand werdet ihr noch vieles Andere in dieser Welt finden, manches
was euch begegnen wird ist nicht in Ordnung, ihr habt auch schon vieles
gesehen: Schmerz und Trauer, Hass und Zerstörung, Neid und Eigennutz.
Und ihr seid gefragt. Ihr selbst werdet mit allem was ihr tut Spuren hinterlassen.
Welchen Weg wollt ihr gehen, an wessen Seite wollt ihr stehen - und wem
werdet ihr auf die Füße treten?
Manche sagen: mit dem Glauben - das wird immer weniger in dieser Welt.
Und zugleich: Die Welt wird immer schlimmer, immer katastrophaler. Ob
es da einen Zusammenhang gibt?
Findet es heraus!
Und glaubt nicht, das alles nur so sein kann, wie ihr es seht, oder andere
es euch einreden wollen!
Der Glaube fragt über den eigenen Horizont hinaus nach Gott als Hintergrund,
Ursache und Ziel unseres Lebens. Der Glaubende sieht die Welt nicht nur
aus seinem Blickwinkel.
Manchmal muss ich das Weite suchen! Und wenn ich auf diesen Punkt schaue,
wo Himmel und Erde sich berühren, weiß ich:
Mein eigener Horizont mag noch so eng oder weit sein: Gott gibt mir Hoffnung
über den Horizont hinaus. Nichts muss so bleiben wie es scheint.
Vor allem sollt ihr es mit Liebe versuchen!
Ohne sie geht gar nichts gut.
Am Anfang eurer Konfirmandenzeit haben wir uns gefragt, was die Kirche,
die Gemeinde Jesu sein soll.
Eure Kirche soll ein Ort sein wo jeder gut aufgenommen wird, ein Raum,
wo Menschen weitergeholfen wird, wo Leben ermöglicht wird, wo Gottes
Liebe erfahrbar wird.
Jetzt seid ihr dran, seid gefragt diesen Raum liebevoll mitzugestalten
und für euch und andere weit offenzuhalten.
Gott, du stellst meine Füße auf weiten Raum.
Ich habe einen Wunsch: Ihr, Konfirmandinnen und Konfirmanden bekommt
heute einen kleinen Anhänger mit zwei Füßen am Rande eines
weiten Raumes. Ich wünsche mir, das ihr ihn nicht (gar betreten)
zur Seite legt, sondern allen zeigt. Und das Sie sich etwas dazu einfallen
lassen.
Sprüche, Sprichworte, Gedanken, Bibelgeschichten. Reden sie darüber
- heute und halten sie sie fest, schreiben sie sie am besten irgendwo
auf!
Und der Frieden Gottes, der größer ist als alle Vernunft;
öffne unsere Herzen, bewahre unseren Glauben, stärke unsere
Hoffnung, und wecke unsere Liebe.
In Jesu Namen. Amen.
Ele Brusermann, Pastor in Leeste
ele.brusermann@evlka.de
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