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Neujahr 2003
Predigt über die Jahreslosung 1. Samuel 16, 7, verfaßt von Ulrich Nembach (-> zu den aktuellen Predigten / www.predigten.uni-goettingen.de) |
Liebe Gemeinde, ein neues Jahr beginnt; das alte ist vergangen. Wir können dem alten Jahr nachtrauern, oder wir können uns freuen, dass das alte endlich vergangen ist und uns hoffnungsvoll dem neuen zuwenden. Vor 2 Jahren, als das Jahr 1999 zu Ende ging, konnten wir kaum erwarten, dass das Jahr 2000 beginnt. Was sagen wir dieses Mal? Trauern wir dem Jahr 2002 hinterher, oder feiern wir zuversichtlich das neue? Beide Aussagen haben wir in der Neujahrsnacht gehört und selbst gesagt. Die meisten Menschen sind diesesmal nicht so voller Erwartungen wie an der Wende 1999 / 2000. Ich frage mich, ob wir mit dieser Frage aber die Sache, das, um das es wirklich geht, treffen. Ist die Bewertung des alten Jahres und die Hoffnung, Freude auf das neue der Kern, um den es im in unserem Leben geht? Auf diese Frage brachte mich die Jahreslosung für das neue Jahr, das Jahr 2003, unser Predigttext. Sie steht in 1. Sam. 16,7: Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. Die lateinische Übersetzung in der Vulgata wird noch deutlicher: Kinder kennen diesen Satz, wünschen sich aber mehr. In den letzten Tagen haben nicht wenige gedacht, sich gewünscht, zu sehen, was hinter den noch verschlossen Türen des Adventskalenders verborgen ist. Andere haben sich gewünscht, "in das Herz" der oder des Geliebten zu sehen. Ja und nicht wenige wünschten, sich zu wissen, was der Chef, die da oben denken, die über meinen Arbeitsplatz zu befinden haben. Werde ich weiter arbeiten können oder muß ich auch gehen? Damit ist klar, was die Jahreslosung sagt, aber das ist nicht alles. Wenn wir die Jahreslosung im Zusammenhang des Textes lesen, in dem sie steht, werden wir noch einiges entdecken. I. 1 Samuel 16,1 Und der Herr sprach zu Samuel: Wie lange trägst du
Leid um Saul, den ich verworfen habe, daß er nicht mehr König
sei über Israel? Fülle dein Horn mit Öl und geh hin: ich
will dich senden zu dem Bethlehemiter Isai; denn unter seinen Söhnen
hab ich mir einen zum König ersehen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen beim Zuhören erging. Der Text wurde mir richtig langweilig. Da kommt einer nach dem anderen. Sieben Söhne hat Isai! Sechs sind schon gekommen. Wie lang, ja, peinlich muß dieser Vorgang für Samuel gewesen sein? Dazu kommt die Tatsache, dass er immer nein sagen muß! Ja und dann, dann ist Schluß der Vorstellung. Nun muß Samuel nachfragen, er erfährt, dass noch ein Sohn existiert, aber der ist nicht anwesend - leider. Da darf Samuel den her beordern lassen. Der ist es! Der soll König über Israel werden. Der Kleine! Dabei ist schon der erste ein stattlicher Mann. Der ist es, denkt darum Samuel. Schon sein Äußeres empfiehlt ihn als stark, als geeignet, ein Volk zu führen. Nein. Nein, sagt Gott und gibt eine Begründung, unseren Predigttext, die Jahreslosung. II. Da Gott ins Herz sieht, sich nicht vom Äußeren abhalten lässt, wird in der Tat ein Junge gesalbt, der wirklich ein König werden wird. Er wird Israel groß machen. Er gilt noch heute, Jahrhunderte später, als ein Großer. Das neue Jahr beginnt nicht rosig. Im Land haben wir Arbeitslosigkeit, wirtschaftliche Perspektivlosigkeit, politischen Streit anstatt Handlungen. Draußen droht ein Krieg im Irak; ein zweiter kann leicht dazu kommen in Nordkorea. Die Kriege in Afghanistan, in Palästina, Tschetschenien dauern an. Ein Ende ist nicht abzusehen. Diese Situation müssen wir heute, zu Beginn des Jahres, auf der Basis unserer Jahreslosung stellen. Wer nun messerscharf folgert: wenig hoffnungsvoll, also kann das Jahr nur gut werden, der Kleine wird zum großen König, der missversteht den Text. Gott ist es, der tiefer schaut, als wir sehen können. Wir müssen den Text genauer lesen. Dabei erkennen wir diese Fakten: Der Text will nicht eine Prognose für 2003 geben. Das wollen auch nicht die, die diesen Text für diese Jahr als Jahreslosung benannt haben. Die ökumenische Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen hat den Text vorgeschlagen. Text und Vorschlagende zeigen uns Gott. Sie erklären uns, dass Gott handelt und wie er handelt. Die Jahreslosung stellt uns Gott vor Augen. Wir, die wir mit Augen sehen, die das erkennen, was vor ihnen liegt, für uns sichtbar ist. Gott sieht aber weiter. Gott sieht besser. Und Gott nutzt sein Sehen, um zu helfen, Gutes zu tun! Der Text gibt uns Vertrauen. Als unsere Jahreslosung von der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen vor über einem Jahr ausgesucht wurde, sah die Welt besser aus. Es gab zwar auch schon damals Probleme, aber von 3 Kriegen war und konnte nicht die Rede sein. Offenbar passte aber bereits damals der Text, unsere Jahreslosung, in diese Welt. Die Losung passte schon vor Jahrhunderten, als David gewählt wurde. Unser Text macht eine grundlegende Aussage über Gott. Unser Gott hat den Durchblick und den Fernblick! Diesen Blick benutzt er, um zu helfen! Diese Tatsache gibt uns Hoffnung. Diese Hoffnung auf der Basis von Gottes Fähigkeiten des Sehens und sein Gebrauch der Fähigkeiten erklingen in einem Weihnachtslied. Wie haben es erst vor wenigen Tagen gesungen. Wir kommen von Weihnachten her: Weil Gott in tiefster Nacht erschienen, kann unsere Nacht nicht traurig
sein! (EG56). Lassen Sie uns nun dieses Lied singen, zumal die weihnachtliche Freudenzeit noch andauert. Sie reicht laut unseres Kalenders bis zum Epiphaniastag. Amen Lied 56 Prof. Dr. Dr. Ulrich Nembach, Göttingen |
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