Göttinger Predigten im Internet
hg. von U. Nembach, Redaktion: R. Schmidt-Rost

3. Sonntag nach Epiphanias, 25. Januar 2004
Predigt übe
r Lukas 17, 5-10, verfaßt von Hanne Sander (Dänemark)
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Der alte griechische Name Epiphanias für die Sonntage nach den Heiligen drei Königen, wie sie in Dänemark heißen, zeigt deutlicher, worum es hier geht. Epiphanias bedeutet Erscheinung, Offenbarung, und der 6. Januar erhielt diesen Namen, um daran zu erinnern, wie Gott sich den Schwachen zeigt und sich im neuge­borenen Kind zu erkennen gibt, zu dem die Weisen kommen.

Mit diesem Motiv der Epiphaniaszeit: Gott zeigt sich in der Welt, ist es in der Tat möglich, eine Linie durch die ganze Epiphaniaszeit hindurch zu verfolgen und eine Tür nach der anderen zu öffnen.

Heute muß man sich vielleicht ein wenig Mühe geben, ehe sich die Tür öffnet - aber versuchen wir es einmal und fragen, wie Gott sich im Text hier zeigt - was für ein Bild von Gott wir hier in der Begegnung mit Jesus erhalten. In dem Wunsch nach mehr Glauben, mit dem die Jünger zu Jesus kommen, liegen deutlich einige Vorstellung von Gott und dem Glauben an Gott.

Die Jünger träumen von dem mehr Phantastischen - von größerer Durchschlagskraft. Wenn sie nun mehr glauben hätten, dann würde sich das wohl auch mehr bemerkbar machen. In dem entsprechenden Text im Matthäusevangelium ist das kleine Gespräch in eine Situation eingebunden, wo die Jünger vergeblich versucht haben, einen epileptischen Jungen zu heilen.

Und sie kommen nun und beklagen sich darüber, daß ihr Glaube "nicht wirkt". Sie geben das natürlich nicht direkt zu, aber es geht auch um ihre Eitelkeit als Jünger. Da standen sie einer Schar von Menschen gegenüber, und dann hatte ihr Glaube nicht genug Effekt, um den Jungen zu heilen. In derselben Weise kann man hier im Lukastext einen Unterton spüren von verletzter Eitelkeit. Wenn wir dir folgen sollen, dann kann es ja wohl nicht so sein, daß da nichts mehr passiert - etwas mehr Interessantes, etwas, was wirklich der Welt zeigen kann, daß wir Gott auf unserer Seite haben. Also, gib uns mehr Glauben.

Und da antwortet Jesus zunächst so zudringlich, daß einem die Jünger fast leid tun: "Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn und saget zu diesem Maulbeerbaum: Reiß dich aus und versetzte dich ins Meer! so wird er euch gehorsam sein". Das Beispiel ist so absurd, daß es naheliegt, die Antwort als einen Scherz Jesu zu verstehen.

Wenn ihr etwas Interessantes haben wollt, dann werde ich euch etwas Interessantes geben, scheint er zu sagen. Aber dann wird er wieder ernst und nimmt die Frage nach dem Glauben an Gott auf mit einem Bild von einem Diener und seinem Herrn: In diesem Bilde ist Glaube identisch mit Treue, treu sein gegenüber dem heiligen allgemeinen Leben, treu sein in bezug auf die Arbeit, die vor einem liegt und die getan werden muß, treu sein in bezug auf einen anderen Menschen. Insgesamt: Treu sein in bezug auf seine Bestimmung als Mensch.

Aber wo ist Gott in alle dem - wenn Gott nicht das Außergewöhnliche ist, das Interessante, wie wird Gott dann streng genommen in der Welt gesehen? Das war ja eigentlich heute der Ausgangspunkt. Und sind wir mit dem Bild vom Diener nicht dennoch bloß bei einem Alltagsbild angelangt, das etwas Selbstverständ­liches und Einleuchtendes zeigt - aber nichts Besonderes?

Ja, in der Tat, wir sind angebracht in einem Bild oder vor einem Bild, wo das Göttliche dort ist, wo der Mensch seine Bestimmung als Mensch auslebt, nämlich in der Hingabe an das Leben. Wo Glaube und Leben mit Gott mehr ein Lebensprozeß ist als das Außerordentliche und Phantastische.

Ja, haben die Jünger vermutlich gesagt - und sagen sie noch immer, aber der Glaube muß sich doch irgendwie auswirken - Gott muß sich in der Welt zeigen, so daß kein Zweifel besteht. Ja und nein. Die Gegenwart Gottes in der Welt - als das Wichtigste in unserem Leben - läßt sich so nicht messen.

Als Jesus später den Jüngern zeigen will, wie Gott in der Welt gegenwärtig ist, zeigt er es, indem er sich zu ihrem Diener macht. Er legt sein Gewand ab und bindet sich eine Schürze um und wäscht ihre Füße, als sie zum letzten Mal zusammen essen. Den Jüngern fällt es sehr schwer, das zu verstehen - und es ist wirklich paradoxal, daß sich das Göttliche in Jesus zeigt, als er sich zum Diener macht und sich als einziger mit der Würde begnügt, die darin liegt, ein Mensch zu sein.

Das wird im Neuen Testament in verschiedener Weise zum Ausdruck gebracht: "Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit ihr so tun sollt, wie ich an euch getan habe", läßt der Evangelist Johannes Jesus nach der Fußwaschung sagen.

Er, der in göttlicher Gestalt war, nahm es nicht als einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward gleich wie ein anderer Mensch", sagt Paulus in dem Brief, den er an die Gemeinde in Philippi schrieb.

"Laßt uns Menschen sein", sagt Piet Hein, "und das absurde Wunder geschieht in unserem bizarren Herzen, daß wir um mehr zu Menschen werden, wie wir wissen, daß wir es nicht sind". Amen.

Pfarrerin Hanne Sander
Prins Valdemarsvej 62
DK-2820 Gentofte
Tel.: 39 65 52 72
e-mail: sa@km.dk


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