Göttinger Predigten im Internet
hg. von U. Nembach, Redaktion: R. Schmidt-Rost

Quasimodogeniti, 18. April 2004
Predigt über 1. Petrus 1, 3-9, verfaßt von Friedrich Malkemus
(-> zu den aktuellen Predigten / www.predigten.uni-goettingen.de)


Liebe Gemeinde!

Haben wir schon einmal nachgedacht darüber, wer wir eigentlich als Gemeinde sind? Schauen Sie sich doch einfach um in den Kirchenbänken! Wen von den Kirchenbesuchern kennen Sie mit Namen und Straße? Wen kennen Sie nicht? Und die Konfirmanden dort – kennen Sie von Ihnen eine Handvoll? Wir kennen uns vom Sehen, grüßen uns auch flüchtig vor und nach dem Gottesdienst. Gelegentlich geben wir uns die Hand als Zeichen des Friedens bei der Abendmahlsfeier. Und dann sind Leute zugezogen in unsere Städte und Dörfer. Manche kommen in die Kirche und sind fremd – noch immer fremd. Überhaupt fremd! Wer von den Versammelten hier ist auch schon hier geboren? Auf dem Aufkleber heißt es: Wir sind Ausländer – fast überall! Wie sehr hat er Recht!

Seht, liebe Schwestern und Brüder, davon geht unser Brief aus.
Wir werden angeschaut und verstanden als ausgesuchte und ausgewählte Fremdlinge. Euch hat Gott irgendwie, irgendwann und irgendwo angerührt. Und darum seid ihr hier im Gottesdienst beisammen! Das galt damals den Leuten aus Kleinasien, das gilt ungeschmälert heut auch uns allen hier.

Wir sind hier zusammengeführt als von Gott angerührte, getaufte und von Jesu Wort angesprochene Menschen. Die Predigt des Petrusbriefes spricht alle an ohne jeden Unterschied der Herkunft. Deine Heimat in allen Ehren, aber die Heimatländer der Übrigen ebenso in allen Ehren! Welche Vision von Zusammengehörigkeit liegt dem zugrunde! Dieser vom Geist Gottes geführte Blick gleitet über alle Völker wegweisend und sammelnd.

So kann unser Predigtwort mit einem befreienden herrlichen Jubel einsetzen. In der großen Barmherzigkeit Gottes werden die Bahnen der Freundschaft und Versöhnung weit geöffnet und die Wege der Feindschaft geschlossen. Wir treten ein in die schöne Freiheit der Kinder Gottes und verlassen die Knechtschaft unter der Angst.

Die Botschaft von der Auferstehung Jesu erneuert uns, sie regeneriert uns aus allen Unstimmigkeiten und Verdrossenheiten heraus zu einer lebendigen Hoffnung. Hören wir das mit besonderer Bedachtsamkeit. Nicht sind wir es, die die Hoffnung wie ein Fähnlein im Wind krampfhaft und mit klammernden Händen hochhalten. Gottes Geist versetzt uns durch die Auferstehungsbotschaft selbst in den Stand, existentiell, also ganz und gar selbst eine lebendige Hoffnung zu sein. Sie ist nicht ein Teil unseres Reisegepäcks. Sie wird zu unserem neuen Status, der uns als neuer Ccharakter zugelegt wird. Ds heißt in aller Deutlichkeit: Du bist eine lebendige Hoffnung. Dein Leben läßt erkennen, Gottes wunderbare Liebe hat durch die Auferstehung Jesu in mir ein Licht entzündet. Dieses Licht leuchtet an der Stelle, an der ich mich befinde, bewege, rede, entscheide und arbeite. – Es kann doch nicht ohne erhebliche Wirkung bleiben, was mir an Ostern verkündet wird: Jesus lebt und ist gegenwärtig unter uns mit allen seinen heilenden Gaben! Das geht mir doch nach und ruft mich heraus aus meiner Niedergeschlagenheit und aus aller Lethargie. Die Zahlen vom Auf und Ab der Börse, das Hoch und Tief der Wetterkarte oder die Prognosen der Weltwirtschaftsinstitute – sie alle sind es nicht, die mich im Grunde des Herzens bestimmen. Ohne allen Vorbehalt nehme ich in mir heute auf: Jesus lebt, mit ihm auch ich. Das strahlt über unserem Leben wie die Sonne über dem Meer. Dort sind Untiefen, Bedrohungen und lauernde Gefahren, dennoch über allen Abgründen bleibt das schöne Licht der Sonne.

Der Glaube ist dahin ausgerichtet, das unverderbliche Ziel zu sehen und zu bekennen. Möchte nicht gerade in Not - und Bedrängniszeiten der Glaube dieses leuchtende Ziel über allen Zwischenstationen des Lebens bewahren und vor Augen halten. Natürlich die unverderbliche Bestimmung und Hoffnung nimmt nicht alle Plagen dieser Zeit hinweg. Unter dem Aspekt der Ewigkeit erscheinen unsere Anfechtungen sehr wohl als vielfältig, als schwer und auch als grausam, sind aber nur eine kleine Zeit wirklich wirksam. Unsere Torturen dauern nicht ewig. Ewig aber bleibt das verheißende Ziel, die himmlische Berufung. Sie wird alles Leid, alles Weinen und Stöhnen in Gottes Nähe auflösen. Sagen wir das an den unzähligen Krankenbetten in unserer Welt. Sagen wir es den Sterbenden, die uns hilfesuchend anschauen: Verlass ist auf Jesu Wort: In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden. – An dieser Überwindung haben wir Anteil, nicht durch unsere Anstrengung und unser Wollen, wohl aber durch Gottes Zusage. Wenn auch alles Schauen, Greifen und Fühlen versagen wird, die unaussprechliche Freude bleibt uns beigelegt als Herzstück des Glaubens.

Darum lasst uns der Bitte des Apostels nachkommen und in den österlichen Jubel mit eigentlich unaussprechlicher Freude einstimmen. Denn es fehlen uns wohl die rechten Worte, mit denen wir die ganze Tiefe und Höhe unserer Hoffnung umschreiben könnten. Aber da sind ja so viele herrliche Lieder, mit ihnen wollen wir den Jubel des Osterglaubens zum Ausdruck bringen.

Lesen wir unsere schönen Osterlieder, singen wir sie mit aller Innigkeit und Begeisterung, stimmt ein in den Jubel der lebendigen Hoffnungsträger!

Amen – das ist es werde wahr!

Für die Liturgie am Sonntag Quasimodogeniti 18.4.04

EG 111 1-5 Frühmorgens, da die Sonn aufgeht...
102 2-3 Jesus Christus, unser Heiland...
115 1-6 Jesus lebt, mit ihm auch ich...
99 Christ ist erstanden...

Als Psalm : EG 746 (Psalm 116)

Lesung : Johannesevangelium 17 9-19

Gebet : Allmächtiger Gott, durch deine Gnade sind wir in der Taufe von neuem geboren. Wir bitten dich: Hilf uns, in diesem neuen Leben unserem auferstandenen Herrn Jesus Christus nahzufolgen. Ihm, der mit dir und dem heiligen Geist lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Schlussgebet : Herr Jesus Christus, guter Meister. Du kommst durch verschlossene Türen und ermutigst die Ängstlichen wie die Zweifelnden mit deiner anwesenden Güte. Du willst, dass wir eine lebendige Hoffnung sind, auch nach Schwerem wieder lachen können und fröhlich werden. Lass das bei uns geschehen. Schicke deine Freunde und schmücke sie mit Phantasie und Friedensfähigkeit. Schicke sie dahin, wo man mauert, wo man Wege versperrt, wo man Fahnen schwingt und böse Reden hält.

Schicke Engel des Friedens in die Niederungen des Krieges im nahen und im fernen Osten, im Balkan und in Afrika.

Gib uns in diesen Zeiten Phantasien der Hoffnung besonders für die Jugend. Schenke der Kirche überall Wagemut und beflügele sie bei hilfreichen Lösungen für unsere Zeit.

In deiner Gegenwart und mit deinem Wort bleiben wir stark und auf gutem Wege.

So beten wir mit deinen Worten: Vater unser...

Friedrich Malkemus
Dekan i.R. Kirchenrat
Wolfgang-Zeller-Str. 13
34613 Schwalmstadt-Ziegenhain
06691 71642

 


(zurück zum Seitenanfang)