Göttinger Predigten im Internet
hg. von U. Nembach, Redaktion: R. Schmidt-Rost

Christi Himmelfahrt, 20. Mai 2004
Predigt über Apostelgeschichte 1, 1-11, verfaßt von Esko Ryökäs (Finnland)
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Petrus und Jesus

1. Ein Rückblick

Petrus schaut um sich herum. Sie sind eine große Gesellschaft. Da stehen Fischer, Beamte (Mk 2, 24), Handwerker. Alle wundern sich, staunen, was los ist. Die Situation ist fremd, eigenartig.

Na, sie haben manches erlebt. Ein Lehrer, ein Meister, ihr Meister, er sprach ganz anders als all die anderen Meister, die man kennt. Er redete und hat auch gehandelt! Das kam dazu. Er sprach von der Nächstenliebe und entsprechend gehandelt. Er redete sogar mit Aus-sätzigen (!), behandelte sie, heilte sie! Er redete mit diesen Samaritern und sprach freundlich mit ihnen (Lk 10). Unglaublich. Er sagte, dass Gott selbst die Haare auf dem Kopf der Menschen kennt, weil er sie zählt, die Haare! (Mt. 10,31) Da war es fast schon nicht mehr verwunderlich, dass er selbst Liebe zu den Feinden predigte, einen heilte, dem er, Petrus, ein Ohr abschlug, als dieser Jesus verhaften wollte (Lk 22,51. ja, dann hat er auch gesagt, dass Geld nicht das Wichtigste ist. Das Reich Gottes ist wichtiger (Mt 6,24). Geld nicht das Wichtigste!

Petrus wundert sich. Dieser Lehrer war etwas Besonderes. Er ging nach Jerusalem, obgleich er wusste, dass es gefährlich war. Er gab Geld aus der Gemeinschaftskasse Judas. Er wollte mit vielen Menschen sprechen und wollte allein sein. Er suchte nach Nachfolger und warnte sie, ihm zu folgen. Wenn jemand sagte, er sei ein Prophet, zeigte er sich als gewöhnlicher Mann.

Dann kam das Passahfest. Zuerst hatte man zusammen gesessen und gegessen. Dann ist der Meister in einer Nacht und Nebelaktion verhaftet und anschließend auf Druck des Volkes gekreuzigt worden. Am Kreuz ist er gestorben. Viele haben das gesehen. Beerdigt wurde er in einem der Felsengräber. Es war schrecklich. Der Tod beendete alles. Der Tod zeigte seine Macht, wieder einmal.

Das Besondere, das ganz Besondere, die Steigerung des Besonderen war, dass es mit dem Tod doch nicht zu Ende war. Zu Ostern kam die Nachricht: Der Meister lebt! Ja, er war es. Ein Zweifel war ausgeschlossen. Er trug an seinen Händen und Füssen die Zeichen der Kreuzigung. Die Spuren der Nägel waren deutlich zu erkennen. Petrus hat das selbst gesehen. Ja, aber etwas war doch anders, neu. Der Meister konnte kommen und gehen, ohne gesehen zu werden (Lk 24 31; Jh 20). Er konnte gar durch geschlossene Türen gehen (Lk 24). Anderseits war er auch jetzt ein ganz normaler Mensch. Er aß Brot und Fisch (Lk 24; Jh 21,23).

Petrus war jetzt nach Ostern am See Tiberias. Er hatte mit einigen Freunden die ganze Nacht versucht, Fische zu fangen, leider ohne Erfolg. Am Morgen stand ein Mensch am Ufer und sagte: Werft das Netz aus (Jh 21,6). Sie taten es. Das Ergebnis war ein riesiger Erfolg. Sie fingen eine Menge Fische. Da erkannte Petrus den Meister. Er war da, wieder da!

Petrus hat viel mit dem Meister erlebt. Jahre hörte er seine Predigten, seine Erzählungen und Ermahnungen. Petrus war zu einem Anhänger, einem Nachfolger des Meisters geworden. Ja, sie wurden Freunde. Dann ist alles anders geworden, zunächst der Tod, dann Ostern. Das ist nun schon einige Wochen her.

Viele sahen den Meister lebend nach Kreuz und Tod. So etwas war nie früher gesehen worden. So etwas war neu, bislang unbekannt. Tot ist tot, war die bekannte, altbekannte traurige Wahrheit. Das konnte auch nicht passieren, solange die Gesetze der Natur allein galten. Das liegt, wie gesagt, nun schon einige Wochen zurück.

2. Heute

Was geschieht nun? Warum sind wir hier? Von diesem Meister kann man alles erwarten. Warum sind wir hier, ja, warum hier auf dem Berg? Petrus weiß, dass der Meister weggehen soll. Das hat er selbst gesagt. Ist es nun soweit? Nach dem Tod und der Rückkehr nun ein Abschied?

Der Meister ist da; er spricht. Er lehrt wie früher. Er will etwas wichtiges erledigen. Petrus hat gelernt, dem Meister zuzuhören. Er kennt inzwischen auch die Zwischentöne. Petrus merkt so, dass der Meister etwas Besonderes sagt.

Da! Was ist das? Er wird aufgehoben. Er geht weg! Das ist der Abschied! Petrus denkt: Ich weiß, dass der Abschied zum Leben gehört. Auch die liebsten Freunde müssen einmal Abschied nehmen. So ist das Leben. Aber es tut weh. Danke, danke für die Freundschaft, danke für die Predigten, die Erzählungen und Ermahnungen. Danke dem Meister.

Sein Weggang … es sah aus, wie wenn eine Wolke ihn genommen hat. Das passt zu dem Meister, ihm scheint alles möglich zu sein. Nun ist er nicht mehr hier. Wir sind allein. Ohne ihn. Einsam. - Ich muss auch gehen, um Fische zu fangen, denkt Petrus.

3. Wie soll, wie kann es weitergehen?

3.1. Der Meister sagte, dass wir den Geist bekommen werden. Er ist eine Kraft, die tröstet (Apg 1,8). Mit Hilfe dieser Kraft können wir leben, arbeiten. Ist das ein Trost? Der Freund ist fort. Abschied von einem Freund oder Freundin zu nehmen, fällt schwer, selbst bei einer Freundschaft von nur kurzer Dauer. Ein Abschied nach Jahren ist umso schwerer. Ein Tröster ist immer gut. Dieser Tröster, der eine Kraft ist, kann und wird trösten!

Da, was ist das? Da stehen zwei Männer. Sie haben weiße Gewänder und sehen nicht gerade alltäglich aus. Vielleicht sind diese Männer Engel. Nun sprechen sie: Der Meister wird wiederkommen. Wirklich, das hört Petrus. Der Meister soll zurückkommen! Der Freund soll wieder da sein!

Nun ist Petrus fröhlich. Der Freund ist verabschiedet, aber er hat versprochen, eine Kraft als Tröster zu schicken. Ja, er selbst wird zurückkommen. Das ist ein wahrer Freund und ihm ist alles möglich. Selbst der Tod ist für ihn keine Grenze. Petrus weiß: Er ist mein Freund gewesen, und er wird das auch bleiben. Er versteht mich. Er kommt zurück. Wir werden wieder zusammen sein.

3.2. Petrus ist ein Fischer. Er fängt Fische wie andere Fischer. Er ist ein durchschnittlicher Mann, aber jetzt ist er durch den Meister, seinen Freund ein anderer geworden. Jeder Mensch hat seine Grenze. Das ist Petrus bekannt gewesen. Nun weiß er mehr. Der Tot ist kein Ende. Das Leben geht weiter, jedoch nicht wie bisher.

Es gibt auch Anderes als das, was wir sehen und was wir gewohnt sind.. Ein großer Fang ist schön, aber nicht das ganze Leben. Schöner, unvergleichlich schöner ist es, dass der Meister lebt.

Petrus war seit Jahren ein Nachfolger des Meisters. Der Meister suchte nicht seinen eigenen Vorteil. Er wollte kein großer Mann sein; er wollte nicht zum Idol werden. Es ging ihm um die Wahrheit, um die Liebe, um die Menschen, darum, ihnen zu helfen.

Nun weiß Petrus etwas Neues: Der Meister ist gegangen, aber er wird wiederkommen, und er wird schon vorher, den Tröster, eine Kraft, schicken.

Petrus versteht das alles nicht. Es geht ihm auch nicht um das Verstehen. Wichtiger als zu verstehen ist, dass er den Meister, seinen Freund, wieder sehen wird und dass er ihm bis dahin hilft, die Zeit zu überbrücken. Heute heißt es darum:

Auf Wiedersehen!

Dr. Esko Ryökäs
Lektor, Universität zu Joensuu
ryokas@joyx.joensuu.fi

 


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