Göttinger Predigten im Internet
hg. von U. Nembach, Redaktion: R. Schmidt-Rost

Lätare, 21. März 2004
Predigt zu Luthers 4. Invokavit-Predigt, verfaßt von Friedrich-Otto Scharbau

(zum Überblick)


Die Freiheit hat Gott uns gegeben, das ist wahr. Jedoch müssen wir wissen, unsere Freiheit zu gebrauchen.
(WA 10/III, S. 36; Insel-Ausgabe, Bd I, S. 290)

Liebe Gemeinde,

was ist Freiheit? Ist es der Handlungsspielraum, den einer für sich in Anspruch nimmt? Oder ist es die Entschlossenheit des Mutwilligen? Oder ist es die Lässigkeit des Lebenskünstlers? Luther sagt: Freiheit haben wir nur, indem wir sie richtig gebrauchen. Alle Begriffsbestimmungen gehen ins Leere, solange unsere Praxis nicht stimmt. Und was er in Wittenberg erlebt hat in diesen ersten Wochen des Jahres 1522: Es ist ein falscher Gebrauch der Freiheit. Manches von dem, was da geschah, hatte er selbst ja ausgelöst: etwa mit seiner Schrift über die Mönchsgelübde oder mit seinen Äußerungen zum Verbot der Priesterehe oder zur Feier des Abendmahls in beiderlei Gestalt oder überhaupt zur Feier der Messe. Er selbst hatte ja alles daran gesetzt, die bisherige kirchliche Ordnung außer Kraft zu setzen. Was gegen Gottes Gebot war in der Kirche und nicht in Gottes Wort gegründet, musste ein Ende haben, und darum konnte es eigentlich nicht überraschen, dass eines Tages der Sturm losbrach in der kleinen Universitätsstadt an der Elbe.

Luther war zu dieser Zeit nicht dort. Noch befand er sich auf der Wartburg. Da hatte ihn Friedrich der Weise, sein Landesherr, festsetzen lassen, als er ein Jahr zuvor sich auf dem Heimweg befand vom Wormser Reichtag, für vogelfrei erklärt und jedermanns Zugriff ausgesetzt. Auf der Wartburg war er sicher, aber er sah auch, wie die Dinge in Wittenberg geistlicher Vernunft und seinem persönlichen Einfluss entglitten. Heimlich war er im Dezember 1521 für einige Tage dort gewesen und hatte unmittelbar danach Eine treue Vermahnung zu allen Christen, sich zu hüten vor Aufruhr und Empörung (Insel-Ausgabe, Bd IV, S. 19 ff.) veröffentlicht. Darin sagt er: „Wenn du das Evangelium christlich handeln willst, musst du acht haben auf die Menschen, mit denen du redest.“ Die einen, so führt er weiter aus, sind verstockt und wollen nicht hören; mit ihnen muss man sich nicht abgeben. Andere haben das Evangelium zuvor noch gar nicht gehört, möchten es aber gern lernen, oder sind so schwach, dass sie es nicht leicht begreifen; die darf man nicht „überpoltern“ oder „überrumpeln“, sondern man muss sie freundlich und sanft unterweisen und, wo sie es nicht gleich begreifen, Geduld mit ihnen haben.

Das ist also Luthers Maxime: Die Schwachen zu gewinnen und mitzunehmen. Es geht ja darum, Gemeinde zu bauen, nicht zu zerstören: Wir müssen wissen, unsere Freiheit zu gebrauchen, wenn wir Menschen für das Evangelium gewinnen wollen. Sich stark und im Besitz der Wahrheit sich zu fühlen, nützt gar nichts, solange ich nicht die Herzen der Menschen gewinne.

Und das heißt: Auf die Schwachen zu warten, Rücksicht zu nehmen auf die, die noch an der alten Ordnung hängen, weil sie es nicht anders gelernt haben; und das heißt auch, unsere Freiheit, d. h. unsere Einsicht in das Evangelium nicht mutwillig und unserem Nächsten zum Ärgernis zu gebrauchen. Denn dann treiben wir den zurück, der sonst mit der Zeit zu unserem Glauben käme. (Insel-Ausgabe, Bd I, S. 291)

Damit sind wir mitten in der 4. Invokavitpredigt, die Luther am 12. März 1522 gehalten hat. Erneut war er nach Wittenberg zurückgekehrt. Auf eigenes Risiko. Der Landesherr, zutiefst beunruhigt und verunsichert durch die Entwicklung, setzte schließlich doch noch einmal sein ganzes diplomatisches Geschick ein, um Luther nicht völlig schutzlos zu stellen. Doch der wusste, dass er letztlich ganz auf sich selbst gestellt war. Aber er konnte nicht ausweichen. Gegen den ungezügelten Reformeifer Karlstadts und seiner Leute musste er als Prediger klar machen: Die Gemeinde empfängt ihre Ordnung allein aus dem Hören auf das Evangelium. Nicht Umsturz und Aufruhr sind die Kennzeichen der Gemeinde Jesu Christi, sie ist nicht ein ständiges Revolutionskomitee. Die Gemeinde Jesu Christi ist Versammlung um Wort und Sakrament. Darum kommt Luther als Prediger nach Wittenberg und er redet in der Kirche zu den Leuten und nicht auf dem Markt. Das ist nicht Zufall, sondern das ist sein Konzept: Vom Wort Gottes lebt die Gemeinde und durch Gottes Wort wird sie gebaut und erhalten. Und wer es anders meint, redet an der Sache vorbei.; er folgt seinen eigenen Wünschen und Illusionen.

In der vierten Predigt geht Luther, wie schon in der dritten, auf die Bilder ein, also auf jenes Stichwort, das dieser ganzen Bewegung um Karlstadt die Bezeichnung „Bilderstürmerei“ eingebracht hat, und in einem zweiten Abschnitt auf die Speisegebote.

Die Enthusiasten um Karlstadt argumentieren mit dem Buchstaben des göttlichen Gebots: Du sollst dir kein Bildnis machen. Und dementsprechend vernichten sie alle Bilder, wo sie sie finden: in Kirchen und Kapellen, in Spitälern und an den Wegrändern. Luther sagt: Wer so mit Gottes Gebot umgeht, hebt die Freiheit der Kinder Gottes, die das Evangelium ihnen schenkt, auf und unterwirft die Leute nur einem neuen Gesetz. Das Evangelium schafft Freiheit. Und man muss nach der Intention des biblischen Bilderverbots fragen, wenn man es richtig anwenden will. Und die richtet sich nicht gegen das Bild, das als solches weder gut noch schlecht ist, sondern sie richtet sich gegen die Vergötzung von Bildern, gegen ihre Anbetung. So wird der Anspruch Gottes, wie er im ersten Gebot formuliert wird, verletzt: „Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst nicht andere Götter haben neben mir.“ Es geht um Gottes Anspruch, allein Gott zu sein. Und es geht um die Gewissheit der Menschen, die allein auf Gott vertraut und nicht auf irgendwelche Bilder, und seien sie noch so fromm und schön. Nicht sich Bildern zuzuwenden nährt den Glauben, sondern allein Gott zu vertrauen, macht den Christen aus.

Darum bringt es auch gar nichts, die Bilder abzuhängen und zu zerstören, sondern man muss sie gleichsam weg predigen , ihren Missbrauch entlarven. Bilder sind da, wie Sonne und Mond; die kann man auch nicht entfernen, weil einige sie anbeten. Nein, durch die Predigt des Evangeliums muss man die Herzen von der Anbetung wegziehen und sie auf Christus richten, den Gekreuzigten. An seinem Bild macht Luther deutlich, worum es geht: „Jedermann weiß doch, dass das Kruzifix, das da steht, nicht mein Gott ist, sondern nur ein Zeichen, denn mein Gott ist im Himmel.“ (Insel-Ausgabe, Bd I, S. 287) Nicht die Bilder gilt es zu zerstören, sondern die Abgötterei, die mit ihnen getrieben wird.

Ich ziehe daraus zwei Schlüsse:

1. Es gibt eine elementare, fast kreatürliche Freude an den Bildern, die wir in unseren Kirchen und Häusern haben, eine Freude, der wir uns in aller Freiheit hingeben dürfen. Da werden biblische Geschichten erzählt, da wird Gottes Wort anschaulich gemacht, sie laden ein zum Verweilen und zum Betrachten und erzählen vom Tun Gottes unter den Menschen. Man hat so etwas früher die biblia pauperum genannt, die Bibel für die, die nicht lesen konnten und doch mit eigenen Augen die biblische Überlieferung entdecken wollten in den Bildwerken und ganzen Bildfolgen: auf den Altären, an den Wänden, in den Fenstern unserer Kirchen. In ihnen kann man lesen wie in der Bibel selbst. Und dazu gehört auch die Musik ; man hat Johann Sebastian Bach wegen seiner Oratorien und Kantaten völlig zu Recht den fünften Evangelisten genannt. Weil da Verkündigung des Wortes Gottes geschieht. – Wir haben die Freiheit, uns an dem allen von Herzen zu freuen.

2. In unserer Zeit wird von vielen nach mehr Farbigkeit und Anschaulichkeit in unseren Gottesdiensten gerufen: gegen die Nüchternheit einer allein am Wort orientierten Frömmigkeit und gottesdienstlichen Praxis. Ich kann das gut verstehen. Ich tauche auch gern ein in eine Atmosphäre, die mich eben nicht nur intellektuell, sondern vor allem auch emotional aufnimmt. Aber manchmal ist es, als ob geradezu ein emotionales Design über den Gottesdienst gelegt wird und das sich ornamental und in der Sprache der Gebete und Lieder und der Musik mitteilt. Ich habe einmal einen Aromagottesdienst zum Gedenken an Hildegard von Bingen erlebt; Wahrnehmung von Gerüchen der Heilkräuter: darum ging es. Eine andere Gottesdienstreihe wurde „Klangfarben“ genannt, mit viel Musik und Dichterlesungen. Und immer war es so, dass biblische Texte und deren Predigt einen bemerkenswert nachgeordneten Platz dabei hatten. „Gottesdienst menschlich“ wird das genannt – als ob es nicht menschlich wäre, Gott zu Wort kommen zu lassen und ihm in Gebet und Lied zu antworten. Der Gottesdienst hat eine Botschaft, die den Menschen erreichen soll, aber nicht von ihm kommt und vielleicht auch seinen Vorstellungen über die Schönheit, über das Heilsein, über die Kirche widerspricht. Es ist das Spezifische gerade auch der lutherischen Reformation, dass das Evangelium gepredigt wird, und Kirche ist da, wo Menschen um Wort und Sakrament versammelt werden. Und wo das nicht ist, da ist auch Kirche nicht, selbst da nicht, wo dieser Name beansprucht wird.

In seiner Schrift Wider die himmlischen Propheten, von den Bildern und Sakrament (WA 18, S. 62 ff.; Luthers Werke, hrsg. von Buchwald u.a., Erg. Bd. I, S. 1 ff.) setzt Luther sich noch einmal sehr viel ausführlicher mit Karlstadt und seinen Enthusiasten, eben den himmlischen Propheten oder auch Bilderstürmern, auseinander. In dieser Schrift wendet Luther sich gegen Karlstadts Unterstellung, er wolle die Bilder schützen wider Gottes Wort. Und er stellt dagegen: Aus den Herzen will ich sie gerissen haben, verachtet und vernichtet, aber ohne die von den Eiferern an den Tag gelegte Gewalt.(Buchwald, S. 9) Gewalt ist immer sinnlos und destruktiv, auch die fromme Gewalt. Genau betrachtet, ist Luther der radikalere von beiden: die Bilder aus den Kirchen hinauszuwerfen, nützt gar nichts, wenn sie in den Herzen bleiben. Darum müssen sie aus den Herzen herausgerissen werden. D. h. die Leute müssen aufhören, an die Bilder zu glauben, und anfangen, allein dem Evangelium zu glauben.

Die Bilder aus den Herzen reißen – das ist etwas fundamental anderes, als Karlstadts Bildersturm. Es heißt ja, dass wir falsche Gottesbilder, die wir in unseren Herzen tragen und pflegen, da herausreißen und uns öffnen für das Bild, das Gott in unser Herz malen will: das Bild des gekreuzigten Christus. Eben jenen Kruzifixus, den Luther sehr ausdrücklich und bewusst aus seiner Bilderkritik ausnimmt und sagt: „Wollen uns aber die Bilderstürmer ja keine Gnade beweisen, so bitten wir doch, dass sie unserem Herrn Jesu Christo wollten gnädig sein und ihn nicht so anspeien und sagen, wie sie uns tun: Pfui über dich, du Götzenknecht.“ (Buchwald, S. 23) Christus ist in die Herzen zu predigen und er soll das Bild Gottes in unseren Herzen sein.

Ich glaube, dass wir irgendwelche Gottesbilder immer mit uns herumtragen. Oft sind es ganz banale Götzen: Erfolg, Glück, Ehre. „Woran du nu dein Herz hängst“, sagt Luther im Großen Katechismus, „das ist dein Gott.“ Es gibt Subtileres: Gottesbilder, die unsere Eltern uns hineingemalt haben, die wir selbst uns ausgedacht haben: den Gott, der alles sieht, alles entdeckt, alles straft – ein Instrument unnachsichtiger elterlicher Gewalt; aber so etwas prägt sich tief ein ins kindliche Gemüt. Oder da ist das Bild von dem immer nur lieben und netten Gott, den Erwachsene sich selbst gern einreden; der Gott, der alles erlaubt, wenn wir es nur wollen. In unseren Gottesbildern malen wir immer ein Stück weit uns selbst und instrumentalisieren einen Gottes begriff für unsere Ziele.

Neulich sagte ein kleiner Junge - fünf oder sechs Jahre alt, der Vater hat die Mutter mit den vier Kindern verlassen – Sebastian will ich ihn einmal nennen; Sebastian also sagt in diesem Chaos verletzter Gefühle und der tausend Ausweglosigkeiten: Wenn unser Papa nicht wiederkommt, dann haben wir ja immer noch Gott zum Vater. Kindermund: Was für eine Gewissheit! Und wie muss diese kindliche Seele gearbeitet haben, um das zu entdecken und zu sagen. Auch da gibt es ja ein Gottesbild in dieser kindlichen Seele, und dieses Bild entspricht deswegen der Wahrheit über Gott, weil es die Angst verdrängt und Vertrauen schenkt.

Daran müssen sich die Gottesbilder in uns messen lassen, ob sie Gottesgewissheit und Gottesnähe bezeugen. Denn darum geht es im Evangelium, und es läuft immer wieder auf den Gekreuzigten als das Bild hinaus, das Gott selbst uns ins Herz malen will und das in die Tiefe menschlicher Existenz hineinreicht, wo wir allein sind mit unserer Lebensangst und Todesfurcht und mit dem ganzen Elend, das uns quält, mit Schuld und verwundetem Gewissen, und wo wir auf Erlösung warten. Da Christus vor Augen zu haben und auf ihn zu sehen, macht stark gegen Anfechtung und Angst. Der gekreuzigte Christus bleibt, wenn alle anderen Gottesbilder zurückweichen und versagen angesichts einer Gotteserfahrung, die sich nicht mehr in Bildern begreifen lässt: der dunkle, der verborgene, der ferne, der fremde Gott. Der abwesende Gott, der in keinem Bild uns nahe ist und der doch gegenwärtig ist in dem Gekreuzigten. Diese Wirklichkeit des in Christus gnädigen Gottes in unser Herz hereinzulassen, das ist es: dass wir die Bilder aus unseren Herzen reißen und Gott Sitz und Wohnung bei uns geben.

Soviel zu den Bildern. Die Freiheit im Umgang mit ihnen wird bestimmt dadurch, dass wir sie nicht zum Gegenstand von Anbetung und Verehrung machen, sondern sie zu uns reden lassen: Bilder, die uns etwas erzählen. Warum nicht? Es geht um die rechte Unterscheidung und um den rechten Gebrauch der Freiheit.

Im zweiten Teil der vierten Invokavitpredigt setzt Luther sich mit den Speisegeboten auseinander; da geht es also um das Verbot, an bestimmten Tagen, Freitags und in der Fastenzeit, Fleisch zu essen oder Eier oder Butter; Luther zählt das alles auf. Das kannte er aus seinem Elternhaus und er kannte es vor allem aus dem Kloster. Nur Fisch war erlaubt. Und er hält dagegen: Iss, was dir bekommt! Und wenn der Papst dir bestimmte Vorschriften macht: tu ihm zum Trotz das Gegenteil! Du bist nicht Menschen verantwortlich für das, was du tust oder nicht tust; vor Gott musst du damit klar kommen, und der hat dich in die Freiheit gesetzt! Nur mit den Schwachen musst du Geduld haben, die es nicht besser wissen: Ihnen darfst du kein Ärgernis geben. Wenn sie sich also an die Vorschriften halten wollen, kannst du es ohne Schaden mit ihnen zusammen tun. Aber auch sie müssen durch die Predigt auf den richtigen Weg gebracht werden.

Es ist bezeichnend, dass Luther in diesem Zusammenhang immer wieder auf die Freiheit zurückkommt. Damit beschreibt er, was für ihn konkret die Botschaft von der Rechtfertigung des Sünders allein als Glauben bedeutet. Es ist die Freiheit des allein Gott verantwortlichen Gewissens, das nicht irgendwelchen Vorschriften oder Autoritäten zu folgen hat, sondern das dem Wort Gottes folgt und vor ihm zu bestehen hat. Darum sollen die Leute sich weder auf Karlstadt noch auf den Papst noch auch auf Luther berufen. Sondern es geht darum, im Gewissen Klarheit zu haben über das Tun und Lassen, und das ist Freiheit. Nicht schwankende Beliebigkeit, sondern Freiheit, die stark ist, weil sie dem Evangelium folgt.

Luther in seiner Situation betont an der Freiheit mehr die Erlaubnis, Dinge zu lassen, gegen den Zwang, sie zu tun. In unserer Situation, wo es ja fast keine verbindlichen Traditionen mehr gibt und fast alles beliebig ist, stellt sich die Frage anders. Wir müssen wissen, dass wir die Freiheit haben, etwas zu tun:

  • Ich muss nicht zum Gottesdienst gehen, aber ich habe die Freiheit, es zu tun. Warum tu ich es dann nicht?
  • Ich muss nicht ein Tischgebet sprechen zu Hause oder in der Kantine, aber ich habe die Freiheit, es zu tun. Warum, um Gottes willen, tu ich es dann nicht?
  • Ich kann das Kind, das aus dem Hause geht, mit einem Wort, mit einem Zeichen segnen. Ich kann es tun. Warum tu ich es dann nicht?
  • Ich bin frei, mich ganz auf mich zu konzentrieren; ich kann mich aber auch in Dienst eines anderen Menschen stellen, der meine Hilfe braucht, oder einer guten Sache. Und warum tu ich es nicht? Gibt es Gründe oder nur Ausreden?

Lasst uns doch tun, wozu wir die Freiheit haben. Lasst uns im Tun die eigene Schwachheit überwinden und stark werden im Gebrauch der Freiheit. Paulus hat einmal gesagt: „Zur Freiheit hat Christus uns befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen.“ (Gal 5, 1) Und Luther bemerkt dazu in seinem großen Kommentar zum Gal. „ Seid nicht sicher, sondern stark!“ (WA 40/II, S. 1 ff.; Luthers Epistelauslegung, z. St.) Wer sicher ist, folgt der Freiheit zum Lassen. Wer stark ist, folgt der Freiheit zum Tun.

Was ist der richtige Gebrauch der Freiheit, die uns gegeben ist? Oft genug ist es für uns das Tun. Im Tun wird die Freiheit konkret, im Tun empfangen wir sie immer wieder neu. Das Lassen ist demgegenüber oft der Verzicht auf den Gebrauch der Freiheit, und sie kommt mir allmählich abhanden. Die Freiheit so zu gebrauchen, muss ja keine Zurschaustellung sein. Aber bezeugen, was wir glauben – auch das ist Vollzug der Freiheit, die uns Gott gegeben hat. Stark zu sein in der Freiheit, heißt die eigene Bequemlichkeit und Schwachheit zu überwinden. Wir wollen die Schwachen damit nicht bloßstellen. Aber die, die sich stark fühlen uns gegenüber, die Gottesverächter oder auch einfach die Indifferenten, denen das sowieso alles egal ist, die dürfen schon ins Grübeln kommen.

Wir müssen wissen, unsere Freiheit zu gebrauchen. Für Luther war das klar: Das Evangelium zur Sprache zu bringen für alle.

Amen

Friedrich-Otto Scharbau
F.O.Scharbau@t-online.de


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