Göttinger Predigten im Internet
hg. von U. Nembach

3. Advent, 12. Dezember 2004
Predigt über
Lukas 3, 1-14, verfasst von Friedrich Wintzer
(-> zu den aktuellen Predigten / www.predigten.uni-goettingen.de)


Wir begehen heute den 3. Advent. Diese Vorbereitungszeit vor Weihnachten löst bei vielen Menschen zwiespältige Gefühle aus. Auf der einen Seite ist die Adventszeit eine Zeit der Erwartung und der Sehnsucht nach Frieden, Gemeinschaft und Liebe. – Das kommende Weihnachtsfest stellt den von Gott gesandten Jesus in den Mittelpunkt. Er war ein Verkünder von dem anbrechenden Heil und sein Leben war geprägt von dem Vertrauen auf den weltzugewandten Gott. Die adventliche Vorweihnachtszeit lädt darum ein zu Stunden der Besinnung. Am Adventskranz brennen heute 3 Kerzen. Aber es gibt auch eine zweite Seite der Vorweihnachtszeit. Gemeint ist die Betriebsamkeit und Hektik der Weihnachtsvorbereitung. Es wird überlegt, was den Verwandten und Freunden sowie Freundinnen zu Weihnachten geschenkt werden kann. Die Reklame der Geschäfte und Kaufhäuser nimmt zu. Die VerkäuferInnen erleben diese Tage als hektisch und abends kehrt die große Müdigkeit ein. Die Tage werden zudem kürzer. Die Dunkelheit beginnt relativ früh. Es wird deutlich, daß das Jahr 2004 dem Ende zugeht. Das Kirchenjahr hat dagegen am 1. Advent neu begonnen.

I

Am 3. Advent erinnert die Kirche an den Mann, der Jesus vorausging und den Messias ankündigte. Er war eine auffällige Gestalt. Er hüllte seinen Körper in ein Kamelfell und trug um die Hüfte einen ledernen Gürtel. Vegetarische Speise war seine Nahrung. Höchstwahrscheinlich trug er auch lange Haare und einen Bart.
Der Name des Mannes lautete Johannes. Er kam selten in eine Stadt, sondern er trat in der Wüste auf. Mit seiner Predigt wollte er vorbereiten auf das Kommen des Messias, also auf den Menschen, der im Namen Gottes das Heil, den Frieden und die Versöhnung bringen sollte. Der Text, der von Johannes, dem sogenannten Täufer, berichtet, steht bei Lukas im 3. Kapitel, in den Versen 1-14. Er lautet nach der Lutherübersetzung:

(Text aus Luk. 3)

Lukas beginnt den Bericht über Johannes den Täufer, wie es das Alte Testament bei Prophetenberufungen tut. Er ordnet den Beginn des Wirkens von Johannes dem Täufer ein in das 15. Jahr des Kaisers Tiberius, als Pontius Pilatus Statthalter in Judäa war und Hannas sowie Kaiphas als Hohepriester tätig waren. Diese Zeitangabe datiert den Beginn des Wirkens von Johannes ungefähr in das Jahr 28 oder 29. Johannes predigte nicht nur, sondern er vollzog zugleich die Taufe zur Vergebung der Sünden. Darum wollte er Menschen auf das Endgericht Gottes ausrichten und vorbereiten. Weil das Kommen des Messias nahe war,  konnte es für Johannes nur eine veränderte Lebenseinstellung gaben. Weil das göttliche Endgericht bevorstand, rief er die zahlreichen Menschen, die zu ihm in die Wüste gekommen waren, zur Buße auf. Das Wort, das im griechischem Text steht, könnte auch mit Umkehr übersetzt werden. Das Wort Buße hat bei uns ja eine bestimmte Bedeutung. Wir kennen die Bußbescheide, mit denen zur Zahlung aufgefordert wird. Es gibt sie zum Beispiel bei Geschwindigkeitsübertretungen mit dem Auto. Mit der Zahlung einer Geldbuße ist die Sache dann erledigt. Martin Luther hat unter dem Wort Buße allerdings etwas Grundlegenderes verstanden, nämlich die Änderung der Lebenspraxis in der Verantwortung vor Gott. Darum heißt es in der 1. von Luthers 95 Thesen, die er 1517 an eine Wittenberger Kirchentür geschlagen hat: "Wenn unser Herr und Meister Jesus Christus spricht: Tut Buße, so will er, daß das ganze Leben seiner Glaubenden soll eine Buße sein." Hart war die Bußpredigt Johannes des Täufers. Sie klang wie eine Publikumsbeschimpfung. Die Worte lauteten: "Ihr Schlangenbrut, wer hat euch denn gewiß gemacht, daß ihr dem künftigen Zorn Gottes entrinnen werdet? Seht zu, bringt rechtschaffene Früchte der Buße; und nehmt euch nicht vor zu sagen: "Wir haben Abraham zum Vater." Mit seinen Droh- und Umkehrpredigten wollte Johannes als Vorläufer Jesu die Menschen aus ihrem Sicherheitsdenken herausreißen. Beruft euch nicht als Israeliten auf  eure Abrahamskindschaft, lautete seine Rede. Diese bringt euch nichts; es sei denn, ihr ändert eure Lebenseinstellung. Zu der Nachkommenschaft des Vaters Abraham zu gehören ist ein Geschenk und eine Ehre, aber auch eine Verpflichtung, Gottes Gebote im Leben ernst zu nehmen und sich danach zu richten. Johannes der Täufer wäre heute kein Wortführer einer Spaßgesellschaft, sondern er wäre auch heute ein Beispiel für die Hinwendung und Umkehr zu Gott. Er verkündete seine Botschaft, auch wenn er sich dadurch Feinde schuf. So kritisierte er den König Herodes wegen seiner unsittlichen Lebensweise. Herodes warf ihn dafür ins Gefängnis.

II

Wie aber reagierte die große Hörerschaft, die zu ihm gekommen war, um sich von ihm im Fluß Jordan taufen zu lassen mit der Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden? Diese Menschen stellten nach Lukas die Frage nach der Bußhandlung und fragten: Was sollen wir denn tun? Johannes gibt darauf keine Pauschalantwort, sondern er nennt drei Beispiele. Zunächst ruft er zum Teilen auf. Wer zwei Hemden hat – das war damals viel -, der gebe dem eins, der kein Hemd hat. Und wer genug zu essen hat, der teile mit den Hungrigen und Darbenden. Heute ist an die Aktion "Brot für die Welt" zu denken, die am 1. Advent wieder eröffnet wurde. Sie will im kommenden Jahr mit unseren Spenden besonders etwas gegen die Wasserknappheit in den ärmsten Ländern tun. Dazu werden z.B. Grundwasserbohrungen für Brunnen gebraucht.

Die 2. Antwort hat sicher heute mehr Adressaten als früher. Sie lautet: Fordert nicht mehr, als in eurer Vorschrift festgesetzt ist. Damals waren die vielen Zöllner gemeint; heute denken wir an überhöhte Preise, die von manchen Handwerkern oder Geschäftsleuten verlangt werden, es gibt noch andere Beispiele. Die 3. Antwort gilt in unserem Predigttext den Soldaten. Sie sollen kein Unrecht tun, weder plündern, noch erpressen und sich genügen lassen an ihrem Sold. Heute hätte Johannes auch die überhöhten Spitzengehälter z.B. von manchen Managern genannt.
Wie man sieht, nennt Johannes Beispiele  aus dem Gebiet der Ethik. Insgesamt plädierte er für mehr Mitmenschlichkeit, damit das Zusammensein der Menschen besser gedeiht.

III

Der Bericht über die grobe Bußpredigt Johannes des Täufers enthält auch ein Zitat aus dem  40. Kap. des Jesajabuches. Es beschreibt den Bau eines ebenen Weges durch die Wüste, damit auf ihm Gott das gefangene Volk aus Babylon befreie und herausführe. In dem verlesenen Lukastext  fordert die "Stimme eines Predigers in der Wüste" ebenfalls die Anlage eines geraden Weges und das Zitat schließt: "Und alle Menschen werden den Heiland Gottes sehen". Damit steht der johanneischen Aufforderung zur Umkehr die Ansage von Gottes Heil, sichtbar in der Gestalt des Heilandes, gegenüber.  Der Prediger und Täufer Johannes ist auf diese Weise zum Wegbereiter von Jesus Christus geworden.
Aber zwischen diesen beiden herrscht ein großer Unterschied. Beide rufen zur Umkehr und zur Mitmenschlichkeit auf. Aber die Begründungen sind verschieden. Johannes der Täufer steht in der alten Zeit. Er droht mit dem göttlichen Endgericht. Jesus, der Bergprediger, verkündet das Neue. Gegen die Hoffnungslosigket von vielen Menschen stellt er die Hoffnung auf die Barmherzigkeit des unsichtbaren Gottes. Jesus ruft uns zu einem veränderten Leben auf, weil er beherrscht ist von dem Glauben an die Nähe Gottes. Deshalb trat er ein für die Liebe und das Vertrauen zu Gott, sowie für den Frieden und die gelebte Gerechtigkeit unter Menschen. Mit Jesus hat deshalb eine neue Zeit begonnen, auch wenn wir immer noch dabei sind, diese Zeitenwende zu begreifen und danach zu leben. Weil Gott uns liebt, mutet er uns zu, auf den Bahnen der Nächstenliebe zu wandeln.Wir Menschen haben diese Sinnesänderung nötig, weil sie Gottes Willen entspricht und uns Menschen zugute kommt.

Liedervorschläge: EG 10, 1.2.4; 15, 1-4; 18, 1-2

Als Lesung schlage ich neben 1. Kor. 4, 1-5 die Täuferfrage aus dem Gefängnis Mt. 11, 2-6 vor.

Prof. em. Dr. Friedrich Wintzer
Stettiner Weg 12
53340 Meckenheim/Bonn

E-mail:  f.Wintzer@t-online.de

 


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