Göttinger Predigten im Internet
hg. von U. Nembach

Ostersonntag, 27. März 2005
Predigt über Matthäus 28, 1-10, verfasst von Ondrej Prostrednik (Slowakei)
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Sicher haben auch sie schon einmal etwas gesucht. In solchen Situationen wissen wir in der Regel ganz genau, dass wir die gesuchte Sache irgendwo gelegt haben. Aber wir können uns nicht daran erinnern wohin. Wir suchen immer an den falschen Stellen. Dann hilft es sich für eine Weile hinzusetzen, zur Ruhe gelangen und ganz genau in den Gedanken den Ablauf der Ereignisse zu rekonstruieren.

Wir treffen uns heute in der Kirche um genau dies zu tun. Vor unseren Augen sehen wir die Frauen, die ihren Verstorbenen, gekreuzigten Meister suchen. Sie suchen ihn im Grab. Aber er ist nicht da. In der Ruhe müssen sie den Ablauf der Geschehnisse der letzten Tage wiederherstellen. So können sie dann die Stimme des Engels hören: „Er ist nicht hier, er ist auferstanden, wie er gesagt hat!“

Etwas vergeblich zu suchen ist mühsam. Indem die Frauen den toten Jesus im Grab suchen, suchen sie ihre verstorbene Hoffnung. In der Begegnung mit ihm haben sie einst ein neues Leben angefangen. Viele andere Menschen haben in seiner Wirkung, in seiner Predigt eine neue Zukunft für das Volk Israel gesehen. Das alles aber wird jetzt vergeblich im Grab gesucht.

Die Geschichte des vergeblich gesuchten toten Jesus wiederholt sich immer wieder. Wie oft hat die Menschheit die Erneuerung der Gesellschaft gesucht. In verschiedenen Gedankensystemen, unter der Führung verschiedener Menschen, in allerlei Versuchen eine ideale Gesellschaftsordnung einzusetzen. Sieht es nicht in der Geschichte der Menschheit allzu oft wie eine vergebliche Suche nach verlorenem Glück, nach dem neuen Leben das geahnt wird aber sehr schwer zu finden ist? Und in unserem persönlichen Leben? Viele junge oder ältere Menschen werden durch Arbeitslosigkeit in der Entwicklung und Erfüllung ihres Lebens gebremst. Viele Familien leiden unter der Krise ihrer Beziehungen und statt Gemeinschaft finden sie nur Einsamkeit und Leere.

Überlegen wir also gemeinsam: wie finden wir das neue Leben? Das gelesene Bibelwort zeigt uns einen Weg: Hören wir das Evangelium, empfangen wir es mit Glauben und verkündigen wir es in Christi Auftrag.

Das Evangelium hören. Das Wort des Engels gibt den suchenden Frauen Orientierung. In der Verwirrung, die an das Ende der Zeiten erinnert hat, gibt das Wort des Engels eine klare Wegweisung. Nicht im Grab liegt die Hoffnung der Suchenden. Christus ist auferstanden. Alle Hindernisse sind überwunden. Die Wächter, der Stein – Christus lebt. Das ist die neue Realität. Nicht der Tod, das Leben hat die Macht. Das ist die neue Richtung der Geschichte. „Er ist auferstanden, wie er gesagt hat!“ So wird den Frauen in die Erinnerung gerufen, was ihnen bei der Suche des neuen Lebens den Weg weisen soll.

Das soll auch uns heute helfen. Wir sind in die Kirche gekommen um zu hören wie es war. Schon den ersten Menschen im Garten Eden war die Verheißung dessen gegeben, der das Böse überwinden wird. (Gn 3,15) Auch der Patriarch Abraham hat die Macht Gottes über den Tod geahnt. Als er im Gehorsam gegenüber Gott seinen Sohn opfern wollte, hat ihn der Gedanke begleitet, dass „Gott kann auch wohl von den Toten erwecken“. So bekam er seinen Sohn Isaak zurück als „ein Zeichen des Zukünftigen“, bezeugt der Hebräer Brief (11,19). Jesus selbst hat die Tochter des Jairus von den Toten erweckt, auch den jungen Mann aus Nain oder seinen Freund Lazarus hat er wieder zum Leben gerufen. Er hat mehrmals in seiner Verkündigung gesagt, dass er am dritten Tag auferstehen wird. Diese Erinnerung brauchen wir. Die Frauen brauchten sie auch.

Das Evangelium soll in den Zusammenhängen empfangen und verstanden werden. Nicht als bloße Parole. Das Evangelium als Orientierung in der Suche nach einem neuen Leben hat viel anzubieten. Nehmen wir uns Zeit dazu. Gott hat seit der Ewigkeit die „Machtübernahme“ des Lebens über den Tod vorbereitet. Es ist nicht ein Zufall. Die Ostergeschichte ist nicht ein billiger Trick, der opportunistisch gedeutet wird. Christi Auferstehung ist eine Konsequenz der Präsenz Gottes in dieser Welt. Eine logische Konsequenz seiner Beziehung der Liebe zum Menschen. Daran sollen wir uns heute erinnern. Das ist das Evangelium, das wir hören.

Das Evangelium mit Glauben empfangen. „Siehe, ich habe es euch gesagt“ – lautet die knappe Begründung der Verkündigung des Engels. Die Wegweisung für die Suche des neuen Lebens, für die Suche nach dem lebendigen Christus wird zwar in den breiten Zusammenhängen angeboten, aber so kann sie noch nicht wirken. Sie muss empfangen und gefolgt werden. Die Frauen konnten mit Recht fragen, warum sollten sie denn der Erzählung des Engels glauben? Worin liegt die rationale Begründung dieser Geschichte? Woran beruht die Autorität dessen, der es erzählt und die Wegweisung anbietet? Auch wenn solche Fragen unausgesprochen blieben, sie waren da. Der Engel muss die Furcht der Frauen überwinden indem er sagt: „Fürchtet euch nicht“. Er muss einen Impuls zum Handeln geben, und sagen: „Gehet eilend hin und sagt es seinen Jüngern“. Aber was soll gesagt werden? Auf wen sollen sich die Frauen vor den Jüngern berufen? Wie sollen sie argumentieren um nicht ausgelacht zu werden. Worauf sollen sie die Glaubwürdigkeit ihres Zeugnisses stützen? Wer gibt ihnen die Autorität so etwas zu erzählen?

Der Glaube wird hier gefragt. Nichts wird begründet. Auch kein Aufrüsten mit einer Macht, Wunder zu tun geschieht hier. Nichts haben die Frauen. Ganz hart gesagt – wenn sie es weiter erzählen, riskieren sie, dass sie sich lächerlich machen. Sie haben nur die Zusammenhänge der Heilsgeschichte und das Wort des Engels – „Siehe, ich habe es euch gesagt“. Anders ausgedrückt - Glaubt mir und glaubt dem, was Gott bis her gesagt und getan hat. Das ist alles was ihr habt wenn ihr das neue Leben in Christus finden wollt.

Das gilt auch für uns heute. Das neue Leben, das seit Christi Auferstehung in diese Welt hineingebrochen ist, kann nur im Glauben empfangen werden. Dieser Glaube ist nicht einfach. Er braucht Mut. Wir müssen uns voll auf etwas verlassen, das außer uns steht. Nicht wir sind es, die etwas wegen ihren Verdiensten erworben haben. Die Botschaft durch den Boten Gottes gegeben – das ist es, was wir haben. Sie erweckt den Glauben. Zu einem solchen Glauben werden wir auch heute wider gerufen. Zusammen mit Thomas können wir bekennen: „Mein Herr und mein Gott!“ Mit Paulus können wir sagen, dass „wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunkeln Wort, dann aber von Angesicht zu Angesicht.“ Wir sind eingeladen nach dem Glauben zu greifen, der uns die Hoffung gibt, dass nicht alles nur von uns abhängt. Die Macht Gottes ist über uns. Sie nimmt unser Leben in die Hand. In den kritischen Augenblicken unseres Lebens haben wir die Zuversicht, dass wir von der Hand Gottes getragen werden.

Das Evangelium in Christi Auftrag verkündigen. Der Glaube hat eine mächtige Wirkung. Durch den Glauben wird die Freude des Lebens wiederhergestellt. So lesen wir es. Eine große Freude ist in das Herz der Frauen gekommen, nachdem sie das Wort des Engels empfangen haben. Die gescheiterten Hoffnungen kehren zurück in einer neuen Kraft. Sie finden den Sinn des Lebens wieder. Sie haben ein sinnvolles Programm für das Leben. Ihre Erfahrung soll den Glauben anderer erwecken. Alle erniedrigte und verzweifelte sollen das neue Leben finden. Nicht nur als ein Konzept oder eine Lehre. Ganz persönlich sind die Frauen dem Auferstandenen begegnet. „Und siehe, da begegnete ihnen Jesus und sprach: Seid gegrüßt!“. Sie haben gefunden was sie gesucht haben. Nicht im Grab. Nicht dort wo sie zu erst gesucht haben, aber dort wohin sie der Glaube geführt hat.

Das ist die Gabe der Osterbotschaft. Die empfangene Freude weiter zu geben. Das neue Leben im Glauben den anderen vermitteln. Das ist der Auftrag den die Frauen bekommen haben: „Gehet hin und verkündigt es meinen Brüdern, dass sie gehen nach Galiläa, daselbst werden sie mich sehen.“

Am Anfang sprachen wir darüber wie mühsam ist es etwas vergeblich an falschen Orten zu suchen. Oft wissen wir nicht wo wir unser Glück verloren haben. Viele fragen sich wo ist ihre Kraft und Gesundheit. Wo ist die Liebe, die einst die Familie zusammengehalten hat? Wo ist der Respekt den wir einst durch unseren Beruf erworben haben? Wie finden wir das neue Leben? Die Osterbotschaft hilft uns da. Hören wir das Evangelium, empfangen wir es mit Glauben und verkündigen wir es in Christi Auftrag. Amen.

Ondrej Prostrednik
Generalsekretär
Ökumenischer Rat der Kirchen in der Slowakei Palisády 48 SK 811 06
Bratislava Slowakei
prostrednik @fevth.uniba.sk


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