Göttinger Predigten im Internet
hg. von U. Nembach, Redaktion: C. Dinkel und I. Karle

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Invokavit, 5. März 2006
Predigt zu Lukas 22, 31-34, verfasst von Christiane Neukirch
(-> zu den aktuellen Predigten / www.predigten.uni-goettingen.de)


Vorbemerkung: Diese Predigt ist für einen Gehörlosengottesdienst verfasst. Sie ist daher sowohl elementar aufgebaut als auch elementar formuliert, da Gehörlose in einer ganz eigenen Sprachwelt leben.

Liebe Gemeinde!

Liebe braucht Zeichen.

Ein junger Mann steht in einem Blumengeschäft. Welche Blumen gefallen seinem Schatz am besten? Er überlegt gut und wählt rote Rosen. Er kauft einen schönen, großen Strauß. Mit den Rosen möchte er zeigen: ich liebe dich!

Ein junges Paar geht zum Standesamt. Heute ist ihr Hochzeitstag. Der Standesbeamte wird sie fragen: wollt ihr miteinander verheiratet sein? In der Kirche wird der Pastor fragen: wollt ihr treu zusammenbleiben bis zum Ende von eurem Leben? Sie werden „Ja“ sagen. Sie wollen einander zeigen: so sehr liebe ich dich!

Jesus und Petrus stehen beisammen. Jesus spricht von der schweren Zeit, die kommt: er wird leiden müssen und seine Jünger auch. Wird die Treue von den Jüngern zu Jesus halten? Petrus möchte Jesus stärken und trösten und sagt: Herr, ich bin bereit, mit dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen! Petrus möchte Jesus zeigen: so sehr liebe ich dich!

Liebe braucht Zeichen. Aber die Zeichen allein sind nicht genug. Ohne Vertrauen beim anderen helfen die Zeichen nicht.

Zum Beispiel der Rosenstrauß von dem jungen Mann: der junge Mann hat immer wieder schlimmen Streit mit seinem Schatz. Die junge Frau wird den Rosenstrauß nicht nehmen. Sie wird denken: er liebt mich doch nicht richtig! Der nächste Streit kommt bestimmt! Sie hat kein Vertrauen mehr zu ihm. Sie denkt: er schenkt ihr die Blumen, weil er nicht allein sein will. Nicht, weil er sie liebt.

Und das Brautpaar in der Kirche – beide sagen Ja und versprechen Treue. Aber viele Ehepaare trennen sich später doch. Treue versprechen ist leicht. Treu bleiben kann schwer sein! Treue brechen - das geht schnell. Dann ist das Vertrauen zerstört und neue Versprechungen und Entschuldigungen helfen nicht mehr.

Und Petrus mit seinem Versprechen an Jesus – Jesus kann nicht darauf vertrauen. Jesus weiß genau: Petrus ist ein Mensch wie alle Menschen und Jesus weiß: Liebe und Treue sind schwer für Menschen. Die Liebe kann groß sein, aber die Angst kann viel größer sein. Jesus sagt zu Petrus: in dieser Nacht bis der Hahn kräht wirst Du dreimal sagen, du kennst mich nicht! Wir alle kennen die Geschichte – wie Leute Petrus in der Nacht dreimal fragen: bist du nicht auch einer von den Jüngern von Jesus? Und wie Petrus dreimal sagt: ich kenne Jesus überhaupt nicht! Und dann kräht der Hahn und Petrus weint.

Vertrauen braucht einen guten Grund. Wir Menschen enttäuschen einander oft. Die Liebe von Menschen ist oft nicht stark genug. Aber die Liebe von Gott ist stark genug. Jesus vertraut auf Gott. Jesus bittet Gott, er soll Petrus Glauben schenken. Glauben, der bleibt, der nicht schwach wird. Liebe zu ihm, zu Jesus. Jesus vertraut darauf: Gott wird seine Bitte annehmen. Gott kann uns Liebe ins Herz geben, die ist stark und bleibt! Wir sehen das an Petrus. In der Nacht vor dem Tod von Jesus ist Petrus schwach, aber am Ostermorgen begegnet ihm der auferstandene Jesus. Da werden der Glaube und die Liebe von Petrus stark. Er wird ein wichtiger Apostel. Er wird die anderen stärken und er wird für Jesus sterben.

Bis heute gibt es Menschen, die leben und sterben mit der Kraft von Gott – wir haben vor kurzem an Bonhoeffer gedacht, er ist auch ein Beispiel dafür.

Wir wollen Gott bitten, dass er uns solches Vertrauen auf ihn gibt, solche Liebe zu ihm. Die können wir uns nicht selber machen.

Mit Vertrauen und Liebe zu ihm können wir auch das Zeichen erkennen, das er uns für seine Liebe gegeben hat: das Kreuz. Sein Sterben am Kreuz für uns. Gott soll uns bitte geben, dass wir verstehen: Niemand hat größere Liebe als der, der sein Leben gibt für seine Freunde. So hat es Jesus selbst gesagt und getan.

Amen.

Lieder:
Vertrauen wagen
Du hast uns, Herr, gerufen
Lass mich dein sein und bleiben

Christiane Neukirch
Gehörlosenpfarramt der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers
christiane.neukirch@evlka.de


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