Göttinger Predigten im Internet
hg. von U. Nembach, Redaktion: C. Dinkel und I. Karle

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Osternacht, 15. April 2006
1. Thessalonicher 4, 13-14, verfasst von Jan Szarek (Polen)
(-> zu den aktuellen Predigten / www.predigten.uni-goettingen.de)


Die gottesdienstliche Feier in der Osternacht hat als Thema: “Tod und Auferstehung“. Um dieses Thema handelt es sich auch in unserem Predigttext.
Jede Zeit hatte Probleme mit dem Tod und mit der Auferstehung.
In allen Zeiten wusste man, dass das Leben von Anfang an auf den Tod zugeht, an dem nichts und keiner vorbeikommt. Diesem Wissen begegneten die Menschen verschiedener Zeiten sehr unterschiedlich.
Die Philosophen im alten Griechenland lehrten, der Tod sei nur eine andere Form des Lebens. Tod ist also menschliches Schicksal. Dem Tod sind wir alle verfallen. Einige Lehrer wie Theogenes empfahlen darum den Selbstmord.
Die Griechen wurden mit dem Tod nicht fertig, sie erlebten ihn hilflos und liehen sich Hilfe bei der Philosophie ihrer Zeit.
Auch die Christen in Thessalonich machten sich große Sorge um die verstorbenen Gemeindeglieder. Wie kommen wir aus der Ungewissheit der Situation nach dem Tode heraus? Wie ist das mit unseren Verstorbenen, wie ist das mit uns selbst nach dem Tod?
Konnte der, der vor der Erfüllung der Naherwartung starb, an der Parusie Christi beteiligt sein?
Paulus antwortet auf die Todesproblematik der Thessalonicher mit unserem heutigen Osterverkündigungstext.

Es scheint so, dass sich das Problem mit dem sich die Gemeinde in Thessalonich auseinandersetzt, für uns heute etwas verlagert hat.
Die wenigsten Menschen bedrückt, was nach dem Tode kommt. Nach Umfragen der letzten 10 Jahre kann man feststellen, dass immer weniger Menschen an die Auferstehung nach dem Tode glauben.

Der heutige Mensch fragt vielmehr, wie man mit dem Sterben fertig wird. Wir haben den Tod weithin an den Rand des Lebens gedrängt. Sterben vollzieht sich oft nicht mehr im Haus und im Kreis der Familie, also mitten im Leben, sondern im Krankenhaus oder im Heim umgeben von Technik und Apparaten.
Ein Mitarbeiter eines unserer Altenheime hat mir von einem Telefongespräch berichtet: von einer Tochter, die benachrichtet wurde über den Zustand ihrer Mutter. Die Antwort war niederschmetternd:“ Geben sie mir Bescheid, wenn alles vorbei ist“.
Viele Menschen möchten aus Angst vor dem Tod die sterbenden Angehörigen nicht begleiten.
Die ganze Problematik mit dem Sterben des Menschen hat Fedor Dostojewski gut beurteilt, der einmal sagte: „Die Sicherheit des unausweichlichen Todes und die Unsicherheit darüber, was danach folgt, ist der schrecklichste Angstfaktor der Welt“.

In all diesen Versuche - und es gibt noch andere mehr - mit der Macht des Todes fertig zu werden, kommt ein ganz neuer Klang von Ostern her: Jesus Christus hat dem Tod die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht durch das Evangelium. Das ist die frohe und überraschende Botschaft von der Auferstehung Christi.
Paulus kannte die Vorstellungen der Griechen, denn er war ja lange Zeit in diesem Land tätig. Sie waren voll Trauer, weil sie keine Hoffnung hatten. Paulus hatte auch Verständnis für die Fragen der ersten Christen. Sein Wort ist auch an uns gerichtet und möchte uns Hoffnung geben. Paulus möchte uns nicht im Ungewissen lassen über die Toten, er möchte nicht, dass wir traurig sind wie die anderen, die keine Hoffnung haben.
Er zeigt allen die in der Finsternis der Nacht des Todes sind einen Weg zum Licht. Bei der Osternacht spielt die Dunkelheit mit, sie ist das Symbol für die Sinnlosigkeit des Menschen, der ohne Hoffnung lebt.
Deswegen spricht der Apostel: „Denn wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch die, die entschlafen sind durch Jesus mit ihm einherführen“.
Unsere Hoffnung hat einen Grund in der Auferstehung des Herrn. Diese beruht nicht auf Worten, sondern auf einer Tat, auf Gottes Tat. Am Ostermorgen hat Gott das Kapitel der neuen Schöpfung aufgeschlagen.
Er hat Jesus von den Toten auferweckt. Der Kreuzestod zur Vergebung der Sünden gilt. Der Getötete wird zu den Herren aller Herren eingesetzt. Wenn Jesus als erster auferweckt wurde, dann zieht er die Seinen mit in sein Leben hinein.
Wer im Glauben auf Ostern und auf die Wiederkunft Christi blickt, der kann auch nicht im Unklaren über die verstorbenen Gemeindeglieder bleiben. Dies ist der Grund aller christlichen Hoffnung.

Martin Luther hat ein wichtiges Wort dazu gesagt: „ Wenn ich glaube, so bin ich daheim in meinem Vaterland“
Zusammenfassend können wir mit Stählin den Satz wagen: „Ohne Verwandlung, das heißt ohne Teilnahme an dem Sterben und Auferstehen Christi, gibt es keine Teilnahme an der himmlischen Herrlichkeit, darum auch keine Hoffnung“.

Der Glaube, dass Jesus lebt, war und ist für Christen ein großer Trost.
Bei schweren Anfechtungen hat Martin Luther das Wort “vivit“ mit Kreide auf seinen Tisch geschrieben. Als er nach dem Grund gefragt wurde, antwortete er:“ Jesus lebt, und wenn der nicht lebte, so begehrte ich nicht, eine Stunde zu leben. Allein weil er lebt, so werden auch wir leben durch Ihn, wie Er selber gesagt hat : Ich lebe, und ihr sollt auch leben“.
Später als Luther viele Enttäuschungen zu verkraften hatte, bestellte seine Frau Käthe einen Steinmetzmeister und gab ihm den Auftrag, an ihrem Haus ein neues Portal einzusetzen und auf dem Schlussstein im Torbogen ließ sie dieses Wort “vivit“ einmeißeln. Jeder der künftig durch das Tor ein und ausging, sollte wissen: Jesus lebt!

Wo Leben mit und in Christus ist, ist Hoffnung. Wo Le­ ben ist, verwandelt sich Traurigkeit in Freude, Finsternis in Licht, Zweifel in Hoffnung. Wo Leben ist, treten Spekula­tionen in den Hintergrund, weil feststeht, dass Jesus Christus derselbe ist - heute wie gestern und in aller Zukunft.
Ich wünsche mir und allen, die Osternacht feiern, die Erfahrung jenes Gelehrten und Professors, der freimütig bezeugen kann: „Als ich begriff, wie diese Osternacht durch die tiefste Dunkelheit der Trauer hindurch in das strahlende Licht eines von Gott geschenkten und deshalb gelingenden Lebens führt: da fing ich an, Ostern zu verstehen. Seitdem rührt nur weniges mich so tief an wie die Feier einer Osternacht.“
Wir wollen einstimmen in den alten russischen Ostergruß, der unserem Leben einen neuen Sinn und ein Ziel gibt: Christus ist auferstanden ! ER ist wahrhaftig auferstanden!
Die Macht des Todes ist besiegt und wir dürfen an diesem Sieg persönlich teilhaben.

Bischof iR.
D. Jan Szarek
Ul.Starobielska 13
PL-43-300 Bielsko-Biała
Tel./Fax +48-33- 82 21620
E-mail: j.szarek@luteranie.pl


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