Göttinger Predigten im Internet
hg. von U. Nembach, Redaktion: C. Dinkel und I. Karle

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Meditationen über Texte von Dietrich Bonhoeffer - 2006
Meditation über Dietrich Bonhoeffers „Enwurf einer Arbeit“ (WE 257-262)
Anette Foged Schultz (Dänemark)
(-> zu den aktuellen Predigten / www.predigten.uni-goettingen.de)


Weltlichkeit und Gott

Lesung: Phil. 2,5-11

DU, Mensch,
– schön und wunderbar geschaffen

Ein warmer Leib
Ein klopfendes Herz
Ein verwundbarer Sinn

Hinter dir:
ein buntes, gelebtes Leben
Augenblicke voller Gegenwärtigkeit und Sinn
UND
Zeiten in Ohnmacht
und Verzweiflung.

DU – Mensch
gestellt in ein JETZT

Heute
– liegt vor dir voller Möglichkeit des Lebens

DU – Mensch
mit einer Zukunft
– gezeichnet von Hoffnung, Sehnsucht… Furcht

Gott wurde Mensch wie DU!

„Er wurde Menschen gleich!“

Wurde ein Fötus
Mit Herz, Darmen, Beinen, Armen, Händen
Wuchs auf
Wuchs in die Welt hinein
Legte Spuren
– färbte sie für immer mit seiner Liebe und seinem Schmerz

Dein Leben hat Farbe von seinem
seine Liebe
– sein Schmerz
ruht auf dir und gibt dir Richtung und Ziel

DU bist dazu bestimmt, Ihm nachzufolgen!
Du bis geschaffen, Ihm zu gleichen!

Du sollst Wohnung nehmen in dir selbst!

So dass du für Andere dasein kannst
– wie Er für Andere dawar
– wie Er für dich daist

Man kann es mit den Worten eines Dichters sagen:

Eines ist notwendig
hier in dieser unserer schwierigen Welt
von Obdachlosen und Heimatlosen:
Wohnung zu nehmen in sich selbst
in die Finsternis zu gehen
den Ruß von der Lampe zu putzen
so dass Menschen auf den Wegen
Licht erahnen können
in deinen bewohnten Augen.

Man kann es mit den Worten eines Dichters sagen
Oder man kann es mit Dietrich Bonhoeffers Worten sagen
– Worte über das Menschsein
gestellt in die Welt
vor Gott und Mitmensch

Bonhoeffer sagt:

Unser Verhältnis zu Gott ist kein religiöses Verhältnis
zu einem denkbar höchsten, mächtigsten, besten Wesen...,
sondern unser Verhältnis zu Gott
ist im Gegenteil ein neues Leben im „Dasein-für-andere“

Nicht die unendlichen, unerreichbaren Aufgaben,
sondern der jeweils gegebene erreichbare Nächste...:

Gott in Menschengestalt!

Nicht wie bei orientalischen Religionen
in Tiergestalten,
als das Ungeheure,
Chaotische,
Ferne,
Schauerliche;
aber auch nicht in den Begriffsgestalten
des Absoluten, Metaphysischen,
Unendlichen etc. ...

Sondern der-Mensch-für-andere

Darum der Gekreuzigte!

Er
wurde Menschen gleich!
Er teilte die Bedingungen des Menschenlebens mit uns!
Er verzichtete auf seine geborgene,
sichere
erhabene Unerreichbarkeit
bei Gott

Er konnte daheim geblieben sein
aber er ging hinaus

Ging von Gott aus
um bei uns zu sein
in der Mitte des Lebens

In des Lebens reißendem
herz-klopfenden Strohm

In der Lust, dem Spiel, der Liebe,
der Freude, der Freundschaft

In der Verzweiflung, der Armseligkeit,
dem Wahnwitz und der Einsamkeit, der Ohnmacht

Von Ihm
sind wir gerufen zum Widerstand gegen alle Unmenschlichkeit
Von Ihm sind wir gerufen zu Hingebung

Hingebung an das Leben miteinander
hier und jetzt

In Ihm ist das Leben!

Deshalb soll:
jedes Knie
– in Jesu Namen –
sich beugen
im Himmel und auf Erden und unter der Erde,
und jede Zunge bekennen:
Jesus Christus ist der Herr,
zu Ehren Gottes des Vaters.


Gebet (WE 97):

Herr Jesus Christus
Du warst arm und elend, gefangen und verlassen wie ich.
Du kennst alle Not der Menschen.
Du bleibst bei mir, wenn kein Mensch mir beisteht.
Du vergisst mich nicht und suchst mich.
Du willst, dass ich dich erkenne und mich zu dir kehre.
Herr, ich höre deinen Ruf und folge.
Hilf mir!

Pastorin Anette Foged Schultz ( E-mail: afs@km.dk )

 


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