Göttinger Predigten im Internet
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3. Sonntag im Advent, 17. Dezember 2006
Predigt zu Jesaja 40, 1-11, verfaßt von Jorg Christian Salzmann
(-> zu den aktuellen Predigten / www.predigten.uni-goettingen.de)


Bereitet dem Herrn den Weg! Das hören wir im Advent. Wie aber soll ein Weg aussehen, der für die Ankunft Gottes richtig ist? Es müsste ja wohl alles vom Feinsten sein, ein glatt gepflasterter Weg, möglichst Marmor, mit Säulenhallen, hell erleuchtet, nur das Beste aus unserm Leben, der rote Teppich ausgerollt. Dann könnte Gott kommen. Die Schmuddelecken, die gekitteten Stellen, die Löcher und Risse, alles was nicht passt und glänzt, das braucht er ja nicht gleich zu sehen.

Ob Gott aber sich etwas vormachen lässt, wenn wir ihn empfangen? Wohl kaum. Denn er kennt uns ja und weiß, was mit uns los ist. Er schaut hinter die Fassaden und lässt sich durch Flickwerk nicht täuschen. Was aber soll das dann für uns heißen: Bereitet dem Herrn den Weg?

I

Es war einige hundert Jahre vor Christi Geburt. Israel hatte einen Krieg verloren, war praktisch aus der Landkarte ausradiert. Alle wichtigen Leute im Lande waren nach Mesopotamien verschleppt worden, weit weg, in die Fremde. Da hat ein Prophet die Vision, dass Gott mit diesen seinen Leuten nach Jerusalem zurückkehrt. Mitten durch die Wüste ziehen sie, niemand kann Gott aufhalten. So mächtig ist er, dass selbst die fest stehenden Berge sich verneigen und sich ihm nicht in den Weg stellen. Es gibt eine ebene Bahn, dort wo eben noch alles feindlich, unwegsam und unüberwindlich war. Bahn frei! ruft ein Herold, bereitet dem Herrn den Weg, Achtung, jetzt kommt Gott! Er befreit die Gefangenen, er macht alles gut.

Und natürlich sind es nicht die Menschen, die die Bergwüste zur ebenen Straße machen, sondern Gott selbst bahnt sich seinen Weg. Es ist sein Triumphzug, der da stattfindet. Als reiche Beute führt er alle die mit, die er befreit hat. Eine unglaubliche Vision mitten in der Gefangenschaft, als alle die Hoffnung verloren haben und niemand mehr an Rettung glaubt.

Das also bedeutet der Ruf: bereitet dem Herrn den Weg! Er heißt: Bahn frei! Jetzt kommt Gott, und niemand kann ihn aufhalten. Auf einmal aber sieht der Prophet Gott nicht mehr als den siegreichen Krieger, sondern der Triumphzug wandelt sich in den Zug einer Schafherde. Gott ist der Hirte in dieser Herde; das kleinste Lamm hält er selbst im Arm, er kümmert sich um die trächtigen Muttertiere, die nicht ganz so schnell mitkommen, er sorgt für alle. Siehe! Seht doch, so ist Gott, da ist euer Gott, er lässt euch nicht im Elend stecken, sondern er holt euch heraus und sorgt für euch.

II

Bereitet dem Herrn den Weg: seht doch, euer Gott kommt zu euch! Und er sagt: tröstet, tröstet mein Volk! Im Elend saßen sie und waren gerade dabei einzusehen, dass sie selbst versagt hatten und nicht, wie ihre Gegner meinten, ihr Gott. Da kommt dieser Gott auch schon und holt sie heraus. Der sich den Weg durch Felsenwüsten bahnen kann, der hat nichts anderes im Sinn als den Elenden zu trösten. Welch wunderbare Botschaft, das reine Evangelium.

Sie aber saßen da in ihrem Exil und meinten, der Prophet habe Halluzinationen. In einer so verfahrenen Situation - wer kann da schon helfen? Hatte Gott nicht selbst zugelassen, dass es so weit kam? Ja, wenn den Predigern zu glauben war, hatte Gott nicht selbst für ihre Niederlage gesorgt, um ihren Unglauben zu strafen? Wie soll ein Mensch auf eine goldene Zukunft hoffen, der zusehen muss, dass er das Nötigste für den Tag zusammenbekommt! Alles leere Versprechungen und Hirngespinste; da will uns jemand vertrösten und die Initiative für den Alltag rauben.

Die so denken, bekommen vom Propheten eine erstaunliche Antwort. Wenn etwas wie ein Hirngespinst ist, dann ist das euer handfester Alltag. Worauf du dich eben noch verlassen hast, das muss doch dem Tode weichen; das Menschenleben ist wie Gras, das an der sengenden Sonne verdorrt. Gott aber, von dem du nichts mehr hoffen wolltest, der dir so fern und unwirklich schien, Gott allein steht fest, sein Wort bleibt in Ewigkeit. Und das bedeutet: genau das, was dir wir eine windige Halluzination scheint, ist das Verlässlichste überhaupt. Wenn Gott sagt: ich hole euch heraus, dann geschieht das auch. Das Wort unseres Gottes bleibt ewiglich.

III

Bereitet dem Herrn den Weg, das hören wir im Advent. Mitten in der Betriebsamkeit heißt es: Bahn frei! Jetzt kommt Gott. Niemand kann ihn aufhalten. Auch durch felsige Steinwüste bahnt er sich einen Weg. Viele Hindernisse wurden und werden ihm in den Weg gelegt. Wer will in unserm Land im Advent schon etwas von Gott hören? Wer traut ihm Erlösung zu? Die Menschen leben so weiter mit ihren Sorgen und oftmals in dem Gefühl: mir kann sowieso keiner helfen. Ein Blick in die Zeitung scheint solchen Pessimismus nur zu bestätigen; wo gibt es schon einmal wirkliche Lösungen von Problemen? Es scheinen im Gegenteil nur immer neue Schwierigkeiten dazu zu kommen.

Als zu Weihnachten der Herr tatsächlich kam, da war mit dieser Ankunft auch kein Staat zu machen. Am Kreuz Jesu Christi schien dann jede nur denkbare Skepsis bestätigt. Und doch ist er der gute Hirte: seht wie er mit seiner Herde einherzieht, das kleinste Lamm im Arm; er kümmert sich um alle. Und er lässt verkündigen: tröstet, tröstet mein Volk! Keine Vertröstung ist das, sondern ein machtvolles Wort, das Trost bringt. Gott, vor dem Himmel und Erde sich neigen, hat die Seinen erlöst. Keine Wüste, kein Problem, keiner der Widersprüche dieser Welt hält ihn auf. So können wir Mut schöpfen und in diesem Advent darauf vertrauen: Gott kommt zu uns, und er wird alles gut machen - durch Jesus Christus.

Prof. Dr. Jorg Christian Salzmann, Oberursel
dr.jchr@jmsalzmann.de


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