Göttinger Predigten im Internet, hg. von Ulrich Nembach und Johannes Neukirch


Pfingstmontag
24. Mai 1999
Predigttext: Gen. 11, 1–9
Verfasser: Hans–Gottlieb Wesenick

Plattdeutsche Predigt über Gen. 11, 1–9 am Pfingstmontag

Nu harrn all de Minschen up de Eer een Spraak un brukten ok all de sülvigen Wöör.

As se nu na Ostern wannern deen, do funnen se in dat Land Sinear en Stück Sietland un setten sik dar fast. Un se seen to enanner: "Los! Nu laat uns Tegelsteen striken un Muursteen brennen!" Sodennig harrn se Tegelsteen as Muursteen un Teer as Leem. Un se seen wider: "Los! Wi wüllt en Stadt buun un enen Torm, de mit de Spitz bit na den Heven reckt! Denn hebbt wi uns en Denkmal sett un blievt tasamen un loopt nich ut'n een över de ganze Eer."

Aver nu keem Gott hendal un wull sik de Stadt un den Torm mal anseen, de de Minschen sik buut harrn. Un Gott see: "Nu kiekmal an! Een Volk sünd se, un se hebbt ok all de sülvige Spraak! Aver dat is man de Anfang vun dat, wat se vörhebbt. Dar blivt dat nich bi. Dat duurt nich meer lang, denn sett se allens dörch, watbse sik in den Kopp sett hebbt. Goot! Laat eer! Aber denn wüllt wi wat anners doon. Denn föört wi nu hendal und bringt eer Spraak so in Tiß, dat een den annern överhaupt nich meer versteit." Un so dreev Gott eer vun dar würklich över den ganze Eer ut'n een, un se müssen allens liggen laten, un ut de Stadt wörr nix.

Dorum nömt se de Stadt Babel; denn dar hett Gott ja de Spraak vun all de Minschen in Tiß bröcht und vun dar ok eer all ut'n een dreven över de ganze Eer.

Übersetzung von J. Jessen, Dat Ole un dat Nie Testament in unse Moderspraak, Göttingen 19765. (in seiner Schreibweise):

Leebe Gemeen,

reinweg ut und vörbi is dat nu mit dat Boen: de Stadt ward nich mehr ferdig, un de Tuurn reckt nich bit an' Heben ran. So lütte 90 Meter is he man bloß hoch worrn. De Herr müss sik richdig wiet na ünnen beugen, um öberhaupt to erkenn', wat de Minschen dor woll so grootmächdig opboet harrn – för em wörr dat je man jümmer noch winzig.

Man nich bloß de Boeree wör toenn' und müss Stückwark blieben, nee, nu wörr ok noch de Spraak von de Minschen dörnanner: se kunn' sik nich mehr verstahn, und se wörrn ut'nanner dräben öber de ganze Ierd.

Dat End von disse ole Geschicht is gnadenlos, leebe Gemeen. Ober möt wi uns sowat jüst to Pingsten anhörn?

Jo, dat möt wi. Nich, weil dat so de Ordnung is in uns Kark. Inne Bibel gifft dat je ok annere Geschichten to Pingsten. Een dorvon hebbt wi all hört. Ne, ik meen, jüst disse ole Geschicht, disse Urgeschicht von' Anfang inne Bibel, de möt wi hörn, weil de soveel von uns sülms vertellt, dorvon, as wi Minschen jümmer un to jede Tiet sünd. Beleevt wi nich ok jümmer we'er so'ne Saken, wie se dor vertellt warrd?

Wi fangt wat an un warrd nich ferdig: De Pullover, den du letzt Johr anfungen hest to knütten, de liggt nu jümmer noch rüm in't Schuuv – unvollendet. Und boben op steiht de Zigarrenkist mit de Urlaubsfotos; se sünd jümmer noch nich inkleevt. Dat gifft so veel, wat wir anfungen hebbt und nicht toenn bringt, ok grödere und wichtigere Saken.

Dat wi uns nich recht verstahn künnt, dat uns Spraak dörnanner is, dat beleevt wi ook. De Jungen und de Olen spreekt verschiedene Spraken. Faken hebbt se sik gor nix mehr to seggen, und welke künnt man bloß noch öbernanner schimpen. Un stellenwies blifft dat nich bi't Schimpen, weil se sik nich verstaht. Dor fleegt glieks Steen un groode Knüppels. Kannst meist jeden Dag wat von inne Zeitung lesen.

Man nich bloß dat kennt wi, dat wi uns nich verstaht un dat uns Spraak dörnanner is. Wenn wi ehrlich sünd, dann markt wi: faken wült wi jüst datselbe, wat de Minschen wult hebbt, von de uns Urgeschicht vertellt: den grooden Tuurn boen un de groode Stadt. Du glöövst dat nich?

Stimmt, wi wült je gor keen Striet! Wi wült je giern eenig ween, wült Freeden hebben – to Hus, in uns' Dörp, in uns' Stadt, in't ganze Land und öberall inne Welt. Wi wült keen Angst mehr hebben vör fremde Lüd un fremde Völer. Wi wült dat ganz gewiß nich, dat jeden Dag soveel Dusend Minschen vör Hunger starvt oder op de Flucht sünd. Alltohoop schült se noog to eten und to drinken hebben und een Dack öbern Kopp. Dat wüllt wi je all so. Und wi weet dat ok ganz genau: wenn wi uns man bloß all eenig wörrn, denn kunn dat so richdig schön und friedlich ween öberall op de ganze Ierd. Un denn geev dat ok endlich we'er Freeden op'n Balkan.

Vör öber dreedusend Johrn, as disse Urgeschicht vertellt worrn is, hebbt sik de Minschen dat wünscht, und wi wünscht uns dat hüdigendags jüst so. Jo, und jüst so het Gott sien Schöpfung doch ok hebben wullt, dorto het he se makt! Ober so isse nich bleeven. Un dorüm seukt de Minschen jümmer noch na dat verlorene Paradies un künnt dat jümmer noch nich finnen. Un se kriegt dat mit de Angst, und jümmehr Angst warrd jümmer noch gröter.

Leebe Gemeen, dorvon vertellt disse ole Geschicht, disse Urgeschicht. Se fangt an: "Dor wannern se na Osten", also de Morgensünn entgegen, op dat Licht to, weil dat bi jüm düster is, weil se jümmehr Heimat verloren hebbt, weil se Angst hebbt. Se sökt een nee, een richtige Heimat.

Un denn gaht se anne Arbeid: nu wült se sik sülms jümmehr Heimat, jümmehr Paradies boen: een groode Stadt schall dat warrn, een Stadt, de se tosamenhullt. Und inne Mitt de Tuurn, de schall jüm den Himmel dalholen, dor schüllt Himmel und Ierd tohop kamen. De besten Absichten hebbt disse Lüd, un fromm utdacht wör dat ok tomals – man bloß: dat allens hebbt se sik ohne Gott vörnahmen. Alleen wulln se jümmehr Angst öberwinnen. Se strengen sik gewaltig an, un se wüßten ganz genau: wi möt uns eenig ween, sonst loopt wie doch all we'er utenanner. Und se trout sik to, dat allens allen trechtobringen. An und för sik sünd se nich gegen Gott, ne, gor nich, ober se arbeid' und boet, as wenn dat Gott gor nich gäben dä. Und dorüm sünd se doch gegen Gott. Und dat geiht nich good.

De Urgeschicht vertellt: de Minschen dor, de schnackt man bloß noch mit sik sülms. De schnackt nich mehr mit Gott. Und wat se mit sik sülms schnackt, da geiht gegen Gott.

Ok Gott schnackt nu nich mehr mit de Minschen. Dat wör mol anners. Mit de iersten Minschen het he schnackt, ok mit Kain, de denn doch sien Broder doodslahn het, und mit Noah. Ober hier snackt de Herr man bloß noch mit sik sülms. Und wat he seggt, dat geiht gegen de Minschen, gegen dat, wat se sik vörnahmen hebbt. Und wat he nu deiht, dat bringt de Minschen ganz un gor dörnanner, jümmehr Spraak und jümmehr Leben.

Wo de Minschen ohne Gott leevt, wo se leevt, as wenn he gor nich dor wör, dor regiert man bloß noch de Angst. Dor gönnt keen een mehr den annern wat. Dor bringt sik de Minschen üm. Dor gifft dat keen Leev mehr. Dor verstaht se sik nich mehr.

Een grooten Namen harrn se sik maken wullt, de Minschen, de bloß noch mit sik sülms schnackt un nich mehr mit Gott. Se hebbt em kreegen, den grooten Namen – nun man bloß jüst anners rüm: se sünd sik nich eenig worrn. Se sünd uteenanner kamen. Se hebbt dat groode Dörnanner kreegen. Se hebbt markt: uns Leben is nich mehr heel. Wi kriegt dat mit de Angst. Wi hebbt keen Bodden mehr ünner uns Feut. Ober wi se dat marken dähn, dor hebbt jümmer noch nich an Gott dacht. Und se hebbt nich versöcht, nu doch we'er mit Gott to schnacken und em to vertroon. Ne. Jümmehr Angst hett jüm nu grad ierst von Gott wegjagt. Und je heuger so rup wulln, ümso deeper is de Afgrund worrn, in den se rinfallen müssen.

Ierst dit End let jüm gewohr warn, womit se eeintlich anfangen schulln: aflaten von jümmehrn Öbermout, dat se jümmehr Angst alleen öberwinnen kunnen, und Gott totroun, dat he to siene Minschenskinner hullt, egal, wat kummt.

De uns disse Urgeschicht glieks an' Anfang vonne Bibel opschreeben het, de het uns Bescheed seggen wullt. He wull uns een Antwurt geben op de Frag: Wovon leevt de Minsch? Kann he von Angst leben? Ne. Sien Leben finn't he, wenn he von Grund op Gott vertrout.

Wo Minschen gleuvt, se wörn nu meist bit boben an' Heben langt, dor stigt Gott ganz deep ünner sik rünner, dormit he öberhaupt sehn kann, wat de Minschen dor denn woll so makt. Niemols sünd wi Minschen und uns Wark för Gott sien Oogen so lütt, so winzig, so schedderig, as wenn wi gleuvt, wie künnt ohne Gott leben und ganz alleen, ohne Gott mit uns Angst und uns Sorgen und uns Plagen ferdig warrn.

Ober groot is de Minsch vör Gott, wenn he Gott vertrout. Denn steiht he dor wie Abraham ünner de Steerns an nächtlichen Heben, und denn kann he een Segen warrn för annere Minschen.

Leebe Gemeen, jüst dat will Pingsten uns seggen. An Pingsten tomals in Jerusalem, dor is je ok de annere Geschicht passiert: dor hebbt sik de veelen Minschen ut all de verschiedenen Länner und mit jümmehr ganz verschiedene Spraken op eenmol verstahn! Dor hebbt se markt: wi all gleuvt an Gott und an Jesus Christus, un dorüm hört wi tosamen. Gott hullt to uns. Dorüm bruukt wi ok nich bang to we'en. In Jesus Christus is Gott nu ganz deep to uns dalkamen, un mit sien heiligen Geist is he jümmer bi uns. Dat is so, as wenn nu jeder Minsch Gott in sik het as een Füerflamm. Un nu versteiht he sik sülms un ook de annern Minschen. Un wat he seggt, dat is würkli ja und würkli nee; dor warrd nix mehr verdreiht.

Leebe Gemeen, nun blifft uns man bloß noch dit: dat ok wi Gott löövt un em dankt dorför, dat he to uns hullt mit sienen Geist, dat he sülms de Minschen tohoop bringen will, de dat von alleen je nich künnt.

Un denn künnt wi de Geschicht von den Tuurn un de groote Stadt neet vertellen, villicht so:

"Wi Gott den lütten Tuurn un de Stadt sehg, dor füng he an to lachen. De wült sik doch woll nich inmuern, dach he bi sik. Weet de denn gor nich, dat miene Welt noch veel grööter is, dat veel mehr maken künnt, wenn wi dat tohop makt?

Und denn sä he: Ik will jüm helpen, dat se miene Schöpfung noch veel beter verstaht! Mien Söhn, Jesus Christus, de schall jüm dat wiesen. Un denn schült se utteihn in de ganze groode, wiede Welt un schült von mi vertelln öberall, wo se hinkamt. Un se schült öberall vertellen: Minschen, de op Gott vertroot, de bruukt keen Angst to hebben. De künnt sik freun öber mi un de Welt und künnt ok mit helpen, dat Minschen sik verstaht und dat se tohop finn't, dat se sik von Gott sien Leev tohop bringen laat."

Disse nee Geschicht, leebe Gemeen, de wült wi nu ok all wietervertelln. Denn kann se so gahn:

De Olen un de Jungen, de schnackt we'er miteenanner. De Mudder un de Dochter, de Jung un de Vadder, de hebbt sik wat to vertellen. Politiker hebbt dat nich mehr nöödig, de annern schlecht to maken; se fragt nich toierst, wi se anne Macht blieben künnt, sondern se fragt toierst na de Minschen, wat de nöödig hebbt und wie sie jüm dorto helpen künnt, ohn' dat se to veele annere Minschen weehdoon möt.

Sone neen Geschichten von Pingsten, leebe Gemeen, un noch veele annere, de möt wi nu jeden Dag wietervertellen. Jedeneen von uns bruukt Gott dorbi, un sien heiligen Geist het he uns schickt, weil de uns dorbi helpen will un kann. Amen.

Pastor i. R. Hans–Gottlieb Wesenick, Stauffenbergring 33, 37075 Göttingen

Tel. 0551/2099705, Fax 2099708, e-mail: H.-G.Wesenick@t-online.de


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