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2. Staffel (Februar bis Juni 2022)

Von Ordnung, Chaos und Verantwortung: Thomas Krüger über Schöpfungsmythen und die Stellung des Menschen in der Welt

Folge 23 (17.6.2022)

War am Anfang der Urknall, göttliches Handwerk oder doch ein Kampf gegen riesige Meeresungeheuer? Über den Ursprung der Welt denken die Menschen schon seit tausenden von Jahren nach, auch weil damit ganz grundlegende Perspektiven auf Welt und Wirklichkeit verbunden sind. Thomas Krüger erzählt in der letzten Podcastfolge dieser Staffel von Anfängen und Potenzialen, von kooperativen und direktiven Schöpfungsstilen, von Traditionen und der Aktualität uralter Texte. Er erklärt, warum die biblischen Schöpfungsmythen die Menschen zum respektvoll Umgang mit der Welt auffordern und inwiefern das Leben mehr als die faktische Wirklichkeit umfasst. Ausserdem denkt er darüber nach, wie man sich Gott vorstellen kann, wenn man Evolution ernst nimmt, und ob es ein Problem ist, wenn man niemanden hat, bei dem man sich über die Welt beschweren oder für ihre Schönheit bedanken kann.

 

Von selbstgewählter Armut bis zur Wahrheit der Anderen – Pater Laurentius Höhn über das Leben im Dominikanerorden

Folge 22 (3.6.2022)

Armut, Gehorsam und keusche Ehelosigkeit usque ad mortem, bis zum Tod: Der damit verbundene Verzicht eröffnet die Freiheit, sich anderen Menschen mit grösserer Aufmerksamkeit zuzuwenden, davon ist Pater Laurentius überzeugt. Im Gespräch erklärt der Novizenmeister, warum Kuscheltiere in der Mönchszelle nicht zu einem reifen Ordensleben beitragen und weshalb der Nachwuchs der Dominikaner heute eher aus Vietnam und als aus Polen kommt. Ausserdem spricht er darüber, wie wichtig der Blick auf die Wahrheit der Anderen ist, um die Welt gemeinsam im Sinn eines guten Humanismus gestalten zu können und was die «Auffahrt» vor Pfingsten bedeutet.

 

(Am Katholikentag 2022 wurde ein kurzes Video von Pater Laurentius Höhn und Erzbischof Jean-Paul Vesco – den Höhn im Gespräch erwähnt – aufgezeichnet. Sie finden es hier.)

 

Sex oder kein Sex? – Bruno Biermann über Interpretation und Funktionen antiker Stempelsiegel

Folge 21 (20.5.2022)

Männer sind erfolgreich - Frauen tragen Schmuck? Anhand von bis zu 4000 Jahre alten Siegeln wird im Gespräch mit hartnäckigen Vorurteilen aufgeräumt. Ausserdem geht es darum, dass Daumennagel-kleine Darstellungen von Sex einst Dämonen abwehren sollten und dass der Verlust eines winzigen Siegels seine Besitzer:innen teuer zu stehen kommen konnte. Bruno Biermann ist Mitglied eines Forschungsprojektes, das sich antiken Stempelsiegeln aus dem Gebiet des heutigen Israel, Palästina und Jordanien befasst. Er erklärt wie Perspektiven von Wissenschaftler:innen den Blick auf ihren Forschungsgegenstand prägen und inwiefern eine digitale Datenbank zu neuen Forschungsergebnissen führen kann.

 

Sakralisierung russischer Politik? – Sebastian Rimestad über die Orthodoxen Kirchen in Russland und der Ukraine

Folge 20 (6.5.2022)

Die Vorstellung, dass Staat und Kirche, Politik und Religion eng zusammengehören, ist nicht neu, sondern ein Narrativ mit alten Wurzeln im oströmischen Reich. Die «Sakralisierung russischer Politik», die im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine immer wieder thematisiert wird, ist eine Konsequenz dieses alten Narrativs, wie der Religions- und Politikwissenschaftler Sebastian Rimestad erläutert. Im Gespräch mit Dorothea Lüddeckens geht er zudem den Fragen nach, was es heisst, «orthodox» zu sein, wie es um die politische Loyalität der Kirchen in Russland und in der Ukraine steht und wieso Statistiken zur Religionszugehörigkeit mit Vorsicht zu geniessen sind.

 

Blinde Flecken der Theologie – Sabrina Müller über die fehlende weibliche Perspektive und Theologien von unten

Folge 19 (22.4.2022)

Kritischer Blick auf die eigene Disziplin: Sabrina Müller, selbst Praktische Theologin und Geschäftsleiterin des Universitären Forschungsschwerpunktes «Digital Religion(s)», macht auf den «bias», auf Verzerrungen aufmerksam, unter anderem bei «deutschsprachigen, weissen, männlichen Praktischen Theologen». Sie selbst fordert auch weibliche, Trans- und nicht-europäische Perspektiven ein, erzählt vom Potential religiös gedeuteter Erfahrungen und will «Theologie von unten», die empowert – mit und ohne Dämonen.

 

Es ist vollbracht – Karfreitag zwischen historischen Fakten und theologischer Deutung mit Jörg Frey

Folge 18 (8.4.2022)

Die Kreuzigung Jesu diente nicht der Satisfaktion eines beleidigten, zornigen Gottes und war auch kein kultisch-religiöser Akt. Jörg Frey, Professor für Neutestamentliche Wissenschaft mit dem Schwerpunkt antikes Judentum, zeichnet einflussreiche Narrative und Denkfiguren nach, erläutert die historischen Hintergründe und die politische Gemengelage und bietet zudem eine theologische Deutung. Dabei argumentiert er gegen Missverständnisse und fatale antisemitische Klischees.

 

Islam der Selbstverständlichkeit: Rap und Religion mit Andrea Suter

Folge 17 (1.4.2022)

Bismillah. Musiklabels, die während des Ramadans geschlossen sind, Musik, die davon erzählt, wie die Hinwendung zum Islam zur positiven Lebenswende führt, Musik, die von Politiker*innen für gewaltsame Unruhen verantwortlich gemacht wird – um das geht es im Gespräch mit Andrea Suter vom Religionswissenschaftlichen Seminar. Sie erklärt, wie die Figur des Rappers zum symbolischen Sammelbecken für das postkoloniale Frankreich wurde, und berichtet von Rappern, die ganz selbstverständlich darüber diskutieren, ob es «haram» (verboten) ist, Hunde zu kaufen.

 

Von Tyrannenmord und guten Mächten: Dominik Weyl über den Theologen Dietrich Bonhoeffer

Folge 16 (18.3.2022)

Gibt es eine Verantwortung schuldig zu werden? Der Theologe Dominik Weyl spricht mit Bezügen zum Krieg in der Ukraine darüber, welche Vorstellung von Gott für Bonhoeffers Denken entscheidend war, was er über das Töten dachte, warum Freiheit immer nur in Beziehung zu verstehen ist und vom Wunsch, Tyrannen aus der Szene zu nehmen. Dietrich Bonhoeffer hat den kirchlichen und politischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus nicht nur theologisch durchdacht, sondern ihn auch aktiv mitgetragen – und wurde dafür im April 1945 im KZ Flossenbürg hingerichtet.

 

Von gleissendem Licht und Lebensfilm: Jens Schlieter über die Deutung von Nahtoderfahrungen

Folge 15 (4.3.2022)

In unmittelbarer Todesnähe machen Menschen tiefgreifende Erfahrungen ganz unterschiedlicher Art: Sie werden durch einen Tunnel gesaugt, wandeln über paradiesische Wiesen, beobachten von aussen, wie ihr Körper wiederbelebt wird, oder sehen in rasender Geschwindigkeit ihren eigenen Lebensfilm rückwärts vor sich ablaufen. Jens Schlieter, Religionswissenschaftler und Tibetologe an der Universität Bern, spricht über die Geschichte solcher Nahtoderfahrungen, über ihre unterschiedliche Gestalt in verschiedenen Kulturen und davon, wie sie aus wissenschaftlicher Sicht interpretiert werden können.

 

Von Wach- und Traumvisionen: Simon Peng-Keller über das Sterben als spirituelles Ereignis mit medizinischen Implikationen

Folge 14 (18.2.2022)

Sterben ist nicht nur mit Trauer und Verlust verbunden, sondern ermöglicht auch Momente stiller Fröhlichkeit und zeitloser Präsenz. Simon Peng-Keller, Professor für Spiritual Care an der Theologischen Fakultät der Universität Zürich, berichtet von seinen empirischen Untersuchungen zu den visionären Begegnungen Sterbender und plädiert für einen Perspektivenwechsel: Nicht die dominante medizinische Aussensicht auf den Tod sei letztlich zentral, sondern das spirituelle Erleben der Sterbenden am Übergang in einen anderen Lebensmodus. Zuversichtlich stimmen dann nicht nur die Besuche von geliebten, längst verstorbenen Haustieren am Totenbett, sondern auch das letzte Staunen von Steve Jobs.