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ISSN 2195-3171

Konfirmation, 2009

Predigt zur Konfirmation 2009, verfasst von Frank Thomas Brinkmann

Am Ende der Woche stand das große Zittern an. Aufgeregt liefen sie in der Kabine hin und her, am Freitag abend, wenn das Spiel für Samstag angesetzt war, sonst eben ein Tag später oder ein Tag früher. Die Zeremonie aber war stets die gleiche: Mit ruhigem, ernsten Ton rief der Trainer seine Truppe herbei, scharte sie um sich, hatte manchmal auch eine Tafel unter dem Arm oder so eine ... Flip Chart neben sich, mit Kreisen, Pfeilen und Strichen draufgemalt. Dann baute er sich auf vor ihnen, holte tief Luft.... und erklärte, worauf es ihm in den vorangegangenen Trainingseinheiten besonders angekommen war. Bei einzelnen Spielern, bei größeren Blöcken, etwa dem defensiven Mittelfeld. Und natürlich auch bei der ganzen Mannschaft. Dann setzte er eine noch ernstere Miene auf und erläuterte einzelne Spielzüge. Standardsituationen. Schwächen, Stärken, und so weiter. Was so alles passieren kann in 90 Minuten. Am Ende seiner „spielphilosophischen Plauderstunde", wie er es nannte, gab er die Mannschaft bekannt. Und zum Schluß, kurz vor dem Spiel, da sagte er immer: „Ihr wisst alles und könnt alles. Nur zeigen müsst ihr es auch.... Los jetzt. Spielt um euer Leben!"

 

Wer Fussball spielt, kennt das, Ihr Lieben. Wer nicht Fußball spielt, kann es sich vorstellen: Du hast Dich gut vorbereitet auf etwas. In der Theorie studiert, in der Praxis trainiert. Gelesen und gelernt, auswendig gekonnt und runtergerasselt. Du weißt, was der Trainer von Dir erwartet, die Lehrerin in der Schule, auch der Pfarrer im Unterricht. Und wenn nicht der, dann doch bestimmt einige von denen, die Sonntags immer in der Kirche sind und sich so grimmig-vorwurfsvoll nach Euch umdrehen, wenn ihr Euch während der Predigt unterhaltet oder die Lieder nicht mit singt. Tja, was soll ich Euch sagen, die sind heute auch wieder da. Gehören übrigens genauso dazu wie die Zuschauer im Sportstadion, die den Elfmeter immer besser hätten schiessen können oder die Aufstellung zehnmal besser hinbekommen hätten als der gesamte Trainerstab. Aber egal, oder? Wir waren ja bei einer ganz anderen Sache...

 

Du kannst was. Du weist was. Egal, ob Du zum Gymnasium gehst oder zur Realschule, zu Haupt- oder zur Gesamt, egal, ob Du Last gehabt hast beim Lesen der Arche Noah-Geschichte ganz am Anfang oder ob Du die Lutherrose nicht so perfekt hast nachmalen können mit all den Farben, egal, ob Du die Evangelisten in die richtige Reihenfolge bringst oder bei den 12 kleinen Propheten an die 10 großen Gebote denken musst - EINES weißt Du ganz sicherlich: Dass Du ein ganz, ganz besonderer Mensch bist, auf den Gott seine Hand gelegt hat. Dass Du von einer guten, großen himmlischen Macht gewollt bist und beschützt wirst, einer Macht, von der Jesus gesagt hat „Sagt doch einfach Papa oder Vater zu ihr!" Das weißt Du schon mal!

 

Ja, und Du kannst auch was, hast bestimmt die eine oder andere Kleinigkeit drauf, die wir Euch hier beibringen wollten - oder die Du selber hier reingebracht hast: Vielleicht kannst Du andere zum Lachen bringen. Eine tolle Gabe, wenn man bedenkt, wie viele Menschen traurig sind. Oder Du bist eher der ruhige Typ, so ein Zuhörer. Auch das ist ein großartiges Ding, das kann nicht jeder, und es ist so wichtig, jemanden zum zuhören zu finden. Einige von Euch sind musikalisch, andere können sich toll anziehen und richtig schick machen, so dass es eine Freude ist, Eure Freude am Leben zu sehen. Hat Jesus ja auch zum Thema gemacht, wie ihr wisst.

 

Überhaupt habe ich das Gefühl, dass er mit vielem, was er so gesagt hat damals, exakt Euch gemeint hat. Aber darüber haben wir ja schon oft geredet... Nur noch nicht über diese merkwürdigen Sätze, über die heute zu predigen ist; da lesen wir von Jesus bei Matthäus im 7. Kapitel, wie er sprach:

 

Geht hinein durch die enge Pforte. Denn die Pforte ist weit, und der Weg ist breit, der zur Verdammnis führt, und viele sind's, die auf ihm hineingehen. Wie eng ist die Pforte und wie schmal der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind's, die ihn finden! Sehr euch vor vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe. An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.

 

Macht es euch erstmal nicht so schwer. Stellt Euch vor, das wären die letzten Worte Eures Trainers, bevor das Spiel losgeht. Und ein bisschen ist es ja so, denn die Zeit der „Konfirmationsvorbereitung", wie unser Training - ich meine, unser Unterricht - so schön heißt ... die Zeit ist jetzt, heute, vorbei. Konfirmiert sein bedeutet so etwas wie „fertig sein", die Ausbildung abgeschlossen zu haben. Kurz davor zu sein, in das wahre Leben zurückzugehen und mit dem, was man mitbekommen hat, sein „Spiel des Lebens" zu wagen.

Was macht man da am Besten? Wie fängt man es an? Macht es so wie alle anderen, fallt nicht auf, passt euch an um jeden Preis - ist es das, was Euch Euer Trainer Jesus hier zuruft? Nein, im Gegenteil: Wo viel los ist, verliert man die Übersicht! Wer das tut, was die Masse auch tut, hat keinen eigenen Charakter. Wer unter vielen verschwindet, kann nichts Besonderes sein! Wer sich mitreißen lässt, geht unter, ohne es zu merken. Wer aber aneckt auf engem Wege, der spürt wenigstens auch, dass er noch da ist! Macht es Euch nicht zu bequem! Wer etwas Besonderes sein will, muss auch besondere Wege gehen!

 

Das Tor ist groß, der Weg ist breit
Zum Wandern hast Du alle Zeit
Du musst Dich nicht mal schinden
Willst Du zum End nur finden.
Doch soll dein Leben wertvoll sein
Vermeide Trägheit, falschen Schein:
Die Pfort ist eng, der Weg ist schmal.
Zum Leben führt er allemal.

 

Wer von Euch Jungen und Mädchen - oder von Euch, liebe Eltern, liebe Angehörige, liebe Gäste - den Indiana Jones kennt...? Ich kenne ihn. Und ich finde besonders die Stellen in seinen Filmen besonders spanend, in denen er gerade nicht das Alltägliche tut, das, was die Gierigen tun, die Verbrecher, die Hinterhältigen, die Bösewichte: Die suchen sich nämlich unter allen Bechern den Goldenen aus - und ersticken daran, während Indiana Jones aus dem einfachen Tonkrug das Wasser der Lebens schlürft. Und die gehen auch durch die prachtvollen, breiten Pforten, weil sie denken, es stünde Ihnen gut zu Gesichte, wie die Könige umherzustolzieren. Indiana Jones nimmt die kleine Tür am Seitenschiff, den Dienstboteneingang, den staubigen, schmalen Pfad - und kommt am Ende dort an, wo es ihn schon immer hingetrieben hat - während sich die anderen auf Prachtstrassen verlaufen Und so ist es glaube ich gemeint: Die besondere Magie in den Indiana Jones Filmen verschmilzt mit den Worten Jesu zu jener besonderen Lebensweisheit: Verlass Dich auf den Herrn, Deinen Gott, er wird dich wohl geleiten. ER gibt dir auch die richtige Sichtweise, die Fähigkeit, Menschen nicht an ihrem äußerlichen Schein zu beurteilen, sondern sie zu verstehen: Erkennt sie an ihren Früchten, fügt Jesus seinen Gedanken noch weitere, wichtige hinzu: Erkennt die Menschen an den Früchten, seht sie Euch richtig an. In Schafskleidern kommen oftmals die Wölfe, oder wie man es Euch vielleicht schon auf Euren Schulen verraten hat: Es sind die Drogendealer, die sich mit den coolsten Klamotten schmücken, und eh man sich versieht, wird man in ihren Reihen zerrieben und in ihren schmutzigen Händen zerquetscht...

 

Liebe Eltern: Nicht um Textilschelte soll es gehen, sondern um Perspektivenkritik. Wer von Gottes Reich spricht und das wahre Leben zum Thema macht, darf die Dresscodes dieser Welt kennen, die Sitten, Gebräuche, Gepflogenheiten, die Benimmregeln und alles, was dazu gehört - aber wer von Gottes Reich spricht und das wahre Leben zum Thema macht, muss die Regeln dieser Welt auch durchschauen und sie bisweilen brechen. Um andere Werte dagegen zu halten. Wenn der Trainer zu Dir sagt: „Geh jetzt, und spiel um Dein Leben!" - dann musst Du zeigen, was Du bei ihm und von ihm gelernt hast. Denn Deine zukünftigen Gegner heissen Elend, Traurigkeit, Not, Tod, Herzenhärte, seelische Grausamkeit, Eitelkeit, Einsamkeit, Verzweiflung, Überheblichkeit und Vergessen. Diese Elf bilden die gegnerische Mannschaft. Sie haben auffällige Trikots und verstehen es, dich reinzulegen, zu täuschen und fertigzumachen. Aber wenn Du Dich einmal dafür entschieden hast, durch den engen Kabinengang aufs Spielfeld zu laufen, während die anderen den breiten Aufmarsch an der Presse vorbei wählen - und Du Dir dann klar darüber wirst, dass Du in Jeesu Mannschaft spielst - dann kannst Du nur gewinnen.

 

Amen



Prof. Dr. Frank Thomas Brinkmann
Ruhr-Universität Bochum
E-Mail: drftb@aol.com

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