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ISSN 2195-3171

kirchenjahreszeitlich, 2011

Liedpredigt zu Himmelfahrt
Geh´aus, mein Herz, verfasst von Joachim Ringleben

Liebe Gemeinde!

Ja: Geh’ aus, mein Herz ... das ist die Stimmung, die motiviert, nach Bursfelde zu kommen. Schon die Fahrt durchs Niemetal mit seinem frischen Grün und dem Flüsschen an der Seite ist eine Vorbereitung auf die Schönheit dieses Ortes, dieser Kirche und des Gottesdienstes hier. Der Weg hierher, er ist bereits wie ein Stück natürlicher Theologie.

Weil es darum in P. Gerhardts einzig-schönem Frühlings- und Sommerlied geht, so erklärt sich, dass es hier immer wieder gerne und so passend gesungen wird.

I

„Geh’ aus, mein Herz, und suche Freud“ - das spricht an einem solchen Tag vom Aufbruch ins Freie und von der Freiheit, nach der jedes Herz sich sehnt. Sie fängt schon an mit dem Aufbrechen, dem Hinausgehen und Suchen solcher Freude in festlicher Gelöstheit und Freiheit vom Alltag. Wer das mitbringt, der wird sie auch finden, die Freude und die Freiheit, die der Glaube uns schenkt.

„Geh’ aus, mein Herz“ - das geschieht bereits, als P. Gerhardt 1653 diesen „Sommer-Gesang“ dichtet. Indem er seinem Erleben des Frühlings und der Natur Ausdruck gibt, geht er sprechend, singend aus sich heraus, öffnet sein Herz dichtend und fromm für die Schönheit der Jahreszeit, und wir tun es ihm nach, eben wenn wir das Lied nachher singen. Dabei geht auch unser Herz ganz aus sich heraus.

Alles ist in diesem Liede und in unsern Herzen erfüllt von „dieser lieben Sommerzeit“ - warum sie so „lieb“ ist, werden wir noch hören - und von „der schönen Gärten Zier“, die wir in den letzten Wochen allüberall zu sehen bekommen. Wer hinausgeht, der bekommt es zu sehen, „wie sie mir und dir / sich ausgeschmücket haben“. Mir und dir, uns allen; d. h. für uns verschenken sie ihre Schönheit, und all’ dies Schöne in der Natur ist da, damit wir es anschauen und erleben. Es hat sein Sein „für uns“; es will uns ansprechen, enthält eine Anrede, eine Botschaft für uns: die Natur als Sprache und Verkündigung.

Gott und die Natur - für unsere Erfahrung: das ist das große Thema dieser Lieddichtung; eine dichterische Naturtheologie. P. Gerhardt hat in das unbeschwerte, reine Freude verströmende Lied eine ganze Theologie hineinverwoben; sie ist mit vielen Anspielungen in dieser barocken Dichtung verborgen, die sich doch ganz unmittelbar genießen und aus vollem Herzen mitsingen lässt. Das ist große Kunst, zumal im Religiösen, die am Ende wieder ganz einfach erscheint.

Natürlich ist es ein einziges Loblied auf die Schöpfung und ein überschwänglicher Preis und Jubel über die Schönheit von Gottes geschaffener Welt. Daran sollen wir uns erfreuen, darum wird sie uns in nicht enden wollender Vielfalt vor Augen gemalt, und wir teilen diese Freude im Singen des Liedes mit seiner mitreißenden Melodie.

Von Gottes guter Schöpfung dichtet P. Gerhardt, und wir erleben mit, wie unausdenklich reich und zukunftsträchtig sie ist.

Es geht um die Freude „an deines Gottes Gaben“, wie die Augen des Glaubens sie wahrnehmen. Diese Formulierung von „Gottes Gaben“ sollte man nicht zu harmlos-selbstverständlich nehmen. Denn mit den Gaben Gottes hat es eine besondere Bewandtnis. Im Großen Katechismus schreibt Luther zum 1. Art. „Von der Schöpfung“, dass „Gott uns alle Kreatur zu Nutz und Notdurft des Lebens dienen lässet, Sonne, Mond und Sterne am Himmel, Tag und Nacht, Luft, Feuer, Wasser, Erde und was sie trägt ..., Vögel, Fisch, Tier, Getreide und allerlei Gewächs“. Das ist die Theologie, aus der heraus P. Gerhardt hier dichtet. Aber mehr noch hat es mit diesen „deines Gottes Gaben“ auf sich; Luther sagt abschließend: „Denn da sehen wir, wie sich der Vater uns gegeben hat sampt allen Kreaturen ...“ (BSLK 649 u. 650).

Liebe Gemeinde, Sie haben richtig gehört: Luther meint, dass in allen geschöpflichen Gaben, wie sie für uns da sind, dass darin Gott selber sich mit seinem Leben an uns weitergibt. Die Schöpfung als ein Sich-Geben Gottes für uns. Ihm und dem Geheimnis seines Lebens begegnen wir, wenn wir vom Neuerwachen der Natur, von ihrem Erblühen und Fruchttragen, wenn wir von ihrem unerschöpf­lichen Reichtum und von ihrer Schönheit berührt und begeistert sind.

II

Die 2. Strophe malt aus, wie die Erde sich nach winterlicher Öde verwandelt und erneuert: „Die Bäume stehen voller Laub, / das Erdreich decket seinen Staub / mit einem grünen Kleide“. Das frische Gras und das unwahrscheinliche Grün des Frühlings erfreuen auch heute unser Herz. Und ebenso die Schönheit der Blumen, von denen dann die Rede ist.

So kündigt alles die „liebe Sommerzeit“ an. Freilich wissen wir nur allzu gut, dass unsere heutige Sommerzeit nicht durchaus „lieb“ ist; die politischen Ereignisse in der Welt um das Mittelmeer oder die Katastrophen von Japan und den USA und die Seuche bei uns dringen täglich an uns heran. Aber darf man deshalb sagen, wie der Philosoph Adorno: „Noch der Baum, der blüht, lügt in dem Augen­blick, in welchem man sein Blühen ohne den Schatten des Entsetzens wahrnimmt; noch das unschuldige Wie schön wird zur Ausrede für die Schmach des Daseins, das anders ist ...“ (Min.Mor. 21)? Das ist krass geredet; aber wir verstehen wohl, dass ein Überlebender der Shoa den „Schatten des Entsetzens“ nicht loszuwerden vermochte. Wir verstehen die äußerste Sensibilität, mit der ein von der Judenvernichtung lebenslang Traumatisierter auch in der blühenden deutschen Landschaft an die Viehwaggons denken muss, die, vollgepfercht mit Menschen, diese in die Vernichtungslager abtransportierten.

Andererseits kann man gerade P. Gerhardt keine enthusiastisch-gedankenlose Verklärung der sommerlichen Natur vorwerfen. In seinem Leben fehlte es wahrlich nicht an Schwerem und Schmerz­lichem, und unser schönes Lied ist ja nach dem Ende des 30-jährigen Krieges gedichtet, den er ganz miterlebt und mit durchgemacht hatte. Aber was Gott tut und getan hat und was das irdische Leben mit sich bringt, das sind für ihn zwei Dinge. Auch in diesem Freuden- und Loblied ist das Schreckliche nicht vergessen; so ist in Strophe 9 von „der armen Erde“ (v. 3) und dann später von „dieses Leibes Joch“ durchaus die Rede.

Es muss und darf Raum sein für ein reines Gotteslob - trotz dessen, was sonst schwer und dunkel sein mag. Es ist doch einfach wahr, dass alles so schön ist, wie das Lied es sagt, und dass Gottes Schöpfung an sich gut ist und dass jeder von uns täglich Grund zu Dank und zu Lob hat.

Wenn es heißt: „Narzissus und die Tulipan, / die ziehen sich viel schöner an / als Salomonis Seide“ (v. 4-6), so folgt der Blick des Dichters nur dem Blick Jesu selber in die Natur. Indem Jesus dazu auffordert: „Schauet die Lilien auf dem Felde, wie sie wachsen ... Ich sage euch, daß auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht bekleidet gewesen ist wie derselben eine“ (Mt 6, 28f), so hat Jesus selbst die blühende Natur genauso betrachtet und verstanden: als Manifestation von Gottes Schöpfergüte.

Die hier genannte Tulpe oder Tulipan, das ist natürlich die emblematische Blume des Barock, zeitweise unvorstellbar kostbar.- Mit der Narzisse hat es eine tiefere Bewandtnis. Sie ist Symbol des erwachenden Frühlings der wiederkehrenden Lebenskraft der Natur. Der christliche Glaube schaute in der Narzisse vor allem Christi Sieg über den Tod an, den Triumph des ewigen Lebens, wovon das Lied am Schluss reden wird.

III

Dem Erwachen pflanzlichen Lebens entspricht das Sichregen und Sichvermehren der Tiere, wie es die Strophen 3-6 feiern.

Als erstes die Lerche; mit ihrem in den Himmel aufsteigenden Jubilieren ist sie ein lebendiges Zeichen und spricht für sich selber. Dann das „Täublein“, das aus dem Winterversteck in die lichten Wälder übersiedelt. Mit der poetischen Nennung der Taube ist zart an die Überlieferung erinnert, nach der die weiße Taube für die Seele in ihrer Reinheit steht. Seit der Taufe Jesu ist die Taube die Gestalt des heiligen Geistes (Mt 3, 16), mit der sich auch Liebe und Friede verbinden.

Dann „die hochbegabte Nachtigall“ (3, 4), deren alles erfüllender Schall im frommen Sinn als Lob­preis Gottes gegolten hat. Sie war immer etwas Besonderes in der Vogelwelt, und schon seit dem 13. Jahrhundert war es verboten, sie zu fangen und im Käfig zu halten.- Was wäre unsere ganze Lyrik und Dichtung ohne die Nachtigall und ihren schmelzenden Liebesgesang! Nicht nur das Menschenherz „ergötzt“ sie mit ihrem Schall, sondern nach P. Gerhardt lauschen ihr sogar „Berg, Hügel, Tal und Felder“ - die Schöpfung hört sich, tief entzückt, selber zu.

„Geh’ aus, mein Herz ...“ dieser Aufforderung an uns sind die lebendigen Kreaturen längst gefolgt: „Die Lerche schwingt sich in die Luft, / das Täublein fleugt aus seiner Kluft“ (Str. 3), „Die Glucke führt ihr Völklein aus“, und Hirsch und Reh, die springen durch die Auen (Str. 4).

„Die Glucke führt ihr Völklein aus“ - das ist eine reizende Szene ländlicher Idylle, aber bei weitem nicht nur das. Das zutrauliche Bild ist theologisch aufgeladen. Denn Jesus hat Jerusalem zugerufen: „wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne versammelt ihre Küchlein unter ihre Flügel“ (Mt 23, 37; Lk 13, 34). So wird die Henne zum Bilde für die Fürsorge Gottes; und insbesondere Luther hat immer wieder die väterlich-mütterliche Liebe Christi daran veranschaulicht, dass er uns in seiner Barmherzigkeit wie eine Glucke unter ihre Flügel nimmt (WA 10I/1, 121. 283 u. ö.); denn unter dem Schatten seiner Flügel haben wir endgültig Zuflucht (Ps 57, 2; 63, 8).

Die wichtigste biblische Stelle ist dann Ps 84: „Meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen des Herrn; Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott. Denn der Vogel hat ein Haus gefunden und die Schwalbe ihr Nest, da sie Junge hecken kann“ (v. 3f). So singen wir mit P. Gerhardt: „der Storch baut und bewohnt sein Haus, / das Schwälblein speist die Jungen“. Wenn der schnelle Hirsch erwähnt wird, so fällt wohl jedem der Psalmvers ein: „Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir“ (Ps 42, 2). Jesaja verheißt, dass die Lahmen wieder springen werden wie ein Hirsch, wenn das Heil kommt (Jes 35, 6).

Und so immer weiter in P. Gerhardts „Sommer-Gesang“. Da ist in der 5. Strophe, die hier nicht abgedruckt ist, von Schafen und ihren Hirten die Rede (v. 6); das mag an Christus erinnern, den guten Hirten (Joh 10, 12 u. 14).

In der 6. Strophe wiederum heißt es: „Des süßen Weinstocks starker Saft / bringt täglich neue Stärk und Kraft“ (v. 3f). Der griechische Weingott Dionysos wird abgelöst durch Christus, den wahren Weinstock, dessen Reben wir sind (Joh 15, 1ff).

Der Wein bedeutet Fülle und Lebensfreude. Wenn man nun weiterliest, so folgt ein dankender Lob­preis (Str. 7): „Der Weizen wächset mit Gewalt; / darüber jauchzet jung und alt / und rühmt die große Güte“ (v. 1f). Wir denken nicht nur an das tägliche Brot, sondern auch an den, der das Brot des Lebens ist (Joh 6, 31). Und die Zusammenstellung von Brot und Wein weist voraus auf das christliche Abendmahl, das Lebensmittel des Glaubens (cf. Ps 104, 14f).

Das alles ist erst recht Grund zum Jubel und zum Rühmen seiner Liebe zu uns Sündern. Gottes Güte, das ist sein absolutes Gut-Sein; P. Gerhardt hat das versteckt in dem Wort vom „überfließend“ Laben. Denn seit alters wird das Gute definiert als das sich selbst Verströmende (bonum diffusivum sui; cf. Gr.Katech., aaO. 565, und Jak 1, 17).

IV

„Ich selber kann und mag nicht ruhn, / des großen Gottes großes Tun / erweckt mir alle Sinnen“ (8, 1-3). Hier ist das tiefste Motiv für das „Geh’ aus“ unsrer Herzen offengelegt. Die bisherigen 7 Strophen haben den Reichtum der Schöpfergüte aufgezeigt und uns so „alle Sinne erweckt“.

Des „großen Gottes großes Tun“ betrifft jeden von uns. Darum: „Ich selber kann und mag nicht ruhn“. Die Dankbarkeit für das uns gewährte Leben schafft sich Ausdruck, und das Lied ist seine dichterische Gestalt.

Darum also: „Ich singe mit, wenn alles singt“. Dieser große Schöpfungshymnus fängt schon in der Natur selber an; er „füllt ... Berg, Hügel, Tal und Felder“ (3, 6). Alles Sichtbare ist wie ein Lobgesang auf den verborgenen Schöpfer; mit Eichendorff zu reden: „Die Welt hebt an zu singen“.

Solcher Schöpfungsgesang und die Schönheit dieser Natur gelten nicht nur „mir und dir“, wie es anfangs hieß (1, 5), sondern erreichen auch Gott selber, tönen ihm wie ein Echo aus seinen Werken entgegen: „was dem Höchsten klingt“ (8,5). Eben das lasse dann auch ich „aus meinem Herzen rinnen“ (v. 6). In solchem Lobsingen geht das Herz wahrhaft aus sich heraus und sucht und findet seine „Freud“ (1, 1).

V

So ist in dem Liede alles, liebe Gemeinde, wunderschön gesagt und spricht für sich selber - auch ohne gelehrte Erklärungen. Es macht die vollkommene Schönheit dieser Dichtung aus, dass alles Theologische eingeschmolzen ist in einen einheitlichen, natürlichen und religiösen Zusammenhang. Darum ist es unmittelbar eingängig und geht direkt zu Herzen. Wenn wir mitsingen, ist es, wie wenn es frei und ungesucht aus unseren eigenen Herzen quillt.

Aber mit der 9. Strophe, die auf unserm Blatt nicht abgedruckt ist, wechselt P. Gerhardt noch einmal die Perspektive, und von hier aus werden erst die letzten Strophen verständlich, die wir dann wieder singen.

Es heißt da: „Ach, denk ich, bist du hier so schön, ... / auf dieser armen Erden“ (9, 1 u. 3); Gott zeigt uns seine eigene Schönheit schon in der irdischen Natur. Und dann geht es weiter: „Was will doch wohl nach dieser Welt / dort in dem festen Himmelszelt / und güldnen Schlosse werden!“ (4-6).

Vom Diesseits geht der Blick also weiter auf das zukünftige Jenseits; das Hier ist wie ein Vorschein und Vorspiel des himmlischen Dort.

Das ist eine christlich entscheidende Ausweitung der Sicht auf die Natur: der irdische Frühling verkündet und weist voraus auf einen ewigen Sommer.

Als letzter Sinn der Schöpfung scheint „hier“ die Neuschöpfung zum ewigen Leben „dort“ in Gottes Gegenwart auf. Für P. Gerhardt ist die schöne Natur ein Versprechen, ein bloßer Anfang für das Unaussagbare, das Gott noch mit uns vor hat - nach diesem Leben. Die Theologie der Natur und der Schöpfung reicht bis in die ewige Vollendung.

Indem er sich an der Lust des sommerlichen Lebens erfreut (cf. 5, 5f), erwartet er noch größere Lust und Seligkeit, wie es weiter heißt: „Welch hohe Lust, welch heller Schein / wird wohl in Christi Garten sein!“ (101f). Von „der schönen Gärten Zier“ (1, 3) geht der fromme Blick auf „Christi Garten“ in der Ewigkeit. Die Lustgärten mit ihrem Blühen und Gedeihen werden auf das Paradies bezogen, von dem die letzte Strophe redet. Auch da ist alles voller Gesang und Lobpreis der Engel (10, 3-6), und alles Singen hier und dort ein ewiges Halleluja (v. 6).-

Das bedeutet: unser Sommerlied „Geh’ aus, mein Herz“ ist nur der Anfang unvergänglicher Preis- und Anbetungslieder, jener „tausend schönen Psalmen“ zu Gottes Ehren im Himmel. Darum soll auch auf Erden das Gotteslob nicht verstummen (12, 3-6).

VI

Liebe Gemeinde: das ist der Hintergrund für die drei letzten Strophen, die wir singen werden.

Wieder werden die natürlichen Verhältnisse zum Bild der ewigen. So steht hier die Metapher vom „Sommer deiner Gnad“ (13, 4). Das ist der letzte Sinn der Rede von der „lieben Sommerzeit“ in der 1. Strophe (1, 2). Der Sommer ist dem frommen Gemüt so lieb, weil er mit seinem Licht, seiner Wärme und Fruchtbarkeit ein Bild der göttlichen Liebe ist. Seine reichen Gaben versprechen schon die göttliche Gnade.

Und wie mit der Natur, so soll es auch mit unserer Seele sein: „daß der Sommer deiner Gnad / ... / viel Glaubensfrüchte ziehe“.

Dann wird die Bitte, „daß ich dir stetig blühe“ (13, 3), noch einmal weitergeführt: „daß ich dir werd ein guter Baum“ und „daß ich deines Gartens schöne Blum, und Pflanze möge bleiben“ (14, 2 u. 5f). Gewinnt Gottes Geist in uns Raum (14, 1), so wird „der schönen Gärten Zier“ (1, 4) auch an uns wirklich: als Leben zu Gottes Ruhm. Gott also der große Gärtner, wie auf dem bekannten Gemälde von E. Nolde. Die Rede vom „guten Baum“ hat wieder einen spezifisch biblischen Hintergrund. Denn Ps 1 heißt es von dem Frommen: „Der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und seine Blätter verwelken nicht“ (v. 3). Ewig also stehen solche „Bäume ... voller Laub“ (2, 1).

Darum schließlich die Bitte um Vollendung im ewigen Leben: „Erwähle mich zum Paradeis / und laß mich bis zur letzten Reis / an Leib und Seele grünen“ (15, 1-3). Im Wort „Paradeis“, dem ewigen Garten, kommt es zur Erfüllung. Wenn hier schon alles „mit einem grünen Kleide“ bedeckt ist (2, 3), so soll sich das im Immergrün unserer Seele fortsetzen bis ins ewige Leben. Dies ist das Ziel alles Unterwegsseins hier, und auch unsrer „letzten Reise“. Das „Geh’ aus, mein Herz“ ist dann ans ewige Ziel gelangt und findet seine Ruhe in Gott selber.

Ihm, dem zuletzt alle Ehre zukommt, „hier und dort ewig (zu) dienen“ (15, 6), das ist unsere Bestimmung. Wir nehmen sie im Sinne P. Gerhardts wahr, wo wir in den Lobgesang der Engel einstimmen, wie es vorhin hieß.

Genau das sehen wir in dieser Bursfelder Kirche. Denn wenn wir nachher „Geh’ aus, mein Herz“, singen, dann schauen von den Wänden die schönen Engel herab, die selber das Tedeum anstimmen.

Möge dieser Ein-klang unser Herz fröhlich machen!

Amen

 



Prof. a.D. Dr. Joachim Ringleben
Göttingen
E-Mail: jringle@gwdg.de

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