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ISSN 2195-3171

Predigtreihe: Monatliche Liedpredigten zur Lutherdekade, 2012

November 2012, verfasst von Dieter Splinter

 

 

Predigt über das Lied „Großer Gott, wir loben dich" EG 331, 1-11

 

I.

Liebe Gemeinde!

Ein erhebendes Lied: „Großer Gott, wir loben dich." Es wird gern gesungen - von evangelischen und katholischen Christen gleichermaßen: in Gottesdiensten, bei Trauungen und Taufen. Ja, selbst bei Bestattungen ist es bisweilen zu hören. Melodie und Text gehen ins Ohr und ins Herz. Wer es singt oder hört, der wird hinein genommen in die Herrlichkeit Gottes.

Te Deum laudamus, te dominum confitemur." Dich, Gott, loben wir. Dich, Herr, preisen wir. So klang das schon im 4. Jahrhundert. Der Legende nach soll damals der Mailänder Bischof und Kirchenvater Ambrosius spontan in der Osternacht dieses „Te Deum" angestimmt haben. Er taufte gerade, so die Legende, einen anderen Kirchenvater, nämlich Augustin. Der wiederum soll spontan singend respondiert, also geantwortet haben. Der Kern der Legende besteht vermutlich darin, dass das „Te Deum" schon früh bei der Taufe in der Osternacht gesungen wurde. In der Osternacht bekamen die Täuflinge ein weißes Kleid übergestreift - Sinnbild dafür, dass sie ihr altes Leben abgelegt haben und nun in einem neuen Leben wandeln. Dieses neue Leben ist ganz und gar Gottes Tat. Darum: „Te Deum laudamus, te dominum confitemur." Dich, Gott, loben wir. Dich, Herr, preisen, wir. Der andere Kern der Legende besteht darin, dass Ambrosius das wechselchörige Singen in der abendländischen Kirche aufgenommen hat.

 

Der Reformator Martin Luther hat sich daran gehalten. Auch für ihn ist das „Te Deum" ein Wechselgesang. Er hat den alten lateinischen Text ins Deutsche übertragen und mit einer anderen Melodie versehen, die sich aber an den alten Gesang anlehnt (EG 191). Das Te Deum von Luther wird wenig gesungen. Um so bekannter ist die Fassung in der Nachdichtung zu diesem alten Kirchengesang von Ignaz Franz. Er war katholischer Priester und lebte im 18. Jahrhundert. Über den Ursprung der Melodie seines Liedes ist wenig bekannt. Sowohl das Evangelische Gesangbuch wie das Gotteslob der Katholiken nennt Wien als Ursprungsort. Das Evangelische Gesangbuch weist zudem noch auf Leipzig und Lüneburg hin. Der eigentliche Ursprungsort wird wohl nie geklärt werden können.

 

Was aber klar ist, ist das Folgende: Das Te Deum hatte bei vielen in der frühen Christenheit den Rang eines Bekenntnisses. Noch bei Martin Luther hat es diesen Rang. „Er stellte es den altkirchlichen Bekenntnissen, dem Apostolischen, dem Nizänischen und dem Athanasischen Glaubensbekenntnis gleich." (Liederkunde zum Evangelischen Gesangbuch. Im Auftrag der Evangelischen Kirche in Deutschland herausgegeben von Gerhard Hahn und und Jürgen Henkys, Heft 6/7, Göttingen 2003, S. 109) Das Te Deum, das „Großer Gott, wir loben dich" ist ein Bekenntnis zum dreieinigen Gott. Bei genauem Hinsehen lässt sich in den elf Strophen des Liedes eine Dreigliederung ausmachen.

 

Wir singen die Strophen 1-5 von „Großer Gott, wir loben dich". Um den alten responsorischen, also antwortenden Charakter des Te Deum aufnehmen zu können, bitte ich die Frauen die Strophen 1, 3 und 5 zu singen - und die Männer die Strophen 2 und 4:

 

II.

Gemeinde: 331, 1-5

 

Großer Gott, wir loben dich; Herr, wir preisen deine Stärke. Vor dir neigt die Erde sich und bewundert deine Werke. Wie du warst vor alter Zeit, so bleibst du in Ewigkeit." Die Schöpfermacht des allmächtigen Gottes wird gleich in den Blick genommen. Der erste Artikel des Glaubens klingt an: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde."

 

Diesen allmächtigen Gott kann man nur preisen. Alle stimmen ein. Die Engel im Himmel tun es zuerst. Sie sind um den Thron Gottes versammelt. Dort stimmen sie Gott ein Loblied an und rufen ihm „stets ohne Ruh:Heilig, heilig, heilig! zu." Wenn wir Abendmahl feiern, nehmen wir diesen Gesang der Engel auf. Mehr noch: Wir gehen davon aus, dass sie ihn zugleich im Himmel anstimmen und wir einmal dort mit ihnen unsere Stimmen vereinen werden.

 

Doch nicht bloß die Engel im Himmel stimmen Gott, dem Herrn der Himmelsheere, ein Loblied an. Die ganze Schöpfung tut es. Die Amsel, die ihr Lied flötet, tut es. Der Pinguin auf der Eisscholle tut es. Die Blüten auf einer Wiese tun es. Die lauen Lüfte tun es. Das Plätschern der Bäche und Rauschen der Meere tun es. Singende Wale im Meer tun es. „Himmel, Erde, Luft und Meere sind erfüllt von deinem Ruhm; alles ist dein Eigentum."

 

Wo Engel und Schöpfung singen, kann der Mensch nicht schweigen. Die Apostel, die Propheten können es nicht. Ihr Auftrag ist es ja, die Kunde von dem zu preisenden Gott unter die Leute zu bringen. Wie könnten sie da selbst abseits stehen und im heiligen Chor und in der hehren, in der großen Menge fehlen? Ja, selbst die, ja, gerade die, die um des Glaubens willen gelitten haben, die Märtyrer, preisen Gott.

 

Und schließlich stimmt die versammelte Gemeinde in das Gotteslob ein. Wenn schon die Engel, die Schöpfung, die Apostel, Propheten und Märtyrer voller Inbrunst Gott loben, dann darf die christliche Gemeinde erst recht nicht fehlen. Sie ist, die in einer Doxologie, in einem Lobgesang auf den dreieinigen Gott, darin einstimmt, was für alle und für alles gilt: Erfüllt zu sein von Gottes Ruhm, denn alles ist ja sein Eigentum.

 

III.

 

Nachdem in der fünften Strophe neben Gott, dem Vater, auch der Sohn und der Heilige Geist in den Blick kommen, nehmen die nun folgenden Strophen die beiden anderen Weisen des Wesens und Wirkens Gottes in den Blick. Wir singen die nächste drei Strophen. Dieses Mal bitte ich die Männer die Strophen 6 und 8 und die Frauen die 7. Strophe zu singen.

 

Gemeinde: 331, 6-8

 

Gott hat für uns den Himmel geöffnet. Für uns ist er in seinem Sohn herunter gekommen. Wenn einer herunter kommt, dann verlieren wir ihn schon einmal aus den Augen. Gott aber kann man nicht aus den Augen verlieren, denn er sieht uns in Jesus Christus an wie wir sind: Wir wollen das Gute und tun doch so oft das Gegenteil. Doch Christus hat uns „Gottes Gnad gebracht, von der Sünd uns frei gemacht."

 

Durch Christus steht uns nun der Himmel offen. Seine Gnade hält uns. Sie beflügelt uns. Sie lässt uns hoffen, dass dann, „wenn er kommen wird zu richten die Lebenden und die Toten", wir einmal ganz in den Himmel aufgenommen und dort mit den Engeln das Te Deum singen werden.

 

Um Christi willen glauben wir, dass dies einmal der Fall sein wird und darum bitten wir ihn: „nimm uns nach vollbrachtem Lauf zu dir in den Himmel auf."

 

IV.

 

In den letzten drei Strophen von „Großer Gott, wir loben dich" kommt nun ganz und gar die Gemeinde, die Kirche in den Blick. Sie braucht einen Beistand, einen Begleiter, einen Tröster: den Heilige Geist. Der wird in den letzten drei Strophen nicht beim Namen genannt. Aber ohne ihn geht es nicht. Das weiß die christliche Gemeinde. Sie bittet als ganze um ihn. Darum singen wir nun die letzten drei Strophen gemeinsam:

 

Gemeinde: 331, 9-11

 

Unterwegs in der Zeit, bittet die Gemeinde um den Beistand Gottes, um den Trost des Geistes, damit „der Feind es nicht verderbe." Die Bedrohungen, denen sich die christliche Gemeinde und jeder einzelne Christ ausgesetzt sehen, werden nun angesprochen:

 

Da wird davon gesprochen, dass wir immer wieder Rettung nötig haben: „Rett aus Sünden, rett aus Tod, sei uns gnädig, Herre Gott." Und in der Tat: die Welt ist voller Elend und Not. Keiner bleibt verschont.

 

Wie kann man da bestehen? Es hilft nur, so das Lied, Gott um Hilfe zu bitten und auf in zu vertrauen: „Herr, erbarm, erbarme dich. Laß uns deine Güte schauen; deine Treue zeige sich, wie wir fest auf dich vertrauen. Auf dich hoffen wir allein, laß uns nicht verloren sein."

 

V.

 

Am Ende dieses Lobgesangs kommt die Härte des Lebens ganz und gar in den Blick. Sie wird auch im Lob Gottes nicht verdrängt. Man kann sich ja fragen, ob es überhaupt angebracht ist, Gott so vollmundig zu loben. „Himmel, Erde, Luft und Meere sind erfüllt von deinem Ruhm; alles ist dein Eigentum"? Wenn dem so ist, warum wütet dann der Wirbelsturm „Sandy" an der Ostküste Amerikas? Wo bleiben angesichts von Grauen und Kriegen in dieser Welt die rettenden Engel? Kommen sie nicht, weil sie im Himmel „stets ohne Ruh" damit beschäftigt sind, „heilig, heilig, heilig" zu singen?

 

In unserer Wirklichkeit spricht vieles, manchmal sogar alles gegen dieses Lied zum Lobe Gottes. Was aber für dieses Lied spricht ist, dass es uns den Himmel öffnet. Es stellt uns hinein in einen Horizont, in dem Vertrauen erst möglich wird. Es öffnet den Blick auf die Herrlichkeit Gottes. Es nimmt uns mit hinein in eine Welt, die anders ist als die unsre. Wohl ahnen wir in der Schöpfung etwas von Gottes Güte. Offenbar wird sie aber erst in Jesus Christus. Im Heiligen Geist begleitet sie uns. Darum, und nur darum, können wir singen: „Großer Gott, wir loben dich." Aber eben darum können wir es auch aus vollem Herzen tun! Schließlich fragen die Güte und die Gnade Gottes uns nach unserer Antwort. Sie geschieht im Lob. „Te Deum laudamus, te dominum confitemur", Dich, Gott, loben wir. Dich, Herr, preisen wir." Wir singen noch einmal die Strophen 1 und 5:

 

Gemeinde: 331, 1 und 5

 

Der Friede Gottes, welcher höher ist denn alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn. Amen.

 



Pfarrer Dr. theol. Dieter Splinter
79114 Freiburg
E-Mail: dieter.splinter@ekiba.de

Bemerkung:
Das Lied finden Sie auch im "Gotteslob" unter der Nr. 257, 1-11


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