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ISSN 2195-3171

Konfirmation, 2013

Konfirmationspredigt über Psalm 91 „Der (Regen-) Schirm“ , verfasst von Hans-Otto Gade

Liebe Gemeinde - und heute ganz besonders:
Liebe Konfirmandinnen und liebe Konfirmanden!

(Pastor Gade spannt nun einen sehr großen, sehr bunten Schirm auf und hält ihn über seinen Kopf so, als ob es regnete)

Ja - ihr sehr richtig: Das ist ein Regenschirm! Den habe ich mir kürzlich auf dem Hamburger Dom gekauft - er ist besonders groß, damit die ganze Familie darunter passt.

Warum halte ich jetzt einen Regenschirm über meinen Kopf - hier auf der Kanzel?

Nun, ich befürchte nicht, dass es durchregnet. Ich habe auch keine Angst, dass der Schalldeckel (das ist dieses Dach über mir und der Kanzel) plötzlich nachgibt und herunterkommt. Ich habe auch nicht die Befürchtung von Majestix, dem Dorfhäuptling von Asterix und Obelix, dass mir der Himmel auf den Kopf fällt.

Warum also ein Schirm? Na - fragen wir uns doch mal, wozu ein Schirm gut ist: Ein Schirm ist gut bei Regen. Bei Schnee ist er auch zu verwenden und eingeschränkt auch bei Hagel. Auch bei zu starker Sonneneinstrahlung kann ein Schirm gute Dienste tun. Also zusammen gefasst: Ein Schirm schützt. Ein Schirm bewahrt uns davor, Schaden zu erleiden. Ein Schirm bewahrt uns davor, dass wir plötzlich "im Regen stehen"….

 
Das letzte, das "im Regen stehen", habe ich in Anführungsstriche gesetzt, denn diesen Ausdruck brauchen wir auch im übertragenen Sinn. "im Regen stehen", das sagen wir dann, wenn wir plötzlich alles Schlechte abbekommen, und wir waren gar nicht darauf vorbereitet. Und da wäre ein Schutz, ein Schirm schon was Gutes! Der beschützte uns!

 

Deswegen verwendet die Bibel auch das Bild des Schirms dann, wenn es um den Schutz Gottes geht. Das könnt Ihr nachlesen in den Psalmen. Haben wir gelernt: Bibel genau in der Mitte aufschlagen, dann habt ihr die Psalmen. Den Psalm 91 könnt ihr jetzt auch nachlesen im Gesangbuch. Nummer 736:
Also: im Psalm 91 heißt es: Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt, der spricht zu dem Herrn: meine Zuversicht und meine Burg…


Und weiter:


Seine Wahrheit ist Schirm und Schild, dass du nicht erschrecken müsst vor dem Grauen der Nacht, vor den Pfeilen, die des Tages fliegen, vor der Pest, die im Finstern schleicht, vor der Seuche, die am Mittag Verderben bringt…

Nun werdet ihr sicherlich sagen: "Also, das mit den Pfeilen, die des Tages fliegen und der Pest, die im Finstern schleicht, und der Seuche, die am Mittag Verderben bringt - Na ja…! Das gibt es doch heute nicht mehr, das sind doch Bilder aus dem finsteren Mittelalter oder noch früher!"

Wirklich? Einige von euch können jetzt schon ein Lied singen von dem "Grauen der Nacht" Glaubt ihr nicht? Na, denn mal eine Frage: Wie ruhig habt ihr denn geschlafen, als die alles entscheidende Mathe-Arbeit drohte. Oder als eine wichtige Aussprache mit dem Freund oder der Freundin oder einem Lehrer, einer Lehrerin oder den Eltern bevorstand?


Und was ist mit den "Pfeilen des Tages"? Ich habe selbst drei Kinder, die zur Schule gegangen sind - was da manchmal an den Schulen los ist, was Schüler einander antun, das ist teilweise schlimmer als eine einfache Stichelei. Ihr wisst das und ich weiß es auch: Wie oft werden da Schülerinnen und Schüler verletzt - nicht nur körperlich, sondern sie werden unter Druck gesetzt, leben in Angst und möchten am liebsten gar nicht mehr in die Schule gehen.

 

Und die Pest, die im Finstern schleicht, die Seuche, die am Mittag Verderben bringt:

Es gibt so viele Angriffe und böse Situationen, vor denen wir nicht einfach weglaufen können: Verdächtigungen werden ausgesprochen, hinter unserem Rücken wird übel getuschelt, da wird etwas behauptet, gegen das wir uns nicht wehren können - das ist wie die Pest, die im Finstern schleicht, die Seuche, die am Mittag Verderben bringt. - Das ist unausrottbar und leider nicht heilbar!



In allen Lebensbereichen habt ihr es erlebt: Es läuft nicht alles so glatt, wie gewünscht - da fliegen Pfeile, da wütet die Pest, da ist die Seuche drin!

In den vergangenen 14 Jahren - bis jetzt hin - haben eure Eltern "einen Schirm" über euch gehalten, um euch zu schützten - wenn's geht, vor jedem Schaden.


Und Sie, liebe Eltern haben festgestellt, wie schwer das ist, ihre Kinder zu beschützen und zu beschirmen - nicht nur, weil manchmal der größte Schirm viel zu klein ist. Sondern weil mit zunehmendem Alter die Kinder gar nicht mehr unter ihrem Schirm bleiben wollen. Die wollen immer mehr ihre eigenen Wege gehen!
Aus kleinen, behüteten Kindern sind mehr oder minder große Leute geworden, die manchmal auch meinen, sie brauchten den Schirm der Eltern nicht mehr, sie könnten allein und unbeschirmt durchs Leben gehen.

Kinder werden selbstständig und gehen ihre eigenen Wege. Und das ist auch gut so. Wenn das anders wäre, gäbe es keinen Fortschritt in der Entwicklung der Menschen. Kinder müssen erwachsen werden und ein Stück über die Eltern hinaus wachsen - nicht nur im körperlichen Sinn, sondern vor allem im übertragenen Sinn.

 

Ich klappe also jetzt meinen Schirm zusammen.

Wir gehen weiter ins Leben ohne den Schirm, den die Eltern über uns halten, ohne den Schutz der Familie und des Elternhauses. Ja, ich weiß: Bis das soweit ist, wird noch eine ganze Zeit vergehen und ihr seid ja doch froh, wenn ihr ab und zu den Schirm und den Schutz des Elternhauses suchen könnt. Aber Ihr seid auf dem Weg zu einer immer größeren Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit.

Uns Eltern fällt es manchmal schwer, unsere Kinder loszulassen und deren eigene Wege zu akzeptieren. Da vermischt sich unsere wohlmeinende Fürsorge mit dem Hoffen, unsere Kinder noch ein wenig länger unter unserem Schirm halten zu können.

Konfirmation - das ist dann der Zeitpunkt, an dem uns Eltern und Paten, Großeltern und Verwandten und Freunden so richtig klar wird: Mensch, die werden ja schon erwachsen! Das sind ja keine Kinder mehr! Die werden ja immer mehr für sich selbst verantwortlich!

 

Vor allem aber werdet ihr ab heute für euren eigenen Glauben und für eure Haltung zu eurer Kirche selbst verantwortlich. Mit der Konfirmation sagt ihr "JA" zu eurer Taufe. Ihr sagt sozusagen ‚nachträglich' "JA" zu Eurer Taufe und gleichzeitig versprecht ihr, dass ihr weiter in eurem Glauben und in eurer Kirche leben wollt - mit Gottes Hilfe.

   
Ich weiß dass so ein Versprechen schnell gesagt ist. Ich weiß auch, dass viele von euch dieses Versprechen auch bald vergessen werden. Manche allerdings werden unserer Kirche und dem Glauben an Jesus Christus die Treue halten. Einige von Euch werden ab und zu mal vorbei schauen. Die meisten von euch werden eine Kirche erst wieder zur Kirchlichen Trauung betreten - oder vielleicht auch überhaupt nicht mehr!

Viele von euch werden der Kirche und dem Glauben den Rücken kehren und sich lieber greifbaren Dingen des Lebens zuwenden. Diese "greifbaren Dinge des Lebens" wie Geld, Beruf, Glück - das alles kann nur allzu schnell verfliegen - das haben manche von euch ja auch schon selbst in der Nachbarschaft oder leider auch in den eigenen Familien erfahren - und was bleibt dann?

Vielleicht bleibt dann die Erinnerung an eure Konfirmation, die Erinnerung an den Schirm, der über euch gehalten wird (Pastor hält den wieder geöffneten Schirm wieder über sich). Zunehmend mehr nicht mehr der von euren Eltern, sondern des Höchsten Schirm wird über euch gehalten und wird euer Schirm sein, auch wenn ihr oft nichts davon merkt.

Wie heißt es in dem Psalm 91 weiter?


Denn der Herr ist deine Zuversicht, der Höchste ist deine Zuflucht. Es wird dir kein Übel begegnen und keine Plage wird sich deinem Haus nahen. Denn er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen!

Das wünschen wir euch, das wünsche ich euch: Tage und Jahre voller Freude, Erfolg und Glück. Und dabei immer wieder spüren: Gott ist wie ein Schutz und ein Schirm für mich.

Wenn ihr darauf vertraut, dass Gottes Schutz und Schirm über euch bleibt, dann wird es trotz allem was euch begegnen mag so sein, als wenn euch kein Übel begegnet und sich eurem Haus keine Plage naht.
Wenn ihr darauf vertraut, dass Gottes Schutz und Schirm über euch bleibt, dann wird euch euer Leben gelingen - wie immer ihr auch euer Leben gestaltet. Dafür gibt es ein Zeichen - (und jetzt klappt Pastor Gade seinen Schirm wieder zusammen und zeigt auf das Kreuz, dass direkt neben den Konfirmandinnen und Konfirmanden an einer Säule hängt) dieses Zeichen der Nähe Gottes ist das Kreuz Jesu Christ.
Dieser Jesus Christus sagt zu euch und zu uns: Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende!

Darauf können wir uns verlassen!

Amen



Pastor i.R. Hans-Otto Gade
Buxtehude
E-Mail: hans-otto.gade@ewetel.net

Zusätzliche Medien:
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