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ISSN 2195-3171

Konfirmation, 2013

Zur Konfirmation: Liedpredigt zu „Gott malt mit bunten Farben“ - Gen.9,9-17, verfasst von Martina Janßen

 

Liebe Konfirmanden, liebe Konfirmandinnen, liebe Festgemeinde!

Hinter euch liegt eure Konfer-Zeit, bunt und lebendig. Und heute ist der krönende Abschluss. Die Kirche ist feierlich geschmückt, ihr selbst seid chic, überhaupt haben sich alle heute herausgeputzt. Heute ist eben ein Festtag, euer Festtag. Und das ist etwas ganz anderes als der Alltag. Der kann nämlich manchmal ganz schön grau sein.

Ich weiß nicht, wie es euch geht. Grau stimmt mich traurig, nichts Halbes und nichts Ganzes, langweilig, leer und irgendwie tot. Grauer Himmel. Graue Wände. Oder auch mein erstes graues Haar. Ohne Farbe, ohne Pep, ohne Leben. Und wenn der Tag zu grau anfängt, dann mutiere ich selbst auch schon mal zur grauen Maus, habe keine Lust auf Styling, schraube meinen Lippenstift lustlos wieder zu, sehe alles grau und grau und verkrieche mich in einer Ecke. Wenn es mir so geht, dann sehne ich mich nach Farbe und nach Leben. Und halte die Augen offen, ob da nicht doch noch etwas anderes ist als grau in grau, ein kleiner Farbtupfer vielleicht. Letztens z.B war ein unglaublicher grauer, verregneter Tag, die Sonne hatte sich hinter den Wolken verkrochen und das Licht war so trübe, dass alle Menschen irgendwie bleich und krank aussahen. Ich saß in der S-Bahn, und all die grauen Wände, Brücken und Landschaften flogen an mir vorbei wie ein einziger farbloser Einheitsbrei. Doch plötzlich waren da Farben und Formen. Graffiti. Bunt, lebendig, grell. Grafiken, Tags - jene unterschriftenartigen Kürzel eines Malers-, Sprüche und Bilder, irgendwann ein riesiger Smilie „Don‘t worry, be happy!“ Das hat mich zum Lächeln gebracht, ein knallgelber Smilie an einer grauen Wand mitten an einem grauen Tag. Eine tolle Idee und ein Dank an den Sprayer! Graffiti können Farbe an graue Betonwände bringen. Manche sind Kunst und stehen unter Denkmalschutz, andere sind doofe Kritzeleien und illegal, wieder andere dienen der Verschönerung von Bahnhofunterführungen oder Bauwänden. Graffiti gab es schon immer und überall: Es fing mit Höhlenmalereien an, die Ägypter haben das gemacht, die Wikinger auch, amerikanische Jugendgangs und selbst unser alter ehrwürdiger Reichskanzler Bismarck: Während seiner Studentenzeit war er in Göttingen im Karzer und hat an die grauen Wände getaggt: „Es gibt mich noch, ich bin hier!“ Graffiti gab es immer und überall: Style-Writing, Comics, Street-Art, Peace-Zeichen, Bilder, Tags. Bunte Farbtupfer an grauen Unterführungen, Betonfassaden, Bauwänden und am Himmel auch. Auch Gott ist ein Graffitikünstler, er bringt Farbe und Leben an den Himmel, er taggt seinen Namen ans Firmament. Unser Chor hat gerade davon gesungen.

Gott malt mit bunten Farben und liebevoller Hand seinen Regenbogen über unser Land. Am Himmel steht geschrieben: Gott liebt diese Welt. Will sich und uns erinnern, dass er Versprechen hält.

 

Liebe Konfirmanden, liebe Konfirmandinnen, liebe Festgemeinde!

Der Regenbogen – Gottes Graffito am Himmel! Die Farben kommen nicht aus der Spraydose – so was braucht Gott nicht -, sondern die Regenbogenfarben entstehen dadurch, dass Sonnenstrahlen auf die Regenwand treffen; die Farben sind Lichtbrechungen an Wassertropfen. Von diesem Graffito aus Wasser und Licht erzählt die Bibel. Ihr kennt die Geschichte von Noah. Als die Welt wegen der großen Sünden der Menschen unterging und in Wassermassen versank, hat Gott Noah und alle, die bei ihm in der Arche Noah waren, gerettet. Viele Tage und Nächte waren sie auf den tosenden Wellen unterwegs, mitten in Gewitterdunkel und tiefgrauen Wassermassen. Dann hatte sich das Wasser beruhigt, die Arche traf auf neues blühendes, buntes Land und Leben und der erste Sonnenstrahl traf auf die graue Regenwolkenwand. Am Himmel erschien das Zeichen des Regenbogens und Gott sagte: „Nie wieder wird die Welt in Dunkel und Grau versinken. Ich werde bei euch sein, euer ganzes Leben lang, euch immer wieder ein Lächeln ins Gesicht zeichnen und euch immer wieder die bunte Welt hinter euren Tränen zeigen.“ So wurde der Regebogen zum Zeichen der Hoffnung, Gottesgegenwart und Versöhnung. Viele soziale Vereine und Kindergärten heißen so, auch unser Spielkreis nennt sich „Die Regenbogenkinder“, und was das heißt, kann man immer im Ostergottesdienst sehen, wenn unsere Regenbogenkinder unsere bunte Osterkerze bringen und vor Augen führen: Auch im Dunkel des Todes siegt das Leben. Die Regenbogenfahne wurde zum internationalen Zeichen des Friedens: Immer, wenn irgendwo auf der Welt Krieg ist, hängen viele Menschen die Regenbogenfahne aus dem Fenster mit der Bitte um Frieden. Nicht nur in den großen Bewegungen und Institutionen hat der Regenbogen eine Bedeutung, sondern in jedem Leben. Immer wieder, wenn es grau oder dunkel war, haben Menschen auf einmal wieder Farbe und Licht gesehen - so wie an einem Regenhimmel auf einmal die Sonne durchbricht und ein bunter Bogen am Himmel erscheint, so wie ich damals in der S-Bahn einen knallgelben Smilie entdeckt habe nach all dem Grau um mich und in mir.

Manchmal brauchst du Zeichen, dass dich Gott noch liebt, und an dunklen Tagen neue Hoffnung gibt. Wenn die warme Sonne die Regenwand durchbricht, schreibt Gott in die Wolken: Ich verlass ´dich nicht.

Liebe Konfirmanden, liebe Konfirmandinnen, liebe Festgemeinde!

Grau stimmt mich traurig. Dunkel ist aber noch viel schlimmer. Aber manchmal kommt es im Leben grau oder dunkel. Die Farben unseres Lebens sind facettenreich. Das ist das Blau für Weite und Freiheit, für Himmel und Meer. Da ist das Rot für Kraft, Wärme, Energie. Da ist das satte Grün für Zufriedenheit, da sind Neon-Textmarker-Gelb, -Grün, -Orange und -Rosa für das Verrückte in unserem Leben, für Spaß und Fun. Und da ist Blasslila für die stillen Momente von Glück. Die Farben unseres Lebens sind facettenreich, und immer gibt es da auch grau und schwarz. Es gibt Momente, da sieht man alles nur grau in grau oder einfach nur noch schwarz. Da hilft dann auch keine rosa Brille mehr. Liebeskummer ist so ein Moment. Oder wenn es in Schule und Beruf nicht weitergeht. Schwere Krankheit, Abschied oder wenn Freunde einen enttäuschen – all das sind dunkle Momente. Vor solchen Momenten ist niemand sicher. Aber auch nicht davor, dass plötzlich wieder Farbe ins Leben kommt, dass die Sonne wieder durchbricht wie ein riesiger Similie am Himmel, der dir ein Lächeln ins Gesicht zeichnet.

Manchmal brauchst du Briefe, wo dir jemand schrieb: Ganz egal, was los ist, ich hab dich sehr lieb. So, in großen Lettern, schreibt Gott ans Firmament: Ich bin und bleib dein Vater, der dich liebt und kennt!

Ihr könnt es Gott nachmachen - so ein Regenbogengraffito, so einen Farbtupfer für jemanden, der traurig ist. Keine Angst, ich verteile keine Spraydosen! Aber Regenbogenstifte. Damit könnt ihr jemandem schreiben, der traurig ist und ihm zeigen: „Ganz egal was los ist, ich bin auf deiner Seite. Das Leben ist bunt, ich will dir wieder Augen für seine Farben öffnen und dich lächeln sehn.“

 

Liebe Konfirmanden, liebe Konfirmandinnen, liebe Festgemeinde!

Für die alten Griechen war der Regenbogen eine Brücke zwischen Himmel und Erde. Wenn die Götter einen Abstecher auf die Erde machen wollten, bauten sie einen Regenbogen und kamen so auf die Erde herab. So macht es auch Gott mit seinem Regenbogen. Immer wenn du einen Regenbogen siehst, weißt du: Gott ist in deinem Leben, mitten in deiner Traurigkeit hält er zu dir, mitten in all dem Grau und den Dunkelheiten lässt er die Smilies für dich am Himmel tanzen und bringt die Welt um dich zum Leuchten. Der Regenbogen erinnert daran – Gottes Graffito am Himmel, gesprayt aus Licht, Wasser und Liebe. Sky-Art der besonderen Art. Und ein hartnäckiges Graffito. Unter all den Graffiti gibt es eine Art, die den Gegnern besonders zu schaffen macht. Das Geisterbild. So nennt man ein Graffito, das auch nach dem Reinigen in Umrissen immer noch zu erkennen und einfach nicht totzukriegen ist. Auch der Regenbogen ist so ein Geisterbild. Der Heilige Geist hat eben mitgesprayt, denn er durchdringt alles - Himmel, Erde, Dunkel, Licht und unsere Herzen. Auch wenn sich graue Wolken vor den Regenbogen schieben, ihn wegzuwischen und aufzulösen drohen - er bleibt doch da, unsichtbar, aber nicht totzukriegen. Denn solange die Sonne hinter den Wolken verborgen ist, solange wird sich ihr Licht immer wieder in den Regenwolken brechen und die Farben des Lebens zum Leuchten bringen. Solange diese Welt besteht, solange wird es immer wieder passieren:

Gott malt mit bunten Farben und liebevoller Hand seinen Regenbogen über unser Land. Am Himmel steht geschrieben: Gott liebt diese Welt. Will sich und uns erinnern, dass er Versprechen hält. „Und siehe ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende (Mt 28,20)!“

Amen



Pastorin Dr. Martina Janßen
Jork-Estebrügge

E-Mail: mjansse@gwdg.de

Zusätzliche Medien:
medien


Bemerkung:
Evangelienlesung: Mt 28,16-20
Predigtlied: EG 395 („Vertraut den neuen Wegen“)



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