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ISSN 2195-3171

Konfirmation, 2013

Das Wort als Geschenk Mt.6,33, verfasst von Matthias Burger

"Suchet zuerst Gottes Reich und seine Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen“ Matthäus 6, 33.

Liebe Festgemeinde, liebe Familien, liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden,

auf unserem Liedblatt ist ein Geschenk abgebildet: es ist in weißes Papier eingehüllt, und mit einer roten Schleife schön verpackt. Aber nicht die Verpackung ist das Interessante, unsere Neugier richtet sich auf den noch nicht sichtbaren Inhalt: Was es wohl ist? Ein iPhone?, hoffentlich Geld? Etwas anderes, Wertvolles?

Leider, so werdet ihr jetzt gleich denken, habe ich Euch nur ein Bibelwort eingepackt. Ich habe ein Bibelwort als Geschenk verpackt. Solche Bibel-Worte werden wir heute mehrfach hören, jede von Euch bekommt ein ganz persönliches Wort nachher als Denkspruch. Im Psalmgebet sprachen wir Bibelworte, und auch jetzt in der Predigt, kommt ein Bibelwort als Geschenk, heute aus der Bergpredigt:

 

Suchet zuerst Gottes Reich und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen“ Matthäus 6, 33.

 

Das ist das Geschenk, das sich in der Verpackung verbirgt. „Aber was ist daran besonders?“ könnte man fragen. „Suchet zuerst das Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit“: kann dieses Wort-Geschenk Bedeutung fürs Leben gewinnen?

Nun, was in Eurem Leben Bedeutung erlangt hat, das wisst Ihr selbst. Ihr habt Eure Lieblingslieder, die Ihr auf Eurem Handy mittragt, und Eure wichtigste Sorge vor der Konfirmandenfreizeit war: das Handy mitnehmen. Ja, das hat Bedeutung: simsen, telefonieren, Musikhören.

Daneben machen manche von Euch selbst Musik, oder Sport, der Glaube hat Bedeutung, und auch die Gemeinschaft. Ich hatte den Eindruck, dass Ihr gerne beisammen ward. Ihr habt gelernt, dass man nicht immer einer Meinung sein muss in einer Gruppe, aber trotzdem einen gemeinsamen Weg gehen kann, den Weg des Glaubens. Diese Erfahrung ist wertvoll, und Ihr habt noch viele andere Dinge mitbekommen in den letzten Jahren, die Euch wertvoll geworden sind: von Euren Eltern, Paten, Lehrern, von Euren Vorbildern, und ich glaube auch, dass Euch das Fernsehen und Internet, Facebook geprägt hat und wertvoll geworden ist.

So gibt es gibt viele Dinge, die Euch wichtig sind, und das macht Euch als Menschen aus, jede und jeder von Euch ist da ganz einmalig.

Da erscheint das heutige Geschenk, das Bibelwort aus der Bergpredigt, schon etwas „strange“, vielleicht antiquiert, wie manchem auch die Worte Martin Luthers im Katechismus erscheinen. Doch in dieser fast geschichtslosen Gegenwart scheint es mir wichtig zu sein, das Augenmerk zu lenken auf das fast unbedeutend erscheinende Geschenk des Bibelwortes. Warum?

Weil das Wort uns durchs Leben leitet. Das Leben ist aufregend, und ihr selbst erlebt gerade eine aufregende Zeit. Vieles verändert sich. Allein im letzten Jahr seid Ihr ein großes Stück selbstständiger geworden, habt eigenen Geschmack entwickelt in der Kleidung, Musik, Parfum, Stil, seid kleine Persönlichkeiten geworden, die manchmal anders handeln als die Eltern oder der Pfarrer es gerne hätten. Ihr lebt in einer Zeit des Ausprobierens und Entdeckens. Ihr entdeckt Euch selbst, ihr entdeckt die Welt mit ihren Möglichkeiten und Widersprüchen. Das ist überaus spannend.

Und doch ist die Zeit der Veränderung immer wieder auch durch Unsichheiten geprägt: bin ich attraktiv? Wie komme ich bei meinen Freunden an? Gefalle ich den Jungs/ den Mädels? Das sind vielleicht, gelegentlich auch Fragen, die auftauchen.

In diesen Unsicherheiten möchte ich an das Geschenk des Bibelwortes erinnern, das als Richtschnur dienen kann. Das Bibelwort kann der Kompass sein, und ist schon vielen Menschen ein Kompass geworden seit 2000 Jahren: „Suchet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit !“.

Ich bin sicher, das hilft weiter in einer Welt, in der wir uns immer mehr vergleichen müssen. Ich erinnere nur an: „Germany's next Tpo-Model“. DSDS, oder selbst für Kinder im Kika-Kanal: „die beste Klasse Deutschlands“. Überall werden Menschen verglichen, bewertet, und im Zweifel ausgemustert. Ich könnte noch mehr Beispiele anführen, in denen es darum geht, Menschen zu vergleichen, um sie dann zu bewerten. Vergleichen und Bewerten: das hat, so ist meine Beobachtung, sehr überhand genommen. Schulen, Unis, Werkstätten, Hotels, was wir uns denken können: Alles wird bewertet und verglichen. Und was ist das Ergebnis?

 

Vergleichen und Bewerten erzeugt negative Gefühle. Die zweitbeste Klasse ist enttäuscht, ebenso der zweitbeste Superstar, oder gar der drittbeste. Unnötig erzeugte, beabsichtigte Enttäuschungen. Die Klasse 7c hat den vierten Platz belegt, und wurde frühzeitig nach Hause geschickt: „Ihr habt das Beste gegeben, aber es hat nicht gereicht“. Ist das die Botschaft unserer Zeit? „Ihr habt Eure Leistung nicht abgerufen“, sagt man im Fußball zur Mannschaft, die verloren hat. Alles gegeben, und trotzdem umsonst?

Wer sich vergleichen muss, wertet immer ab. Entweder sich selbst, indem er sagt: ich bin nicht so gut wie diese, oder die Anderen werden abgewertet: guck mal, wir sind besser. Unnötig erzeugte Enttäuschungen.

Dabei sind die Geschenke des Lebens so wunderbar: jede und jeder von Euch hier vorne ist ein ganz toller Mensch. Ich jedenfalls habe Euch alle wertschätzen gelernt. Ihr kommt aus unterschiedlichen Familien, seht unterschiedlich aus, habt einen unterschiedlichen Geschmack: und das ist gut so. Eure Eigenheiten sind das, was Euch interessant macht, ihr müsst Euch nicht in allen Dingen dem anpassen, was erwartet wird. Habt den Mut, eigenständig zu sein. Und ich würde Euch wünschen, dass das Vergleichen mit anderen Menschen nicht im Vordergrund steht, das ist die Botschaft des Geschenkes: das Reich Gottes ist uns verheißen, nicht das Abwerten durch Vergleichen.

Das Geschenk enthält aber noch eine Aufgabe: „suchet seine  Gerechtigkeit“. Zum Geschenk des Reiches Gottes also noch eine Aufgabe. Das ist ungewöhnlich. Aber Jesus wollte, als er seine Bergpredigt hielt, auch die Fähigkeiten der Menschen wecken, er wollte motivieren. Das Reich Gottes ist uns verheißen, und wir machen uns gerne auf die Suche. Die Gerechtigkeit aber erfordert unsere Anstrengung. Jesus lenkt da unseren Blick in die Welt, und wenn wir genau hinsehen, dann erkennen wir: da ist noch viel zu tun. Das fängt an bei den billigen Löhnen, die Menschen in Indien bekommen um Stoffe zu färben für unsere Kleider. Das geht weiter bei den weltweit agierenden Konzernen, die selbstständige Bauern in die Abhängigkeit drängen, weil pflanzliche Samen patentiert wird. Aber auch bei uns, im kleinen Kreis der Konfirmandengruppe haben wir schnell gemerkt: ungerecht behandelt zu werden tut weh, und Jeder oder Jede beschwert sich dann sofort.

So ist im Geschenkpapier zweierlei verpackt: das Reich Gottes, ein Geschenk, das wir nicht links liegen lassen sollten, vielmehr als wertvoll erachten, ein Geschenk, das wir in den Blick nehmen sollen, suchen, damit wir nicht erdrückt werden vom ewigen Vergleichen. Und das andere: wir können, weil wir große Kraft haben, das Unsrige tun, damit sich seine Gerechtigkeit auf der Welt verbreitet. Das bedeutet: „Gottes Gerechtigkeit suchen“: sie in der Welt aufdecken, ans Licht bringen, indem ich mich für sie einsetze. Das ist ein Anspruch, den Jesus an uns stellt, und ich kann mir vorstellen, dass es Euch auch Freude bereitet, Verantwortung für die Welt zu übernehmen. Ihr seid auf dem Weg erwachsen zu werden, und Ihr werdet in der Welt gebraucht: in der großen weiten Welt, aber auch in Eurer Clique, Familie, ihr werdet gebraucht von Euren Freunden. Jesus weiß das, und wird Euch nicht überfordern. Suchet das Geschenk des Reich Gottes, und seine Gerechtigkeit, dann ihr werdet das erfüllte Leben finden.

Denn so endet der Bibelspruch: dies alles andere wird Euch dazu geschenkt. Welch eine Verheißung ! Ihr werdet das erfüllte Leben finden.

Von der Bedeutung des heutigen Predigttextes bin ich überzeugt: Nur wer sich in einem gewissen Maß unabhängig machen kann vom Vergleichen, kann im Leben glücklich werden. Nur wer das Gefühl hat, im Leben gebraucht zu werden, nur wer verantwortlich handeln kann, findet das erfüllte Leben. Und das wünsche ich Euch von Herzen, das wünsche ich auch mir und allen, die hier sind: dass wir im Leben das Glück finden, das Heil, das uns von Gott verheißen ist.

Was kommt an die Stelle des Vergleichens? Das Vergleichen wird ersetzt durch das Suchen des Reiches Gottes und durch verantwortliches Handeln. Suchet zuerst Gottes Reich, suchet sein Gerechtigkeit schon auf der Erde, dann wird Euch das Glück zufallen. „Vergleichen Ade, Verantwortung ja, Glück, juhu“ könnte man sagen.

Das Glück ist also ebenso in dieser Geschenkpackung drinnen, versteckt hinter der Schleife, die aussieht wie ein Kreuz. Das Glück des Lebens kommt zum Vorschein, wenn Ihr das Kreuz aufschnürt, ihr findet das Reich Gottes, ihr spürt, dass die Welt Euch braucht, und der Sinn des Lebens wird euch erfüllen. Viel Spaß beim Auspacken des Lebens. Gott begleitet Euch. Amen.

 



Pfarrer Dr. Matthias Burger
Wankheim
E-Mail: email@matthiasburger.de

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