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ISSN 2195-3171

Predigtreihe: Die Bergpredigt , 2013

Der Weg zur (finanziellen) Freiheit aus Mt.5 13-16, verfasst von Hans-Jörg Naumer

„Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen. 20 Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen. 21 Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz. 22 Das Auge ist das Licht des Leibes. Wenn dein Auge lauter ist, so wird dein ganzer Leib licht sein. 23 Wenn aber dein Auge böse ist, so wird dein ganzer Leib finster sein. Wenn nun das Licht, das in dir ist, Finsternis ist, wie groß wird dann die Finsternis sein! 24 Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon."


„Was ist denn jetzt noch sicher?" eine Frage, die mir bei Anlegerveranstaltungen über die letzten Jahre immer wieder und mit zunehmender Intensität gestellt wird. Verständlich: Die Abfolge der Krisen scheint immer enger getaktet, die Ausschläge an den Börsen werden immer stärker. Die Frage nach Sicherheit gerade bei der Geldanlage, ist da nur zu verständlich. Als Kapitalmarktexperte bin ich dabei immer versucht mit größter Einfachheit zu sagen: Nichts!


Wo soll es denn noch „Sicherheit" geben? Bei Gold, das seit 2000 Jahren keinerlei Wertzuwachs gebracht hat und das ein reiner Glaube, bestenfalls eine Währung, ist? Und wie schnell ist der Glanz des Goldes verblasst, wenn die Zentralbankliquidität auszutrocknen droht, wie uns die letzten Wochen besonders deutlich gezeigt haben. Auf dem Sparbuch, das bei Minizinsen gegen Steuern und Inflation verliert? „Betongold"? Haben Sie sich schon einmal mit der Rechtsprechung und der Aushöhlung von Eigentumsrechten in Deutschland beschäftigt? Spätestens ein Gespräch mit „Haus und Grund" öffnet die Augen. Ist das Schweizer Depot „sicher"? Wie weit wollen Sie denn laufen mit Ihrem Geld? Zu den Privatkundenzentren nach Singapur, einer Diktatur??? Auch das hat der Finanzminister übrigens bereits im Blick.


Wenn ich mit Anlegern auf Tagungen darüber nachdenke, führe ich sie immer an den Punkt, dass sie mit Unsicherheit leben müssen. Alles andere wäre eine Fehlleistung. Natürlich gibt es Diversifikationseffekte und Risikomanagementmethoden. Aber im Kern gibt es keine Sicherheit. Manchmal schaffe ich es dann noch anzufügen: „Zumindest nicht auf dieser Welt", in Anlehnung an Matthäus 6,19ff: „Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen." Und dann kommt die eigentlich wichtigste „Anlageempfehlung": „Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz."


Natürlich ist die Frage nach „Sicherheit" nichts anderes als eine Chiffre für „Woran kann ich mich festhalten? Was trägt mich? Was trägt mich gerade auch in Notlagen und in der (aktuellen) Krise?" Für uns Christen ist die Antwort hier ebenso schlicht wie einfach: Nichts! Das Fengshui-Wohnzimmer, die Buddha-Statue, die Yoga-Entspannungsübungen, der SUV in der Garage,  das dicke Depot, der Bausparvertrag.... Säkular betrachtet bringt es der nihilistische Songtext der Böhsen Onkelz auf den Punkt: „Nichts ist für die Ewigkeit, nichts bleibt, wie es war."


Wenn „Sicherheit" der Kapitalanlage nicht gegeben ist, dann ist es um die finanzielle Freiheit schlecht bestellt.


Alles unterliegt drohendem Wertverlust, kann konfisziert werden durch Steuern oder - denken Sie an das beliebte „Betongold" - durch eine Änderung von Rechtstiteln enteignet werden. Und selbst wenn es seinen Wert behalten würde - was würde es mir bei schwerer Krankheit und Tod noch nützen?


Die Jagd nach  Besitz, der Sicherheit und Unabhängigkeit verspricht  ist eine Chimäre. Verstehen Sie mich nicht falsch: Gegen Besitz ist nichts einzuwenden, er darf uns nur nicht den Weg vor dem eigentlichen Reichtum verstellen, den uns Gott zugedacht hat.


Uns soll es eben nicht so gehen wie Golum, dem Fabelwesen aus dem „Herr der Ringe", der, selbst ganz schwarz, in ewiger Dunkelheit kauert, fortwährend den Ring der Macht beschwört mit dem Mantra „Mein Schatz" und dabei nicht merkt, dass dieser Ring längst ihn besitzt und sein Herz und Auge verdunkelt hat. J.R. Tolkien, überzeugter Christ, der auch C.S. Lewis stark geprägt hat, muss Matthäus 6,20 & 21 vor Augen gehabt haben, als er diese Szene beschrieb.


Was passiert eigentlich, wenn wir die Spitze der masslow‘schen Bedürfnispyramide erklommen haben? Tritt dann ein erleichtertes „Genug" ein. - Vorsicht: Vergessen wir das zufriedene Seufzen des reichen Kornbauern nicht! -  oder sind wir nicht eher unzufriedene  „Nicht-Genugs", wie John Ortberg das in seinem lesenswerten Buch „Und wenn das Spiel zu Ende ist, kommt alles wieder in die Kiste" beschrieben hat? Besitz, „Schätze" entwickeln ihre ganz eigene Herrschaft über uns. Sie versprechen „Leben", „Sicherheit", „Unabhängigkeit". Und davon will man schnell immer mehr.


Wie schnell aber ist es passiert, dass Gier und Neid von uns Besitz ergreifen und unser Herz verfinstern. Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf den Blick mit dem wir die Welt betrachten und beurteilen.


Und es ist eben nicht so, dass „Gier" und „Neid" immer nur „die anderen" angehen, in unserer Zeit bevorzugt  „Die Reichen" - ein Begriff übrigens, der durch seinen stigmatisierenden Charakter eine Selbstoffenbarung jener ist, die ihn so gerne verwenden.  Diese Stigmatisierung gehört fast schon zum guten Ton. Vorboten der Neidgesellschaft.


„Gier" und „Neid" sind nach katholischer Lehre beides Todsünden, vor denen sich jeder Mensch wappnen muss. Und wie gierig sind wir denn, wenn wir als Schnäppchenjäger auch noch den letzten Cent rausfuchsen wollen ohne uns zu fragen, auf wessen Kosten das geschieht? Wie steht es um unseren Neid, wenn wir für Steuererhöhungen sind - solange diese so angesetzt werden, dass sie uns nicht treffen?


„Schätze" sind nicht nur vergänglich im Wert - sie führen auch kaum zu einem „Genug". Es geht nicht um „Genug" - weil es dieses „Genug" nicht gibt. Die entscheidende Frage, die Jesus hier an uns stellt, ist nicht: „Was habe ich an Besitz und was darf ich haben (oder mein Nachbar, auf dessen große Garage ich schiele)?" Gott ist kein Erbsenzähler. Die Frage muss tatsächlich lauten: „Was hat Besitz von mir?" Was bindet mich an diese vergängliche Welt? Was hat Macht über mich?


Es geht um die Wahl zwischen Mammon und Gott. Wobei „Mammon" begrifflich dabei über „Geld" hinaus. Es geht um das was uns bindet und dem wir Macht über uns geben.


Wer also ist der Herr unseres Lebens? Uneingeschränkt? „Du sollst den Herrn, Deinen Gott lieben, von ganzer Seele, mit ganzer Kraft und mit ganzem Gemüt"! heißt es bei Dt.11,1.


Wie viel von dem reichen Jüngling steckt in uns, wenn wir die Aufforderung lesen, alles den Armen zu geben und Jesus nachzufolgen?  Nochmal: Es geht nicht um den Reichtum des jungen Mannes. Es geht um das, was ihn bindet.


Es geht um einen Herrschaftswechsel!


Ich habe mich mit Anfang 20 bewusst entschieden, das Abenteuer mit Gott einzugehen. Ich habe viel gelesen, studiert, diskutiert und war an dem Punkt an dem ich wusste: Der Kopf alleine kann es nicht entscheiden, Du musst einfach Ja sagen und Dich auf Gott einlassen. Ich habe den Sohn Gottes an vielen Stellen in meinem Leben erlebt. Weiß - oft im Nachhinein - wo er ganz besonders gewirkt hat. Habe die Erfahrung gemacht, dass er eine Beziehung sehr viel ernster und verbindlicher lebt als ich es tue und getan habe. Aber habe ich wirklich nur einen Herrn, ihn, in meinem Leben?


Welche Rolle spielt denn meine Lebensversicherung, wenn es um das Gefühl von Sicherheit geht? Wenn ich gelegentlich ein Briefchen von der Bank bekomme mit einer Dividendenausschüttung, frage ich mich manchmal, was mir das jetzt bedeutet und wo mein Herz wirklich ist.


„Niemand kann zwei Herren dienen ..." ich denke, wenn wir im ersten Schritt erkennen, dass der Götze Mammon zu viel Macht in unserem Leben hat - nicht nur im Leben der Anderen - dann können wir beginnen, diesem Götzen das Kreuz zu brechen und ihn aus unserem Leben zu verweisen. Das wird nicht sehr schnell gehen, vermutlich auch nicht so weit, wie wir es vielleicht wünschen, aber es ist der entscheidende Schritt.


Es geht am Ende um viel mehr als nur finanzielle Freiheit oder um den richtigen Lagerort für meine Schätze, es geht um viel mehr als um ein Genug. Denn die im Himmel gesammelten Schätze werden wir nur genießen können, wenn wir dort auch zu Hause sind. „Wir haben hier keine bleibende Stadt, ...". Wir leben als Christen in dieser Welt, sondern aber nicht  von dieser Welt, wie Paulus es auf den Punkt bringt. Unser Heimatrecht ist im Himmel, dem wiedererlangten Paradies. Aller irdischer Besitz kann diesen Hunger nach dem Paradies nicht stillen.


Und ich habe Menschen erlebt, die durch ihre Lebensart und Ausstrahlung daran erinnern, was es heißt dieses Heimatrecht wahrzunehmen und seine Schätze am rechten Ort zu sammeln. Ihre Augen sind sprichwörtlich „Licht des Leibes". So denke ich manchmal an den jungen Farbigen, der mittellos aber glücklich mit Bibel und Gitarre am Mississippi mit mir in ein kurzes Gespräch kam, oder an den einen Freund, dessen ganzes Leben aus dem Antrieb besteht, das weiterzugeben, was ihn selbst befreit hat, oder ich denke an John Lennox, Professor in Oxford. Einen begnadeten Apologeten, dem Freundlichkeit und Witz aus den Augen strahlen. Sie alle haben den Herrschaftswechsel vollzogen und erkannt: Bei dem Herrschaftswechsel geht es nicht um die Wahl zwischen Unfreiheit durch den einen oder Unfreiheit durch den anderen Herrn, sondern um Unfreiheit und Freiheit: „Wenn euch nun der Sohn frei macht, so seid ihr wirklich frei." (Joh 8,36) Das aber ist viel mehr als jede (finanzielle) Freiheit je versprechen könnte.


 



Hans-Jörg Naumer
Frankfurt/M
E-Mail:

Bemerkung:
Vgl. http://www.twitter.com/NaumerOekonom.


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