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ISSN 2195-3171

thematisch, 2007

Predigt am Vorabend des Ruhr-Marathons, verfasst von Heinz-Dieter Krohn

Predigttext: Jesaja 40, 31

Vorbemerkung:

Im Gottesdienst könnte ein möglichst großes Mobile mit Laufschuhen jeglicher Größe hängen, das vom predigenden Menschen an passender Stelle angestoßen und in Bewegung gebracht werden kann.

 

Liebe Marathonis,  liebe laufende Gemeinde,

„So  weit die Füße tragen" hieß es auf der Einladung zu diesem Gottesdienst. Was fällt einem nicht alles ein, wenn es um die elementare Fortbewegung geht - die mit den Beinen und den Füßen. Der Camel-Mann, Dustin Hoffmann als der Marathon man, Lola rennt und vieles mehr.

Blicken wir einmal zurück in unsere ersten Lebensjahre.

Jede und jeder von uns hat es gelernt, das Laufen.  Und ist hingefallen.

Ist wieder aufgestanden und wieder hingefallen. Viele male, bis es ganz gut geklappt  hat mit dem Gehen und Laufen. An unseren eigenen Kindern können wir es noch einmal beobachten, mit welcher Beharrlichkeit sie immer wieder auf die Beine wollen und auf die Beine kommen.

Im Kindesalter zuerst staksig wurden die Bewegungen nach und nach flüssiger, gleitende Bewegungen des Laufens und das Joggen wurden möglich.

Heute, als Erwachsene, als Sportlerinnen und Sportler, Walker oder Jogger, Marathonis oder solche, die es werden wollen, haben wir andere Probleme, unterschiedliche Ansichten und Motivationen, warum wir uns eigentlich in Bewegung setzen und wohin.

Laufen ist ja nicht einfach laufen!

„Warum lauft ihr ?", habe ich nicht wenige von euch in der Vorbereitungszeit zum Ruhrmarathon gefragt.  „Und wohin lauft ihr, außer zum Zielpunkt?

Eure Antworten waren vielfältig und in ihrer Bandbreite erstaunlich:

Ich wollte meinen Frust loswerden und wurde über einen TV-Beitrag vom couch-potatoe zum motivierten Jogger.

Manche Einsteiger sagen: Wir wollen erleben, wovon andere erzählen, was sie beim Laufen erleben.

Nicht wenige erleben eine gesteigerte Wahrnehmung. Ein intensiveres Erleben der Welt, der Natur, ihrer selbst: Muskeln und Sehnen, Atem, Herz und Lunge, die Gefäße, die Verdauungsorgane, der Kopf, der Geist, die Seele.  Alles ist in unterschiedlichen Dimensionen  beteiligt.

Die häufigeren Kirchgänger nannten das Joggen: Freude an der Schöpfung Gottes.

Ein ganz wichtiges Motiv für´s Laufen war auch die Freude an der Begegnung mit anderen Läuferinnen und Läufern: Gemeinschaft im Verein und darüber hinaus, neue Kontakte und Berührungen nach dem Motto: besser gemeinsam statt einsam.

Manche - und wenn ich nicht irre, vorwiegend Männer - wollen sich selbst fordern, ehrgeizige Ziele setzen, Erfolge spüren, Grenzen überschreiten.

Fast alle stimmen darin überein, dass es beim Laufen darum geht, die Gesundheit und das Wohlbefinden zu fördern, fit zu bleiben und auch Aggressionen abzubauen.

 

Es gibt aber auch eine negative Seite des Laufens und ihr habt einige Phänomene sehr klar benannt:

Die Suchtstruktur, das nicht mehr anders können, den Zwang zu laufen.

Den falschen Ehrgeiz,  trotz Schmerzen oder Krankheit Grenzen zu überschreiten, wo es nicht gut ist. Schäden werden in Kauf genommen!

Das Laufen um seiner selbst willen: Das Laufen wird selbst zum Lebensinhalt, zum Gott: Gedanklich und emotional dreht sich alles nur noch ums Laufen, sogar Beziehungen leiden darunter. Das gibt´s!

 

Worum also geht es sinnvoller Weise beim Laufen?

Man kann niemandem vorschreiben, warum er oder sie laufen soll oder nicht.

Aber der Pastor und Freizeitjogger versucht mal seine eigene Antwort von der Bibel her, eine etwas nachdenkliche Sinngebung vielleicht.

Ich vermute, es gibt einen sehr wichtigen Unterschied in der Gemeinde der Läuferinnen und Läufer: Die einen laufen so, die anderen laufen anders.

Die einen laufen eher verbissen, setzen sich ehrgeizige Ziele, sind nicht selten frustriert, wenn sie dieses Ziel verfehlen, überfordern zuweilen sich und ihren Körper.

Die anderen sind entspannter, lockerer, vielleicht reifer.

Und dabei sein ist dabei längst nicht alles!

Es geht weniger um die Höchstleistung, es geht mehr um den Spaß und darum, das richtige Maß zu finden. Es geht auch beim Laufen um Kommunikation und nicht um Geschwindigkeit. Es geht darum, sich nicht nur mit dem Körper, sondern mit Leib und Geist und Seele zu spüren.

Es geht auch darum, Grenzen anzuerkennen.

Es geht darum, wahrzunehmen und anzunehmen, dass ich nicht jünger, letztlich auch nicht schneller und am Ende sogar ziemlich langsam werde.

Es geht darum, einen gangbaren Weg bis zu dem Punkt zu finden, wo ich eben nicht mehr gehen, geschweige denn laufen kann.

Ihr Lieben, wir alle müssen, früher oder später, einen guten Weg finden, den Marathon unseres so schönen und so anstrengenden Lebens zum Ziel zu bringen.  Wir müssen uns selbst ins Ziel bringen, auch wenn wir die letzten Meter nur noch mit Rollator oder Stock und mit der Hilfe anderer bewältigen können.

Wie das Ziel heißt, darüber kann man sich je nach Weltanschauung trefflich streiten.

Der Hobbyjoggende Pastor sagt hier seine Antwort mit der Bibel:

„Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden." (Jesaja 40,31)

Die auf den Herrn, auf Gott hoffen, genießen den Lauf des Lebens und den von Dortmund nach Essen. Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, sie laufen motiviert und beflügelt, weil sie frei sind vom Leistungsdruck. Sie laufen dankbar dafür, dass sie überhaupt zwei gesunde Beine und einen beweglichen Körper haben.

Die auf den Herrn hoffen, kommen selbst dann noch voran, wenn ihre Beine schon nicht mehr laufen:  Sie werden getragen. Durch ihr Leben. Durch Höhen und Tiefen. Über lichte Höhen und durch dunkle Täler. In Glück und Freude ebenso wie durch Trauer und Verzweiflung. Sie werden getragen, die auf den Herrn harren.

Die auf den Herrn harren, wissen um die Zerbrechlichkeit des Lebens und dass es mit Leib und Seele, mit Persönlichkeit und Beziehungen gepflegt und behütet sein will.

Die auf den Herrn hoffen, wissen darum, dass das Leben ist wie ein Mobile:

Es ist lebendig, immer in Bewegung, ich kann hier und da selbst bewegen und anstoßen, aber was daraus wird und wohin es sich bewegt, das habe ich nicht in der Hand.

Das Leben hat seine eigenen Bewegungen, es zieht seine eigenen Bahnen.

Und ich und du, wir ziehen unsere Bahnen und laufen dem Ziel entgegen.

Mögen wir am Ende voller Stolz sagen können: Ich hab´s geschafft.

Ich habe gewonnen, denn: Ich kann zurückblicken auf die Wegstrecke und sagen: es war gut so, wie es war!  Es war o.k. und ich hoffe auch jetzt noch auf den Herrn, der mir  neue Kraft gibt, dass ich auffahre mit Flügeln wie ein Adler, dass ich laufe und nicht matt werde, dass ich wandle und nicht müde werde.



Pastor Heinz-Dieter Krohn
Wichernstr. 8
44791 Bochum
E-Mail: Henri.Krohn@gmx.de

Zusätzliche Medien:
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