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ISSN 2195-3171

Konfirmation, 2015

Konfirmationspredigt 2015 zu Psalm 23 , verfasst von Christiane Borchers

Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, liebe Eltern und Großeltern, Patinnen und Paten, liebe Gemeinde!

Heute ist ein besonderer Tag: Heute feiern wir den langersehnten Tag der Konfirmation. Zwei Jahre habt Ihr Euch, liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, darauf vorbereitet. Aber auch die Eltern bereiten sich vor, planen den Tag, wie er im Kreise der Familie begangen werden soll, und überlegen, wer eingeladen wird und was es zu essen geben soll. An einem Tag wie diesem freuen wir uns, denn wir haben etwas geschafft. Wir haben etwas zum Abschluss gebracht oder besser gesagt: Es ist etwas zum Abschluss gekommen. Mit der Konfirmation seid Ihr volle Glieder der Gemeinde Jesu Christi. Gemeindeglieder wart Ihr vorher auch schon; die seid Ihr durch die Taufe geworden. Die meisten von uns sind als Babys getauft worden oder als kleine Kinder. Die Eltern, Patinnen und Paten haben stellvertretend für das kleine Kind die Antwort auf die Frage gegeben, ob dieses Kind auf den Namen des dreieinigen Gottes, also auf Gott, den Schöpfer, auf Jesus Christus und auf den Heiligen Geist, getauft werden soll. Ferner haben sie bei der Taufe versprochen, dafür Sorge zu tragen, dass das getaufte Kind im christlichen Glauben erzogen wird. Das ist in mehrfacher Hinsicht geschehen. Im Konfirmandenunterricht haben wir uns mit Fragen und Themen des christlichen Glaubens beschäftigt. Dabei kann es nur um einen Teilausschnitt gehen. Denn der christliche Glaube ist so umfangreich und vielfältig, dass ein zweijähriger Unterricht bei weitem nicht ausreicht aus. Wir lernen und wachsen im Glauben unser Leben lang. Erfahrungen, die wir im Laufe unseres Lebens machen, führen uns immer wieder zu grundlegenden Fragen: Wie kann ich Vertrauen fassen, dass mein Leben gelingt? Woher bekomme ich Kraft und Hilfe in Zeiten des Vertrauensverlustes? Wohin mit meinem Zweifel? Wer versteht mich? Wem kann ich mich anvertrauen? Wer zeigt mir die Richtung, wenn ich die Orientierung verliere? Wie finde ich den Weg, den Boden, der meinen Füßen Grund und Halt gibt. Der Grundstock des christlichen Glaubens wird im Konfirmandenunterricht gelegt, aber auch im Elternhaus, z. B. wenn die Mutter abends beim Zubettgehen mit dem Kind betet oder wenn die Eltern ihrem Kind einen christlichen Glauben vorleben, ohne dass er ausdrücklich so benannt wird. Nächstenliebe ist ein grundlegendes Gebot, dessen Wurzeln im Ersten Testament liegen und das Jesus besonders hervorgehoben hat. Es ist Gottes Wunsch und Wille, den Nächsten zu achten und zu schützen, ohne sich dabei selbst zu vergessen. Christlicher Glaube wird im Gottesdienst gelernt, gestärkt und eingeübt. Jede/r glaubt zwar für sich persönlich, aber in der Gemeinschaft wächst er und wird stark. Glaube, Liebe, Hoffnung: Diese drei gehören zusammen und bilden eine Einheit in der Dreiheit. Diese drei können wir mit Gott, Jesus Christus und dem Heiligen Geist in Beziehung setzen. Die Konfirmation ist nicht mehr als die Taufe. Die Konfirmation erinnert an die Taufe, in der Gott dem Täufling seine Liebe und Treue zusagt. Der kirchliche Unterricht ist ein nachgeholter Taufunterricht. Der Täufling soll wissen, was die Taufe bedeutet und wie es sich mit der christlichen Lehre verhält. Nun seid Ihr keine „fertigen“ Menschen, liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, die alles wissen und die nichts mehr lernen müssen. Ihr seid junge Menschen, die den Sprung ins Leben wagen. Noch geht Ihr zur Schule, Ihr werdet bald eine Ausbildung anfangen oder noch weiter zur Schule gehen. Heutzutage dauern die Ausbildungen viel länger als früher. Früher galt ein junger Mensch mit der Konfirmation als erwachsen. Die Kindheit war vorüber, die Arbeit oder das Berufsleben begann. Durch die Konfirmation schimmert noch ein Rest des Beginns des Erwachsenenlebens durch, wenn der junge Mensch ab der Konfirmation mehr Rechte erlangt. Das gilt in der Kirchengemeinde, aber auch in manchen Familien. Vielleicht trägt der Konfirmierte an diesem Tag das erste Mal einen Schlips, darf auf der Familienfeier sein erstes alkoholisches Getränk in Gegenwart der Eltern trinken. Die jungen Mädchen tragen heute vielleicht das erste Mal hohe Hackenschuhe und geben sich ganz damenhaft.

Konfirmation – ein Tag der Freude und vielleicht auch ein bisschen der Wehmut. Die Konfirmandengruppe, in der wir gemeinsam Spaß hatten, ist zu Ende. Die Eltern merken: meine Tochter, mein Sohn wird bald groß sein. Die Tochter, der Sohn entwächst dem Kindesalter, das ist nicht zu übersehen. Sie sind auf dem Sprung in die Freiheit, werden mehr und mehr nach ihren eigenen Vorstellungen leben. Auf dem Weg ins Unbekannte, in einen neuen Lebensabschnitt sagt Gott ihnen heute bei ihrer Konfirmation seine Begleitung und seinen Schutz zu. Welche anderen Worte als die des 23. Psalm könnten Gottes Beistand, Begleitung und Leitung besser ausdrücken: Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Grüne Auen, frisches Wasser sind Bilder für Fülle, Freude und reiche Nahrungsquellen. Ich sehe sie vor mir, die grünen Auen und saftigen Wiesen; Kühe grasen auf der Weide und Schafe am Deich. Die Tiere leben nach ihrer Bestimmung. Sie sind draußen in der Natur, gemeinsam mit den anderen Kühen oder Schafen. Eine Kuhherde auf der Weide oder eine Schafherde am Deich, ein Bild der Harmonie und des Friedens, wecken Freude in mir. Grüne Auen, frisches Wasser: Das frische Wasser erquickt nach einer langen Wanderung in der Hitze. Frisches Wasser spendet nach Durst und Erschöpfung neue Kraft. Wo Wasser ist, setzt das Leben sich fort. Wer immer genügend Wasser hat, leidet keinen Mangel. Das Bild von den grünen Auen und vom frischen Wasser sind Sinnbilder für Zeiten in unserem Leben, in denen es uns rundum gut geht. In der Familie, in der Nachbarschaft und im Bekanntenkreis fühlen wir uns wohl; wir haben Freundinnen und Freunde, wir haben Erfolge, der Alltag verläuft zufriedenstellend und reibungslos, wir sind gesund, genießen besondere herausragende Feste. Wir leiden keinen Mangel und haben Leben in Fülle. Gott führt uns auf rechter Straße und erquickt unsere Seele. Diesen Worten des Psalmbeters stimmen wir in Zeiten, in denen wir uns wohlfühlen, unumwunden zu. Der Psalmbeter des 23. Psalms weiß aber auch, dass es nicht nur helle erfüllende Tage gibt, er kennt auch dunkle Zeiten. In keinem Menschenleben gibt es ausschließlich Freude und Glück. Vor allem die Älteren unter Ihnen, die eine reiche Lebenserfahrung haben, können sich gut etwas darunter vorstellen, wenn der Psalmbeter spricht: „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal …“. Aber auch junge Menschen haben es nicht immer leicht. Auch sie kennen bereits Geschichten von dunklen Tälern. Das dunkle Tal – das ist: Einsamkeit und Ausweglosigkeit. Das dunkle Tal – das heißt: das Licht und die Sonne nicht sehen. Das dunkle Tal – das bedeutet: Angst und Hoffnungslosigkeit.

Da ist eine junge Frau, die fühlt sich total verlassen und allein. Ihre Freundinnen haben Partner gefunden, Familien gegründet. Sie selbst findet und findet keinen passenden Partner. Es gab schon mal jemanden, für den sie sich interessierte. Sie war leidenschaftlich in ihn verliebt. Aber er konnte sich nicht auf sie einlassen. Er war zögerlich und wollte sich nicht festlegen. Sie brauchte aber Verlässlichkeit und Verbindlichkeit. Wie sollte sie sonst ein Leben mit ihm gemeinsam führen? Wie ein Kind großziehen? Ganz schlimm wurde es, als ihre Mutter starb. Jetzt ist sie vollends allein. Sie hätte sie so gebraucht, sie noch so viel fragen wollen, so viel sagen wollen. Jetzt ist sie vollkommen auf sich allein gestellt. Manchmal weiß sie nicht mehr, wofür sie leben soll. Ist dies das dunkle Tal, wovon der Psalmbeter spricht? Wann würde Gott sie hier herausholen? Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Sie begreift nicht, warum Gott sie dieser Verlassenheit aussetzt. Warum führt er sie nicht aus ihr heraus? Sie hat doch nichts getan, als dass sie diese Verlorenheit verdient hätte. Dein Stecken und Stab trösten mich. Ein Hirte hält seine Schafherde mit dem langen Stecken zusammen. Wohl trennt er auch kämpfende Schafböcke mit ihm. Mit dem kürzeren Stab schlägt er auf Feinde ein und vertreibt sie. Wollte Gott doch auch ihre Widersacher, die ihr das Leben schwermachen, vertreiben. Denn bestimmte Menschen in ihrer Umgebung lassen sie einfach nicht in Ruhe, rauben ihr den Schlaf und ihre Gesundheit. Dunkle drohende kalte Tal-Erfahrungen lassen sie frösteln. Doch du bist bei mir, deckst mir den Tisch im Angesicht meiner Feinde. Erstaunlich, denkt die junge Frau, wie aktuell der Psalm in meine Situation spricht. Sie weiß: Mit dem Angesicht der Feinde hat der Psalmbeter die Feinde Israels gemeint, die es von allen Seiten umlagerten. Doch irgendwie ist das auch ihre Situation. Du gibst mir zu essen, Gott, dass ich nicht verhungern muss, dass ich mich stärken kann, obwohl meine Widersacher sich wünschen, dass ich scheitern soll. Du salbest mein Haupt mit Öl…. Könige im Ersten Testament werden gesalbt. Das gilt als eine besondere Ehre und ist ein Zeichen dafür, dass sie von Gott angenommen sind. Jesus wird gesalbt. Frauen salben ihn auf seine Auferstehung hin. Würde auch sie auferstehen zu neuem Leben, fragt die junge Frau sich und den Weg wieder finden, wenn nur erst das dunkle Tal durchschritten ist? Sie wünscht es sich von ganzem Herzen. Sie sehnt sich so sehr nach der Sonne und dem Licht.

Ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar. Mit diesen Worten endet der 23. Psalm. Im Haus Gottes ist Schutz und Schirm. Mit dem Haus Gottes meint der Psalmbeter ganz konkret den Tempel in Jerusalem, in dem Gottes heilige Gegenwart einen irdischen Ort gefunden hatte. Den Tempel von Jerusalem, von dem der Psalmbeter spricht, gibt es nicht mehr. Er ist zerstört worden. Dennoch bleibt die Aussage bestehen: Ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar. Das Haus Gottes, das ist die Liebe, die mich birgt und trägt. Das Haus Gottes, das ist der Ort, an dem ich mich sicher und geborgen fühle. Das Haus Gottes ist hier auf Erden bei Menschen, bei denen ich mich wohlfühle. Das sind Menschen, die mich mögen und die zu mir stehen, die mir helfen und die mich trösten, die aufmuntern und mir echten Mut machen, ohne Probleme zu bagatellisieren und zuzukleistern. Das Haus Gottes erwartet uns einst in Ewigkeit, wenn wir heimkehren in unsere himmlische Heimstatt.

Wir leben hier auf Erden, und sind doch im Himmel verwurzelt. Wir leben hier unseren christlichen Glauben, üben Nächstenliebe und lassen es uns zu Herzen gehen, wenn ein Mensch und eine Kreatur leiden. Grüne Aue und frisches Wasser hat Gott für jeden Menschen vorgesehen, und wenn Menschen in Bedrängnis kommen, führt er sie an seiner rechten Hand und geleitet sie durch die Finsternis hindurch.

Ihr, liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, geht den Weg ins Leben. Ihr habt frische Ideen und jungen Mut. Wir Älteren dürfen uns anstecken lassen von Eurem Schwung und Eurer Lebenskraft. Die Zukunft liegt vor Euch. Auch wenn Ihr manches vergesst, was Ihr im Konfirmandenunterricht gelernt habt, so behaltet im Gedächtnis, dass Gott Euch seine Liebe und Treue verheißt, dass er euch führen und leiten wird durch alle Eure Tage. Ihr könnt Euch darauf verlassen, dass Gott an Eurer Seite steht. Und wenn Ihr glaubt, es geht nicht weiter, und Ihr seht vor dunklen Wolken den lichten Himmel nicht, so erinnert Euch daran, dass Ihr getauft und konfirmiert seid. Taufe und Konfirmation sind ein äußerliches Zeichen für Gottes Zuwendung und Barmherzigkeit. Er wird Euch führen wie ein Hirte seine Herde und auf Euch aufpassen. Amen.

EG, Nr. 445, Strophe 1, 5: Gott des Himmels und der Erde …      

 



Dipl.-Theol. Pfarrerin Christiane Borchers
Emden
E-Mail: christiane.borchers@web.de

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