Göttinger Predigten

Choose your language:
deutsch English español
português dansk

Startseite

Aktuelle Predigten

Archiv

Besondere Gelegenheiten

Suche

Links

Konzeption

Unsere Autoren weltweit

Kontakt
ISSN 2195-3171

Konfirmation, 2015

zu Johannes, 6,66-69, Wohin sollen wir gehen? , verfasst von Heike Köhler

Liebe Konfirmanden und Konfirmandinnen, liebe Festgemeinde!

Wohin sollen wir gehen? Wo sollen wir uns hinstellen? Wann sollen wir aufstehen? Kommt Jonas zuerst oder ich? Geht Mareike vor oder Lena?

Wohin sollen wir gehen? Was sollen wir tun?, so fragtet ihr am Freitag, als wir den Einzug für die Konfirmation geprobt haben. Alle waren furchtbar aufgeregt und hibbelig. Wie wird das wohl werden am Sonntag, wenn dann auch noch alle zu gucken?

Ihr habt es geschafft und seid wohl behalten hier vor dem Altar  angekommen!

Toll seht ihr aus, richtig erwachsen!

Groß seid ihr geworden in den letzten beiden Jahren, kaum wieder zu erkennen.

Wohin sollen wir gehen?

Na ja, im Anschluss an den Gottesdienst werdet ihr erst einmal mit euren Familien zum Essen gehen, werdet euch feiern lassen. An diesem Tag werdet ihr im Mittelpunkt stehen.

Das habt ihr euch auch redlich verdient!

Übermorgen geht es wieder zurück in den Alltag, in die Schule, den Sportverein, die Clique.

Aber bevor wir euch dorthin entlassen, wollen wir euch anders entlassen, wollen euch konfirmieren! Konfirmieren, ist ein lateinisches Wort und bedeutet „bestärken, ermutigen“.

„Bestärken, ermutigen“ wollen wir euch, anders durchs Leben zu gehen, eben gestärkt und ermutigt durch das, was ihr in den letzten Jahren erlebt und erfahren habt.

Wohin sollen wir gehen?

Die Zeit des gemeinsamen Suchens und Fragens geht für euch Konfis heute zu Ende. Zwei Jahre lang haben wir uns einmal im Monat getroffen. Haben zwei Freizeiten miteinander durchlebt, waren im Kino, haben den Bonhoeffer-Film gesehen, sind zusammen nach Bethel gefahren und vieles mehr. (regional ergänzen) Zwei Jahre habt ihr euch auf den Weg gemacht, nach dem Geheimnis des Glaubens zu suchen und zu fragen. Manche eurer Fragen werden sicherlich unbeantwortet geblieben sein, manches wird neue Fragen aufgeworfen haben. Jedenfalls wart ihr eine Konfigruppe, die viele Fragen hatte… (regional ergänzen)

Wohin sollen wir gehen?

Auch Erwachsene brauchen Orientierung und so ist diese Frage nicht nur eine Frage, die die Konfirmanden und Konfirmandinnen beschäftigt, sondern auch eine, die uns, die wir in der Verantwortung gegenüber den jungen Menschen stehen, beschäftigt. Eine Frage an mich als Pastorin, an den Kirchenvorstand, an Sie als Eltern, Stiefeltern, Großeltern, Paten und Patinnen. Es ist auch als Erwachsene gut, sich immer einmal wieder klar zu machen, was gibt mir in meinem Leben Halt und Sinn, wohin soll es eigentlich gehen?

Ich sehe schon in ihren Gesichtern, das ist gar nicht so einfach. Das Alles so in Worte zu fassen, darüber reden wir selten, höchstens unter ganz engen Freunden oder in der Familie. Jedenfalls sie haben ihren Kindern den Weg in den Konfirmandenunterricht geebnet und werden sich etwas dabei gedacht haben!

 

Der Predigttext für den heutigen Konfirmationssonntag erzählt, wie könnte es anders sein, von Jesus und seinen Jüngern und Jüngerinnen von einer schwierigen Begegnung, davon wie Jesus versucht Klartext mit ihnen zu reden, was das Wesentliche in ihrem Leben sein solle.

Harte Kost für Viele, unverdauliches Brot für die Meisten!

 

Jesus hat geheilt, das Brot vermehrt, den See gestillt, er hat zu den Jüngern und Jüngerinnen gesprochen und hat gesagt, sucht nicht weiter nach dem Brot, das Euch satt macht. „Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmer mehr dürsten.“

Glaubt Ihr das? Glaubt Ihr mir? Wer an mich glaubt, der hat das ewige Leben.

Da fingen die Jünger und Jüngerinnen an und stritten untereinander, denn sie ärgerten sich über das, was Jesus gesagt hatte. Fühlten sich angegriffen, unverstanden, vor den Kopf gestoßen. So ganz genau erfahren wir nicht, was geschehen war.

Fakt ist, sie gehen weg.

Und natürlich macht sich Jesus seine Gedanken, ist doch klar! Viele der Jünger und Jüngerinnen waren ihm ja bislang überall hin gefolgt, hatten sozusagen an seinen Lippen gehangen und jetzt auf einmal wollten sie nichts mehr mit ihm zu tun haben. Dass er da enttäuscht ist, irritiert, ja vielleicht auch verängstigt, kann man sich gut vorstellen.

Und dass Jesus sich versichern möchte, ob denn wenigstens seine engsten Jünger bei ihm bleiben, kann ich mir auch  gut vorstellen.

Und so heißt es im Johannes-Evangelium 6,66-69:

 

Da fragte Jesus auch seine engsten Jünger:

Wollt ihr auch weggehen?

Da antwortete ihm Simon Petrus:

Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens;

und wir haben geglaubt und erkannt: Du bist der Heilige Gottes.

 

„Wir haben geglaubt und erkannt“ – starke Worte, ein starkes Bekenntnis des Simon Petrus!

Ich kann ihn mir vorstellen, ein ungläubiger vorwurfsvoller Blick, wie kann er so etwas fragen? Wohin sollten wir wohl gehen? „Wir haben geglaubt und erkannt!“

Wir verlassen dich nicht - wir folgen dir nach!

Die bekannte Theologin Dorothee Sölle hat das einmal in ihren Worten so gesagt:

„Du sollst ihm helfen

das ist der glaube

er schafft es nicht

sein reich

damals später und bislang

jedenfalls nicht ohne dich

ebendies ist seine unbezwingliche werbung.“

 

Jesus braucht die Jünger und Jüngerinnen, er braucht uns, er braucht euch Konfis, ohne uns ließe sich die gute Nachricht nicht verbreiten, die froh machende Botschaft nicht verwirklichen.

Ich gebe zu, es ist nicht gerade „in“, in der Kirche zu sein. Kirche hat den Ruf spießig und langweilig zu sein, nicht up to date, auf der Höhe der Zeit zu sein. Einfach uncool!

Und trotzdem, ihr seid noch hier, habt noch nicht das Weite gesucht, habt Entdeckungen gemacht, die euer Bild von Kirche und Glauben verändert haben.

Auf die Frage, was ihr gut fandet am Konfirmandenunterricht, fiel den meisten von Euch die Fahrt nach Bethel ein, zu erleben, dass da Leute, „die anders sind“, ein ganz normales Leben leben und auch noch cool rüber kommen. Oder die Teamer, die Euch in der Konfirmandenzeit begleitet haben. Den Gottesdienst, den ihr mit der Kirchenband zusammen gestaltet habt.

Aus welchen Gründen ihr Euch nun auch entscheidet, konfirmiert zu werden, ich denke, ihr habt in den letzten zwei Jahren erlebt, dass Kirche auch anders sein kann! Dass es sich für Euch lohnt, dabei zu sein! Dass ihr ein Gefühl dafür bekommen habt, dass der Glaube Euch durch schwierige Zeiten tragen kann.

 

Das Leben ist manchmal ganz schön anstrengend – auch für Euch Jugendliche. Dass es ein schwieriges Alter ist, in dem ihr Euch zur Zeit befindet, merkt Ihr daran, dass die Erwachsenen immer anstrengender und schwieriger werden. Viele Konflikte reißen Euch hin und her. Ärger zu Hause, Ärger in der Schule, und dann auch noch im Konfer, erste große Liebe. Wichtige Erfahrungen, die ihr macht. Sie machen das Leben aber nicht einfacher, eher kompliziert und anstrengend. Immer mehr Entscheidungen müsst Ihr selber treffen/dürft ihr selber treffen!

Woran werdet ihr Euch orientieren? Mach ich es so, wie mein bester Kumpel? Oder wie meine Freundinnen es mir raten? Oder schlagt ihr einen ganz eigenen Weg ein? Macht ihr euch unabhängig von allen anderen? Schaut ihr im Internet nach?

 

Ihr werdet auf die Nase fallen, Fehler machen, verzweifelt sein.

Vielleicht auch das Gefühl bekommen, verlassen zu sein von allen guten Geistern und von den Menschen. Wahrscheinlich werdet Ihr Euch nicht nur einmal fragen, war der Weg, den ich eingeschlagen habe richtig?

Wohin sollen wir gehen? Das ist eine Frage, der wir uns immer wieder an wichtigen Schnittstellen im Leben stellen müssen.

Will ich weiter zur Schule gehen oder eine Ausbildung anfangen?

Will ich heiraten und Kinder haben? Wo will ich leben?

 

Was gibt mir Halt und Orientierung?

Worauf sollen wir hören? (evtl. mit verteilten Rollen an unterschiedlichen Orten in der Kirche lesen)

Worauf sollen wir hören, sag uns worauf?

So viele Geräusche - welches ist wichtig? So viele Beweise - welcher ist richtig? So viele Reden - ein Wort ist wahr.

Wohin sollen wir gehen, sag uns wohin?

So viele Termine - welcher ist wichtig? So viele Parolen - welche ist richtig? So viele Straßen - ein Weg ist wahr.

Wofür sollen wir leben, sag uns wofür?

So viele Gedanken - welcher ist wichtig? So viele Programme - welches ist richtig? So viele Fragen - die Liebe zählt.

Aus: Lothar Zenetti, Auf Seiner Spur. Texte gläubiger Zuversicht (= Topos plus Taschenbücher, Bd. 327), Mainz (Matthias-Grünewald-Verlag) 2000.

 

 

Worauf sollen wir hören?

„Wohin sollen wir gehen?“

Wofür sollen wir leben?

Simon Petrus, der Mann von dem Jesus sagt, auf dir will ich meine Kirche bauen, hat seine Antwort auf alle drei Fragen gefunden: Du, bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes. Dir folge ich nach!

Ich fände es richtig klasse, wenn wir euch nachher fragen, ob ihr euch konfirmieren lassen wollt und ihr lässig antworten würdet: „Klar, wohin sollten wir sonst gehen? Das ist unser Weg, der mit Jesus!“

Na ja, für einige von euch mag das vielleicht jetzt schon zu treffen, aber für die meisten war doch die Zeit des Konfirmandenunterrichts erst ein Anfang. Und wird vielleicht jetzt auch erstmal wieder nach den zwei intensiven Jahren in den Hintergrund treten. Da machen wir uns nichts vor!

Einer, der sich in die Nachfolge Jesu gestellt hat, haben wir im Konfirmandenunterricht kennengelernt. Dietrich Bonhoeffer – wir haben den Film über ihn mit Ulrich Tukur in der Hauptrolle gesehen. Vor 70 Jahren am 9.4.1945 wurde er durch die Nationalsozialisten im KZ Flossenbürg hingerichtet. Es ist für euch heute sicher kaum vorstellbar, dass es vor 70 Jahren in Deutschland gefährlich sein konnte, sich bei seiner Konfirmation zur Kirche zu bekennen.

Bekennende Kirche nannte sich die Kirchenbewegung, die sich gegen Hitler stellte, die sich für die durch die Nationalsozialisten Verfolgten einsetze. Bonhoeffer hat nicht nur die Bekennende Kirche gegen die Nationalsozialisten verteidigt, er hat sich auch dem Widerstand gegen Hitler angeschlossen und wurde deshalb hingerichtet. Für viele Christen und Christinnen wurde er zu einem Vorbild im Glauben. Dietrich Bonhoeffer ist einen radikalen Weg des Glaubens gegangen, das kann nicht jeder/jede. Aber das, wovon er sich getragen fühlte, in seinen Wegentscheidungen, hat er in seinem wohl bekanntesten Gedicht formuliert als Ermutigung und Bestärkung für viele:

„Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“

Amen



Oberkirchenrätin Dr. Heike Köhler
Hannover
E-Mail: Heike.Koehler@evlka.de

Zusätzliche Medien:
medien


(zurück zum Seitenanfang)