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ISSN 2195-3171

Katastrophen, 2016

Pray for Belgium / Munich, verfasst von Ulrich Nembach

Pray for Belgium / Munich

 


Liebe Gemeinde,

Pray for Belgium – das ist wohl das meist gepostete Wort zurzeit, Bete für Belgien. Ja, das kann, muss man sagen. Man muss zum Gebet aufrufen. Was den Belgiern am 22. März 2016 geschah, schreit nach Hilfe, nach der Hilfe Gottes selbst. Der Terror war zu gewaltig, als dass er mit guten Worten beantwortet werden könnte.

Nun kamen die Geschehnisse in München hinzu. Wir können nur erneut zu Gott rufen, ihn um Hilfe bitten.

Die Hilfe wird von Gott erwartet. Ob alle an Gott glauben, die nach dem Gebet für Belgien posten, weiß ich nicht, aber ich weiß, dass sie richtig liegen. Soll ich sagen, dass sie instinktiv richtig liegen?

1.

Paulus schrieb einst ein Wort an die Korinther, an die Gemeinde. Es ist kein leichtes Wort, jedoch ein tröstendes Wort. Hören Sie selbst. Paulus spricht von Gott, an den unser Gebet für Belgien und nicht nur für Belgien geht. Paulus sagt (2. Kor. 1,4):

„Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes, der uns tröstet in aller unserer Trübsal, damit wir auch trösten können, die in allerlei Trübsal sind, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott.“

Gott tröstet uns, damit wir trösten können.

Wir als Predigende, wir als Christen sind aufgerufen zu trösten. Aber wie sollen wir das können, wo das Entsetzen uns die Sprache verschlägt? Der Nächste ist und bleibt unser Nächster, auch und gerade in der Not. Darum müssen wir den Nächsten, die Belgier, trösten. Müssen und das können, was wir müssen, ist nicht dasselbe. Das weiß auch Paulus. Deshalb verweist er auf Gott. An ihn richtet sich unsere Bitte. Er möge helfen, damit wir helfen können.

Die Täter von Brüssel konnten töten. Leben zu geben vermögen sie nicht. Zu trösten vermögen sie nicht. Sie wollten Trauer, Entsetzen verbreiten. Das können sie, aber sie können nicht trösten.

Wir leben zurzeit in Zeiten, die uns den Trost bei Gott suchen lassen. Wir bereiten uns auf das 500-jährige Reformationsjubiläum 2017 vor. Das Gedenken an Luther lässt uns erinnern an Psalm 46. Dort heißt es: „Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben.“ Luther dichtete 1529 auf dieser Basis sein Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“. Er hatte 1521/22 auf einer Burg, der Wartburg, Schutz gefunden. Damals war sein Leben bedroht gewesen. Jeden Tag hätte er umgebracht werden können.

Luther ging noch weiter. Die 3. Strophe seines Liedes lautet:

„Und wenn die Welt voll Teufel wär
und wollt uns gar verschlingen,
so fürchten wir uns nicht so sehr,
es sollt uns doch gelingen…“

3.

Die Terroristen in Belgien hatten sich die Karwoche ausgesucht. Die Terroristen hatten sich diese Woche ausgesucht. Dabei haben sie nicht bedacht, was die Karwoche beinhaltet. In dieser Woche gedenken wir an Jesus, an sein Leiden, ja, an seinen Tod. Am Anfang der neuen Woche – so die Zählung im damaligen Israel und auch bei uns bis vor einigen Jahren – steht die Auferstehung. Gott lässt Jesus nicht im Tod.

Was das heißt, können wir uns kaum vorstellen, wir, die wir die Toten und Verletzten von Brüssel sehen, wir, die wir immer wieder an Gräbern von Freunden und Verwandten stehen. Aber es sind auch wir, die bekennen, von Jesus sagen:

“…gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes“.

Und dann fahren wir im Glaubensbekenntnis fort mit den Worten:

„am dritten Tag auferstanden von den Toten.“

 

4.

Vielleicht werden wir in diesem Jahr besser als sonst verstehen, was Tod und Leben heißt, was es bedeutet, dass die Terroristen töten, aber nicht lebendig machen können. Christus stand am Ostermorgen auf von den Toten.

Paulus schreibt auch, ich zitiere ihn noch einmal:

„Tod, wo ist dein Sieg?
Tod, wo ist dein Stachel?“ (1. Kor. 15,55).

Wer nun meint, dass ich zu sehr theologisch rede, den Schmerz nicht sehe, der irrt. Die Rede „Pray for Belgium / Munich“ basiert auf dem Vertrauen zu Gott, ja, dem Wissen, dass nur Gott hier helfen kann. Nicht zu trauern, wäre vermessen. Nicht zu trauern, wäre töricht, würde die Trauer noch steigern; aber nur zu trauern, würde nicht Ostern erkennen.

Amen

 

 

 

 

 



Prof. Dr. Dr. Ulrich Nembach
Göttingen
E-Mail: ulrich.nembach@theologie.uni-goettingen.de

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