Göttinger Predigten

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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

4. Sonntag nach Trinitatis, 15.06.2008

Predigt zu Römer 12:17-21, verfasst von J.-Stephan Lorenz

Liebe Gemeinde,

wenn man alle Texte, die wir heute gehört haben, auf sich wirken läßt, dann könnte man auf die Idee kommen und sagen: Christentum ist irgendwie das, was man tun muss oder soll. So könnte man auch unseren heutigen Predigttext hören. Es ist, wie die Epistellesung ein Abschnitt aus dem Brief des Apostel Paulus an die Gemeinde in Rom:

Vergelte niemandem Böses mit Bösen, sondern schreibe das Gute für alle auf deine Fahnen. Halte, wenn möglich mit allen Frieden. Übe nicht Rache auf eigene Faust, sondern überlaß Zorn, Gericht und Rache Gott. Denn nach der Schrift sagt Gott: „Mein ist die Rache, ich allein will vergelten." Gib vielmehr deinem Feind zu essen, wenn er Hunger hat. Gib ihm zu trinken, wenn er Durst hat. Wenn du das tust, so wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln« (Sprüche 25,21-22).Laß dich nicht vom Bösen überwältigen, sondern überwinde das Böse durch das Gute." (Röm. 12, 17 - 21)

Irgendwie klingt das nach Moral. Oder etwa so, wenn eine besorgte Mama ihrem Filius hinterherruft: "Putz dir die Nase, Junge. Pass auf, dass deine Socken kein Loch bekommen. Kämm` dir die Haare. Und benimm dich!" Und wir reagieren dann auf solche Sätze mit einem: „Ja, Mama!" und denken vielleicht: „Kannst du nicht einmal die Klappe halten!"

So könnte man/frau diese Sätze verstehen. Und innerlich abhaken.

Aber ich denke, damit würde sich Paulus und die anderen, die heute zu Wort gekommen sind, ziemlich mißverstanden fühlen. Alle diese Sätze haben einen Zusammenhang.

Um welchen Zusammenhang geht es ?

Nehmen wir den Satz: "Vergeltet niemandem Böses mit Bösem!"

Das ist deshalb gesagt, weil wir Christen sagen: "Gott vergilt nicht Böses mit Bösem." Denn wir alle hier wissen: Gott handelt nicht mit uns so, wie wir es verdient hätten. Viele Texte der Bibel erzählen Geschichten, wo Menschen sich nicht so verhalten, daß es ihnen und anderen am Ende besser geht.

Aber Gott rächt sich deswegen nicht an seinen Geschöpfen und bestraft sie noch obendrein, sondern gerade die Geschichte Jesu Christi im Neuen Testament erzählt doch: Gott nimmt das, was unser Leben zur Hölle macht, hinweg von uns. ER vergilt Böses mit Gutem.

Und gerade dort, wo sich Menschen gegen Gott richten, wendet er sich ihnen trotzdem zu.

Das ist der Zusammenhang, in dem Paulus seinen Text schreibt. Von dieser Geschichte Gottes mit uns leben wir. Gott wendet uns in Jesus Christus sein freundliches Angesicht zu und lässt sich selbst hinrichten an unserer Stelle. Gott ist aufs Gute bedacht, nicht aufs Böse. Wir haben einen menschenfreundlichen Gott, der uns zugute Mensch wird. Der Friede zwischen Gott und Mensch, den der Mensch in seiner Sünde - also auf Grund unserer falschen Vorstellung von Gott und uns selbst - gebrochen hat, wird von Gott wiederhergestellt. Gott macht Frieden zwischen sich und uns. "Christus ist unser Friede!", heißt es in der Bibel an anderer Stelle.

Wenn Paulus uns auffordert, die hungernden und dürstenden Feinde zu speisen und zu tränken - dann denke ich ans Abendmahl. Da sind wir Gäste am Tische Jesu Christi. Wir dürfen essen und trinken, auch wenn wir eine Einladung nicht verdient haben oder meinen unser Nachbar sei hier jedenfalls fehl am Platz. Gott lädt uns alle ein zu seinem Fest. So überwindet Gott das Böse mit Gutem.

 

So ist die erste Erkenntnis, wenn wir den Text bedenken, diese:

sie erinnern zuerst an Gottes Tun für uns. Er hat das Böse überwunden. Er ist Mensch geworden, uns zugute. Er ist am Kreuz gestorben - uns zugute. Und er ist auferstanden - uns zugute. Gott hat Böses nicht mit Bösem vergolten, sondern hat uns reich beschenkt. Das ist die Mitte unseres Glaubens, daran uns immer wieder zu erinnern, kommen wir im Gottesdienst zusammen.

Der Römerbrief, dem unsere Verse entstammen, hat elf Kapitel lang von diesem Handeln Gottes gesprochen. Gott ist uns gnädig, er will uns als Mitarbeiter in seinem Werk gewinnen, ER glaubt an uns zuerst, trotz unseres menschlichen schuldhaften Verhaltens.

Und dann kommt das zwölfte Kapitel im Römerbrief in dem unser Text steht. Hier denkt Paulus darüber danach, wie das ist, wenn Menschen anfangen, sich mit diesem Gott zu identifizieren.

Und er weiß, wenn er seine Sätze schreibt: Menschen - auch Christen - vergelten Böses mit Bösem. Das geschieht fast immer und überall. Es liegt an unseren menschlichen Vorstellungen über uns und Gott. Schon im Kindergarten und in der Schule ist das der Alltag, wie wir diese Woche über ein Bückeburger Gymnasium lesen konnten. Wenn ein Kind getreten wird, tritt es zurück. Und bei uns Erwachsenen ist es ja nicht anders, nur oft subtiler. Wir bedienen uns anderer Mittel, wir treten nicht, aber wir reagieren schon. Wer uns weh tut, dem zeigen wir, was eine Harke ist. "Der kann schon noch was erleben." Ob es im Beruf ist, unter Freunden oder auch innerhalb von Familien: Wir sorgen schon dafür, dass wir zu unserem vermeintlichen Recht kommen. Denn das ist ja scheinbar unser Recht: zurück treten, wenn wir getreten worden sind. Wir setzen unser Recht durch. Wir bekommen es immer wieder gesagt und vorgeführt.

Aber Paulus sagt, wenn wir uns mit dem Gott, der uns gnädig ist, identifizieren können, ist es uns möglich, uns anders zu verhalten. Und dann hören wir diese Worte auch ganz anders, z.B. so:

Wenn du dich mit dem gnädigen Gott identifizieren kannst, so wie du ihn in Jesus Christus kennengelernt hast, dann wirst du niemandem Böses mit Bösem vergelten wollen . .... dann wirst du mit allen Frieden halten können. ...

Wenn du dich mit dem gnädigen Gott identifizieren kannst, so wie du ihn in Jesus Christus kennengelernt hast , dann wirst du nicht Rache auf eigene Faust üben wollen, sondern Zorn, Gericht und Rache Gott überlassen. ...

Wenn du dich mit dem gnädigen Gott identifizieren kannst, so wie du ihn in Jesus Christus kennengelernt hast, dann wirst du vielmehr deinem Feind zu essen geben wollen, wenn er Hunger hat und ihm zu trinken geben, wenn er Durst hat.

Wenn du dich mit dem gnädigen Gott identifizieren kannst, so wie du ihn in Jesus Christus kennengelernt hast, dann wirst du dich nicht vom Bösen überwältigen lassen wollen, sondern das Böse durch das Gute überwinden können.

Das liest und hört sich doch ganz anders an !

Wir Christen sind selber Eingeladene. Eingeladen von der Güte und Gnade Gottes. Und darum können sie seine Güte und Gnade weitergeben. Werden Frieden stiften können, Gutes tun können, werden die, die Speise nötig haben, mit Nahrung versorgen. Wie es z. B durch "Brot für die Welt" geschieht.

Diese Dynamik zum Guten hin sieht Paulus als Weg der Christenmenschen. Nicht, weil wir jetzt schon bessere Menschen wären. Sondern weil wir uns identifizieren können mit dem menschenfreundlichen Gott und deshalb anders fühlen und handeln können. Wir brauchen dabei keine Wundertäter und auch keine Welterneuerer, zu sein , sondern werden jetzt da, jetzt dort, jetzt so, jetzt anders das Böse durch das Gute überwinden. Wir kommen her von Gottes Güte und werden seine Güte weitertragen. Weil dieses Glück keiner für sich behalten kann.

Wenn du dich mit dem gnädigen Gott identifizieren kannst, so wie du ihn in Jesus Christus kennengelernt hast, dann wirst du niemandem Böses mit Bösem vergelten wollen . .... dann wirst du mit allen Frieden halten können. ...

Wenn du dich mit dem gnädigen Gott identifizieren kannst, so wie du ihn in Jesus Christus kennengelernt hast , dann wirst du nicht Rache auf eigene Faust üben wollen, sondern Zorn, Gericht und Rache Gott überlassen. ...

Wenn du dich mit dem gnädigen Gott identifizieren kannst, so wie du ihn in Jesus Christus kennengelernt hast, dann wirst du vielmehr deinem Feind zu essen geben wollen, wenn er Hunger hat und ihm zu trinken geben, wenn er Durst hat.

Wenn du dich mit dem gnädigen Gott identifizieren kannst, so wie du ihn in Jesus Christus kennengelernt hast, dann wirst du dich nicht vom Bösen überwältigen lassen wollen, sondern das Böse durch das Gute überwinden könnendas Böse durch das Gute überwinden können.

Und der Friede Gottes Heiliger Geist befestige diese Worte in eurem Herzen, damit ihr sie nicht nur gehört habt, sondern auch im Alltag als wahr erfahrt, auf daß euer Glaube zunehme und ihr endlich selig werdet, durch Jesus Christus unseren Herrn. Amen



Pastor J.-Stephan Lorenz
Beauftragter für den Pastoralpsychologischen Dienst
Rinteln
E-Mail: johannstephanlorenz@t-online.de

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