Göttinger Predigten

Choose your language:
deutsch English español
português dansk

Startseite

Aktuelle Predigten

Archiv

Besondere Gelegenheiten

Suche

Links

Konzeption

Unsere Autoren weltweit

Kontakt
ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

7. Sonntag nach Trinitatis, 06.07.2008

Predigt zu Matthäus 10:24-31, verfasst von Bent Arendt

Hizbollah bedeutet, soweit ich weiß, "Partei Gottes". Wenn die Hizbollah Israel bekämpft, indem man israelische Soldaten entführt und ihr Land mit Raketen beschießt, dann ist man in der Hizollah überzeugt, zur Partei Gottes zu gehören. Auf der anderen Seite, in den Panzern und Kampfflugzeugen sitzt eine andere "Partei Gottes", nämlich israelische Soldaten. Man kann sie sehen, wenn sie dastehen und zu Gott beten, dass er im Krieg gegen Hizbollah mit ihnen sein möge. Nicht weit davon entfernt, im Irak, gibt es zwei weitere Hizbollah-Bewegungen, die in ihrem Kampf gegen einander auch zur "Partei Gottes" gehören, nämlich die sunni-moslemischen Partisanen und Terroristen, die sagen "Allah u'aqbar" - Gott ist groß, bevor sie ihre Landsleute in die Luft sprengen, beziehungsweise die amerikanischen Soldaten, deren oberster Befehlshaber, der Präsident, Gott in seine Beschlüssse einbezieht und überhaupt für den westlichen "Gott" kämpft, für die Demokratie und den auf Öl gegründeten Reichtum. Überall in der Welt gibt es solche Hizbollahs, die zur "Partei Gottes" gehören wollen, die die Wahrheit für sich beanspruchen, die Recht haben und diejenigen sein wollen, die das einzig Richtige tun. Man mag diskutieren, was alle diese Hizbollahs eigentlich erreichen. Aber eines fördern sie auf jeden Fall, und das ist die Furcht, und zwar in der ganzen Welt. Nicht nur die Furcht davor, was ihre Kämpfe für Menschen bedeuten können, sondern auch die Furcht, die entsteht, wenn das Dasein so widersprüchlich wird, dass von dem, was wir sonst vorauszusetzen pflegen, nichts mehr Gültigkeit hat. So wie dies ja auch geschehen kann, wenn uns Krankheit oder Unglück befällt. Die Furcht bewirkt, dass wir das Dasein und uns gegenseitig im Licht der Widersprüchlichkeit sehen, der wir preisgegeben sind - Leben gegen Tod, Gesundheit gegen Krankheit, Wohlergehen gegen Leiden, wir gegen die anderen, ich gegen Gott, wie wenn man sagt: "Ich kann nicht an Gott glauben, wenn es so viel Böses auf der Welt gibt!" So dass wir auf diese Art und Weise noch mehr in die Gewalt der Widersprüche geraten. Die Tatsache, dass die Gottesparteien die Furcht, das Misstrauen zum Leben und den Zweifel an Gott mit schaffen, das sagt doch etwas aus über das Zweifelhafte ihrer Kriege. -

             Wenn die Worte Jesu im Evangelium von heute glaubhaft sind, dann bräuchte überhaupt niemand Gott mit in seine Streitigkeiten und gegensätzliche Verhältnisse zu nehmen. Den Gott ist schon mit ihnen - mit ihnen allen. "Verkauft man nicht zwei Sperlinge für einen Groschen? Dennoch fällt keiner von ihnen auf die Erde ohne euren Vater. Nun aber sind eure Haare auf dem Haupt alle gezählt. Darum fürchtet euch nicht, ihr seid besser als viele Sperlinge," wie Jesus sagte. Gott ist schon mit ihnen, zwar nicht auf die Art der Hizbollah, wir gegen euch, sondern auf die Art Gottes, als Gott für sie alle, ungeachtet, welche Seite sie wählen mögen. Und ungeachtet, wie sie in ihrem Leben stehen, machtvoll oder preisgegeben, glücklich oder leidend, lebendig oder tot. "Kein einziger Sperling fällt auf die Erde ohne euren Vater. Darum fürchtet euch nicht, ihr seid besser als viele Sperlinge."

             Dass Gott so mit uns ist, ungeachtet, zu welcher Partei wir gehören oder auf welcher Seite des Lebens wir uns befinden mögen, und er ist mit uns nicht nur als allmächtiger Gott über uns, im Himmel, sondern in genau dem Leben, das das unsrige ist, wie du und ich, - das ist der rote Faden, der sich durch die ganze Jesusgeschichte zieht. Überall ist ER vor uns und ist er vor uns gewesen, zu jeder Zeit, auf beiden Seiten der Gegensätze im Dasein und unter uns gegenseitig. Er ist da unter den Bedingungen des Lebens, wo es noch immer viel Leiden in der Welt gibt und wo Menschen noch immer viel Böses tun. Aber dass Gott da ist, bedeutet, dass das Böse auf das beschränkt ist, was wir Menschen tun: es ist etwas Persönliches, das wir zu verantworten haben, wie unfassbar große Macht es auch immer über uns haben mag. Deshalb ist von dem Bösen als von einer Person die Rede, vom Teufel. Nicht du bist böse und ich bin gut, denn Gott ist für uns alle da, wie unverständlich uns das auch scheinen mag. Wir brauchen auch nicht zu verstehen, das tun wir doch auch immer in Gegensätzen, das eine gegen das andere. Wir können nur Gott auf sein Wort und seiner Wirklichkeit vertrauen, so wie wir auch aufeinander vertrauen können. In Wirklichkeit bauen wir schon unser Leben auf Glauben, schon von dem Augenblick an, wenn wir als kleine Kinder nach dem Leben greifen im Vertrauen darauf, dass uns alles Gute aus der Hand der Eltern gegeben wird, bis wir in Frieden sterben können im Vertrauen darauf, unser Leben in die Hände Gottes legen zu können. - Dass Gott für uns auf diese Weise da ist, das ist nicht vergeblich. Es hat Folgen: wir brauchen nicht mehr den Schmerz und die Bosheit, die wir erleiden, an anderen Menschen auszulassen. "Ein Jünger steht nicht über dem Meister, und ein Knecht nicht über seinem Herrn. Es ist für einen Jünger genug, wenn es ihm geht wie seinem Meister, und für einen Knecht, wenn es ihm geht wie seinem Herrn," wie Jesus sagte. Das heißt: Wenn wir das Leben auf uns nehmen und es annehmen müssen, wie es kommt, zusammen mit Gott, dann sind wir nicht mehr Opfer, niemand soll geopfert werden. Denn Gott hat es auf sich genommen, geopfert zu werden, wie es uns die Kreuzigung Jesu zeigt. Anstatt Schmerz und Bosheit und Gegensätzlichkeit aneinander auszulassen, können wir sie an Gott auslassen, so wie alle um das Kreuz Jesu, auch die, die Jesus am nächsten standen, und die Jünger, alles Leiden ihm überließen. Nicht so, dass es dann also Gottes Sache wäre, sich des Bösen anzunehmen, wie in dem bekannten Einwand gegen ihn, oder so, dass wir den Bedingungen des Lebens entgingen; sondern so, dass eine Grenze dafür gezogen ist, was wir leiden und fürchten müssen. Leiden und Tod sind nicht das Schlimmste für einen Christen, denn Gott ist auch da, vielleicht ist er sogar leichter zu erreichen als andernorts, nachdem es doch leichter ist, Gott anzunehmen, wenn wir uns preisgegeben und nackt fühlen, als wenn wir noch immer etwas gegen ihn vorzubringen hätten. - Dass Gott so für uns da ist, bedeutet, dass alles auch für Gott da sein wird, klar und deutlich, früher oder später: "Fürchtet deshalb nicht um sie. Denn es gibt kein Geheimnis, das nicht offenbar würde, und nichts Verborgenes, was nicht bekannt werden würde," wie Jesus sagte. Oder wie es an anderer Stelle heißt: "Gott ist Licht, und es gibt keine Finsternis in IHM." Was immer wir fürchten mögen, so brauchen wir nicht nur voller Angst in Finsternis zu wandeln. Es gibt auch Licht für uns zu sehen, und alles wird auch offenbar, wie der Gang der Geschichte ja auch bezeugen kann, nachdem Gott ja für uns in der Geschichte unseres Lebens da ist. Dass Gott alles ins Licht heben wird, bedeutet, dass es dann auch unser Licht ist, an das er anknüpft, wenn ER bei uns ist, ungeachtet, wie verfinstert das Dasein aussehen mag und wie finster und verborgen für unsere Augen Gott erscheinen mag. "Was ich euch sage in der Finsternis, das redet im Licht; und was euch gesagt wird in das Ohr, das predigt auf den Dächern," wie Jesus sagte. Wir können also damit anfangen, hervorzutreten mit unserem Licht und mit allem bei uns, was Licht verbreitet, mit unserer Liebe, Freude und Dankbarkeit, woran keine Furcht ist, sondern die gestärkt und bewahrt werden, wenn sie ans Licht kommen und gebraucht werden, je mehr, desto besser. Wenn etwas dann zur "Partei Gottes" gehört, dann müssen es unsere Liebe, Freude und Dankbarkeit sein. Sie gehören ja gerade nicht zu jemandes Partei im Gegensatz zu anderen, sie sind da nur um des Lebens willen. Amen

 



Pastor Bent Arendt
Århus (Dänemark)
E-Mail: brar(a)os.dk

Bemerkung:
Übersetzung aus dem Dänischen: Dietrich Harbsmeier


(zurück zum Seitenanfang)