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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

8. Sonntag nach Trinitatis, 13.07.2008

Predigt zu Römer 6:19-23, verfasst von Peter Schuchardt

Predigt zum 8. Sonntag nach Trinitatis über Römer 6, 19-23

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Zwei Männer treffen sich zufällig in einer Kneipe. Sie erkennen einander wieder. Vor vielen Jahren haben sie gemeinsam die Schulbank gedrückt. Lachend fallen sie sich um den Hals und setzen sich an einen Tisch, um zu plaudern. Mit einem Mal holt der eine Fotos aus der Brieftasche. „Mein Haus, mein Auto, meine Frau". Der andere kontert sofort, holt auch Fotos hervor und zeigt seine Sammlung: „ Mein Haus, mein Auto, meine Yacht, meine Frau!" Das ist alles noch toller als beim ersten. Manch einer von euch kennt diesen Werbespot noch. Er endet damit, dass der Name der Bank eingeblendet wird, der dem zweiten Mann diese tolle Haus, dieses große Auto, die unglaubliche Yacht und die wunderhübsche Frau erst ermöglicht.

Ja, wenn das alles so einfach wäre! Ich muss nur die richtige Bank wählen, und schon kann ich auch meine Fotos zücken: mein Haus, mein Auto, meine Frau ... Wir wissen: so einfach ist es nicht. Werbung aber lebt davon, dass sie die Dinge sehr vereinfacht und simple Lösungen für ein glückliches Leben anbietet. Diese Werbung mit „mein Haus, mein Auto, meine Frau" spielt ganz stark damit. Man kann das als Männergehabe abtun, als Protzerei mit Statussymbolen, als ein typisches „Guck mal, so weit habe ich es gebracht!" Aber diese Werbung spricht uns an und bleibt im Gedächtnis, weil sie uns eine Wahrheit zeigt - wenn auch sehr stark vereinfacht: es ist wichtig, aus welcher Beziehung wir leben, weil aus dieser Beziehung Früchte des Lebens erwachsen. Was gibt uns Kraft, woran orientiere ich mich, auf welchem Grund fuße ich? Es ist natürlich zu einfach zu denken, allein die richtige Bank würde mir ein sorgenfreies erfülltes Leben ermöglichen. Aber die Wahrheit ist: es ist nicht einerlei, aus welcher Beziehung heraus ich lebe. Denn so verschieden die Beziehung sein kann, die mein Leben prägt, so verschieden sind dann auch die Früchte dieses Lebens.

Heute werden wir gefragt: aus welcher Beziehung leben wir - und welche Früchte können wir vorweisen? Ich hoffe sehr, dass niemand von euch ihren Mann oder seine Frau wie ein Statussymbol oder eine Jagdtrophäe mit sich herumträgt. Nein, es geht darum: wenn ich mein Leben auf bestimmten Einstellungen gründe, wenn die Beziehung zu Gott oder aber die zu meiner Bank die wichtigste ist, dann hat das Auswirkungen auf mein ganzes Leben, auf die Frucht, die mein Leben hervorbringt. Und jedes Leben bringt Frucht hervor - es fragt sich nur, welche!

Es ist, so glaube ich, unsere große Angst, gar nichts vorweisen zu können. Einige von euch Konfirmanden sehen wohl mit ein bisschen Sorge dem kommenden Freitag entgegen, an dem Ihr Zeugnisse bekommt. Das ist sozusagen die „Ernte" des Schuljahres. Wie gut, wenn alles voller Einsen prangt - und wie schade, wenn sich dort die Vieren und Fünfen tummeln. Denn das könnte bedeuten: ein ganzes Jahr ohne gutes Ergebnis, ohne gute Frucht. Ich hoffe und wünsche für euch, dass Ihr am Freitag zufrieden mit den Zeugnissen seid und gut in die Ferien gehen könnt.

Und was ist mit uns anderen? Welche Frucht können wir vorweisen? Habt Ihr auch eure Fotos dabei: mein Haus, mein Auto, meine Yacht? Wie sehen eure Lebensfrüchte aus: eine glückliche Familie, Erfolg im Beruf, ein zufriedenes Lebensalter? Oder meint Ihr, eure Früchte können sich nicht sehen lassen: die gescheiterte Beziehung, den Job verloren oder einer, der dich nicht erfüllt? Ist da Schuld und Versagen als Lebensfrucht?

Und unsere Täuflinge, Nic Bjarne und Lilli Maleen? Können die schon Früchte ihres Lebens vorweisen? Nein, werdet Ihr sagen, das ist doch viel zu früh! Welche Früchte sollen sie denn einmal einbringen? Glück? Erfolg? Ein zufriedenes Herz? Freude am Leben? O, das wäre schön, wenn sie nicht mitmachen bei diesem Spiel mit den vermeintlichen Lebenserfolgen, wenn sie nicht ständig ihre Fotos mit sich herumschleppen müssten. „Mein Haus, mein Auto, meine Yacht". Dazu ist es wichtig, aus welcher Beziehung sie leben - und aus welcher Beziehung wir leben. Euch, liebe Eltern, ist die Beziehung zu Gott für eure Kinder wichtig. Darum bringt ihr mit den Paten diese beiden heute zur Taufe. Und das ist mit das Beste, was Ihr für eure Kinder tun könnt. Denn in der Taufe nimmt Gott dies beiden als seine Kinder an. In der Taufe knüpft er sein festes Liebesband zu ihnen, seine Beziehung, die nichts und niemand trennen kann, nicht einmal der Tod. Manch einer blickt ja skeptisch auf die Taufe und auf den Glauben: Und wozu soll das gut sein? Na ja, schaden tut`s ja wohl nicht. Mit unserem heutigen Predigttext kann ich sagen: Die Taufe schadet nichts, ganz im Gegenteil: sie öffnet uns das Leben hier auf der Erde und zugleich das ewige Leben bei Gott! Davon schreibt Paulus in 6. Kapitel seines Briefs an die Gemeinde in Rom. Paulus hat ja viele Briefe geschrieben, in denen er die Grundlagen unseres Glaubens darlegt und zugleich auf Fragen des Gemeindealltags antwortet. Die Gemeinde in Rom kannte er nicht. Er möchte sich mit seinem Brief vorstellen und seine Vorstellung zu den wichtigen Fragen des christlichen Glaubens erläutern. So ist der gesamte Brief an die Römer eine tiefgehende, anspruchsvolle und zugleich zuspruchsvolle Schrift. Im diesem 6. Kapitel schreibt Paulus über die Taufe. Ich könnte das Kapitel auch überschreiben mit den Worten: „Das habt ihr nun davon!" Und das ist nicht vorwurfsvoll gemeint, sondern voller Zuspruch: „Das neue Leben, das habt ihr nun durch eure Taufe!" Unser Predigttext steht am Ende des Kapitels und fasst das vorher Gesagte noch einmal zusammen:

19 Ich muss menschlich davon reden um der Schwachheit eures Fleisches willen: Wie ihr eure Glieder hingegeben hattet an den Dienst der Unreinheit und Ungerechtigkeit zu immer neuer Ungerechtigkeit, so gebt nun eure Glieder hin an den Dienst der Gerechtigkeit, dass sie heilig werden.

20 Denn als ihr Knechte der Sünde wart, da wart ihr frei von der Gerechtigkeit.

21 Was hattet ihr nun damals für Frucht? Solche, deren ihr euch jetzt schämt; denn das Ende derselben ist der Tod.

22 Nun aber, da ihr von der Sünde frei und Gottes Knechte geworden seid, habt ihr darin eure Frucht, dass ihr heilig werdet; das Ende aber ist das ewige Leben.

23 Denn der Sünde Sold ist der Tod; die Gabe Gottes aber ist das ewige Leben in Christus Jesus, unserm Herrn.

Liebe Schwestern und Brüder, manchmal klappen wir ja bei einigen Bibelstellen die Ohren zu, weil da Worte auftauchen, die in unseren Ohren einen bestimmten Klang haben und die wir ablehnen: „Sünde" gehört für manch einen dazu und wohl auch „Schwachheit des Fleisches". O, es wäre schade, wenn wir nun die Ohren zugeklappt ließen und nicht hörten, was Paulus denn hier schreibt. Es geht auch ihm um die Fragen: aus welcher Beziehung leben wir? Welche Früchte trägt euer Leben? Für Paulus ist es ganz klar: niemand lebt sein Leben völlig frei, ohne eine Beziehung. Das mag uns so genannte moderne Menschen überraschen. Denn wir wollen ja gerne so frei wie möglich sein, ungebunden, unser eigener Herr, unsere eigene Herrin. Doch damit machen wir uns selbst etwas vor. Das ist eine Illusion, die uns in die Irre führt. Denn wenn wir auch versuchen sollten, frei von Gott zu leben, wir leben immer in Abhängigkeit von anderen Vorstellungen, Einstellungen, Forderungen und Zielen. Und diese Vorstellungen, Einstellungen und Ziele machen uns unfrei. Denn wir können, obwohl wir es doch so gern wollen, gar nicht mehr frei entscheiden. Süchtige wissen, wie diese Unfreiheit aussieht, wenn der Alkohol oder die Droge das Leben bestimmt. Ihr Jugendlichen auch, wenn Ihr euch dem Diktat der Modeklamotten und der Clique unterwerft. Unsere Gesellschaft läuft immer mehr dem Jugendlichkeits- und Gesundheitswahn hinterher und merkt nicht, wie gefangen wir in dem „Muss" von jugendlicher Schönheit und Gesundheit stecken. Und wir merken nicht, wie sehr wir die ausgrenzen, die eben nicht so strahlend schön und gesund sind, sondern krank, alt und gebrechlich. Unser Leben ist immer ein Dienen, so drückt es Paulus aus. Entweder dienen wir Gott oder der Sünde. „Sünde" dürfen wir nicht moralisch verstehen, dann machen wir sofort wieder die Ohren zu. Nein, Sünde meint alles, was vom Leben wegführt, was uns unser Leben verfehlen lässt. Wenn ich dem Alkohol „diene", weil, ich süchtig bin, dann verfehle ich mein Leben. Wenn ich dem beruflichen Erfolg hinterherlaufe, um meinen Schulkamerad mein Haus, mein Auto, meine Yacht zeigen zu können, dann unterwerfe ich mich dem Druck des Erfolgs und der Karriere. Und wenn ich nur noch auf das höre, was die Clique will, dann verfehle ich mein Leben als kostbarer, einzigartiger Mensch. Ich bin nie frei, immer gebunden an etwas, was mich aber nicht zum Leben führt. „Mein Haus, mein Auto, meine Yacht": das führt mich letztendlich zum Tod, weil alles das nicht lebendig ist, sondern nur ein protziges Statussymbol (und wie bitter ist es, wenn auch meine Frau oder mein Mann für mich dazugehört!). Unser Gottesdienst heute fragt uns mit seinen Texten, mit seinen Liedern: aus welcher Beziehung lebst du? Was ist dir wichtig? Woran orientierst du dich? Lebt als Kinder des Lichts, dazu ermutigt uns der Wochenspruch, ihr seid das Salz der Erde und das Licht der Welt, sagt uns Jesus zu. Paulus erinnert uns daran: wenn wir uns an dem orientieren, was nicht zum Leben führt (wie Gruppendruck, beruflicher Erfolg, Geld oder Drogen), dann wird das in unserem Leben sichtbar werden. „Das hast du nun davon!" - hier müssen wir es denn doch als Vorwurf verstehen. Unser Leben, das wir führen, wird uns die Konsequenzen zeigen, früher oder später. Auch das Leben, das in die Irre geht, wird uns seine Konsequenzen zeigen.

Und zugleich erinnert Paulus daran: Ihr seid doch getauft! Gott hat seine Beziehung zu euch doch längst geknüpft (und knüpft sie heute zu unseren beiden Täuflingen). Und da klingt das „Das habt ihr nun davon!" nicht mehr als Vorwurf, sondern als, große Einladung zum Leben. Denn das Leben aus der Beziehung zu Gott führt zu Gerechtigkeit, zur Heiligkeit und zum Leben. Wie so oft in der Bibel, sollten wir den Predigttext vom Ende her lesen: „Die Gabe Gottes aber ist das ewige Leben in Christus Jesus, unserem Herrn". Das ist Gottes Geschenk an uns, das haben wir nun davon, das wir getauft sind. Die Taufe soll die bestimmende Beziehung in unserem Leben sein, weil sie uns mit Gott verbindet, oder besser gesagt: weil Gott sich da mit uns verbunden hat. Wir dürfen das nicht als Automatismus verstehen. Ich bin getauft, das langt schon. So wie ein Geschenk am Geburtstag (oder am Tauftag!) ausgepackt werden will, so will die Beziehung mit Gott auch von mir gelebt werden. Denn noch sind die lebensfeindlichen Mächte, die die uns von Gott abbringen wollen, da und zerren an uns. Darum sind wir immer wieder dazu eingeladen, die Taufe als das wichtigste Datum unseres Lebens zu feiern und uns daran zu erinnern, so wie heute. Über all unserem Tun und auch unserm Scheitern steht die Einladung Jesu umzukehren und sich auf unsere Taufe zu besinnen. Denn wir sind ja getauft zum Leben. Und wir können uns ja einmal ausmalen, wie es sein wird, wenn wir einen alten Schulfreund treffen und dann unsere Fotos zeigen: „Mein Gott, mein Glaube, mein Taufe!" Denn das haben wir nun davon: das neue Leben, das sich in allem in Gottes Liebe und Gnade geborgen weiß, schon jetzt auf Erden und dann, nach diesem Leben, erst recht.

 

Amen

 




Pastor Peter Schuchardt
ev-luth. Kirchengemeinde St. Nikolai Bredstedt
E-Mail: pw-schuchardt@versanet.de

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