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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Gründonnerstag, 05.04.2007

Predigt zu Exodus (2. Buch Mose) 12:1.3-4.6-7.11-14, verfasst von Stefan Strohm

Der Herr sagte zu Mose und zu Aaron im Land Ägypten:... Redet zur ganzen Gemeinde Israel: Am zehnten Tag dieses [ersten] Monats nehme jeder ein Lamm für sein Vaterhaus, ein Lamm auf jedes Haus. Sind aber in einem Haus zu wenig für ein Lamm, sollen er, und wer seinem Haus am nächsten wohnt, eines nehmen gemäß der Anzahl der Leute; wie ein jeder essen kann, sollt ihr auf ein Lamm rechnen...

Es sei verwahrt auf den vierzehnten Tag dieses Monats; dann soll man, die ganze Versammlung der Gemeinde Israel, es schlachten zur Abendzeit; vom Blut soll man nehmen und es an die beiden Türpfosten und den Türsturz an den Häusern geben, in denen man es essen wird...

So sollt ihr es essen: Eure Lenden gegürtet, eure Sandalen an euren Füßen und euren Stecken in eurer Hand, in Hast sollt ihr es essen - es ist ein Passah - ein Vorbeigehen -des Herrn! Ich will das Land Ägypten diese Nacht durchziehen, um jede Erstgeburt im Land Ägypten zu erschlagen, vom Menschen an bis zum Vieh, und ich will an allen Göttern Ägyptens Gericht halten: Ich, der Herr. Doch das Blut soll euch zugute Zeichen sein an den Häusern, worin ihr seid: Wenn ich das Blut sehen werde, werde ich an euch vorbeigehen (ein Passah halten) - kein Schlag des Verderbens wird euch treffen, während ich das Land Ägypten schlagen werde.

Dieser Tag soll euch zum Gedenktag werden, ihr sollt ihn feiern mit einem Fest für den Herrn; von Geschlecht zu Geschlecht sollt ihr ihn feiern in ewiger Satzung.

 

 

1.

Liebe Gemeinde

«Nicht Ich», ein erstes Mal bedenken wir's: «Nicht Ich». Es begleitet die Kinder Israels, es begleitet sie unheimlich: Es hat sie hinabbegleitet nach Ägypten; und es wird sie wieder heraufbegleiten ins verheißene Land. Da ist die blutdunkle Erinnerung an Isaak und Abraham mit auf dem Weg gewesen.

«Nicht Ich?», nein, so fragt Isaak nicht wörtlich, aber genau das fragt er seinen Vater Abraham auf dem Weg hinauf zum Berg Moria: «Hier ist das Messer, hier ist das Feuer, wo ist das Opfer?» Abraham antwortet: «Gott ersieht sich sein Opfer». Er wird Holz auf den Altar schichten, er wird Isaak binden und auf den Altar legen, er wird das Messer zücken, und ein Engel wird ihn auf einen Bock weisen. Den wird er opfern.

«Nicht Ich?» Die Frage wird die Erwählten begleiten. Mose entkommt gerade noch dem geplanten und von oben angeordneten Kindermord in Ägypten auf seine Weise, die andern Knaben entkommen gerade noch durch den Mut der Hebammen.

«Nicht Ich!» Wie ein gellender Ruf leuchtet es in der ersten Vollmondnacht des Frühjahrs, blutrot geklatscht an die Pfosten der Häuser der Kinder Israels. Der Herr wird vorübergehen, sein Würgengel wird an den blutenden Pfosten vorübergehen. Er wird nicht die Erstgeburt der Kinder Israels schlagen, er wird die Erstgeburt der Ägypter schlagen, vom Menschen bis zum Vieh.

Diesmal sind es nicht die Kinder Israels, die geschlagen werden, der Herr geht an ihnen vorüber, sein Würgengel geht an ihnen vorüber. Diesmal sind es die Ägypter, an denen der Würgengel nicht vorüber gehen wird; diesmal sind es nicht die Erwählten, die angefochten und beschwert werden, diesmal sind es die andern.

Für die Erwählten des Herrn beginnt nach der Anfechtung und Unterdrückung durch Ägypten eine neue, eine andere Zeit:

Der Herr sagte zu Mose und zu Aaron im Land Ägypten:... Redet zur ganzen Gemeinde Israel: Am zehnten Tag dieses [ersten] Monats nehme jeder ein Lamm für sein Vaterhaus, ein Lamm auf jedes Haus.

So beginnt die Gründung Israels als selbständiges Gemeinwesen. Wenn es aus Ägyptenland und der Sklaverei heraus sein wird, wird nicht mehr der Fronherr ihm die Zeit vorschreiben, die Zeit zu arbeiten und die Zeit wieder zu arbeiten. Die Freiheit beginnt mit einem Feier- und Festtag, die neue Ordnung der Gemeinschaft Israels beginnt mit einer Festordnung.

Die allererste Anordnung, die Mose und Aaron treffen für die Zeit, da Israel seine Zeit nicht mehr von Ägypten diktiert bekommen wird, ist eine Festanordnung.

Das erste unter allen Gesetzen und Geboten, Forderungen und Mahnungen, die Mose und Aaron den Israeliten geben werden, ist Einladung und Ermächtigung zum Feiern.

Mose und Aaron reden, wenn sie das Gemeinwesen ordnen, zuerst nicht von Steuern und Abgaben, nicht von Regeln des Zusammenlebens, nicht von notwendigen und noch viel weniger von überflüssigen Beschränkungen der Freiheit, sie reden vom Fest und vom Feiern.

Wenn Mose dann die Zehn Gebote vom Sinai bringen wird, wird das Erste Gebot lauten: «Ich bin der Herr Dein Gott, Du sollst keine andern Götter neben mir haben.»

Wenn dies das erste Gebot ist, wie sollte dann die alleranfänglichste und ursprünglichste Antwort seiner erwählten Leute nicht Dank und Feier, nicht Bitte und Fest sein?

Wie kann man Gott anders danken als im Feiern, wie kann man ihn anders bitten als im Fest? Feiernd und festend tun wir ja nichts, lassen es uns gefallen, daß es etwas zu danken gibt. Und wo es etwas zu danken gibt, öffnet sich die Bitte, daß das nicht die Ausnahme ist, daß das wiederkehre, so wie das Fest wiederkehren wird, um zu gedenken und wieder zu hoffen auf die Wiederholung des Anlasses zu danken.

Welch größere Verheißung könnte Gott geben, als daß er ein Fest stiftet, das sich wiederholen soll. Es ist eine neue Ordnung und es ist eine Ordnung nicht für die heutige Nacht, es ist eine Ordnung von Geschlecht zu Geschlecht, von Generation zu Generation, eine ewiggültige Satzung.

Die Kinder Abrahams werden feiern, die Nachkommen Isaaks, die gebrannten Kinder werden es feiern, von Jahr zu Jahr werden sie Entronnene sein, übrig sein, anders sein, hinausziehen. Und andere, die «Nicht Ich» sind, werden nicht feiern, nicht alle, die «Nicht Ich», aber manche, viele. Haben die Feiernden das auch vernommen in der Freude über die Befreiung, über der Stiftung des Festes? Nein, so werden wir nicht fragen dürfen, zu nah ist ihnen die Bitte, die Frage «Nicht Ich?!»

«Nicht Ich» werde diese Nacht geschlagen, die andern werden geschlagen werden vom Würgengel. Da ist es, das: «Nicht Ich». Da sind die andern. Das Blut der andern wird vergossen. Warum nicht meines? Warum schützt mich das Blut des geschlachteten Lamms? Warum Blut? Warum muß Blut fließen?

2.

Liebe Gemeinde

«Nicht Ich», wir bedenken es ein zweites Mal, es wird ganz anderes zu bedenken sein. Blut und Rache ist nicht unsere Sache. Auch die Ägypter sind Menschen, nicht nur Nicht-Iche. Was kann die Erstgeburt dafür, daß die Israeliten unterdrückt sind? Warum müssen sie büßen, was allen dem Pharao und mit ihm dem ganzen Volk gebührt?

Zuerst werden wir in diesem zweiten Schritt sagen müssen, wie unerträglich es wäre, wenn die Ägypter Israel bedrängen dürften, ohne daß ein Fürsprecher wäre, der eingriffe und Sühne schaffte. Die Tötung der Erstgeburt ist die zehnte und letzte der Plagen, die eine nach der andern von Mose und Aaron dem Pharao angekündigt werden, sollte er das Volk nicht ziehen lassen, hinausziehen lassen in die Wüste zu einem Fest, zu einem Fest der Befreiung.

Ich will das Land Ägypten diese Nacht durchziehen, um jede Erstgeburt im Land Ägypten zu erschlagen, vom Menschen an bis zum Vieh, und ich will an allen Göttern Ägyptens Gericht halten: Ich, der Herr.

Gerechtigkeit widerführe dem Unterdrückten nicht, wäre nicht ein Fürsprecher für ihn, wäre nicht die sühnende Macht. Dies könnte, wohl bedacht, hinter unserem Recht stehen, hinter seiner Härte, als seine Wohltat.

Recht ist nicht Rache, nicht das, was man unter Blutrache vielfach versteht. Wo aber kein Recht ist, wo nicht die Furcht vor der Macht der Gerechtigkeit ist, da ist Furcht vor der Gerechtigkeit explodierender Ohnmacht, vor der Gewalt der losschlagenden Haufen, die nicht anders mehr können, als Gewalt zu gebrauchen.

Als einen Ausbruch solcher revolutionären Gewalt schildert die deutsche Dichtung in Goethe den Auszug der Kinder Israel aus Ägypten.

Seine Sache, Goethes Sache war der blutige Auszug nicht, ihre Sache, der Aufklärer und Humanisten Sache insgesamt war der blutige Gott der Befreiung nicht. Hören wir den Spott und die Distanz von Goethe:

Das aufgeregte hebräische Volk, in Aussicht auf ein Erbland, das ihm eine uralte Überlieferung verhieß, in Hoffnung der Unabhängigkeit und Selbstbeherrschung, erkennt keine weiteren Pflichten. Unter dem Schein eines allgemeinen Festes lockt man Gold-und Silbergeschirre den Nachbarn ab, und in dem Augenblick, da der Ägypter den Israeliten mit harmlosen Gastmahlen beschäftigt glaubt, wird eine umgekehrte Sizilianische Vesper unternommen; der Fremde ermordet den Einheimischen, der Gast den Wirt, und, geleitet durch eine grausame Politik, erschlägt man nur den Erstgebornen, um in einem Lande, wo die Erstgeburt so viele Rechte genießt, den Eigennutz der Nachgebornen zu beschäftigen und der augenblicklichen Rache durch eine eilige Flucht entgehen zu können. Der Kunstgriff gelingt, man stößt die Mörder aus, anstatt sie zu bestrafen.

Man muß nicht wissen, was die Sizilianische Vesper war, um zu hören, wie humanistische Überlegenheit und aufgeklärte Verachtung sich über das Wunder der Befreiung ergießt: Ein Morden war's, religiös verklärt, ideologisiert mit Sühne und Recht.

Der Rat Goethe verschwendet keinen Gedanken an die Überlegung, ob wirklich die Hebräer die Täter waren und die Ägypter die Opfer. Die Befreiung der Unterdrückten, die Strafe der Unterdrücker ist ihm ein heimtückischer Sklavenaufstand, da ist List im Spiel, Aufruhr und Gewalt. Solche Geschichten weisen den Weg in die Revolution, die mit dem Schein des Rechts die Verhältnisse umstürzt.

Goethe hat die Pöbelherrschaft in dieser Erzählung gesehen, hat sich und seine Leser freihalten wollen von dem, was kommen wird, hat gesehen, was kommen wird, aber nicht, wie es kommen wird. Die Blut- und Bodenhunde werden über der stillen Humanität Weimars eine ihrer Schlachtstätten errichten, genau dort, gezielt. Der Geruch verbrannten Menschenfleischs wird über Weimar niedergehen. Die blutroten Rächer werden das Lager nicht auflösen sie werden es weiter betreiben.

Gerechtigkeit und Aufruhr gegen Unrecht lassen sich oft genug nicht unterscheiden vom Unrecht, das sie sühnen wollen. So gesehen ist Geschichte «die Schlachtbank der Völker».

Jetzt ist das zweite zu bedenken: «Nicht Ich» will Täter dieser Greuel sein, dieser Rache des Zukurzgekommenen an dem, der Erfolg im Leben hat. Dies war das Eine. «Nicht Ich» will es sein, der tut, was er tut, wovon er sich nicht freihalten kann, «Nicht Ich» bin es, will er sagen, bin der, der uns anschaut aus dem Greuel.

Ein anderer Vertreter schreibender Humanität sagt es in Worten nicht anders als Goethe, in der Sache sehr wohl. Thomas Mann schreibt:

Die Vorgänge von dazumal sind in Dunkel gehüllt, - in das Dunkel jener Vesper-Nacht, die in den Augen der Kinder Ägyptens eine Festnacht war für das fronende Blut, das unter ihnen lebte. Wie es schien, wollte dies Blut sich schadlos halten für das verwehrte Opferfest in der Wüste durch ein mit Schmauserei verbundenes Lampen- und Gottesfest an Ort und Stelle, und sogar goldene und silberne Gefäße hatte es sich dazu von der ägyptischen Nachbarschaft ausgeliehen. Unterdessen aber, oder statt dessen, ereignet sich jenes Umgehen des Würgengels, das Sterben der Erstgeburt in allen Wohnungen, die nicht der Ysopbüschel mit Blut gezeichnet hat, diese Heimsuchung, die eine so große Verwirrung, einen so plötzlichen Umsturz der Rechts- und Anspruchverhältnisse mit sich bringt, daß von einer Stunde zur anderen den Moseleuten der Weg aus dem Lande nicht nur offensteht, sondern sie geradezu auf ihn gedrängt werden und ihn für die Ägypter nicht schnell genug einschlagen können...

Meine Freunde! Beim Auszuge aus Ägypten ist sowohl getötet wie auch gestohlen worden. Nach Mose's festem Willen sollte es jedoch das letzte Mal gewesen sein. Wie soll sich der Mensch auch der Unreinheit entwinden, ohne ihr ein letztes Opfer zu bringen, sich nocheinmal gründlich dabei zu verunreinigen?

Bei Thomas Mann ist nicht Anklage zu hören über den Sklavenaufstand, sondern Erschrecken des Autors über die Leute, über sich selbst. Fleisch und Blut ist Fleisch und Blut, und jeder kennt es aus sich selbst, was es heißt Fleisch und Blut zu sein, jetzt ein letztes Mal - und dann erneut. Jeder ist sich selbst der größte «Nicht Ich», ist sich selbst schon fremd und feind, ohne aufhören zu können, sich fremd und feind zu sein.

3.

Liebe Gemeinde

Noch einmal denn, zum letzten Mal müssen wir's bedenken, anders, ganz anders bedenken: «Nicht Ich».

«Nicht Ich» war zuerst der Wunsch des Erwählten verschont zu bleiben von dem, was auf ihn einstürzt, und dann den andern trifft, den Widder, die Erstgeborenen der Ägypter.

«Nicht Ich» war sodann das humane Zurückschaudern vorm fremden Menschlichen und Allzumenschlischen, vor dem Fleisch und Blut, das sich revolutionär daherwälzt; «Nicht Ich» war zugleich das humane Erschaudern vorm Menschlichen und Allzumenschlichen in sich selbst, vor dem Fleisch und Blut, der ein jeder ist, so tief er in sich blickt.

«Nicht Ich», das bin ich auf der Flucht vor dem, was kommen kann von außen, «Nicht Ich», das bin ich auf der Flucht vor dem, was aus mir kommen kann. «Nicht Ich» ist mein Fleisch und Blut, das bin ich mit Haut und Haar; «Nicht Ich» ist mein Fleisch und Blut in dem, den es trifft, was ich nicht minder verschuldet hätte, als er; «Nicht Ich», das bin ich, der in dem Würgengel am andern wütet, «Nicht Ich» ist der, der darum den Würgengel im andern fürchtet.

«Nicht Ich» hat noch ein ganz anderes Gesicht. Machen wir uns das klar, wir gehen zwei Schritte über uns hinaus:

«Nicht Ich» bin es, der den Schotter geschüttet hat, der die Brücke über den Abgrund geschlagen hat, den Tunnel durch den Fels gebrochen hat. Das hat «Nicht Ich» getan, vor hundert Jahren der Kalabrese, der Sizilianer, der zum Eisenbahnbau im Norden seine Heimat verließ. Aber ich fahre mit dem Zug durch die Wiesen, über das Tal und durch den Berg, lasse mir einen Weißwein bringen und erhebe das Glas auf den «Nicht Ich», der das alles für mich getan hat.

Ich empöre mich, gegen den, der dabei so gut fährt, werde mir selbst darüber zum «Nicht Ich» - in anderer Weise, zu dem, der für den andern einsteht, nicht einen fernen in der Zukunft, sondern einem, der vor mir steht, nicht mit mir zusammenstimmt, nicht meine Interessen mit mir verfolgt, der im Weg steht, wenn ich die Lenden gürte, die Schuhe anziehe und den Stock nehme, den ich nicht abwehre, nicht fürchte. «Nicht Ich» könnte ein befreiendes Wort werden, statt ein abwehrendes zu sein. Ich bin dem andern nicht bloß Fleisch und Blut, sondern Geist und Leben; und wenn er mich danach fragt, sage ich: Ja, ich.

Das wäre dann der zweite Schritt: Mir gingen die Augen auf für das, wovon ich schon immer gelebt habe.

Das Brot wird mir gereicht, der Kelch wird mir gereicht, und mit Brot und Wein der Leib und das Blut des Herrn.

Er ist der Widder, er ist der gestrafte ägyptische Erstgeborene, er ist der, der ich nicht sein will, nie und nimmer, er ist mein Fleisch und Blut, das ungesühnte, mein Fleisch und Blut, das ich nicht sein will. Er ist der Täter und sein Opfer, er ist es, was ich nicht bin; er ist der Schlächter und das Schaf, das erwürgt wird; er ist der unschöne Mensch, den der Humanist flieht, er ist die Krankheit Mensch.

Und er ist es, wie ich es nicht bin. Wie soll ich es sagen, wenn er es schon selbst sagt: Ich bin es, der für Dich ist, was Du nicht sein willst, ich bin es statt Dein, nehme Dich Dir ab. So laß Du micht sein, was anders ist als Du, laß es mich für Dich, Dein Geist und Dein Leben. Ich bin es. was Du nicht sein willst, so werde das andere, das ganz andere «Nicht Ich», das ich für Dich bin.

Sieh den andern, an ihm kannst Du es erfahren, ganz anders «Nicht Ich» zu werden. Gürte Dich, zieh die Sandalen an, nimm den Stab in die Hand und zieh aus in die Freiheit. Sie ist da, wo Dich einer hindert, in Dir selbst zu wohnen und auf Dich selbst nur bezogen zu sein.

«Nicht Ich», Ja, Du Gott in Christus, bist mein «Nicht Ich», meine Schuld und mein Tod, ein für alle Mal; Ja, Du Christus im Nächsten, bist mein «Nicht Ich», mein Leben und Seligkeit für ihn, jetzt und immer wieder.

Die erste Anordnung für die flüchtenden Israeliten war die Stiftung eines Festtags, Rast und Unrast zugleich, nicht wie die Feier der vollendeten Schöpfung am siebten Tag voll Ruhe und Glanz, aber der Abglanz inmitten der Aufbruchsnacht.

«Nicht Ich», also nicht mehr die Furcht, daß es mich trifft, also nicht mehr die Furcht, daß ich der Untäter bin, dies Neue wird der Abglanz des Gott mit uns, des ewigen für Dich, der Aufbruch in die neue Schöpfung inmitten des Alten. Davon nehmen wir. Was könnten wir dafür geben! Was aber wollten wir davon zurückhalten?

Amen.

 

IM.   Literatur

Johannes Brenz, In Exodum Mosi Commentarii. Frankfurt 1558.

Georg Beer, Exodus (HAT I,3). Tübingen 1939.

Martin Noth, Das 2. Buch Mose. Exodus (ATD 5). Göttingen 1988.

Hartwig Thyen, Das Johannesevangelium (HNT 6). Tübingen 2005.

Emmanuel Lévinas, Jenseits des Seins oder anders als Sein geschieht. (Autrement qu'être ou au-delà de l'essence.) Dt. Thomas Wiemer. Freiburg; München 1992 (Leiden 1978).

Johann Wolfgang von Goethe, West-östlicher Divan. 1819.

Thomas Mann, Das Gesetz. 1944.

(Die gegebene Übersetzung folgt aufgrund der Kommentare dem Masoretischen Text.)

 



Dr. Stefan Strohm
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