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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

3. Sonntag nach Epiphanias, 25.01.2009

Predigt zu Matthäus 8:5-13, verfasst von Angelika Überrück

Liebe Gemeinde,

„sprich nur ein Wort, so wird mein Diener gesund". Dieses Vertrauen des Hauptmanns beeindruckt mich. Wie sehr er Jesus zutraut, dass sein Wort etwas bewirkt. Sprich nur ein Wort. Ein Wort, das alles verändern kann.

Wer von uns hat sich das nicht schon mal gewünscht? Ein Wort von einem Arzt und eine schlimme Krankheit ist vorbei. Ein Wort von einem geliebten Menschen und eine tiefe Depression ist zu Ende. Ein Wort von einem Freund und ein lange währender Streit ist beigelegt. Das wäre schon gut. Ein Wort, das heilt, was nicht gesund ist. Ich denke, jede und jeder von uns wird etwas finden in seinem/ihrem Leben, das nicht so ist wie es sein soll. Wo Sie sich ein Wort wünschen, dass alles verändert.

„Sprich nur ein Wort, so wird mein Diener gesund." Solch ein Wort von Jesus würde dem Hauptmann genügen - ein Wort der Heilung, ein Wort der Zuwendung und das Leben ist wieder lebenswert. Große Hoffnung und Zuversicht spricht aus dem Satz des Hauptmanns.
Aber ist das nicht naiv, so ein Vertrauen nur auf ein Wort?

Der Hauptmann war sicher kein Jünger Jesu, sonst würde die Bibel mehr über ihn erzählen. Er scheint Jesus nur dieses eine Mal zu begegnen. Ob er Geschichten und Berichte von Jesus kannte, das wird im Matthäusevangelium nicht berichtet. Das alles scheint für die Geschichte auch nicht von Wichtigkeit zu sein.

Der Hauptmann geht einfach zu Jesus hin und bittet ihn um Hilfe. Er hofft ganz fest, und das gibt ihm Kraft etwas zu tun, was nach den damaligen Maßstäben eigentlich unmöglich ist: Denn er ist römischer Bürger und die unterhalten sich nicht mit Juden. Als Hauptmann ist er ein angesehener Mann, jemand, der es gewohnt ist zu befehlen. Jemand, der es gewohnt ist, dass man ihm gehorcht und dass das, was er sagt, auch getan wird. Aber sein Ansehen und  seine Macht spielen jetzt für ihn keine Rolle.

Wie kommt der Hauptmann dazu, sich an Jesus zu wenden? Ist es der letzte Strohhalm, den er ergreift, so wie heutzutage auch manche Menschen zu irgendwelchen Wunderheilern gehen, weil sie es als letzte Chance oder Möglichkeit sehen?

Ich denke nicht. Denn in der Erzählung wird ganz deutlich: Der Hauptmann hat eine sehr hohe Meinung von Jesus: „Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach kommst.", so sagt er zu Jesus. Er ist am Ende und braucht Hilfe. Und er traut Jesus zu, dass seine Worte Macht haben. Der Hauptmann geht davon aus, dass, wenn seine Worte schon so viel Macht haben, dass Jesu Worte noch viel mächtiger sein müssen. Eben auch über Leben und Tod entscheiden können. Und so bittet er Jesus um ein gutes Wort. Er hat Vertrauen, d.h. er traut Jesus zu, dass sein Wort  Kraft hat und Leben verändern kann.

Noch mal die Frage: Ist so ein Vertrauen nicht naiv? Kann man Worten so viel zutrauen?
Wie gehen wir eigentlich mit Worten um und was bewirken sie bei uns? Drei Bereiche beschreiben für mich unseren Umgang mit Worten.

Der erste Bereich ist der, den auch der Hauptmann in der Geschichte erwähnt. Er ist es gewohnt, mit Worten Befehle und Anweisungen zu geben, denen Folge geleistet wird. Zur Verständigung und zum Austausch von Informationen, um Einkäufe zu tätigen, Besprechungen zu führen, Absprachen zu treffen, Nachrichten zu übermitteln und vieles mehr, brauchen wir Worte. Diese Worte benutzen wir zur Kommunikation und zur Information, sachlich und ohne Beteiligung von Gefühlen.

Der zweite Bereich: Worte werden zur Geräuschkulisse. Auf uns rieseln täglich viele Worte herab. Wir hören Worte im Radio, im Fernsehen, in den Lautsprechern der Geschäfte. Worte zur Hintergrundberieselung. Wir nehmen gar nicht wahr, was da gerade erzählt wird. Worte rauschen an uns vorbei. Es fällt manchmal schwer, auf dieser Hintergrundkulisse eigene Worte zu finden, Gespräche zu führen. Aus der Flut der Worte hören wir kaum noch die richtigen oder wichtigen heraus. Solche Worte informieren uns nicht, sie berühren uns nicht, sie sind nur Kulisse, beliebiges Rauschen im Hintergrund.

Und dann gibt es den dritten Bereich, wo Worte uns positiv oder negativ treffen und berühren. Wir erleben, wie Worte uns verändern, wie sie uns körperlich und psychisch zusetzen.
Sie haben wahrscheinlich alle schon einmal erlebt, was Worte anrichten können. Da ist ein Gerücht, das die Runde macht. Der Betroffene hat kaum eine Chance sich zu wehren. Erst nach langer Zeit kehrt wieder Normalität ein, aber ein Vertrauensbruch ist entstanden.
Oder jemand hat uns etwas versprochen und löst dieses Versprechen nicht ein. Wir sagen dann manchmal scherzhaft: „Der hat sich versprochen." Misstrauen entsteht. Das tut weh, tief im Inneren.
Vielleicht hat die eine oder der andere von Ihnen auch erlebt, wie ein Wort vernichtend wirken kann. „Was hast Du denn da schon wieder für einen Mist gemacht?" „Du siehst furchtbar aus, Du solltest mal was für Dich tun." „Aus Dir wird niemals etwas, wenn Du so weitermachst." „Du taugst sowieso nichts." Solche Sätze können Menschen fertig machen. Sie verletzen und können ein ganzes Leben zerstören.

Andererseits erlebe ich - und Sie sicher auch - immer wieder, dass es Worte gibt, die das Leben schöner machen. Worte, die nicht einfach vorbeirauschen. Der Brief eines Freundes oder einer Freundin zu Weihnachten. Ein guter Wunsch zum neuen Jahr von jemandem, von dem ich es vielleicht nicht erwartet hatte.
Und jede oder jeder von Ihnen hat das schon erlebt, wie ein gutes Wort verändert. Ein einfaches, aber ehrliches Dankeschön für etwas, was man gemacht hat. Oder da sagt jemand: „Deine Fröhlichkeit ist echt ansteckend." Oder: „Du siehst heute aber gut aus." Oder: „Deine Idee war gut, sie hat mir sehr geholfen." Oder jemand erzählt uns etwas, was nicht an die Öffentlichkeit gehört und schenkt uns damit Vertrauen. Er oder sie traut uns zu, dass wir zuhören können und damit vielleicht auch helfen.

Zurück zu meiner Frage: Was kann man Worten zutrauen? Wenn ich mir diese verschiedenen Arten des Umgangs mit Worten ansehe, dann ist klar: Es hängt auch von uns ab, ob Worte mächtig sind und ob sie uns verändern. Worte, die vorbeirauschen und nur als Kulisse wirken, denen ist sicher nichts zuzutrauen. Worte, die Informationen austauschen, sind nicht von sich aus mächtig. Sie werden erst dann wichtig, wenn wir sie auch benutzen, mit den Informationen umgehen. Anders ist das bei den Worten, die uns negativ oder positiv in unserem Innersten treffen und berühren. Wenn wir auf solche Worte hören, verändern sie unser Leben in positiver und in negativer Weise.

Der Hauptmann geht davon aus, dass Jesus solche Worte sagen kann, die das Leben verändern. Er vertraut darauf, dass Jesu Wort einen Menschen in seinem Innersten berührt und trifft. Deshalb, weil er Jesus zutraut, dass seine Worte mächtig genug sind gegen die Krankheit, geht der Hauptmann zu Jesus. Sein Vertrauen ist also nicht naiv, sondern wächst aus dem Zutrauen.

Jesus spürt, in welcher Not sich der Hauptmann befindet. Er spürt das Vertrauen. Dieser Mut, diese Hoffnung und dieses tiefe Vertrauen beeindrucken Jesus. Ein Römer, der einem Juden traut, mehr als viele seiner Freunde - das ist schon erstaunlich.  Und wenn der dann auch nicht für sich selbst, sondern für seinen Diener um Hilfe bittet - ist das noch erstaunlicher. Und ob Jesu Wort wirklich hilft, kann der Hauptmann nicht mal gleich kontrollieren. Denn, auch wenn in unserer biblischen Erzählung steht: „Sein Diener wurde gesund zu derselben Stunde.", so kriegt der Hauptmann das erst zu Hause mit. Erst viel später wird er wissen, ob der Diener wirklich gesund wird. Dieses Vertrauen bringt Jesus dazu, dem Mann zu helfen. Damit ist die Geschichte zu Ende. Es wird nicht mehr berichtet, wie es weitergeht. Was der Hauptmann danach tut, was er unternimmt, scheint unwichtig. Sein Vertrauen und sein Zutrauen in Jesu Wort steht im Mittelpunkt.

Die Geschichte stellt also die Frage an uns: Trauen auch wir Jesu Worten zu, dass sie mächtig sind, dass sie uns in unserem Innersten treffen können, da, wo unser Leben nicht in Ordnung ist, wo wir dringend Veränderung brauchen?
Diese Geschichte will uns Mut machen, Jesu Wort zu vertrauen., ihm zuzutrauen, dass er ein gutes Wort für unser Leben hat, wo es nötig ist.

Aber, werden Sie mich jetzt vielleicht fragen: Wie finde ich das Wort Jesu, das mein Leben verändert? Wie kann ich es hören?
Da gibt es natürlich kein Patentrezept. Manche Menschen begleitet ein Psalm oder ihr Konfirmationsspruch ihr Leben lang. Immer, wenn es ihnen schlecht geht, lesen sie ihn und bekommen neue Hoffnung und neues Vertrauen. Manch einer findet so ein Wort auch im Gottesdienst: ein Wort, ein Vers, eine Liedzeile, die ihn oder sie besonders anspricht, die hängen bleibt, nachklingt und zu seinem heilenden Wort wird. Oder die Jahreslosung dieses Jahres z.B. kann so ein Wort sein. „Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich." Bei Gott ist es möglich, dass ein Wort unser Leben verändert, ja sogar gesund macht. Ich denke nicht, dass jede Krankheit damit beseitigt werden kann und jeder Tod vermieden. Aber es kann helfen, mit der Krankheit zu leben, den Tod zu akzeptieren. Es kann helfen, auch in den trüben Tagen des Lebens nicht zu verzweifeln, sondern Hoffnung zu behalten.
Wenn wir Gott zutrauen, dass er uns nahe ist, wenn wir darauf vertrauen, dass er uns liebt, dann kann sein Wort uns auch heute noch verändern.

Ich wünsche Ihnen solch ein Wort, das Ihr Leben heilt, da, wo Sie Heilung bedürfen.
Amen



Pastorin Dr. Angelika Überrück
Unna
E-Mail: RUeberrueck@t-online.de

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