Göttinger Predigten

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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

8. Sonntag nach Trinitatis, 02.08.2009

Predigt zu Matthäus 5:14-16, verfasst von Christian Stasch

„Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel (GNB: Topf), sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind. So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen."


Leuchtende Augen
bekommen die Menschen,
jedenfalls viele,
wenn sein Name fällt.
Wenn sie seine Musik hören.
Wenn sie ihn tanzen sehen.

Diesen Star, was ja nichts anderes heißt als: Stern
 -  ein Mensch also, der leuchtet.
Der sich leuchtend abhebt.

Einer, der wohl auch nach seinem Tod noch ein Star bleibt.
Knapp 6 Wochen ist das her.
„Was, Michael Jackson ist tot? Das gibt´s doch nicht." Sagten viele. Ich auch.
„Er ist eigentlich gar nicht tot, er lebt gewissermaßen weiter," meinte ein weiblicher Fan in den USA spontan.
Schwang da etwas Österliches mit in diesem Satz ?
---

Einen solchen Super-Stern, einen leuchtenden Superstar,
wie wir sie heute kennen,
hat Jesus gar nicht vor Augen,
als er in der Bergpredigt sagt: „Ihr seid das Licht der Welt."
Unter seinen Zuhörern damals sind auch keine Superstars, sondern ganz normale Leute,
vom Einfluss und der Wirtschaftskraft her gesehen
sogar eher etwas unter dem Durchschnitt.
Und die bekommen gesagt: Ihr seid das Licht der Welt.

Komisch, dass Jesus das denen sagt.
Weniger komisch, sondern recht vertraut wäre es,
wenn das über ihn (!) selbst  gesagt würde, über Jesus.
Denn das kennen wir.
Wir sagen und hören es bei jeder Taufe,
übergeben eine Taufkerze an den Täufling oder an den Paten
und sagen dazu: Christus spricht: „Ich bin das Licht der Welt."
Und so singen wir es auch in jedem Gottesdienst nach der Evangeliumslesung: „Du bist das Licht der Welt ..."

Wir kennen es auch von Weihnachten her: Dunkelheit zunächst.
Und dann: die Geburt mitten in der Nacht -
der Lichtglanz bei den Hirten draußen auf dem Felde.
Licht der Welt, in der Heiligen Nacht.
Und schließlich Ostern.
Das ist zunächst auch Nacht.  Nacht des Todes und der Gottesferne.
Und plötzlich - bricht das Lebenslicht heraus aus dieser Finsternis,
Licht der Welt, gegen den Tod.


Taufe, Weihnachten, Ostern -
Jesus Christius als Licht der Welt.
Das ist uns vertraut.

Aber hier in diesem Teil der Bergpredigt sagt Jesus es nun seinen Hörerinnen und Hören zu, seinen Jüngern, diesen ehemaligen Fischern und Zöllnern, nicht gerade Lichtgestalten,
und all den anderen Menschen, die auf dem Berg dabei stehen:
Ihr seid das Licht der Welt.

Wie die Hörer darauf reagieren, steht da nicht.
Ganz am Ende der Bergpredigt, und die ist drei Kapitel lang, heißt es, die Hörer staunten nicht schleicht, dass er mit soviel Souveränität (vollmächtig) gesprochen hat.
Aber wie sie das mit dem „Licht der Welt" aufgefasst haben, wissen wir nicht.

Ich stelle mir vor, es gab kleine Pausen zwischen den einzelnen Teilen,
und ganz verschiedene Reaktionen.
Vielleicht hat einer gesagt:
„Ich - Licht der Welt? Oh, das ist mir eine Nummer zu groß.
Ich bin doch schließlich nicht Jesus."
Und eine andere: „Ich - Licht der Welt? Ich kriege oft den Mund nicht auf, wenn ich was über meinen Glauben an Jesus sagen soll. Bin zu schüchtern. Mich überfordert das."
Und ein dritter: „Ich - Licht der Welt? Das römische Reich ist so groß und so stark, was bin ich kleiner Jesusanhänger dagegen. Ich kann doch nicht viel ausrichten."

Andere denken anders:
Eine sagt. „Mir tut das gut, Licht der Welt genannt zu werden.
Das ist so, als wenn man ganz viel an Menschenwürde zurückbekommt..."
„Ja", ergänzt einer, „weil Jesus uns mit den Augen Gottes ansieht und uns Ansehen verleiht.  Da kann man dann auch getrost leuchten."
Und schließlich fügt eine hinzu:  „Er hat ja auch nicht gesagt „Du bist..." sondern „Ihr seid...". Wir alle hier sind also Licht der Welt.  Das ist doch was anderes.  Wenn einer dann mal etwas stärker leuchtet und ein anderer gerade etwas weniger, dann gleicht sich das aus. Ein Licht hilft dem andern."

Mögliche Reaktionen damals.
Und heute, liebe Gemeinde, im Sommer 2009 ?
Wir sind wie bei allen biblischen Texten Mithörende, Mitangesprochene.
Auch uns ist gesagt: Ihr seid das Licht der Welt.

Wobei man das große Wort „Welt"  ja auch etwas im Kleinen durchbuchstabieren kann:
Also: Ihr seid Licht für diese Gemeinde, wo viele sich einbringen.
Licht für diese Stadt, die keinem egal ist.
Licht für eure Familie, die euch braucht.
Licht für eure Kollegen, denen ihr täglich begegnet.
Licht für euren Nachbarn, auch wenn ihr sie euch nicht ausgesucht habt.
Licht für ein Migrationskind, das hier im Land schwer Fuß fasst.

All das sind Möglichkeiten, sein Licht leuchten zu lassen - es ist kein Anforderungskatalog.
Denn die Formulierung, die Jesus wählt, ist ja ganz positiv, ohne Druck:
Ihr seid....



Es ist also nicht gemeint:
Passt gut auf, dass das Licht nicht ausgeht.
Oder: Dreht noch tüchtig am Helligkeitsregler.
Oder: Strengt euch gefälligst an, dann könnt ihr Licht der Welt werden.
Sondern: Ihr seid es.
Lasst leuchten.
Ganz gelassen.

Die einzige Sache, die man nicht machen sollte:
Einen Topf („Scheffel") drüberstellen.
Das ist ja klar, das wäre unsinnig.
Weiß jeder.  Und sagt Jesus auch selbst:
Licht anmachen, Topf drüber - das macht kein Mensch.

--

Also: Wir - Sie und ich : Licht der Welt.
Weil wir in einer Lichterkette stehen.
Am Anfang dieser Kette steht Gott, der bei der Schöpfung zuerst an das Licht denkt,
Erster Schöpfungstag, damit geht alles los, und siehe es war sehr gut.
Dann ist das Licht verbunden mit Gottes geliebtem Volk Israel,
und dann verdichtet, gebündelt in Jesus Christus, dem Licht der Welt.
Die, die von Christus hören, seit 2000 Jahren -
Wir -
Wir reflektieren es (wie ein Rückstrahler am Fahrrad),
geben es so weiter an andere.
Als lebendiger Teil in der Lichterkette.

Wobei uns das nie vollkommen gelingt,
dem einzelnen nicht,
und uns allen als Kirche auch nicht,
sondern es ist klar, dass es neben dem Licht auch viel Schatten gibt.

Davon spricht Jesus aber nicht.
Die Schattenseiten behandelt er anderer Stelle.
Hier heißt es nur: Ihr seid das Licht der Welt.

Und Jesus sagt weiter: „So lasst nun euer Licht leuchten vor den Leuten,
damit sie eure guten Werke sehen
und euren Vater im Himmel preisen."
Es geht also letztlich nicht um uns,
das ist der Unterschied zum Superstar -
sondern es geht um Gott.
Auf ihn weisen wir hin.
Leuchten nicht aus uns selbst heraus.

--

Vor drei Jahren ist ein Impulspapier entstanden, an dem heute in kirchlichen Debatten keiner mehr vorbeikommt.
An dem Papier muss man sich messen, egal ob man zustimmt oder kritisch ist.

„Kirche der Freiheit. Perspektiven für die evangelische Kirche im 21. Jahrhundert" lautet der Titel. Dieser Text der EKD zeigt Möglichkeiten auf, wie die  Kirche den derzeitigen Herausforderungen begegnen kann. Dabei geht es auch um ein Umgestalten und Neuausrichten kirchlicher Arbeit. 

„Ihr seid das Licht der Welt" - das war für die Autoren dieses Papiers eine wichtige biblische Grundlage.
Kirche soll leuchten, soll erkennbar sein, deutlich sein.
Geistlich Profiliert und nicht undeutlich aktivistisch.
Nach außen hin orientiert und nicht selbstgenügsam.

Die einzelnen Punkte, es sind 12, werden dabei jeweils „Leuchtfeuer" genannt.
(ggf.: Beispiele)

Ein Leuchtfeuer, man könnte auch sagen ein Leuchtturm, (und davon gibt es so wunderschöne auf Norderney, auf Sylt oder sonst wo), - der ist markant, verschafft Orientierung, ist weithin erkennbar - so wie die „Stadt auf dem Berge", von der Jesus in der Bergpredigt spricht.

So werden wir daran erinnert, was wir als Christen, was wir als Kirche sind.
Und müssen uns nicht schüchtern verkriechen.
Wir sind Licht der Welt.

--

Superstars müssen wir dabei ganz und gar nicht sein,
und wir werden auch nicht immer „glänzend dastehen" -
Licht sind wir dennoch.

Und der Friede Gottes, höher als all unsere Vernunft,
bewahre und erleuchte eure Herzen."

Amen.



Pastor Christian Stasch
Einbeck
E-Mail: christian.stasch@evlka.de

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