Göttinger Predigten

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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

9. Sonntag nach Trinitatis, 09.08.2009

Predigt zu Matthäus 25:14-30, verfasst von Jürgen Diestel

Liebe Gemeinde
Zu viele bleiben draußen, zu oft finden auch wir uns draußen. Zurückgesetzt, einsam und armselig. Wer nichts hat und sich damit begnügt, dem wird auch das noch genommen, was er hat.
Doch die Sehnsucht nach dem, was uns fehlt, hört nie auf. Worauf gehofft und geträumt wird, das Fehlen tut nicht weniger weh, sondern mehr. Anerkennung, Geborgenheit und Geliebtsein,
Lob. Belohnung und Reichtum - zahlreiche Reichtümer, verspricht Jesus im heutigen Predigttext.

Seine Jünger treten zu ihm, als sie auf dem Ölberg alleine sind und fragen:
Sage uns, wann wird das geschehen? Und was wird das Zeichen sein für Dein Kommen und für das Ende der Welt? 4 Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: Seht zu, dass euch nicht jemand verführe.
Er redet auf dem Ölberg viel in Gleichnissen zu ihnen. Geheimnisvoll und mysteriös, auch vom Himmelreich:

Predigttext
14 Denn es (das Himmelreich) ist wie mit einem Menschen, der außer Landes ging: Er rief seine Knechte und vertraute ihnen sein Vermögen an; 15 dem einen gab er fünf Zentner Silber, dem andern zwei, dem dritten einen, jedem nach seiner Tüchtigkeit, und zog fort. 16 Sogleich ging der hin, der fünf Zentner empfangen hatte, und handelte mit ihnen und gewann weitere fünf dazu. 17 Ebenso gewann der, der zwei Zentner empfangen hatte, zwei weitere dazu. 18 Der aber einen empfangen hatte, ging hin, grub ein Loch in die Erde und verbarg das Geld seines Herrn. 19 Nach langer Zeit kam der Herr dieser Knechte und forderte Rechenschaft von ihnen. 20 Da trat herzu, der fünf Zentner empfangen hatte, und legte weitere fünf Zentner dazu und sprach: Herr, du hast mir fünf Zentner anvertraut; siehe da, ich habe damit weitere fünf Zentner gewonnen. 21 Da sprach sein Herr zu ihm: Recht so, du tüchtiger und treuer Knecht, du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude! 22 Da trat auch herzu, der zwei Zentner empfangen hatte, und sprach: Herr, du hast mir zwei Zentner anvertraut; siehe da, ich habe damit zwei weitere gewonnen. 23 Sein Herr sprach zu ihm: Recht so, du tüchtiger und treuer Knecht, du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude! 24 Da trat auch herzu, der einen Zentner empfangen hatte, und sprach: Herr, ich wusste, dass du ein harter Mann bist: Du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst ein, wo du nicht ausgestreut hast; 25 und ich fürchtete mich, ging hin und verbarg deinen Zentner in der Erde. Siehe, da hast du das Deine. 26 Sein Herr aber antwortete und sprach zu ihm: Du böser und fauler Knecht! Wusstest du, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und einsammle, wo ich nicht ausgestreut habe? 27 Dann hättest du mein Geld zu den Wechslern bringen sollen, und wenn ich gekommen wäre, hätte ich das Meine wiederbekommen mit Zinsen. 28 Darum nehmt ihm den Zentner ab und gebt ihn dem, der zehn Zentner hat. 29 Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und er wird die Fülle haben; wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden. 30 Und den unnützen Knecht werft in die Finsternis hinaus; da wird sein Heulen und Zähneklappern.


Die vordergründige Handlung dieses Gleichnisses ist leicht zu verstehen:
Der wohlhabende Herr kennt seine Knechte genau. Er überträgt jedem individuell die Verantwortung über einen Teil seines großen Reichtums.
Die ersten beiden Knechte bekommen sehr viel, der tüchtigere am meisten.  Beide können sich sogleich problemlos auf die Verantwortung einlassen. Sie integrieren den Schatz in ihr weiteres Leben und verdoppeln ihn scheinbar mühelos.

Doch der dritte Knecht ist dazu nicht in der Lage.
Er geht, gräbt ein Loch in die Erde und verbirgt das Vermögen seines Herren.
Nach langer Zeit wird Rechenschaft gefordert.
Die Knechte, die aktiv mit dem Vermögen leben, die es annehmen und für sich verdoppeln konnten, haben auch während der langen Zeit der Abwesenheit des Herren nichts verloren.
Für seinen Einsatz erfährt jeder einzelne große Anerkennung. Überreiche Belohnung und verlockende Zukunft für ihre Treue.
"Recht so, du tüchtiger und treuer Knecht, du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude."


Jedoch Zorn, Ärger und Vertrauensentzug treffen den letzten Knecht.
In dem ausführlichen Dialog zwischen ihm und seinem Herren, erfahren wir, wie viele Gedanken sich dieser Knecht gemacht hat.
Falsche Gedanken. Vorsichtig ist er, weil er befürchtet, dass er eigentlich nur verlieren kann. Zögerlich, weil sein Herr mit seiner Leistung nicht zufrieden sein könnte.
Wahrscheinlich hat er auch Angst mit dem Erfolg der Anderen nicht mithalten zu können. Mutlos ist er nicht in der Lage, von dem reichen Geschenk zu profitieren, es für sich in Gebrauch zu nehmen und zu vermehren. Obwohl er weiß, dass dieses Vermögen eingesetzt werden soll, kommt er nicht einmal auf den Gedanken den Schatz an Andere weiterzugeben. Seine Furcht vor dem Urteil des Herren ist falsch und bringt ihn dazu, das Gute unbrauchbar und für lange zu verbergen.


Als der dritte Knecht Rechenschaft ablegen soll über das anvertraute Gut, muss er sich hinten anstellen. Als letzter kann er inmitten seiner Rechtfertigungen lediglich das im Vertrauen erhaltene Gut ungebraucht zurückgeben. Das reicht nicht.
Auf einen scharfen Tadel ergeht der Befehl, ihm das Anvertraute abzunehmen und ihn hinauszuwerfen.
Hineingenommen in die Freude des Herren sind die Aktiven, denen alles scheinbar mühelos gelingt. 
Hinausgeworfen der, der vorsichtig und zögerlich den ihm anvertrauten Reichtum des Herren verbirgt. - ins Heulen und Zähneklappern.



Deutung
Jesus spricht diese Gleichnis zu seinen Jüngern, als sie allein auf dem Ölberg sind.
 
Er macht Ihnen klar, dass er sie verlassen wird und ihnen große Werte anvertraut, und dass diese im Leben der Jünger wurzeln, wachsen und blühen sollen. In jedem nach seinen Fähigkeiten.
Hüten sollen sie sich davor, aus Angst oder Mutlosigkeit aufzugeben und alles hinzuschmeißen. Er wird abwesend sein und nach langer Zeit wiederkommen.
Was ist dann mit dem Silber gemeint ?
1.  Die Reichtümer, die Jesus seinen Jüngern und uns überantwortet hat, sind mit Tonnen von Silber nur sehr unzureichend beschrieben.
Es geht Jesus nicht um Silber.
"Mein Reich ist nicht von dieser Welt," sagt der Messias in seinem Verhör mit Pilatus, "wäre mein Reich von dieser Welt, meine Diener würden für mich kämpfen,"
So bist Du dennoch ein König? fragt Pilatus
Jesus antwortet: "Du sagst es. Ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich die Wahrheit bezeugen soll. Wer aus der Wahrheit ist, der hört meine Stimme."

Ein riesiges Vermögen hat uns dieser König der Wahrheit überlassen!
Wenn man über dieses Vermögen reden will, entsteht eine Schwierigkeit:  Es ist unüberschaubar, die ganze Bibel ist voll davon. man kann in einer Predigt immer nur kleine Teile beschreiben.  

Drei Knechte beschenkt der Herr im Gleichnis,
Er beschenkt sie stellvertretend für seine Jünger, für uns, für Alle.
Er beschenkt sie mit Wahrheit, mit Gleichnissen, mit reicher Gemeinschaft im Abendmahl, mit Vergebung von Schuld und Sünde, mit Hoffnung auf Leben. Jeden Sonntag feiern Christen, weil sie reich beschenkt und dankbar sind. 
beschenkt in  Nächstenliebe unseres Heilandes,
Das ist ein reiches Geschenk für das wir Verantwortung übernehmen sollen:  Die Nächstenliebe
Das Neue Testament ist  Dokumentation der Nächstenliebe:
Im Johannesevangelium antwortet Jesus auf die Frage eines Pharisäers:
36 Meister, welches ist das höchste Gebot im Gesetz? 37 Jesus antwortete ihm: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt« (5.Mose 6,5). 38 Dies ist das höchste und größte Gebot. 39 Das andere aber ist dem gleich: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst«
Joh, 18,36-37

In der Bergpredigt weitet Jesus die Nächstenliebe als Feindesliebe aus:
  „Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters im Himmel werdet;
 

„Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan." sagt Jesus seinen Jüngern auf dem Ölberg zu:

Seine Liebe wirkt bis in unsere Zeit:

Ca. 1500 Jahre nach den Gleichnissen auf dem Ölberg sagt Martin Luther, Nächstenliebe ist auch Fröhlichkeit:
Zitat:
    Siehe, so fließet aus dem Glauben die Liebe und Lust zu Gott, und aus der Liebe ein freies, williges, fröhliches Leben, dem Nächsten zu dienen umsonst.

Auch heute ist Nächstenliebe Basis in allen christlichen Kirchen.  Papst Benedikt XVI sagt:
Nächstenliebe ist der Blick der LIebe
 Ich zitiere aus der Enzyklika Deus Caritas est

    „[Nächstenliebe] besteht ja darin, daß ich auch den Mitmenschen, den ich zunächst gar nicht mag oder nicht einmal kenne, von Gott her liebe. ...  Dann lerne ich, diesen anderen nicht mehr bloß mit meinen Augen und Gefühlen anzusehen, sondern aus der Perspektive Jesu Christi heraus. Sein Freund ist mein Freund. ... Ich sehe mit Christus und kann dem anderen mehr geben als die äußerlich notwendigen Dinge: den Blick der Liebe, den er braucht."


So soll die Nächstenliebe des Messias in allen von uns aufleben und vervielfacht werden. Damit wir uns aufgehoben fühlen können im wohlwollenden Denken der Anderen und wir wiederum Geborgenheit und Wärme geben, auch dem Feind.
Das Gebot der Nächstenliebe in Christus ist ein unermeßlicher Schatz, den Jesus Christus in unsere Verantwortung gelegt hat, damit wir ihn annehmen und in uns leben lassen.
 
     " Recht so, du tüchtiger und treuer Knecht, du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude!"

Das ist die Belohnung, die Hoffnungsaussicht, die Jesus seinen treuen Knechten in Aussicht stellt.

Eine etwas merkwürdige Einladung: Geh hinein zu deines Herren Freude

Eigentlich würde ich gern wissen, was es genau ist.
Das geht aber aus der Einladung nicht hervor.
"Einladung zur Freude" klingt gut, aber "zu deines Herren Freude"?
Da muss man den Herren schon genau kennen, um einzuschätzen, ob das Hineingehen auch wirklich positiv ist.
Aber was könnte einen da erwarten?
 "Geh hinein zu des Herren Freude"
Also im Idealfall sind dort ganz viele nette unterschiedliche Leute
es gibt Musik
ein Buffet
und alle machen mit
ein Musikkonzert, ein schönes Essen mit lieben Leuten auf einer Blumenwiese im Sonnenschein, die Grillen zirpen
ohja picknick
Schöne Bilder, die sich zum Begriff "Eingehen zu des Herren Freude" einstellen. 
Also , nach einigem Nachdenken bin ich mir sicher. Ich würde mitgehen auf diese Einladung, auch ohne genau zu wissen was mich erwartet.
Denn dort werden wir uns aufgehoben fühlen können im wohlwollenden Denken der Anderen und wir werden Anderen Geborgenheit und Wärme geben.
Amen

Und die Gnade Gottes, die höher ist als alle menschliche Vernunft sei mit uns allen.



Jürgen Diestel

E-Mail: juergendiestel@googlemail.com

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