Göttinger Predigten

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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

17. Sonntag nach Trinitatis / Erntedank, 04.10.2009

Predigt zu Lukas 12:13-21, verfasst von Winfried Klotz

Gegen die Sorge um Reichtum und Lebenssicherung

13 Ein Mann in der Menge wandte sich an Jesus: »Lehrer, sag doch meinem Bruder, er soll mit mir das Erbe teilen, das unser Vater uns hinterlassen hat! «.

14 Jesus antwortete ihm: »Freund, ich bin nicht zum Richter für eure Erbstreitigkeiten bestellt! «

15 Dann sagte er zu allen: »Gebt acht! Hütet euch vor jeder Art von Habgier! Denn der Mensch gewinnt sein Leben nicht aus seinem Besitz, auch wenn der noch so groß ist. «

16 Jesus erzählte ihnen dazu eine Geschichte:

»Ein reicher Grundbesitzer hatte eine besonders gute Ernte gehabt.

17 'Was soll ich jetzt tun?' überlegte er. 'Ich weiß gar nicht, wo ich das alles unterbringen soll!

18 Ich hab's', sagte er, 'ich reiße meine Scheunen ab und baue größere! Dann kann ich das ganze Getreide und alle meine Vorräte dort unterbringen

19 und kann zu mir selbst sagen: Gut gemacht! Jetzt bist du auf viele Jahre versorgt. Gönne dir Ruhe, iss und trink nach Herzenslust und genieße das Leben!'

20 Aber Gott sagte zu ihm: 'Du Narr, noch in dieser Nacht werde ich dein Leben von dir zurückfordern! Wem gehört dann dein Besitz?'«

21 Und Jesus schloss: »So steht es mit allen, die für sich selber Besitz aufhäufen, aber bei Gott nichts besitzen.«

 

Liebe Gemeinde!

Drei Meinungen zu Beginn:

A) Ärgerlich. ärgerlich, ärgerlich! Ständig wird an uns rumkritisiert und Jesus und die Bibel machen da keine Ausnahme! Da hat man sich ein bisschen was zusammengerafft, da hat man seinen auskömmlichen Lebensstandart und ein paar Sicherheiten fürs Alter und schon heißt es: Du bist ein Narr, auf dem Holzweg. Gönnt Gott uns denn nicht, dass es uns gut geht? Das Leben ist schwer genug und kurz dazu; sollen wir auch noch auf die wenigen Freuden verzichten?

B) Klar, wer den Lottojackpot gewonnen hat, sollte nicht knauserig sein! Von wegen, das Schicksal hat mich auserwählt, die anderen gehen mich nichts an; von wegen Leben auf der Überholspur, wer so viel hat, soll ruhig mal tief in die Tasche greifen und denen abgeben, die arm dran sind. Reichtum scheint manchen Leuten gar nicht zu bekommen. Da geht so viel kaputt an Beziehungen. Ich selbst hab ja nicht so besonders viel, aber bei der Erntedanksammlung habe ich auch fünf Euro gegeben, das ist doch nicht schlecht, oder?

C) Erntedankfest, also ich denke, unser Text aus der Bibel passt nicht zu diesem Anlass. Auch nicht die Kritik, die sich an einem Landwirt festmacht. Die haben es doch im Moment besonders schwer. Denken wir an die Erzeugerpreise, besonders den der Milch. Der deckt nicht mehr die Kosten. Gut, in der Beispielgeschichte Jesu geht es nicht einfach um einen Landwirt, sondern um einen Großgrundbesitzer, der geschickt ein damals begehrtes Grundnahrungsmittel hortet, um den Preis hoch zu halten oder sogar noch zu steigern. Zugegeben, das ist ein echter Kapitalist und heute würde Jesus für seine Beispielgeschichte wahrscheinlich einen Hedgefond -Manager nehmen, der große Gewinne macht mit dem Aufkauf und der Zerschlagung von Firmen, oder einen Bankmanager, der große Gewinne einstreicht mit dem Verkauf von letztlich wertlosen Zertifikaten, oder einen Manager, der Mitarbeiter entlässt, um den Kurswert der Firma an der Börse zu steigern, oder ... Der Text aus der Bibel passt nicht! Heute wollen wir uns doch freuen über die Ernte, die Natur, den Sonneschein, Essen und Trinken, uns unterhalten und nicht zu ernste Gedanken wälzen. Der erhobene Zeigefinger ist heute nicht dran. Amen.

Bitte jetzt noch keinen Applaus, die Predigt ist noch nicht zu Ende. Ja, wir feiern heute das Erntedankfest, aber nicht nur, um uns an der Natur und ihren Gaben zu freuen, sondern um dem Schöpfer und Geber aller guten Gaben zu danken. Du greifst zu kurz, wenn Du nur die Natur und Dich als Teil von ihr siehst, Du greifst zu kurz, wenn Du Dich nur darüber freust, dass Du trotz Wirtschaftskrise gut über die Runden gekommen bist und deshalb stolz zurückblickst. Denkst Du da nicht fast schon wie der reiche Grundbesitzer, der zu sich sagt: Gut gemacht! Jetzt bist du auf viele Jahre versorgt. Gönne dir Ruhe, iss und trink nach Herzenslust und genieße das Leben!" Was ist der Fehler? Das Du Gott vergessen hast! Und Dein Vertrauen auf Irdisches setzt. Wer Gott vergisst, den lebendigen Gott, der sichtbar geworden ist in Jesus Christus, der treibt Götzendienst. Wer Gott vergisst, hat die entscheidende Beziehung seines Lebens vergessen. Der ist wie ein Segelschiff ohne Ballast, und das muss bei jedem stärkeren Wind scheitern. Wie sieht das Scheitern aus? Bei Dir sieht dieses Scheitern so aus, dass Du hart und unbarmherzig und ungerecht wirst, unfähig zum Frieden; die Melodie Deines Lebens ist Überheblichkeit, Unzufriedenheit und Jammern!

Was ist das Thema von Erntedank? Martin Luther hat in der Erklärung zum ersten Artikel des Apostolischen Glaubensbekenntnisses ganz zutreffend gesagt, um was es beim Erntedank geht:

Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.

Was ist das?

Ich glaube, dass mich Gott geschaffen hat samt allen Kreaturen, mir Leib und Seele, Augen, Ohren und alle Glieder, Vernunft und alle Sinne gegeben hat und noch erhält; dazu Kleider und Schuh, Essen und Trinken, Haus und Hof, Weib und Kind, Acker, Vieh und alle Güter; mit allem, was not tut für Leib und Leben, mich reichlich und täglich versorgt, in allen Gefahren beschirmt und vor allem Übel behütet und bewahrt; und das alles aus lauter väterlicher, göttlicher Güte und Barmherzigkeit, ohn all mein Verdienst und Würdigkeit: für all das ich ihm zu danken und zu loben und dafür zu dienen und gehorsam zu sein schuldig bin. Das ist gewisslich wahr.

Gott hat mir das zum Leben Nötige bis heute immer wieder gegeben, dafür sage ich IHM Dank! Das ist der Gott, der mich gerettet hat, oder, wenn Du das noch nicht im Glauben angenommen und erfahren hast, der Gott, der Dich retten will aus Deiner Schuld und Deinem Scheitern; wende Dich zu Jesus, bei IHM wirst Du Gottes Hilfe finden. Ja, wirklich zu Jesus, wo sonst kannst Du Leben und wirkliche Erfüllung finden?!

Lassen Sie uns noch einmal den Blick zurück zum sogenannten reichen Kornbauer lenken. Jesus hat die Geschichte wirklich nicht erzählt, weil Gott uns nichts Gutes gönnen würde. Gott gibt gerne und reichlich denen, die Ihm ihr Leben anvertrauen. Gott freut sich darüber, wenn es seinen Kindern gut geht und er leidet mit, wenn seine Kinder leiden. Gott, der Schöpfer, gönnt uns auch unseren Besitz, er hat uns die Erde anvertraut, damit wir sie bebauen und bewahren. Schwierig wird es nur, wenn das, was ich besitze, zu meinem Lebensinhalt wird. Egal um welche Güter und Fähigkeiten es sich dreht, wenn ich mein Herz daran hänge, wo hat dann noch Gott einen Platz in meinem Leben? Und in Vertretung von Gott, wo hat mein Nächster Raum in meinem Herzen, gerade auch der Nächste, der meine Hilfe braucht? „Der Mensch gewinnt sein Leben nicht aus seinem Besitz, auch wenn der noch so groß ist", sagt Jesus.

Das finde ich in 5. Mose 26, 11-12 so schön, wo von der Überbringung der Erntedankgaben, nämlich der Erstlingsfrüchte und des Zehnten für Gott die Rede ist, das es heißt: „Genieße voll Freude all das Gute, das Gott dir und deiner Familie gegeben hat, und lass auch die Leviten und die Fremden, die bei dir wohnen, daran teilhaben. Jedes dritte Jahr sollt ihr den zehnten Teil eurer Ernte in euren Ortschaften sammeln, damit die Leviten, die Waisen und Witwen davon leben können." Ja, wir sollen das Gute genießen und uns daran freuen, aber ob wir unser Geld und Gut als Gabe Gottes ansehen, wird sich daran zeigen, ob wir auch andere daran teilhaben lassen. Die Wurzel der Habgier wächst in jedem Herzen, da muss man nicht vermögend sein. Habgier aber ist Götzendienst. Gott hat keinen Platz bei denen, die Sinn, Erfüllung und Sicherheit in dem, was sie besitzen und können finden wollen. Wenn Gott in Deinem Leben keinen Platz hat, dann wirst Du bei IHM auch keinen Platz haben. Verlier Dich nicht im Schätze-Sammeln und Sorgen! Zahle viel lieber in die himmlische Bank ein, indem Du Deinen Zehnten gibst für den Dienst in Gottes Haus und für die Bedürftigen. Sei fröhlich über Gottes Güte und vergiss die Elenden, Bedürftigen, Leidenden nicht! Amen.

 

*********

 

Was mach ich nur mit all dem Geld? Anspiel zu Lukas 12, 13-21

Nach vorne kommt eine Person, die über den Kopf eine Kapuze mit Augenschlitzen gezogen hat.

Interviewer: Wertes Publikum!

Zu uns kommt heute Herr Z. Sie werden sich wundern, dass ich nicht seinen Namen nenne und er verhüllt zu uns kommt. Herr Z. möchte unerkannt bleiben.

Herr Z., ich grüße Sie sehr herzlich! Vielen Dank, dass Sie heute in unserer Sendung sind. Es geht um ein ganz heikles Thema und deshalb wird jeder verstehen, dass Sie inkognito bleiben möchten.

Z.: Ja, ich bin schon gerne zu Ihnen gekommen, aber bitte wahren Sie das Geheimnis meiner Person. Ich komme sonst in Teufels Küche.

Interviewer: Selbstverständlich, Herr Z., das haben wir Ihnen ja schriftlich zugesichert. Sollte jemand Sie erkennen, kommt der Sender für den Schaden auf!

Z.: Na, hoffentlich sind Sie dann nicht pleite.

Interviewer: Es wird nichts passieren, glauben Sie mir; wir haben Vorkehrungen getroffen, dass Sie auch wieder unerkannt aus dem Studio herauskommen. Außerdem haben wir den Verzerrer eingeschaltet, damit niemand Sie an Ihrer Stimme erkennt.

Z.: Gut, gut, sie sind in der Pflicht.

Interviewer: Wertes Publikum, ich kann Ihnen heute etwas Einmaliges präsentieren: Herr Z, hat vor einem halben Jahr den Jackpot geknackt und ist nun 31 Millionen Euro reicher. Herr Z., was macht das mit Ihnen?

Z.: Ich kann es immer noch kaum fassen, aber eines ist mir sicher: Ich habe ausgesorgt! Ich brauche nie mehr arbeiten. Ich bin glücklich, mir kann nichts mehr passieren!

Interviewer: Haben Sie denn so richtig gefeiert?

Z.: Zuerst wollte ich echt einen Drauf machen, eine große Party schmeißen, aber dann sagte meine Frau, dass das auffallen würde, und die Leute merken würden, dass wir Geld haben. Also habe ich mir das verkniffen und nur zuhause gefeiert. Stellen Sie sich vor, und da wirft mir meine Frau vor, ich sei ein Geizhals, weil ich auf ihren Rat gehört habe!

Interviewer: Konnten Sie sich bisher denn nichts leisten?

Z.: Ich verdiene wohl ganz gut, aber meine Frau, die hatte immer besondere Ansprüche, und so waren wir ständig in den Miesen. Aber das ja nun vorbei! Jetzt können wir uns endlich was leisten und glücklich sein! Ich teile meiner Frau natürlich zu, was sie ausgeben darf.

Interviewer: Und das gibt keine Probleme?

Z.: Natürlich gibt das Probleme! Meine Frau will ausziehen, wenn ich ihr nicht die Hälfte des Geldes überlasse. Aber ich lasse mich doch von der nicht unterbuttern. Und unser Sohn hat letzt auch irgendwie etwas gemerkt und fordert jetzt auch Geld. Bestimmt hat meine Frau geschwätzt. Aber sehen Sie, wenn ich denen gebe, was die wollen, bin ich am Ende ein armer Mann! Das ist doch ungerecht! Ich hab' das Geld doch gewonnen!

Interviewer: Also, ich habe den Eindruck, dass Ihr großer Gewinn Ihnen bisher mehr Sorgen als Freude bereitet hat; gibt es den auch Positives zu berichten?

Z.: Aber natürlich! Demnächst ziehen wir um in eine Stadt, in der uns niemand kennt und werden dort in einer riesigen Villa mit allem Luxus wohnen. Drei neue Autos habe ich schon bestellt, wir haben dort insgesamt fünf Garagen! Außerdem einen Tennisplatz, eine Schwimmhalle, eine große Bar zum Feiern .... ; ach, wissen Sie, das würde zu lange dauern, wenn ich Ihnen alles aufzählen wollte, was wir bald genießen können.

Interviewer: Werden Sie dann auch Verwandte und Freunde dorthin einladen?

Z.: Erst mal nicht, aber wenn wir uns eingelebt haben und wissen, wie wir uns schützen können gegen Neid und Gier der Mitmenschen, dann dürfen die mal vorbeikommen. Es macht ja keinen Spaß reich zu sein, wenn man es nicht zeigen kann.

Interviewer: Ihre Frau hat gedroht auszuziehen, wenn Sie nicht die Hälfte bekommt; wird sie denn mitkommen in die Luxusvilla?

Z.: Das ist noch nicht ganz raus; ich denke aber, dass die blöfft. Wenn nicht, es gibt genug Frauen, die sich nach einem Leben in Luxus sehnen. Ich sollte mir vielleicht sowieso eine jüngere, hübschere zulegen, jetzt wo ich reich bin. Sehen Sie, die Reichen und die Stars machen's doch auch so, dass sie ständig eine Neue haben.

Interviewer: Herr Z., auf unserer Welt gibt es viele Arme und Notleidende, werden Sie auch ein soziales Projekt mit ihrem Geld unterstützen?

Z.: Wo denken Sie hin! Diese vielen Hilfsorganisationen, die zocken die Menschen doch nur ab. Sie tun ein bisschen Gutes, um damit werben zu können, aber das meiste Geld fließt in dunkle Kanäle. Mit Geld kann man nicht wirklich helfen. Ich trau denen nicht! Außerdem, mir hat früher auch niemand geholfen.

Interviewer: Herr Z., haben Sie denn gar kein Herz? Haben Sie nicht vor einer Woche die Bilder von dem schlimmen Erdbeben gesehen? Den Menschen, die alles verloren haben, könnten Sie mit Geld doch auf die Beine helfen.

Z.: Wenn Sie so weiter reden, gehe ich. Ich bin nicht in Ihre Sendung gekommen, um mich nun von Ihnen belabern zu lassen. Das Schicksal hat es gut mit mir gemeint, ich bin auserwählt zu diesem Leben in Sicherheit und Luxus, die anderen gehen mich nichts an. Außerdem zahle ich genug Steuern, damit unser bankrotter Staat über die Runden kommt. Mich gehen die vielen Looser nichts an!

Interviewer: Waren Sie bisher Mitglied in einer Kirche und werden Sie das beibehalten?

Z.: Ich bin schon vor längerer Zeit ausgetreten wegen der Kirchensteuer; meine Frau ist dringeblieben, damit unser Sohn konfirmiert werden kann. Ich habe sie jetzt überzeugt, dass sie auch schleunigst austritt. Ich brauche keine Kirche um zu glauben. Kirche und Gottesdienst, das ist nur was für alte Leute, die bald auf dem Friedhof landen. Ich habe mich von einem absoluten Spezialisten durchchecken lassen, ich bin gesund und habe noch viele Jahre zu leben. Auch mein persönliches Horoskop verspricht mir viele gute Jahre. Zur Sicherheit habe ich mir auch die Karten legen lassen und eine Wahrsagerin befragt: Die Prognose ist eindeutig, auf mich wartet ein Leben auf der Überholspur!

Interviewer: Das wünsche ich Ihnen, Herr Z., vielen Dank für Ihr Kommen!



Pfarrer Winfried Klotz
Ev. Kirchengemeinde Bad König
E-Mail: wkl-bad.koenig@t-online.de

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