Göttinger Predigten

Choose your language:
deutsch English español
português dansk

Startseite

Aktuelle Predigten

Archiv

Besondere Gelegenheiten

Suche

Links

Konzeption

Unsere Autoren weltweit

Kontakt
ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

1. Sonntag nach Weihnachten, 27.12.2009

Predigt zu 1. Johannes 1:1-4, verfasst von Christine Hubka

Hier schreibt jemand nicht klar, strukturiert.
Sondern es klingt ein wenig wirr.
Ein bisschen aufgeregt. Atemlos.
So als könne er es gar nicht erwarten,
das zu sagen, was er sagen will.
Aber eines wird auch in dem Durcheinander
beim ersten Hören klar:
Warum dieser Brief geschrieben wurde.
Hört und hört es heraus:

Ich lese aus dem ersten Brief des Johannes den Anfang:

Was von Anfang an war, was wir gehört haben, was wir gesehen haben mit unseren Augen, was wir betrachtet haben und unsere Hände betastet haben, vom Wort des Lebens -
Und das Leben ist erschienen und wir haben gesehen und bezeugen und verkündigen euch das Leben, das ewig ist, das beim Vater war und uns erschienen ist -
Was wir gesehen und gehört haben, das verkündigen wir auch euch, damit ihr mit uns Gemeinschaft habt; und unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus.
Und das schreiben wir, damit unsere Freude vollkommen sei.... 1. Joh 1, 1 - 4


Jetzt ist es heraus.
Wie ein Kind, das angelaufen kommt:
Mama, Papa, kommt, schaut.
An uns zerrt, uns mitnimmt.
Damit wir sehen, was so herrlich ist:
So aufregend.
So wunderbar.
So umwerfend.
So überwältigend.
So klingt der Anfang dieses Briefes.

Ja, es ist klar, warum Johannes seinen Brief schreibt:
Das schreiben wir, damit unsere Freude vollkommen sei.

Wenn ich nicht sofort jemanden anrufe,
und es erzähle, dann platze ich.

Sehr großes Glück,
sehr großes Leid
muss sich mitteilen.
Es will heraus.
Es braucht ein Ohr,
ein Herz,
dem ich es anvertrauen kann.

Wirklich einsam ist ein Mensch nur dann,
wenn ihm niemand einfällt,
der dieses Ohr, dieses Herz hat.

Lassen wir kurz die Menschen gegenwärtig sein,
die wir anrufen, wenn das Herz so voll ist,
dass der Mund reden muss.
Es ist gut, dass es sie gibt.

Es ist nichts Banales,
was uns so überwältigt mit Freude, mit Schmerz.
Nicht die Wichtigkeiten - des Lebens.
Die können uns schon auch ganz schön
in Bewegung bringen.
Aber kein Wasserrohrbruch,
und sei er auch noch so katastrophal,
keine Urlaubsreise,
und sei sie auch noch so traumhaft,
drängen uns in diesen Zustand
„ich muss es jemandem erzählen!"

Es ist das Leben selbst.

Ich habe das Leben gesehen und im Arm gehalten:
Ein Neugeborenes.
So zart. So verletzlich.
So ganz und gar bei sich.
Einen sterbenden Menschen.
So ganz und gar bei sich.
So zart. So verletzlich.

Ich habe das Leben gehört:
Den erste Schrei eines Kindes.
Den letzten Atemzug eines Sterbenden.

Ein Stern leuchtet auf -
Ein Hauch berührt uns -
Der Hauch des Lebens.
Ja, auch bei einem Sterbenden.

Denn Gott ist das Leben.

Das ist zu spüren,
ganz am Anfang und ganz am Ende.
Wir sind erschüttert - vom Leben.
An seinem Anfang.
An seinem Ende.
Von großer Freude.
Von tiefem Schmerz.

Wie verletzlich, wie zerbrechlich es ist.
Wie schutzbedürftig.
Wie wunderbar.
An seinem Anfang.
An seinem Ende.

Ja, auch am Ende -
Weil dahinter Gott steht -
und es zurück nimmt.
Behutsam.
So sorgsam,
wie wir ein Neugeborenes in den Arm nehmen.

Das Kind in der Krippe.
Der Sterbende am Kreuz.
Anfang und Ende.
Das ist das Leben.

Dort, wo das Leben geteilt wird -
der Anfang,
das Ende,
die Freude über neues Leben,
das Entsetzen über den Tod,
das Wissen um Gott, der dahinter steht -

dort ist christliche Gemeinde.

Für diese Gemeinde, für diese Kirche
sei Gott Lob und Preis in Ewigkeit.



Pfarrerin Dr. Christine Hubka
Wien
E-Mail: christine.hubka@gmx.at

(zurück zum Seitenanfang)