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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Heiligabend, 24.12.2009

Predigt zu Titus 2:11-14, verfasst von Peter Huschke

Für viele von uns war bis gestern Schule.
Viele von uns haben bis gestern oder bis heute Abend gearbeitet.
Viele von uns haben sich so auf heute gefreut, und irgendwie ist doch wieder einiges nicht so gelaufen, wie sie sich das gewünscht haben.
Manchen fehlt ein lieber Mensch, der letztes Weihnachten noch dabei war.
Manche sind bedrückt von dem Streit, der sich doch wieder nicht hat vermeiden lassen.
Manche belastet die viele Arbeit, die in den nächsten Tagen auf sie zukommt und vor der es sie graut.

Liebe Gemeinde, alle, denen es so geht, dürfen sich zusammen mit denen freuen, die schon glücklich sind, die den Heiligen Abend schon jetzt so richtig genießen, die glücklich über Geschenke sind und sich auf die vor ihnen liegenden Tage freuen.
Warum wir uns alle zusammen freuen dürfen - die, bei denen die Weihnachtsstimmung noch nicht so richtig aufkommen will, und die, die sich schon über das Kind in der Krippe und die seinetwegen verteilten Geschenke freuen - das haben wir eben im Weihnachtsevangelium schon gehört.
Jede und jeder von uns hat nach den Versen 11 bis 14 im zweiten Kapitel des Titusbriefes Grund zur Freude. „Denn unser Gott und Befreier ist mit offenen Armen zu uns und zu allen Menschen gekommen. Durch seine Gnade befähigt er uns, dem Leben ohne Gott eine Absage zu erteilen, die Süchte und Maßlosigkeit aufzugeben und gegen ein besonnenes, gerechtes und frommes Leben in der Welt und Zeit einzutauschen, ganz erfüllt von der Hoffnung auf ein seliges Ende und die herrliche Wiederkunft des großen Gottes und unseres Erlösers Jesus Christus, der sein ganzes Leben für uns in die Waagschale geworfen hat, um uns von aller Schuld zu befreien und uns zu einem heiligen, ihm allein gehörenden Volk zu machen. So sind wir dazu befreit, mit Eifer Gutes zu tun." (Übersetzung nach K. Berger und C. Nord)

Als Erstes steht da: Wir dürfen uns freuen, weil unser Gott und Befreier mit offenen Armen zu uns kommt.
Mit offenen Armen werden wir Menschen von Gott empfangen.
Darüber dürfen wir uns freuen.
Noch heute ist mir das Gefühl gegenwärtig, wie meine Kinder als ganz kleine Babys liebevoll ihre Händchen um meinen Hals oder Kopf legen und mich umarmen. Selten habe ich mich so glücklich gefühlt.
So zärtlich will das Kind in der Krippe mit offenen Armen zu uns kommen.
Noch heute fühle ich, wie meine damalige Freundin und heutige Frau mich mit offenen Armen an sich drückt, wenn wir uns am Bahnhof wieder gesehen haben. Da war mir klar, wie sich Liebe anfühlt.
So liebevoll will das Kind in der Krippe mit offenen Armen zu uns kommen.
Noch heute spüre ich den Blick meines in diesem Jahr verstorbenen Vaters, der mich nach einer von mir schweren Herzens eingestandenen Lüge an sich drückt. Da erlebte ich, wie Vergebung von Schuld mich wieder frei aufatmen lässt.
So barmherzig will das Kind in der Krippe mit offenen Armen zu uns kommen.
Jede und jeder von uns darf sich freuen, weil Gott so zärtlich, so liebevoll und so barmherzig jede und jeden von uns mit offenen Armen empfängt. Gott will mit seiner Zärtlichkeit, seiner Liebe und seiner Barmherzigkeit ganz nah bei uns sein.
Und, liebe Gemeinde, ich darf mich freuen, weil unser Gott und Befreier mit offenen Armen nicht nur zu mir, sondern zu allen Menschen kommt.
Gott ist bei dem Menschen, der mir heute so fehlt. In Gottes liebevoll geöffneten Armen gehören wir weiter zusammen. Vielleicht lindert das meinen Schmerz, meine Trauer um die Verstorbenen etwas.
Gott ist auch bei dem Menschen, mit dem ich ausgerechnet heute wieder streite, wo wir beide kein vernünftiges Miteinander zusammenbringen und uns nerven. Gottes liebevoll geöffnete Arme gelten uns beiden. Vielleicht kann das unsere Blicke aufeinander, unser Verhalten zueinander verändern.
Gott ist auch bei dem Menschen, um den ich so viel Angst habe. Gottes liebevoll geöffnete Arme gelten auch ihm. Vielleicht kann ich meine Angst, meine Sorgen um diesen Menschen mit Gott teilen.
Auch deshalb, liebe Gemeinde, dürfen wir uns alle zusammen freuen, weil Gottes liebevoll geöffnete Arme wirklich allen Menschen gelten.
Da dürfen wir Gott für uns und für andere viel zutrauen.


Liebe Gemeinde, wenn wir das für uns und für andere gelten lassen, dass Gott mit offenen Armen als unser Gott und Befreier mit dem Kind in der Krippe, Jesus Christus, zu uns gekommen ist, dann können wir leben, wie wir es in den Versen des Titusbriefes gehört haben.
Mit unserem gestärkten Selbstvertrauen und unserem veränderten Blick auf unseren Nächsten, die uns in den für uns offenen Armen des Kindes in der Krippe geschenkt werden, befähigt Gott uns, ein besonnenes, gerechtes und frommes Leben in der Welt und Zeit zu führen.

Liebe Gemeinde, wir können uns also nicht nur heute, morgen und in den Weihnachtsferien freuen.
Wir können uns auch freuen, wenn die Schule wieder losgeht, wenn die Arbeit uns wieder in Beschlag nimmt oder der Kampf um den Arbeitsplatz wieder einsetzt, wenn die Freude der Weihnachtstage schöne Erinnerung ist, wenn der Alltag uns wieder in Beschlag nimmt. Gott will uns auch Lebensmut geben, wenn uns der Tod des lieben Menschen wieder schmerzt, wenn wir uns doch unsinnigerweise wieder streiten, wenn uns alles zu viel wird.
Auch dann ist Gott mit offenen Armen bei uns. Dazu ist er gekommen. Jesus Christus hat sein ganzes Leben für unser ganzes Leben in die Waagschale geworfen. Deswegen freuen wir uns an diesem Heiligen Abend für alle vor uns liegenden Tage.


Wir freuen uns nicht, weil mit einem Schlag heile Welt bei uns ist - so schön es ist, wenn wir heute ein Stück heile Welt spüren dürfen.
Wir freuen uns nicht, weil mit einem Schlag heile Welt bei uns ist - wenngleich uns das Hören der Weihnachtsgeschichte viel leichter fällt, wenn wir die Geschichte fröhlich und glücklich hören dürfen.
Wir dürfen uns freuen, weil Gott unser ganzes Leben lang mit offenen Armen für uns da ist. Er ist bei uns, wenn wir glücklich, unbelastet, gesund, erfolgreich oder leistungsfähig sind. Und Gott ist genauso bei uns, wenn wir traurig, schuldbewusst, krank, erfolglos oder mit uns selber unzufrieden sind.
Egal wie wir gerade beieinander sind, mit den offenen Armen des Kindes in der Krippe bietet Gott uns seine Liebe durch Jesus Christus an, damit wir ganz erfüllt von der Hoffnung auf ein seliges Ende und die herrliche Wiederkunft des großen Gottes und unseres Erlösers Jesus Christus unseren Alltag meistern können.

Gott empfängt uns mit offenen Armen, ob wir in Weihnachtsstimmung sind oder nicht.
Gott ist für uns immer in Weihnachtsstimmung. Er will uns nahe sein. Deswegen hat er seinen Sohn Jesus Christus, das Kind in der Krippe, zu uns geschickt. Er will ganz bei uns sein. Und er traut uns zu, mit Eifer Gutes zu tun und so unseren Alltag, unser Leben zu meistern.
Wir können ein besonnenes, gerechtes und frommes Leben in der Welt und Zeit führen. Das schenkt Gott uns allen.
Darüber dürfen wir uns an diesem Heiligen Abend für jeden neuen Tag und für jeden Mitmenschen freuen.

Daran erinnert uns die Weihnachtsgeschichte, die suchenden Eltern, das Kind in der Krippe, der Stern über dem Stall, die armen, ungebildeten und über Gott staunenden Hirten und die reichen, gebildeten und über Gott staunenden Weisen.
Weihnachtlich fröhlich gestimmt in tiefem Gottvertrauen oder mit Angst und Zweifeln nach Gott in unseren Gedanken suchend, wir alle können uns freuen, denn unser Gott und Befreier ist mit offenen Armen zu uns und zu allen Menschen gekommen.
Und der Friede Gottes, den uns die Engel in der Weihnachtsgeschichte verkünden und der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahrt unsere Herzen und unseren Verstand in Jesus Christus, dem Kind in der Krippe.
Amen



Dekan Peter Huschke
Erlangen
E-Mail: peter.huschke@elkb.de

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