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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

2. Sonntag nach Weihnachten, 03.01.2010

Predigt zu 1. Johannes 5:11-13, verfasst von Ondrej Prostredník

Ein Leben, dass ewig dauert - ist das etwas attraktives? Ist es überhaupt etwas, wonach wir uns bestreben? Jeder oder jede von uns wird sicher differenziert antworten. Auf die Qualität eines solchen Lebens kommt es nämlich an. Und unsere Erfahrungen vom Leben sind so unterschiedlich und wechselhaft. Glück und Verzweiflung, Erfolge und Niederlagen, Anerkennung und Verwerfung, Liebe und Hass - eine zerbrechliche Balance von allem dem - das ist das Leben, dass wir erfahren. Und für viele bricht die Ausgewogenheit zusammen, so dass für sie das Leben unerträglich wird, überfüllt mit Verzweiflung, Verwerfung und Hass. Dennoch aber bleibt in jedem von uns, trotz allen negativen Lebenserfahrungen, die Sehnsucht nach einem erfüllten Leben. Tief in unseren Herzen ist die Überzeugung eingeschrieben, dass unser Leben  gelingen kann. Es ist die Gewissheit über das positive Potenzial des Lebens, das sich einmal voll entfalten darf, die in uns den Gedanken auf ein ewiges Leben pflegt. Ja, wir alle wollen, dass unser Leben gelingt. Was aber ist ein gelungenes Leben wert ohne eine Perspektive der Ewigkeit?

Das biblische Wort für den heutigen Sonntag bezeugt die Gabe des ewigen Lebens. Gott, der in Christus Mensch geworden ist, gibt uns in ihm das ewige Leben. Der Sohn Gottes gibt uns mit seinem Leben die Vorstellung über den Inhalt und über die Gestalt des ewigen Lebens. Das ist die Botschaft von Weihnachten. Aber eine sehr einfache Aussage des Textes ändert diese allgemeine Botschaft in eine sehr persönliche und dringende Angelegenheit: „Wer den Sohn hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht." (v. 12) Wie steht es also mit der Gabe des ewigen Lebens? Wie kommt sie zu uns, und wie können wir diese Gabe empfangen? Auf eine paradoxe Art.

1. Der Mensch will wie Gott sein, aber Gott ist Mensch geworden.

Schon auf den ersten Seiten der Bibel lesen wir darüber wie der Mensch der Versuchung wie Gott zu sein nicht widerstehen konnte (Gn 3,5). Diese Versuchung bleibt in verschiedenen Formen bis heute. Wir sehnen uns nach einem erfüllten, perfekten Leben. Um diese Sehnsucht zu verwirklichen behaupten wir irrtümlich, dass unser Ego zum Zentrum des Geschehens werden muss. Uns selbst stellen wir auf die Stelle Gottes. Unser Glück messen wir nach dem wie groß unser Einfluss und unsere Macht ist.

Wohin führt ein solches Bestreben? Dort, wo wir uns oft befinden. Wir sind zu empfindlich auf unser Ego. Wir verlieren die Fähigkeit andere Menschen in ihren Lebenssituationen zu verstehen. Wir verlieren die Fähigkeit sich gegenseitig zu helfen. Am Ende fühlen wir uns mit unseren hart erarbeiteten Erfolgen einsam.

Gott aber antwortet auf unsere falsche Vorstellung vom Lebensglück. Er selbst wird Mensch in Christus. Er kommt um uns zu dienen (Philipper 2,7). Er stellt sich selbst nicht als eine Gottheit dar, sondern erniedrigt sich selbst und wird gehorsam bis zum Tod auf dem Kreuz (Philipper 2,8). Er dient uns und damit zeigt er uns eine neue Dimension des erfüllten und glücklichen Lebens.

2. Der Mensch will in den Himmel gelangen, aber Gott selbst steigt vom Himmel herab.

Menschen haben eine starke Ambition über das alltägliche Leben zu  einer höheren Art des Lebens zu gelangen. Das irdische fesselt uns. Wir suchen nach wegen sich von dem irdischen zu befreien. Zu Weihnachten ist es besonders spürbar. Das alltägliche muss Platz dem feierlichen geben. Wir schmucken unsere Häuser, treffen uns zu feierlichen Mahlzeiten. Durch Geschenke geben und empfangen wollen wir ein Stückchen näher unseren Träumen werden. Wir brauchen das, denn die alltägliche Realität die wir leben, erdrückt uns oft. Wir sehnen uns nach einem besseren Leben als das, dass wir leben.

Ist es aber überhaupt möglich? Ist es nicht nur eine Täuschung? Wie kann der Mensch frei von dem werden, was ihn im Leben erdrückt?

Auch an diese Sehnsucht antwortet Gott. Er steigt vom Himmel herab. Er verlässt die höchste Qualität des Lebens und nimmt an die Gestallt eines Erniedrigten. Nur so kann er effektiv die Erniedrigung die wir erfahren, beseitigen. Apostel Johannes schreibt in unserem Predigttext: „Ich schreibe euch dies, damit ihr wisst, dass ihr das ewige Leben habt. Ihr verlasst eich ja auf den Sohn Gottes." (v. 13) Der Mensch kann sich selbst retten, wie erfolgreich auch seine Fluchten in die „Höhe" sein mögen. Jeder Versuch sich selbst das ewige himmlische Leben zu schenken ist immer zeitlich begrenzt. Oft gelingen solche Versuche leider nur auf Kosten der anderen und das himmlische Gefühl eines Menschen ist durch das Elend duzender von anderen Menschen bezahlt. Wer sich im Glauben auf Christus  verlässt, bekommt eine neue Perspektive. Das schmerzvolle Streben nach Himmel wird überflüssig, denn die rettende Hand Gottes berührt uns unmittelbar in Christus. Er schenkt uns die Gewissheit  des himmlischen ewigen Lebens dort wo wir uns befinden. Trotz Versagen, trotz Schmerz und Krankheit, trotz Einsamkeit - er nimmt sich uns an und schafft Himmel auch dort, wo andere nur die Hölle sehen.

3. Der Mensch will reich sein, aber Gott wird arm.

Die Sehnsucht nach Reichtum ist dem Menschen eigen. Die Weihnachtstage haben uns sicher wieder einmal davon überzeugt, wie schwer wir der Versuchung des Konsums und eines scheinbaren Gefühl des Reichtums widerstehen können. Das große Angebot kann uns aber nur schwer befriedigen. Gerade umgekehrt. Auf dem Hintergrund des reichen Angebots wird vielen Menschen bewusst, was alles sie noch haben möchten. Viele Menschen verfallen einem Gefühl des Versagens, weil sie sich nicht alles das leisten können, was sie gerne von dem reichen Angebot haben möchten. Bei vielen führt es auch zu krankhaften Zuständen, in denen sie ihrer Umgebung die Schuld für ihre „Armut" zuweisen.

Gott antwortet auf diese Sehnsucht des Menschen so, dass er selbst arm wird. Der, dem Himmel und Erde gehören, wird von dem Willen der bösen und habgiereigen Menschen im Bethlehem abhängig. In einem Stall kommt er zur Welt. Als Messias reitet er auf einem geliehenen Esel nach Jerusalem hinein. Er stirbt wie ein Verbrecher auf dem Kreuz und wird in einem fremden Grab beerdigt. „Obwohl er reich ist, ward er doch arm um euertwillen, auf dass ihr durch seine Armut reich wurdet." - schreibt Paulus in 2 Kor 8, 9.

Worin besteht dieses Reichtum? In der Gabe des ewigen Lebens. Eines Lebens, dass schon jetzt, trotz aller Begrenzungen und Mängeln, eine Perspektive der Ewigkeit hat. Ist es also eine Gabe, die attraktiv ist? Ja. Sie ist es.



Ondrej Prostredník
Bratislava (Slowakei)
E-Mail: prostrednik@fevth.uniba.sk

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