Göttinger Predigten

Choose your language:
deutsch English español
português dansk

Startseite

Aktuelle Predigten

Archiv

Besondere Gelegenheiten

Suche

Links

Konzeption

Unsere Autoren weltweit

Kontakt
ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Septuagesimae, 20.02.2011

Predigt zu Lukas 17:7-10, verfasst von Peter Huschke

 


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und unserm Herrn, Jesus Christus!

Manchmal, wenn ich mit andern über meinen Glauben rede, ertappe ich mich bei einer gewissen Selbstzufriedenheit. Ich erzähle von den positiven Auswirkungen auf mein Leben - was ich, vom Glauben bewegt, tue und sage. Ich bin dann von mir selber ganz begeistert. Ich erwische mich dabei, wie ich beim Reden über meinen Glauben eigentlich mir selber geradezu anerkennend auf die Schulter klopfe.
Es fehlt nicht mehr viel zu der selbstherrlichen Bemerkung, die ich dann natürlich nicht wirklich ausspreche: „Gott kann doch eigentlich ganz zufrieden mit mir sein. Trotz mancher kleiner Fehler hat er doch allen Grund, mich für meinen Glauben zu belohnen."
Mein Glaube dient mir dann leicht dazu, mich vor mir selber, vor anderen und vor Gott zu loben.

Solcher Selbstzufriedenheit begegnete Jesus wohl auch bei seinen Jüngern. Jesus sagte dazu sehr harte Worte, die vielleicht wegen ihrer Härte auch nur im Lukasevangelium, für dessen Leser, überliefert sind.

Liebe Gemeinde, ich sage deshalb betont am Anfang dieser Predigt: Jesus redet nicht zu Menschen, die Zweifel in ihrem Glauben haben, die gerade unsicher sind, die nach Gott und seiner Liebe zu ihnen suchen. Zu denen predigt Jesus anders.
Aber seinen Jüngern und den anderen Zuhörenden, die zur Selbstgefälligkeit und Selbstzufriedenheit im Blick auf ihren Glauben neigen, mutet er in aller Härte die folgende Beispielgeschichte zu.
Ich lese die Verse 7 bis 10 aus dem 17. Kapitel des Lukasevangeliums:

7 Wer unter euch hat einen Knecht, der pflügt oder das Vieh weidet, und sagt ihm, wenn der vom Feld heimkommt: Komm gleich her und setz dich zu Tisch? 8 Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Bereite mir das Abendessen, schürze dich und diene mir, bis ich gegessen und getrunken habe; danach sollst du auch essen und trinken? 9 Dankt er etwa dem Knecht, dass er getan hat, was befohlen war? 10 So auch ihr! Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist, so sprecht: Wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.

Die meisten der Jesus zuhörenden Menschen waren selber Sklaven und Knechte oder zumindest mit deren Schicksal bestens vertraut. Für sie war es selbstverständlich, dass ein Knecht die Befehle seines Herrn auszuführen hat. Sie wussten, dass ein Knecht nicht mit seinem Herrn an einem Tisch sitzt und isst. Das war nicht anders denkbar.
Damit war auch die Antwort auf Jesu erste Frage klar: V. 7. - Alle werden gesagt haben: „Niemand verhält sich so. Der Knecht muss seinem Herrn das Abendessen bereiten."
Jesus konnte ebenfalls mit allgemeinem Kopfnicken rechnen, wenn er fortfuhr mit den Worten: V. 8.
Und ebenso klar war die Antwort auf die nächste Frage Jesu: V. 9. - Natürlich dankte der Herr dem Knecht nicht. Der Knecht musste seine Arbeit tun. Dafür war er ja der Knecht.
Bisher waren es also allgemein anerkannte Selbstverständlichkeiten, die Jesus den ihm Zuhörenden in Erinnerung rief. Doch nun sagt Jesus - und setzt die ihm Zuhörenden im Blick auf ihren Glauben mit Knechten und Sklaven gleich: V. 10.
Hart klingen auch mir diese Worte Jesu in den Ohren: „Genauso wie es gar nicht anders denkbar ist, als dass ein Knecht seinem Herrn dient und der Herr ihm dafür keinen Dank schuldet, genauso selbstverständlich ist es, dass ein Mensch, der glaubt, in allem für Gott da ist und Gottes Gebote beachtet."

Harte und deutliche Worte über unseren Glauben sagt Jesus da.

Erstens: Der Glaube an Gott betrifft das ganze Leben. Genau so, wie ein Knecht immer und zu jeder Zeit für seinen Herrn da zu sein hat, genau so haben wir unser ganzes Leben lang für Gott da zu sein. Das gilt für einen Menschen im Alter von 13 Jahren nicht anders als im Alter von 43 oder 73 Jahren. Es geht eigentlich nicht, dass wir - egal wie alt wir sind - sagen: „Ich gehe in den Gottesdienst. Ich benehme mich anständig. Ich spende für ‚Brot für die Welt'. Wenn ich aber im Beruf stehe oder in der Schule, wenn ich mit meinen Kindern oder Eltern oder den Nachbarn streite, dann gelten Gottes Gebote nicht mehr für mich. Da setze ich mich durch. Da zählt nur der Erfolg."
Nein! Jesus würde so jemanden sagen: „Der Glaube, der dich dazu bringt, in den Gottesdienst zu gehen, dich anständig zu verhalten und für ‚Brot für die Welt' zu spenden, der wird auch dein übriges Leben bestimmen. Dein Glaube wird dein ganzes Leben erfassen. Sonst lügst du dir etwas vor. In allem will Gott das Sagen haben. In allem werden dich Gottes Gebote und Gottes Liebe zu den Menschen bestimmen."

Ein Zweites höre ich aus Jesu Beispielgeschichte heraus: In allem, was wir tun und lassen, handeln wir als Mägde und Knechte Gottes. Für alles, was wir können und was uns gelingt, haben wir Gott zu danken. Wir haben Gott zu danken und zu loben - nicht umgekehrt.
Wenn wir schmackhaft kochen, schön singen, klug denken, attraktiv uns darstellen oder gut reden können, ist das Gottes Geschenk an uns. Es ist selbstverständlich, dass wir diese Gaben Gottes auch entsprechend - für uns, unsere Lieben und für andere - einsetzen und Gott damit danken.
Wenn wir andern einfühlsam zuhören, mit anderen und für andere beten, anderen helfen und für andere spenden können, so können wir das, weil Gott als unser Schöpfer uns diese Fähigkeiten und Möglichkeiten geschenkt hat.
Von unserem Glauben her gibt es also überhaupt keinen Grund, auf irgendjemanden herabzusehen, der weniger kann, weniger schön oder weniger schlau ist. Jede Überheblichkeit verbietet sich, wenn wir durch unser Lob an Gott daran erinnert werden: Allein Gott, unser Schöpfer, hat uns die Begabungen und Eigenschaften geschenkt, die wir einsetzen. Es ist nicht unser Verdienst. Also können wir gar nicht überheblich auf andere herabsehen. Unser Glaube verhindert das.
Mit unserem Glauben will Gott uns so zusätzlich auch die nötige Bescheidenheit zukommen lassen. Wir können uns gar nicht mehr so wichtig nehmen. Wir können hoffentlich, wenn wir uns dabei ertappen, über unser pfauenartiges Gehabe sogar lachen. Das heißt dann eben nicht, dass wir mit bitterer Miene und bedrücktem Gesicht, verkrampft blickend durch die Gegend laufen müssen, um angebliche Demut unter Beweis zu stellen. Von Gott beschenkt, werden wir Freude über unseren Glauben und Fröhlichkeit ausstrahlen, weil wir Gott so wertvoll sind. Unsere Kraft, unsere Musikalität, unsere gut überstandenen Krisen, unsere Schlauheit, unsere Schönheit, unser Alter, all das, was Gott uns ganz persönlich geschenkt hat und was uns zu einzigartigen und ungewöhnlichen Menschen Gottes macht, dürfen wir selbstbewusst und mit Freude einsetzen.

Noch ein Drittes ist mir wichtig an dem, was Jesus zur Einstellung zum Glauben sagt: Wir sind bei allem, was wir tun, Gottes Knechte und Mägde.
Das bedeutet für mich auch: Die letzte Verantwortung für das, was ich tue, hat Gott übernommen. Gott hält seinen Kopf für das hin, was ich falsch mache. Gott steht für mich und das, was ich tue, gerade, wie ein Herr für seinen Knecht und das, was er tut, gerade stehen muss. Gott steht für meine Fehler und meine Schuld ein. Er biegt gerade, was bei mir absichtlich oder unabsichtlich krumm gelaufen ist. Deswegen ist Gottes Sohn, Jesus Christus, für uns, für unsere Fehler und für unsere Schuld am Kreuz gestorben.
Liebe Gemeinde, gerade dies ist mir eine lebenswichtige Entlastung durch meinen Glauben. Ich bekomme den nötigen Freiraum für mein Leben geschenkt. Ich darf auch Fehler machen. Schuld kann mein Leben nicht mehr für immer zerstören. Ich muss nicht perfekt sein. Mein Herr, Jesus Christus, steht für mich gerade. Er tritt für mich ein.
Diese frei machende und ermutigende Wirkung des Glaubens lässt sich, wenn ich sie wirklich ernst nehme, freilich nicht von dem trennen, woran mich Jesus vorhin erinnert hat: Gott nimmt uns ganz und gar in die Verantwortung. Gott nimmt unser ganzes Leben in Beschlag. Wir dürfen nie vergessen, dass wir alles, was wir können, Gott zu verdanken haben.

Liebe Gemeinde, und noch etwas ist mir jetzt aber, über unseren heutigen Predigttext hinaushörend, sehr wichtig:
Jesus sprengt die üblichen Grenzen zwischen einem Herrn und seinen Mägden und Knechten im Namen Gottes nachhaltig. Im Abendmahl lädt er uns an seinen Tisch ein. Wir dürfen mit ihm essen und trinken. Jesus will noch viel mehr als unser Herr sein. Gott sieht in uns noch viel mehr als seine Knechte und Mägde.
In seiner Beispielerzählung sagt Jesus noch selbstverständlich: „Es ist unmöglich, dass ein Herr zu seinem Knecht sagt: »Komm gleich mit her und setz dich mit mir zu Tisch!«" Alle nicken.
Bei Gott aber ist das nicht unmöglich. Jesus sprengt im Namen Gottes die selbstverständlichen Verhaltensmuster von uns Menschen. Unser Herr Jesus Christus lädt uns ein an seinen Tisch, in die Gemeinschaft mit ihm. Wenn wir aus einem Kelch trinken und von einem Brot essen, ist unser Herr Jesus Christus mitten unter uns.

Als einer, der immer für uns da ist und zu dem wir immer kommen dürfen, will Jesus unser Herr sein. Und so können wir seine Mägde und Knechte sein und in seiner Nachfolge uns auf den Weg machen. Es scheint spannend und lohnend, uns unser ganzes Leben von seiner Liebe ausrichten zu lassen. Durch unseren Glauben wird uns Gott so ein Leben mit allen Höhen und Tiefen ermöglichen. Und der Friede Gottes, der höher ist als unser Leben und Sterben, wird über uns kommen und unsere Herzen und Sinne bewahren in Jesus Christus.

Amen



Dekan Peter Huschke
Erlangen
E-Mail: peter.huschke@elkb.de

(zurück zum Seitenanfang)