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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Reminiszere, 20.03.2011

Predigt zu Matthäus 12:38-42, verfasst von Andreas Pawlas

 


Da fingen einige von den Schriftgelehrten und Pharisäern an und sprachen zu ihm: Meister, wir möchten gern ein Zeichen von dir sehen. Und er antwortete und sprach zu ihnen: Ein böses und abtrünniges Geschlecht fordert ein Zeichen, aber es wird ihm kein Zeichen gegeben werden, es sei denn das Zeichen des Propheten Jona. Denn wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches war, so wird der Menschensohn drei Tage und drei Nächte im Schoß der Erde sein. Die Leute von Ninive werden auftreten beim Jüngsten Gericht mit diesem Geschlecht und werden es verdammen; denn sie taten Buße nach der Predigt des Jona. Und siehe, hier ist mehr als Jona. Die Königin vom Süden wird auftreten beim Jüngsten Gericht mit diesem Geschlecht und wird es verdammen; denn sie kam vom Ende der Erde, um Salomos Weisheit zu hören. Und siehe, hier ist mehr als Salomo.


Liebe Gemeinde!

Eigentlich könnte doch auch heute jeder verstehen, dass man von Jesus gern ein Zeichen sehen möchte. Und wir wären uns doch auch ganz sicher, dass wir viel besser und aufrichtiger glauben könnten, wenn wir endlich von Jesus ein überwältigendes, sensationelles Zeichen sehen würden, das uns einfach umwirft - etwa so, wie es die Großen dieser Welt gekonnt machen, und wo einem der Atem stockt: Wenn z. B. der Zauberer Copperfield mühelos durch die Luft fliegt, oder wenn er zersägte Jungfrauen wieder zusammensetzt, oder wenn er mit einem Male einen ganzen Eisenbahnwaggon verschwinden lässt. Das wären doch Zeichen, wie wir sie lieben. Das wären doch untrügliche Merkmale für Können und Vollmacht. Und deshalb kaufen heutzutage ja viele nicht nur teure Eintrittskarten, sondern unternehmen auch weite Reisen, um so etwas miterleben zu können und über so etwas zu staunen. Denn so etwas kann man sich doch nicht entgehen lassen.

Aber was hieße das eigentlich für unsere sonntäglichen Gottesdienste? Man stelle sich vor: jeden Sonntagmorgen hier bei uns solche Spektakel! Da würde doch unsere kleine Sparrieshooper Kirche nicht ausreichen, um die Menschenmassen zu fassen. Und dann würde jeder auch noch Gäste mitbringen, die solche Sensationen unbedingt miterleben wollten, vielleicht doch ähnlich, wie es damals bei den Schriftgelehrten und Pharisäern war. Vielleicht würden dann sogar unsere jungen Leute auf ihre sonntäglichen Fußballspiele pfeifen, um ja diese Vorführungen nicht zu verpassen. Ja, Jesus Christus jeden Sonntag als großen Zauberkünstler erleben zu können, das wäre sensationell und absolut anziehend. Und was den Pastor angeht, der könnte doch dann vielleicht ein bisschen dazu zaubern! Das hätte doch was!

Aber halt! Wieso verweigert sich denn Jesus ganz massiv, als solch sonntäglicher Zauberkünstler aufzutreten? Und er greift sogar alle an, die von ihm Zeichen sehen wollen und sagt: „Ein böses und abtrünniges Geschlecht fordert ein Zeichen, aber es wird ihm kein Zeichen gegeben werden." Wieso denn nicht? Warum will Jesus kein Zeichen geben? Klappern gehört doch zum Handwerk. Solche Zeichen würden doch das Christentum endlich voranbringen und die Kirchenaustritte abebben lassen. Warum will Jesus Christus kein Zeichen geben, dieser Jesus, von dem wir doch z. B. im Taufbefehl bekennen, dass ihm alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben ist? Und wenn das alles stimmt, dann müsste es ihm doch ein Leichtes sein, 'mal eben einen Eisenbahnwagen verschwinden lassen, oder ein bisschen Pulverdampf und Lichtspektakel zu erzeugen oder doch wenigstens mit einem Knall auf unserem Gehaltkonto ein paar tausend Euro mehr erscheinen lassen.

Aber nein und nein, es bleibt dabei: Jesus will kein spektakuläres Zeichen geben. Und wir, wir stehen da und wundern uns oder werden sogar ärgerlich, denn so ein paar Sensationen, die wären doch für seine armselige Gemeinde wirklich hilfreich und nützlich!

Aber vielleicht könnte es uns etwas helfen, diese Weigerung zu verstehen, wenn wir uns einmal kurz daran erinnern, wie das uns so ging, nachdem wir irgend solche große Zaubershow im Varieté oder im Fernsehen gesehen haben. Prüfen wir uns doch einmal an Leib und Seele: Wie war es, nachdem wir uns satt gesehen hatten? War dadurch etwa die Angst vor dem nächsten Tag kleiner geworden - so z. B. die Angst vor der Mathe-Arbeit, bei der wir uns so sehr fürchten, alles zu verhaspeln? Oder ist dadurch etwa die Sorge um die Tochter in der Ferne auch nur ein wenig geringer geworden? Oder ist durch das Fernsehspektakel etwa unsere Trauer über den Tod eines geliebten Menschen auch nur ein bisschen weniger geworden?

Nein, denn was soll uns da irgend so ein wegschwebender Eisenbahnwaggon in den entscheidenden Fragen unseres Lebens wirklich helfen können - ganz davon abgesehen, dass wir ja alle wissen, dass wir bei solchen Zeichen, also bei solchen Zauberkunststücken, letztlich auf sehr geschickte Art nur an der Nase herumgeführt werden.

Aber genau um diesen Unterschied geht es: Jesus will sich nicht einlassen auf unwichtigen Firlefanz oder Spielchen und schon gar nicht auf Täuschungen. Sondern um Buße geht es in seiner Verkündigung. Nein, nicht um teure Bußgeldbescheide, sondern um Buße im biblischen Sinne, und das bedeutet: umdenken, umfühlen, und sich umorientieren. Und worin sollen wir uns nun umorientieren? Doch dass wir eben nicht mehr auf alle diese Spielchen hereinfallen, doch dass wir uns eben nicht mehr durch Täuschung und Betrug den Kopf verdrehen lassen. Sondern endlich auf das schauen, was wirklich wichtig ist im Leben.

Was das ist? Eben nicht das Gaffen auf zersägte Jungfrauen oder auf schwebende Eisenbahnwaggons, aber genauso wenig das Hören auf berauschenden Erfolgsmeldungen, wie gut wir nun im Beruf oder im Freundeskreis sind, oder wie schmerzhaft sich heute wieder die alte Wunde bemerkbar macht. Sondern das Entscheidende ist doch, auf Gottes Wort zu hören und dann dem lebendigen Gott unbedingt zu vertrauen. Sich auf diese Weise erfüllen zu lassen von dem unbedingten und heilsamen Vertrauen auf das Wirken des lebendigen Gottes, der eben nicht täuscht und blufft und für den solche Zirkuskunststückchen wirklich unter seiner Würde sind, weil eben das ganze Weltall seinem Ruf gehorcht.

Und was hat nun der Prophet Jona damit zu tun und dass er drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches war, wie wir es vorhin gehört haben? Da geht es um die drei Tage, die daran erinnern, dass auch Christus am dritten Tage auferstehen würde. Aber mich beeindruckt viel mehr als diese drei Tage ein anderer Aspekt dieses Zeichens. Nämlich: Obwohl dieser Jona derart verschluckt, aufgefressen, vertilgt war, da fängt er doch mitten im Bauch des Fisches an, Gott zu loben und zu danken! Wofür? Doch bereits für die Errettung, die erst noch kommen soll und von der er noch gar nichts wissen kann. Aber es ging dann ja tatsächlich auch so: Nach drei Tagen, da spuckte der Fisch Jona ans Land, und er war gerettet.

Und ganz konkret heißt das doch, dass dieser Jona also bereits anfängt, Gott zu loben und zu danken, obwohl es ihm noch so schlecht ging, wie es ihm als Aufgefressenen eigentlich gar nicht schlechter gehen konnte. Jedoch so groß war sein Vertrauen in unseren Gott und dass unser Gott ihn retten würde, dass er bereits mitten in der größten Not beginnen kann, Gott zu loben. Was für ein Gottvertrauen!

Und wenn der Jona dann den Leuten von Ninive letztlich genau das alles gepredigt und auf den Kopf zu gesagt hatte, ich denke, dann werden sie beim Jüngsten Gericht zu Recht vor der Menschheit damals und vor der Menschheit heute auftreten und werden sie zu Recht verdammen; denn sie taten alle Buße nach der Predigt des Jona, denn sie gingen alle in Sack und Asche, denn sie orientierten sich alle um und gaben endlich mit ihrem ganzen Leben dem lebendigen Gott die Ehre.

Und wie sieht es da bei uns persönlich aus? Wie sollte das nun uns im Jüngsten Gericht ergehen? Immerhin sollten wir doch wirklich viel mehr wissen, als Jona und die Leute aus Ninive. Denn Christus ist doch mehr als Jona und natürlich auch mehr als der weise König Salomo, um dessentwillen die Königin des Südens vom Ende der Erde kam, um Salomos Weisheit zu hören.

Vor allem aber ist es an Christus wirklich ein Zeichen, dass er nicht erst wie Jona im Bauch des Fisches, bzw. im Bauch der Erde, also im Grab anfing, Gott zu loben und zu danken für die Errettung, die doch erst noch kommen soll, die eben erst mit der Auferstehung zu Ostern noch kommen soll. Sondern sein ganzes Leben als eingeborener Sohn Gottes war und ist doch ein einziges Lob Gottes. Jesus Christus, das ist doch fast ein anderer Name für unendlich tiefes Vertrauen auf Gottes Wirken und Walten, auf Gottes Tragen und Halten. Ja, sein Vertrauen ist sogar so groß, dass es unser Zweifeln und Zagen mit umschließen kann. Sein Vertrauen als Sohn Gottes ist sogar so groß, dass er stellvertretend für uns glauben, hoffen, wagen und sich hingeben kann. Deshalb reicht es ja auch, dass er durch die dunkelsten Täler dieser Welt hindurchgegangen ist. Darum müssen wir das nicht mehr tun.

Was für ein Zeichen wir dafür haben? Nein, nein, eben keine Spektakel. Sondern das ganz schlichte und doch heilsnotwendige Zeichen dafür ist - die Taufe. Wer in Christus getauft ist, der ist in seinen Tod getauft, aber auch in seine Auferstehung. In das ewige Leben, das von Christus ausgeht und in das jeder, der glaubt und getauft ist, unverlierbar eingezeichnet ist. Das Wasser der Taufe ist allerdings dabei, genauso wie bei Jona, ein Bild für alles Untergehen, für das Sterben des alten Menschen. Aber doch nur deshalb, damit dann durch die Güte Gottes das neue Kind Gottes aus diesem Wasser auferstehen soll. Und wie sagt das mit so markigen Worten der alte Vater Martin Luther? Er sagt: „Was bedeutet denn solches Wassertaufen? Es bedeutet, dass der alte Adam in uns durch tägliche Reue und Buße soll ersäuft werden und sterben mit allen Sünden und bösen Lüsten; und wiederum täglich herauskommen und auferstehen als ein neuer Mensch, der in Gerechtigkeit und Reinigkeit vor Gott ewig lebe." (nach WA 30 I, 382f.)

Ja, vor Gott ewig und himmlisch leben, das dürfen und sollen wir, und nicht auf großartige Spektakel schauen. Sondern schauen sollen und dürfen wir auf unseren Nächsten, auf seine Hilflosigkeit und Not, und ihm dann gern helfen und für ihn mutig einstehen. Ja, mutig einstehen, denn Christen können doch mutig sein, weil sie tief in ihrem Herzen wissen, dass ihnen eigentlich nichts wirklich Schlimmes mehr geschehen kann, Christen gehören doch jetzt schon zu Gott und in seine Herrlichkeit. Dazu müssen sie nicht erst von einem großen Fisch verschlungen werden, um erst dann zu beginnen, Gott zu loben und zu danken. Das können wir vielmehr schon jetzt und hier und ganz bestimmt in Gottes ewigem Reich.

Amen.



Pastor Dr. Andreas Pawlas
Kl. Offenseth-Sparrieshoop
E-Mail: Andreas.Pawlas@web.de

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