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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

9. Sonntag nach Trinitatis, 21.08.2011

Predigt zu Matthäus 7:24-29, verfasst von Andreas Pawlas

 

Jesus sprach: Wer diese meine Rede hört und tut sie, der gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf Fels baute. Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und die Winde wehten und stießen an das Haus, fiel es doch nicht ein; denn es war auf Fels gegründet. Und wer diese meine Rede hört und tut sie nicht, der gleicht einem törichten Mann, der sein Haus auf Sand baute. Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und die Winde wehten und stießen an das Haus, da fiel es ein, und sein Fall war groß. Und es begab sich, als Jesus diese Rede vollendet hatte, dass sich das Volk entsetzte über seine Lehre; denn er lehrte sie mit Vollmacht und nicht wie ihre Schriftgelehrten.

Liebe Gemeinde!

Heutzutage sind wir doch, wenn wir dieses Gleichnis Jesu gehört haben, überhaupt nicht entsetzt oder erschreckt, wie die Leute damals. Sondern wir sind heute eher ein Bisschen verwundert. Denn was sollte da eigentlich Schlimmes sein an diesem Gleichnis Jesu? Es geht da doch alles ganz logisch zu, und zwar für die Menschen damals genauso wie für uns Menschen heute. Und um diese Logik einzusehen, da muss man noch nicht einmal selbst ein Haus gebaut haben. Denn das begreift doch ganz unmittelbar jeder, dass ein Haus auf Fels oder festem Grund nun einmal fest steht und tatsächlich in der Lage ist, Wasser und Wind zu trotzen! Und genauso ist es für die Menschen damals wie für uns Menschen heute einzusehen, dass ein Haus, das man leichtsinnigerweise oder sogar schuldhafterweise auf Sandboden gebaut hat, nun einmal durch überstarke Wassermassen weggespült wird. Darum kommt doch ernsthaft niemand auf den Gedanken, ein Haus etwa direkt an dem Sandstrand einer Insel wie Sylt zu bauen, wo die Brandung es unterhöhlt und dann schlicht wegreißt. Also darum schlicht noch einmal: Was hat die Leute wohl damals dazu gebracht, sich so zu entsetzen? Und warum sollten wir in dieser Stunde von diesem Gleichnis Jesu etwa angerührt oder bewegt sein?

Ich kann mir nur vorstellen, dass diese überaus heftige Reaktion auf dieses Gotteswort, das am Ende der Bergpredigt steht und sie eigentlich abschließt, nur aus dem Zusammenhang mit der Bergpredigt als Ganzer herrühren kann. Das muss man aber erst einmal verstehen. Denn was die Bergpredigt anbelangt, so hat ja vielleicht der eine oder andere manche schöne Bibelworte in Erinnerung. Anrührende Worte, die man eigentlich nur lieben kann: so doch etwa die Seligpreisungen mit ihrem unvergleichlichem Zuspruch: „Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich." oder „Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden." Das ist doch alles im besten Sinne tröstlich und baut uns auf. Da muss man sich doch nicht entsetzen. Und jeden Sonntag, da dürfen wir in der Kirche solche Worte aus der Bergpredigt hören, und ähnliche schönen Worte. Und dann dürfen wir auch schöne Musik hören, auch nette Leute treffen und manchmal sogar gemütlich zum Klönschnack beisammen bleiben.

Haben wir es uns auf diese Weise nicht wirklich nett eingerichtet? Haben wir uns auf diese Weise nicht gemütlich unser Lebenshaus aufgebaut? Haben wir es uns auf diese Weise nicht heimelich und verlässlich gemacht? Nein, von irgendwelchen Stürmen wollen wir gar nichts wissen. Die gucken wir uns nur in der Tagesschau oder in Krimis an. Und manchmal läuft einem dabei ein wohliges Gruseln über den Rücken.

Aber was ist, wenn es stimmen sollte, was da manche Bibelausleger auch sagen, dass nämlich Jesus uns, unserem Leben und den Fundamenten unseres Lebens, mit der Bergpredigt einen Spiegel vorhalten will, dem wir nicht ausweichen können? Das müsste jetzt eigentlich durch ein Verlesen der ganzen Bergpredigt deutlich gemacht werden. Aber das wäre jetzt zu umfangreich.

Aber schauen wir doch nur einmal auf diese tief in unser Herz zielende Worten der Bergpredigt, wie: „Wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichts schuldig; wer aber zu seinem Bruder sagt: Du Narr!, der ist des höllischen Feuers schuldig." oder „Wer eine Frau ansieht, sie zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen." oder „Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel!"

Allein an diesen Worten kann man sehen, wie Jesus uns in der Bergpredigt einen Spiegel vor hält, mit dem wir uns bis in den letzten Winkel unseres Herzens schauen können, bis in die tiefsten Tiefen unserer Lebensfundamente, bis an die Grundsteine unseres Lebenshauses. Und wenn uns Jesus mit diesen Worten der Bergpredigt einen göttlichen Spiegel vorhält, dann will es aus uns ihm entgegentönen: „So bist du Mensch, so leicht zürnst du mit deinem Bruder, deiner Schwester oder anderen die, dir nahe stehen! Dabei stehst du selbst durch deine Unvollkommenheit und Schuld unter Gottes Zorn!" oder „So bist du Mensch, so leicht lässt du dich einfangen von Begierde und Schmeichelei! Und merkst gar nicht, was du dadurch alles zerstörst vor Gott und den Menschen." oder „So bist du Mensch, so sehr willst du dich absichern mit Geld und Gut! Dabei bist du schuldig daran geworden, dass du das Ewige vergessen hast und die Not deines Nächsten."

Und letzten Endes heißt das alles: „So bist du Mensch! So gottlos und gottverlassen hast du dein Lebenshaus auf Sand gebaut. Und so gottlos und gottverlassen wirst du darin jämmerlich zugrunde gehen, wenn es in den Stürmen des Lebens zusammenbrechen wird. Und wenn Tod, Angst und Schmerzen dich schütteln und würgen werden, dann wird es dir nicht helfen, was du dir bisher so nach eigenen Ideen über dein Leben zusammengereimt hast."

Ja, wenn man so etwas derartig auf den Kopf zugesagt bekommt, dann kann das einen wirklich entsetzen, damals genauso wie heute. Dann kann einem wirklich der Schreck in die Glieder fahren, damals genauso wie heute.

Allerdings ist das denn nun alles, was uns Christus in Vollmacht zu sagen hat, damals genauso wie heute? Unbestritten ist diese Offenlegung unserer Lebensfundamente wichtig, aber sie ist nicht entscheidend. Und dazu wäre auch gar nicht die Vollmacht Christi notwendig. Denn ich kann mir durchaus vorstellen, dass einen solchen tiefen Blick auf die Fundamente seines Lebens im Grunde jeder von uns sogar von allein tun könnte, wenn er in stiller Stunde einmal ehrlich über sein Leben Bilanz zieht. Ja, leider Gottes ist das so, dass es auf diese Weise mancher durchaus allein schafft, sich über sich selbst zu entsetzen und sich sogar zugrunde zu richten.

Aber, wobei die Vollmacht Christi entscheidende Rolle spielt, das ist bei dem ersten Teil der Bergpredigt! Genau dort finden wir doch das, was christliche Verkündigung zu froher Botschaft für uns macht: Denn Christus verachtet uns nicht, obwohl er uns nur zu gut kennt mit unseren Fehlern und Selbsttäuschungen, mit unserer Sünde und Schuld. Nein, er lässt er uns nicht mit uns allein. Er lässt uns unser Gericht über unser Leben durch unsere Lebensweise nicht weiter selbst vollziehen. Er gebietet unserem selbstzerstörerischen Denken, Fühlen und Handeln Einhalt und öffnet unsere Ohren und Herzen. Ja, wir sind herausgerufen, um endlich, endlich seine Rede zu hören, um unser Lebenshaus endlich felsenhart darauf aufzubauen.

Wie das dann geht? Muss man dazu lange studieren, lange überlegen, nachdenken? Oder muss man vielleicht einen besonders teuren Einführungskurs buchen, wie bei den neueren populären Sekten wie etwa Scientology oder in Esoterik-Kursen? Denn was gut ist, das muss doch auch teuer sein!

Nein, liebe Gemeinde! Genauso, wie jeder von uns sein ganzes Leben nur empfangen konnte, ohne auch nur das Geringste dafür zahlen zu können, genauso will uns unser Herr Jesus Christus neues Leben schenken: für jetzt, heute, und für die Ewigkeit! Das ist seine Vollmacht, die so groß ist, dass man nur freudig erschrecken kann. Denn was ich nun tun muss, das ist ganz einfach: nämlich mit meinem ganzen Leben Gott über alle Dinge fürchten, lieben und vertrauen und meinen Nächsten lieben wie mich selbst. Das ist so einfach, wie der Säugling eben den Mund aufmacht, um von seiner Mutter gestillt zu werden. Ja, so einfach bekommt er das, was er zum Leben braucht.

Natürlich weiß ich, wie häufig sich in uns vieles sträubt, derart einfach von Gott alles zu erwarten. Und wir sollen und wollen ja auch als gute Haushalter unsere Hände regen und etwas tun für uns und für unseren Nächsten. Aber wie sollen wir uns gewiss werden, dass auch alles gut wird, was wir tun? Letztlich gut wird doch nur das, was nach Gottes Gebot und im Vertrauen und Hoffnung auf ihn getan ist. Und von wem sollten wir sonst Gelingen und Bewahrung erhoffen, wenn nicht von Gott, dem Vater unseres Herrn Jesus Christus? Erst wenn dann diese tiefe Hoffnung das Fundament unseres Lebens ist, erst wenn wir durch diese tiefe Hoffnung unser Leben eingeschlossen fühlen in den Weg unseres Heilands Jesus Christus von Gott her und auf Gott zu, dann steht unser Lebenshaus richtig und sturmfest.

Und was dann die Stürme des Lebens anbelangt, so spüren wir sie gewiss nach wie vor. Aber wenn diese Stürme des Lebens etwa unsere Lieben wegzureißen drohen, dann können wir uns darauf verlassen, dass wir uns in unser Vertrauen zu Gott ausstrecken dürfen in der Gewissheit, dass er sie hält und dass sie bei ihm geborgen sind! Und wenn die Stürme des Lebens uns selbst wegzuspülen drohen, durch Traurigkeit und Einsamkeit, durch Enttäuschung und Schmerzen, dann können wir uns darauf verlassen, dass wir in unserem Vertrauen zu Gott uns von ihm auch im Sterben heben und tragen lassen dürfen. Nein, um die entscheidende Heilung und Vollendung unseres Lebens da brauchen wir nicht mehr zu kämpfen. Es ist vergeblich, für die entscheidende Heilung und Vollendung unseres Lebens zu strampeln und zu krampfen. Denn Christus hat für uns genug gekämpft.

Und er hat nicht nur geredet, dass es einem durch und durch geht, sondern er hat seinen Worten Taten der Befreiung folgen lassen. Weil er wusste, wie tief verstrickt wir in unsere Phantasien und Vorstellungen in unsere Zwänge und Notwendigkeiten sind, so dass uns keine Macht der Welt daraus befreien kann, darum hat er selbst sein Leben für uns gegeben und sein Blut vergossen, damit wir dann wirklich an Leib und Seele heil und erlöst sind, damit wir dann wirklich selig und froh sind, jetzt in unseren zeitlichen Lebenshaus und dann im ewigen Lebenshaus unseres Gottes. Amen.

 



Pastor Dr. Andreas Pawlas
25365 Kl. Offenseth-Sparrieshoop
E-Mail: Andreas.Pawlas@web.de

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